Samstag, 2. Dezember 2006

Das absolute Gegenteil von StudiVZ ist...

... 2ch.net.

Dieses japanische Social-Network-System ist tatsächlich das genaue Gegenteil der Datenschleuder namens StudiVZ. Warum? Weil es dort zur guten Sitte gehört, anonym aufzutreten, keine Daten über sich preiszugeben, während man bei StudiVZ wohl von Campus Captains angehalten wird, möglichst seine vollständigen Daten in sein Online-Profil zu schreiben.

Bei 2ch.net entspricht es jedoch der Höflichkeit, nur den Standard-Nicknamen "Toshiaki" zu verwenden, um sich an der Diskussion zu beteiligen. Mehr über 2ch.net erfährt man zum Beispiel in diesem Artikel bei Google Blogoscoped: 2ch.net, an Anonymous Social Network. Und hier ein Wikipedia-Eintrag über Futaba Channel, wie 2ch.net auch genannt wird.

Wie jetzt? Ein Social-Network-System, das komplett anonym ist? Wo liegt denn da der Sinn?

Hiroyuki Nishimura, der Gründer von 2ch.net äußert sich dazu in einem Interview wie folgt:

If there is a user ID attached to a user, a discussion tends to become a criticizing game. On the other hand, under the anonymous system, even though your opinion/information is criticized, you don't know with whom to be upset. Also with a user ID, those who participate in the site for a long time tend to have authority, and it becomes difficult for a user to disagree with them. Under a perfectly anonymous system, you can say, "it's boring," if it is actually boring. All information is treated equally; only an accurate argument will work. (Quelle)

2ch.net dient also vor allem dem inhaltlichen Austausch und Diskutieren. StudiVZ hat da natürlich eine etwas andere Ausrichtung. Wenn ich den Reiz von StudiVZ richtig verstehe, geht es da wohl doch letztendlich darum, irgendwann Kontakt mit Leuten aus "meiner Gruppe" auch im realen Leben zu finden, nicht nur online. Ansonsten würden die realen Adressinformationen ja keinen Sinn ergeben.

In Japan spielt im Offline-Alltagsleben normalerweise die jeweilige gesellschaftliche Stellung des Gegenüber eine große Rolle. Man redet sogar anders, verwendet andere Wörter und Satzkonstruktionen, je nachdem, welche gesellschaftliche Stellung die andere Person hat. Deswegen ist es zum Beispiel sehr beliebt vor einem Gespräch zunächst Visitenkarten auszutauschen, um so in Erfahrung zu bringen, welche gesellschaftliche Stellung der andere innehat. Wüsste man dies nicht, wüsste ein höflicher Japaner auch nicht, wie er mit dem Gegenüber richtig sprechen sollte, um ihn nicht zu kränken. Deswegen tragen selbst Hausfrauen stets Visitenkarten bei sich.

Die Anonymität des Internets wirkt hier in Japan anscheinend wie eine kleine Befreiung. Gibt es keinen Zwang, seinen gesellschaftlichen Status dem anderen mitzuteilen, reden Japaner paradoxerweise gerne mit jedem, egal welchen Status der andere hat. Das anonyme Internet-Forum ermöglicht so Diskussionen, bei denen tatsächlich nur das zählt, was jemand inhaltlich sagt. Der Ruf und die gesellschaftliche Stellung des anderen spielen dann keine Rolle mehr (siehe obiges Zitat von Hiroyuki Nishimura), man läuft nicht Gefahr den anderen zu verletzen oder selbst sein Gesicht zu verlieren. Hiroyuki Nishimura merkt im oben erwähnten Interview an, dass Amerikaner wohl nicht so gerne und unvoreingenommen mit Menschen reden, über die sie gar nichts wissen. Dies trifft wohl auch auf Europäer zu.

Japaner verteilen also lieber Visitenkarten auf der Straße. Deutsche verteilen ihre Visitenkarten lieber im Internet in Form von Adresseinträgen bei StudiVZ. Ich muss gestehen, dass mir das japanische Vorgehen in ihrer Situation sinnvoller erscheint als das deutsche Vorgehen. Wäre die Kontaktanbahnung in StudiVZ nicht zum Beispiel auch möglich, ohne dass man gleich die vollständige Adresse samt Handy-Telefonnummer etc. online stellt? Aber ich bin ja bereit zu lernen, wer mir also diesbezüglich helfen mag, ist herzlich eingeladen, sich dazu in den Kommentaren zu äußern. ;-)

Tja, in Japan läuft alles häufig genau anders herum als in Europa und ergibt dennoch einen Sinn. Das schrieb schon der Engländer William Adams (Wikipedia-Eintrag) im 16. Jahrhundert so auf, als es ihn nach Japan verschlug und es gilt heute häufig noch genauso.

