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Samstag, 10. Oktober 2009

Thilo Sarrazin und Ralph Giordano und die biologische Gefahr und biologische Lösung des "Türkenproblems"



Obiges Video-Zitat stammt aus der Sendung "Hauptsache Kultur" des hessischen Fernsehens. Die Sendung interviewte Ralph Giordano. Giordano verteidigt darin die Äußerungen Thilo Sarrazins, die dieser jüngst im "Lettre International" gemacht hat. Hier das ungeschnittene Original des Videos in der Mediathek des HR (vermutlich nur eine Woche lang abrufbar). Ich habe Giordano hier nicht abgeschnitten, sondern dieser Ausschnitt ist so als Ausschnitt auch im Original so geschnitten.

Giordano sagt in obigem Video-Ausschnitt:

Diese muslimische, türkisch dominierte muslimische Minderheit in Deutschland wird - so Hochrechnungen, die ernst zu nehmen sind - im Jahre 2030 soviel Kinder gebären, wie die nächst-muslimische Gesellschaft insgesamt. Selbstverständlich ist das ein Problem.

Man könnte einwenden, Giordano meint hier sicherlich, dass nicht die türkischen Menschen selbst das Problem seien, sondern bestimmte Ansichten dieser Menschen, im Besonderen eine eventuelle Ablehnung der freiheitlichen Demokratie und Toleranz, aber Giordano sagt dies nicht. Im Gegenteil ist seine Äußerung Teil einer Rede, in der er die rassistischen Äußerungen von Thilo Sarrazin zu rechtfertigen versucht.

Sarrazin sagte unter anderem ja beispielsweise:
Die Araber und Türken haben einen zwei- bis dreimal höheren Anteil an Geburten, als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht. Große Teile sind weder integrationswillig noch integrationsfähig. Die Lösung dieses Problems kann nur heißen: Kein Zuzug mehr, und wer heiraten will, sollte dies im Ausland tun. [...]

Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate. (Quelle: Kanzlei-Hoenig.info)

Sowohl Sarrazin als auch Giordano sehen also im Vorhandensein bestimmter Menschen ein Problem. Dementsprechend könnte nach dieser Logik die Lösung des "Integrationsproblems" auch nur so aussehen, dass die Anzahl dieser Menschen verringert werden muss oder zumindest konstant gehalten werden muss. Sarrazin schlägt hier den Stopp des Zuzugs solcher Menschen nach Deutschland vor. - Nebenbei bemerkt ist das übrigens jedoch eine seltsame "Lösung", denn das würde ja letztlich nicht verhindern, dass diese sogenannten "problematischen" Menschen, die schon in Deutschland sind, sich hier weiter viel stärker vermehren als der sogenannte "unproblematische" Teil der Bevölkerung.

Sarrazin und Giordano sehen also in den Menschen selbst das Problem. Sie sehen das Problem darin, dass es in Deutschland bestimmte Menschen gibt. Die pure Existenz dieser Menschen ist in ihren Augen das Problem.

Sarrazin behauptet, dass ein großer Teil der Türken in Deutschland nicht integrationswillig sei. Diese Beschreibung wird in der deutschen Presse und in großen Teilen der Bevölkerung mit zustimmendem Nicken aufgenommen. Dabei übersehen die meisten jedoch, dass Sarrazin offensichtlich auch meint, dass sich dieser Unwille auf Seiten der Türken niemals mehr ändern wird. Die Integration sei gescheitert, und zwar dauerhaft gescheitert, so Sarrazin.

Es gäbe also keine Hoffnung mehr, das Verhalten vieler Türken oder die Einstellung vieler Türken zu ändern. Das Verhalten und die Einstellung dieser integrationsunwilligen Türken wird in dieser Sichtweise zu einem unbeweglichen, unflexiblen Bestandteil der türkischen Menschen selbst. Verhalten, Werte und Einstellungen erscheinen in der Darstellung von Sarrazin und Giordano als unveränderliche und untrennbare Bestandteile der biologischen Existenz dieser türkischen Menschen.

