Sonntag, 12. August 2007

Asylanten? Was ist das denn?

Das fehlende Medienecho in Deutschland auf eine herbe Kritik des UN-Flüchtlingskommissariats an Deutschland spricht Bände. Denn es geht bei der Kritik um Asylanten, um den Umgang Deutschlands mit anerkannten Asylsuchenden. Asylanten gelten in Deutschland inoffiziell nicht als Menschen. Das breite Schweigen in den Medien in Bezug auf die UN-Kritik bestärkt mich in dieser Wahrnehmung.

Zumindest Süddeutsche.de berichtet:

Es sei unvereinbar mit dem Völker- und Europarecht, anerkannten Flüchtlingen und Personen, die aus menschenrechtlichen Gründen vor Abschiebung geschützt werden, die freie Wohnsitzwahl zu verwehren, wenn sie Sozialleistungen beziehen, so das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR). In einer an diesem Freitag in Berlin veröffentlichten Stellungnahme betont die UN-Organisation, solche Auflagen würden gegen die Genfer Flüchtlingskonvention sowie andere Menschenrechtsverträge wie die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und gegen EU-Recht verstoßen. [...] Das UNHCR wies darauf hin, welch schwerwiegender Eingriff die Beschränkung der Wohnsitzfreiheit für die Betroffenen bedeute. Die Maßnahme könne im Einzelfall lebenslang greifen. (Quelle)


Lieber bricht Deutschland also anscheinend internationales Recht und internationale Abkommen, als Asylsuchenden den Status "Mensch" zuzuerkennen.

Nachtrag: Als weiteres Beispiel für den oft menschenverachtenden Umgang mit Aslybewerbern in Deutschland berichtet heute Zeit.de über die Arbeitsmethoden der Ausländerbehörde in Malchin, einer Kleinstadt in Dunkeldeutschland, sprich in Mecklenburg-Vorpommern, Landkreis Demmin: Mit Akten und Pistolen. Ein Auszug:

Bei Flüchtlingen, Rechtsanwälten und Beratungsstellen ist die Demminer Behörde nicht nur wegen Pistolen zwischen Aktendeckeln berüchtigt. Mehrere Untätigkeitsklagen sind anhängig, weil Anträge monatelang nicht bearbeitet werden – auch dann nicht, wenn es zum Beispiel um kranke Flüchtlinge geht, die dringend aus dem entlegenen Asylbewerberheim des Landkreises ausquartiert werden müssten. [...] Anja Matz vom Psychosozialen Zentrum für Migranten (PSZ) in Greifswald [...][:] "Bewusstes Schikanieren von Asylbewerbern ist in diesem Landkreis kein Einzelfall. Der Ermessensspielraum im Ausländerrecht wird von der Behörde immer wieder menschenunwürdig ausgelegt." (Quelle)


Man muss sich das vergegenwärtigen: Da suchen Verfolgte aus anderen Ländern Schutz in Deutschland und die zuständigen Behördenmitarbeiter meinen, Waffen tragen zu müssen. Aber diesen Ungeist, der hinter dem Umgang mit Asylbewerbern in Deutschland deutlich wird, muss man breit angelegt bekämpfen. Dahinter steht letztlich die Vorstellung, dass es wertvolle und nicht so wertvolle Menschen gibt. Es ist das gleiche Denken, dass man auch bei einigen neoliberalen "Denkern" findet. Es ist das gleiche Denken, dass letztlich durch die unwürdigen Regelungen von Hartz IV in Gesetzesform gegossen wurde. Es ist das typisch deutsche Denken, nicht Verhältnisse, Strukturen, und gesellschaftliche Bedingungen als Ursache von Missständen zu sehen, sondern Menschen und Menschengruppen. Es ist das gleiche Denken, ohne das der Holocaust nicht möglich gewesen wäre.

Nachtrag 2: Die Methoden der Demminer Ausländerbehörde werden jetzt von vielen Seiten kritisiert. Glücklicherweise. Es gibt also doch noch eine gewisse Empfindlichkeit in Bezug darauf, was ein anständiger Umgang mit Menschen ist und was nicht. Die Staatsanwaltschaft prüft sogar anscheinend ein Ermittlungsverfahren gegen die Ausländerbehörde. NDR-Online berichtet: Landrat wusste von Waffen in Ausländerbehörde.

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