Technorati-Tags: , , , , ,

Freitag, 1. Dezember 2006

StudiVZ: Ein Fall für die Justiz?

Vorgestern beschrieb ich schon, dass Kommentatoren im Weblog Blogbar.de mehrmals Sicherheitslücken bei StudiVZ.net fanden (Weblogs schreiben StudiVZ heile statt kaputt), danach oft StudiVZ.net offline war und anschließend die beschriebenen Sicherheitslücken beseitigt zu sein schienen, bis dann die nächste Sicherheitslücke gefunden wurde. Alles deutete für mich darauf hin, dass StudiVZ sich das Wissen der Blogbar-Kommentatoren zu Nutze machte.

Nun frage ich mich ernsthaft und schuldbewusst, ob StudiVZ.net meinen Hinweis, dass hier einer Millionen Euro schweren Firma kostenlos in und durch Weblogs geholfen wurde, dahingegehend interpretiert haben könnte, nun den Blog-Kommentatoren Geld anzubieten. Dumme Idee. So war das nicht gemeint von mir. ;-) Ich hätte eher vorgeschlagen, Experten im Rahmen eines festen Arbeitsvertrages einzustellen. Den Findern von Sicherheitslücken nur dann Geld anzubieten, wenn sie Sicherheitslücken gefunden haben, so ohne festen Arbeitsvertrag, kann man wohl dahingehend missverstehen, dass StudiVZ zu einer Straftat aufruft.

Das erläutert Rechtsanwalt Udo Vetter mit kurzen Verweisen auf bestehende Paragrafen in seinem Lawblog: StudiVZ lädt Hacker ein.

§ 202a
Ausspähen von Daten


(1) Wer unbefugt Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, sich oder einem anderen verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Daten im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden. (Quelle)

§ 303a
Datenveränderung


(1) Wer rechtswidrig Daten (§ 202a Abs. 2) löscht, unterdrückt, unbrauchbar macht oder verändert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar. (Quelle)

§ 303b
Computersabotage


(1) Wer eine Datenverarbeitung, die für einen fremden Betrieb, ein fremdes Unternehmen oder eine Behörde von wesentlicher Bedeutung ist, dadurch stört, daß er
1. eine Tat nach § 303a Abs. 1 begeht oder
2. eine Datenverarbeitungsanlage oder einen Datenträger zerstört, beschädigt, unbrauchbar macht, beseitigt oder verändert,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar. (Quelle)

Technorati-Tags: ,

Drei Jahre lang nachgedacht - ob es was hilft?

Die NachDenkSeiten feiern ihren dreijährigen Geburtstag. Gratulation, Hochachtung und weiter so!

Donnerstag, 30. November 2006

Expertenstreit um Killerspiele?

Wer hat denn nun Recht? Sind Computerspiele schädlich? Gibt es einen Streit zwischen Experten zu dem Thema oder nicht?

Ich habe mir einmal die Diskussion zum Thema angesehen und komme zu folgendem Schluss:

Computerspiele können schädlich sein. Einen Streit zwischen Experten gibt es eigentlich nicht. Was nicht ausschließt, dass es immer einige Forscher gibt, die frech in der Öffentlichkeit auftreten und einige Forschungsergebnisse in ihrer Bedeutung überschätzen. Wenn also zum Beispiel manche Hirnforscher mutig behaupten, dass eine kurzfristige Veränderung des Blutflusses in manchen Hirnregionen während des Computerspielens ein klarer Hinweis dafür sei, dass der betroffene Mensch Moral- und Wertvorstellungen dauerhaft ändern würde und nach genug Zeit am Computer bereitwilliger auch längerfristig aggressiv gegen Mitmenschen auftreten würde. Für solch eine Behauptung gibt es kaum wissenschaftlich fundierte Hinweise. Die in Computertomographen gemessenen Veränderungen der Arbeitsweise des Gehirns beim Computerspielen belegen nur, dass das Gehirn arbeitet. Würde sich da im Gehirn nichts verändern während des Spielens am Computer, wäre es tot. Insofern erstaunen mich solche Forschungsergebnisse überhaupt nicht, obwohl dieser Welt.de-Artikel natürlich brutal suggerieren will, dass die zitierten Forschungsergebnisse langfristige Folgen von Computerspielen aufzeigen würden. Der Artikel ist in seiner Machart also ein Angriff auf die Wahrheit. Aber lassen wir das. Es gibt ja tatsächlich Hirnforscher, die behaupten, dass das Gehirn längerfristig durch Computerspiele verändert wird. Meist beschränkt sich diese Vermutung darauf, dass motorische und sensorische Fähigkeiten trainiert würden. Einige wenige Hirnforscher gehen weiter und behaupten, dass Computerspiele Gehirne so umformen könnten, dass die Spieler eine Gefahr für die Gesellschaft werden könnten (dazu unten mehr). Da Hirnforscher schöne bunte Bilder von Magnetresonanztomographen vorlegen können und diese Maschinen auf Laien sehr beeindruckend aussehen, erlangen solche gewagten Thesen über längerfristige Auswirkungen von Computerspielen auf die Gehirnstruktur häufig große Aufmerksamkeit in den Medien. Magnetresonanztomographen sind jedoch keine Allwissenheits-Maschinen. Die bunten Bilder bedürfen extrem der Interpretation und zeigen für sich genommen erst einmal gar nichts. Bei der Auswertung hängt es also stark davon ab, von welchen Theorien man ausgeht.

Frage 1: Sind Computerspiele also nun schädlich?
Ja, sie können schädlich sein. Besonders, wenn jüngere Kinder ihre Freizeit vor allem nur mit Computerspielen füllen. Dabei kommt es weniger auf die Art der Computerspiele an als auf die Einseitigkeit der Beschäftigung. In diesem Sinne wäre jedoch wahrscheinlich ein übermäßiger Fernsehkonsum ähnlich schädlich, wenn nicht sogar schädlicher. Das, was hier also Schaden verursachen kann, ist die Einseitigkeit. Die Ursache für einseitige Freizeitbeschäftigung liegt weniger bei den Computerspielen an sich, sondern vielleicht an mangelnden Alternativen. Hat das Kind Freunde? Gibt es alternative Spiel- und Sportangebote? Kümmern sich die Eltern um das Kind oder ist den Eltern die Selbstbeschäftigung des Kindes mit Computerspielen willkommen, da sie sich so um das Kind nicht zu kümmern brauchen? Computerspiele können also schädlich sein. So wie jede einseitige Beschäftigung schädlich sein kann. Wer als Kind jeden Tag sieben Stunden lang Fußball spielt, tut sich auch nichts Gutes an. Genauso wie Fußball können Computerspiele jedoch auch förderlich sein. Schon alleine deswegen, weil Computerspiele wahnsinnig unterschiedlich sind. Wer also sagt, dass Computerspiele schädlich sind, muss auch sagen, dass Fußballspielen schädlich ist.

Frage 2: Sind Killerspiele schädlich?
Bleiben wir ruhig mal bei dem umstrittenen Ausdruck "Killerspiele" und verstehen darunter einmal alle Spiele, die virtuelle Gewalt zeigen und zudem Reaktionsschnelligkeit des Spielers erfordern. Die Antwort kann dann lauten: Ja, Killerspiele können schädlich sein. Grund Nummer eins: Siehe Antwort zu Frage 1. Zweiter Grund: Es gibt kurzfristige Auswirkungen. Der Adrenalin- und Testosteronspiegel steigt. Direkt nach dem Killerspiel ist der Spieler aufgeregter und weniger einfühlsam. Außerdem behindern solche aufregenden Tätigkeiten das Setzenlassen von zuvor Gelerntem. Wer also vor dem Killerspiel Vokabeln gelernt hat, wird sie weniger leicht behalten, als wenn er sich nach dem Lernen einer ruhigeren Tätigkeit hingibt. Dritter Grund: Die Moralentwicklung junger Kinder ist noch nicht abgeschlossen. Es könnte sein, dass Computerspiele, in denen exzessives, virtuelles Töten gezeigt wird, Auswirkungen haben auf die Moralvorstellungen solcher Kinder. Deshalb sind solche Spiele ja auch für Kinder bereits heute verboten. Vierter Grund: Manche Hirnforscher meinen, dass das Rumgeklicke am Computer auch bei älteren Menschen im Gehirn langfristig Strukturen verändert und auf diese Weise Verhaltensweisen, die der Spieler am Bildschirm ausübt, trainiert und zweitens diese Verhaltensweisen dann im realen Leben zur Gefahr werden könnten. Wer demnach gut darin ist, mit seiner Computermaus Menschenabbilder auf dem Bildschirm zu treffen, der sei auch gut darin, mit einer realen Waffe in der realen 3D-Umwelt Menschen skrupellos abzuschießen. Hier verbergen sich zwei Behauptungen: Einerseits finde ein Lernen motorischer Fähigkeiten statt, die auf die reale Welt übertragbar sei. Das Mausgeklicke helfe beim Umgang mit einem realen Gewehr. Fragwürdig, wie ich finde. Andererseits könne unser Gehirn nicht wirklich unterscheiden zwischen virtueller und realer Welt. Das virtuelle Töten sei somit auch ein Lerneffekt, der sich beim Verhalten in der realen Welt bemerkbar mache. Auch in realen Situationen würde die Verhaltensweise des Tötens durch diesen Lerneffekt begünstigt. Folge: Leute, die Killerspiele spielen, seien angeblich allgemein bereiter dazu, zu töten. Aus diesem Grund würde die US-Armee auch Computerspiele im Training einsetzen.