Und das ist genau der Punkt, an dem der implizite Rassismus der Vorstellungen von Sarrazin und Giordano sichtbar wird. Dementsprechend bieten Sarrazin und Giordano auch nur biologische Lösungen des Problems an: Die Zahl dieser Menschen muss veringert werden oder zumindest konstant gehalten werden. Die Existenz dieser Menschen selbst wird also letztlich zur Disposition gestellt.

Auch wenn Giordano und Sarrazin nicht das entlarvende Wort "Rasse" in den Mund nehmen, sind sie dennoch leider Rassisten. Denn ihre Erklärungsmuster und die damit verbundenen impliziten biologistischen "Lösungsvorschläge" beruhen auf dem Weltbild und der Ideologie des Rassismus.

Man muss also schlussfolgern: Sowohl Sarrazin als auch Giordano sehen das Problem letztlich nicht darin, dass sich bestimmte Menschen in Deutschland intolerant verhalten, sondern sie sehen das Problem letztlich in dem Vorhandensein bestimmter Menschen selbst.

Stefan Kramer, der Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland, hat also völlig Recht, wenn er die Äußerungen Sarrazins in beklagenswerter Nähe zu Äußerungen von Göring, Goebbels und Hitler sieht.

Donnerstag, 13. September 2007

Tagesschau schweigt zu Bosbachs Konvertiten-Überwachungs-Träumen

Was steckt dahinter, dass gestern weder die 20-Uhr-Ausgabe der Tagesschau, noch die Tagesthemen, noch das Nachtmagazin der ARD über die jüngsten Ausfälle von Beckstein und Bosbach gegenüber Muslimen berichteten, obwohl das mit eines der Hauptthemen gestern in allen anderen Medien war? Und ja, es handelt sich dabei um Angriffe und Ausfälle, weil es Generalverdächtigungen sind.

Netzeitung.de berichtet über die Aussagen Bosbachs:

Nach der Verhaftung von Terrorverdächtigen, die zum Islam übergetreten waren, hat sich Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) für ein "Konvertiten-Register" ausgesprochen. Eine solche Speicherung sei "sinnvoll, denn wir wissen, dass sich einige nach dem Übertritt radikalisieren lassen. Das ist kein Generalverdacht, sondern eine Gefahrenabwehr". [...] Er wisse, dass seine Meinung nicht überall auf Gegenliebe stoße, "aber ich bin nicht bereit, aus lauter politischer Korrektheit die Augen vor der Realität zu verschließen". Prävention werde immer wichtiger, da es immer weniger klare Täterprofile bei "Gefährdern" gebe. (Quelle: Netzeitung.de)


Und Beckstein sagte laut Süddeutsche.de:

Der kommende bayerische Ministerpräsident Beckstein [...], machte aber deutlich, dass "gerade unter Konvertiten die Gefahr der Radikalisierung und Hinwendung zum islamistischen Extremismus besonders groß" sei. (Quelle: Süddeutsche.de)


Bosbach und Beckstein haben sicherlich noch nie etwas vom statistischen Begriff der sogenannten "Grundgesamtheit" gehört. Dieser Begriff sagt grob erläutert aus, dass man bei der Beurteilung, wie wahrscheinlich jemand aus einer Gruppe Träger eines Merkmales ist (hier beispielsweise ein Konvertit mit dem Merkmal "potenzieller Terrorist"), die Größe der Gruppe (hier der Konvertiten) nicht ausblenden darf. Je größer die Gruppe der Konvertiten ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass bei gleichbleibender Anzahl von potenziellen Terroristen, ein Konvertit tatsächlich ein Terrorist ist oder wird. Da es viele Konvertiten gibt aber nur wenige sogenannte "Gefährder", also potenzielle Terroristen, ist es kaum sinnvoll vom Merkmal "Konvertit" auf das Merkmal "potenzieller Terrorist" zu schließen. Äußerungen, die den Generalverdacht gegenüber Konvertiten befördern, sind also politisch extrem ungeschickt, um es höflich zu formulieren, und sachlich nicht gerechtfertigt. Die Mehrheit der Konvertiten besteht beispielsweise aus Frauen, die, angeregt durch eine Liebebeziehung zu einem Moslem, die Religion wechseln, wie die NZZ berichtete:

Kein Zweifel indes besteht, dass hier nur von einer verschwindenden Minderheit die Rede ist. Ihr Übertritt zum Islam führt die Betreffenden in 99 Prozent der Fälle nicht in blutigen Fanatismus, sondern zu ganz zivilen Engagements: Sie gründen humanitäre Hilfsorganisationen für Glaubensbrüder in der deutschen Diaspora, geben islamische Zeitungen heraus, eröffnen islamische Buchläden und suchen in Koranschulen nach Vertiefung ihres Wissens und Glaubens. Vor allem stellen sie ihre Lebensführung um. Die Konversion wird genutzt zum Wechsel in der Biografie, zur Lösung von Existenzzweifeln, zur Flucht in ein verwandeltes Dasein. Häufigster Grund, zumal bei Frauen: die Verbindung mit einem neuen Lebenspartner muslimischen Glaubens. Die Konversion soll, ganz simpel, die Basis der Liebesbeziehung verbreitern. Rund sechzig Prozent der Islam-Konvertiten in Deutschland sind Frauen. Die Mehrheit also. (Quelle: NZZ.ch)


Online unter Tagesschau.de wird zwar auch ausführlich berichtet über die Äußerungen von Bosbach und Beckstein. Aber Tagesschau.de ist inhaltlich häufig etwas völlig anderes als die TV-Ausgabe, von Themensetzung und Qualität her.

Will man Beckstein und Bosbach schützen oder warum geht man in den Tagesschau-TV-Sendungen auf die Debatte mit keinem Wort ein? Ist man der Meinung, dass sich die Diskussion eh erledigt hat und die Äußerungen von Beckstein und Bosbach nicht für eine Denke stehen, die typisch für die Union zu sein scheint? Sollte man dem Zuschauer nicht durch schlichte Berichterstattung vor Augen führen, wen sie da wählen, wenn sie ihr Kreuz bei der Union machen? Oder denkt man, man würde die haltlosen Positionen von Bosbach und Beckstein allzusehr unterstützen, wenn man darüber berichtet? Nichts hindert jedoch daran, auch kurz die klaren Gegenpositionen zu ihren Vorschlägen zu schildern.

Es ist ein Zeichen mehr dafür, dass die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen das, was politisch geschieht, nicht annähernd ausführlich genug darstellen mit den jetzigen Sendeformaten. Wieder einmal wird die Tagesschau selbst ihrem schon sehr bescheidenen Motto (geäußert im zensurfreudigen Tagesschau-Blog), man wolle das berichten, worüber am nächsten Morgen überall im Büro gesprochen wird, nicht gerecht.

Nachtrag: Jetzt ist klar, was dahinter steckt, dass die Tagesschau nicht berichtet hat. Man hat wohl einen Wink von den Kollegen vom Bayerischen Rundfunk bekommen, dass das per Agenturmeldung verbreitete Zitat von Bosbach so gar nicht stimmt. So kann man sich natürlich im Nachrichtengeschäft auch einen Vorteil verschaffen. Den restlichen Medien würde ich daher raten, keinerlei Meldungen des Bayerischen Rundfunks mehr zu glauben.

Allerdings... so anders klingt die jetzt als Bosbachschen Äußerungen kolportierte Version auch nicht zu dem zuvor berichteten Text. Die Frankfurter Rundschau berichtet:

In der Sendung hatte Bosbach die Forderung des bayerischen Innenministers Günther Beckstein (CSU) verteidigt, in die Anti-Terror-Dateien einzutragen, ob es sich bei Verdächtigen um Konvertiten handele. "Da würden wir gerne wissen, wer das ist, denn wenn sie sich als Gefährder erweisen sollten, dann muss der Staat auch die Möglichkeit haben, dieser Gefährdung zu begegnen", sagte Bosbach im inzwischen auch schriftlich veröffentlichten Wortlaut. (Quelle: FR-Online.de)


Also man möchte eben doch wissen, wer Konvertit ist, bevor jemand zum Gefährder wird und nicht umgekehrt. Also soll eben doch das Merkmal "Konvertit" zum Teilindiz dafür werden, dass jemand Gefährder werden könnte. Die Union spielt ja gerne mit dem Begriff "Verdächtiger" und präsentiert ihn so, als ob nur Leute zu "Verdächtigen" werden könnten, die auch mit großer Wahrscheinlichkeit was auf dem Kerbholz haben. Und wenn sich der Verdacht verdichtet, wird anscheinend aus einem "Verdächtigen" dann ein "Gefährder", der zwar auch noch nichts verbrochen hat, aber den man dann noch einmal eine Stufe mehr und intensiver beobachten kann. Da kann man nur jedem raten, niemals einen Verdacht auf sich zu ziehen. Also lasst das Konvertieren lieber sein, denn "da würden wir gerne wissen, wer das ist..."