Problem: Wissenschaftlich gibt es für diese Aussage kaum Belege. Zumindest keine solchen Belege, die ein solches Durchgreifen des Staates rechtfertigen könnte, wie es zum Beispiel ein Herstellungsverbot bestimmter Computerspiele und das Unterwerfen einer Kultur- und Wirtschaftsbranche unter das Diktat staatlicher Zensur sein würde. Auch wenn zum Beispiel Hirnforscher Manfred Spitzer behauptet, dass Menschen den Wirkungen von Killerspielen hilflos ausgeliefert seien und deshalb eigentlich verboten gehören (Dradio.de: Hirnforscher fordert Extra-Steuer auf "Killerspiele", MP3-Datei des Interviews). Spitzer vermengt in seiner Argumentation jedoch die zweifelsfrei nachgewiesene Wirkung von Medien allgemein (zum Beispiel die Wirkung von Werbung etc.) mit der spezifischen, angenommenen Wirkung, dass Menschen, die Killerspiele spielen, allgemein und langfristig gefährlicher und aggressiver seien. Spitzer zieht aus der Tatsache, dass Menschen in der Lage sind zu lernen, den Schluss, dass Menschen im Grunde genommen total fremdbestimmt seien, dass sie abhängig seien von dem, was auf ihr Gehirn einwirkt. Der Medienpädagogik spricht er dabei jeglichen Sinn ab. Die Interpretation der Welt spielt für Spitzer keine Rolle. Was zähle seien die Reize, die im Gehirn ankommen. Spitzer hat somit ein extrem positivistisches Weltbild: Der Reiz von außen ist alles. Auswahleffekte, dass Menschen also sich gezielt bestimmten Reizen aussetzen oder Reize meiden, sieht er anscheinend nicht. Außerdem ist Spitzer der Meinung, dass man Amokläufe nicht vorhersagen könne. Sie würden einfach so passieren. Er bezeichnet somit zum Beispiel Psychologen, die mit Hilfe des Phänomens des "Leaking" Amokläufer im Vorhinein zu erkennen versuchen (Welt.de: Wie Amokäufer psychologisch erkannt werden können") indirekt eigentlich als Scharlatane. Spitzer gehört also jener kleinen Fraktion von extremen Hirnforschern an, die dem Menschen jeglichen freien Willen absprechen - auf Grundlage eines zweifelhaften Experimentes übrigens, dessen Aussagen inzwischen auch ganz anders interpretiert werden. Warum allerdings bei den Massen an Menschen, die sich täglich diesen "Killerspielen" aussetzen, bislang so wenig passiert ist, kann Spitzer nicht erklären.

Weiter also zum Thema "Killerspiele". Dass die US-Armee Computerspiele einsetzt, hat auch ganz andere Gründe. Zum Beispiel als Werbung oder zum taktischen Training. Und selbst wenn die Vermutung stimmt, dass ein Killerspieler bereitwilliger den Abzug ziehen würde: Er müsste ja erst einmal einen realen Abzug in der Hand halten. Da wäre die Frage interessanter, wie dieser Abzug in seine Hand gelangt ist? Warum hat er eine Waffe in der Hand? Was hat ihn dazu veranlasst, eine Waffe in die Hand zu nehmen? Bleibt man streng bei der Argumentationskette mancher Hirnforscher, können sie diese Frage nicht beantworten, denn in Computerspielen wird nicht die Beschaffung von Waffen trainiert, sondern korrektes und schnelles Zielen und Treffen. Im Computerspiel hat man die Waffe immer schon in der Hand. Wenn also Killerspiele das Töten tatsächlich trainieren, dann nur den letzten Schritt vor dem Ziehen des Abzugs. Alles, was davor passiert ist, bleibt ausgeblendet. Vielleicht wäre unter diesem Gesichtspunkt also ein Verbot des Spielens von Killerspielen sinnvoll - und zwar für Polizisten, damit die nicht zu schnell den Abzug ziehen.