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Samstag, 18. August 2007

Deutsche lieben das Rückständige

Ich gebe zu: Früher sträubte ich mich dagegen, bettelnden Leuten in der U-Bahn oder vorm Supermarkteingang Geld zu geben. Bei den "Supermarkt-Bettlern" konnte man häufig sehen, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Alkoholiker handelte. Meine Befürchtung war, dass jeder gespendete Euro sofort wieder in Alkohol umgesetzt werden würde. Bei den Bettlern in der U-Bahn handelte es sich häufig um gutgekleidete Musikanten mit teuren Instrumenten, die zudem bereits von anderen Passagieren meist ordentlich Geld bekamen.

Die Situation hat sich verändert. Die heutigen Bettler sind keine spezielle Gruppe von Leuten mehr. Man sieht in der Großstadt alle Altersschichten und die unterschiedlichsten Personentypen betteln. Die meisten still und verschämt.

Ich gebe pro Tag nun - so ich auf einen Bettler treffe - immer mindestens einen Euro, ohne mir die Person näher anzuschauen. Der Gründe für ihre mießliche Lage sind heute genug vorhanden. Ein kleiner Fehler der Betroffenen reicht heute aus und die erbärmlichen Hartz-IV-Almosen werden für einen oder mehrere Monate gänzlich gestrichen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Aber Fehler sind gar nicht nötig. Es reicht, als Hartz-IV-Empfänger krank zu werden und die Kosten für die nötigen Taxifahrten zum Arzt nicht erstattet zu bekommen, wie der Deutschlandfunk darstellt.

Es ist ein erheblicher kultureller und gesellschaftlicher Rückschritt, den Deutschland in den letzten Jahren unter Rot-Grün und nun unter der großen Koalition vollzogen hat. Das Gebot des Almosengebens unter Muslimen empfand ich immer als recht zwiespältig - einerseits empfand ich es als fortschrittlich, andererseits als rückständig. Almosengeben ist ein Fortschritt, wenn sich zuvor um Arme gar nicht gekümmert worden war. Aus Sicht des modernen Sozialstaates jedoch erscheint mir das Almosengeben als unwürdig - sowohl für den Geber als auch den Empfänger. Denn Almosen helfen nicht wirklich. Ihnen wohnt vielmehr die Gefahr inne, die Armut der Betroffenen zu zementieren.

Hartz IV jedoch ist inzwischen nichts weiter mehr als ein unzuverlässiges staatliches Almosen. Von den Versprechen, es mit umfangreichen, wirkungsvollen Fördermaßnahmen zu verbinden, ist nichts geblieben. Hartz IV hat somit die Armut noch stärker als zuvor die Sozialhilfe zementiert. Der Sozialstaat ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Und da selbst Hartz IV teilweise ganz gestrichen werden kann und manchen Menschen absolut jegliche Unterstütztung vom Staat verweigert werden kann, muss man heute das private Almosengeben und das islamische Gebot zum Almosengeben leider wieder als etwas "Fortschrittliches" ansehen. Man könnte sagen: Das sogenannte christliche Abendland (das schon länger nur noch ein pseudochristliches Abendland ist - welcher sogenannte "Christ" kennt sich denn heute noch aus in "seiner" Religion?) sollte sich schämen. Aber ob nun Christ, Muslim, Atheist oder Ich-weiß-nicht-was-ich-glaube-Typ, die Vorteile eines Sozialstaates benötigen zur Rechtfertigung eigentlich keinen religiösen Hintergrund. Der gesunde Menschenverstand und etwas Menschenliebe reichen aus, um seine Vorteile zu erkennen und den neoliberalen Dreck, der immer zum Inhalt hat, dass es den regulierenden, helfenden Staat nicht braucht, als schädlich für die Gesellschaft und somit die große Masse der Menschen zu entlarven.