Die Argumentation mancher Hirnforscher greift also zu kurz, wenn sie versuchen jenseits von motorischen Lerneffekten mit den bunten Bildern aus dem Magnetresonanztomographen gesellschaftliche Phänomene erklären zu wollen. Mehr zu diesem Aspekt erfährt man zum Beispiel auch in diesem absolut lesenswerten Interview mit dem amerikanischen Schriftsteller Richard Powers bei Welt.de: Bücher sind genauso gefährlich wie Videospiele. Weitere Stimmen von Experten findet man in den von mir unter "Medien kontern Killerspiel-Verbotsrufe" verlinkten Artikeln.

Psychiater Prof. Lothar AdlerFrage 3: Verursachen Killerspiele Amokläufe?
Wohl kaum. Erhellendes dazu weiß der Psychiater Professor Lothar Adler zu berichten, der sich lange Zeit mit dem Phänomen "Amoklauf" beschäftigt hat. Die TV-Sendung "Kulturzeit" von 3Sat interviewte ihn und erläutert seine Forschungsergebnisse: Ausgetickt und durchgeknall - Gibt es eine psychologische Erklärung für das Phänomen "Amoklauf"? Kurze Antwort auf diese Frage: Ja, die gibt es. Und Computerspiele spielen da keine Rolle.

Jeder möge sich nun selbst ausrechnen, ob es sinnvoll ist, eine ganze Kultursparte wie Computerspiele staatlicher Zensur zu unterwerfen und den Zugang zu manchen dieser Kulturgüter sogar staatlicherseits mündigen, erwachsenen Bürgern zu verbieten. Für Menschen, die täglich mit Waffen zu tun haben, könnte jedoch - so sich die Vermutungen mancher Hirnforscher über mögliche langfristige, motorische Lerneffekte durch Computerspielen bestätigen - ein Verbot des Umgangs mit Killerspielen sinnvoll sein. Für Kinder sind sie längst verboten. Und würde in Computerspielen eine allgemeine Verherrlichung von Gewalt stattfinden, so gibt es dazu auch heute bereits ein Verbot.

Update: Ein Artikel der ZEIT versucht jetzt auch mal wieder etwas Verwirrung zu stiften und stellt weitere Studien von Psychologen vor, die angeblich beweisen, dass Killerspiele allgemein für jeden gefährlich seien: Killerspiele schaden doch.

Leider ist es wie so häufig bei diesen Artikeln, dass die Aussagen der Psychologen vom Journalisten falsch verstanden werden und überschätzt werden in ihrer Tragweite. So kann zum Beispiel die Aussage, dass "sowohl aggressives Verhalten, aggressive Gedanken und Gefühle bei Nutzern gewalttätiger Spiele begünstigt werden" vieles bedeuten. Etwas Ähnliches passiert auch nach dem Anschauen eines Action-Kinofilms. Zielt man wieder auf die langfristigen Folgen ab, muss man wieder genauer fragen, wie alt denn die untersuchten Probanden waren. Waren es Kinder und Jugendliche ist eh davon abzuraten, dass sie stundenlang Killerspiele spielen.
"Außerdem ließ man Menschen im Labor spielen. Eine Gruppe spielte gewalttätige, die andere gewaltfreie Spiele. Nachher verglichen die Psychologen, wie schnell aggressive Gedanken abgerufen wurden und wie stark gewalttätige Gefühle vorhanden waren" berichtet der Artikel weiter. Wieder geht es hier um kurzfristige Verhaltensänderungen. Kein Widerspruch zu dem bisher hier Gesagten.
"Die Ergebnisse der Befragung der Jugendlichen legte nahe, dass je mehr Gewaltspiele ein Jugendlicher über Monate und Jahre hinweg spielte, desto eher in bestimmten Situationen auch aggressiv handelte. Das ließ sich noch Jahre später nachweisen" geht der Artikel weiter. Auch keine neue Erkenntnis. Zu erklären ist dies damit, dass gewaltbereite Personen auch eher aggressiver anmutende Spiele spielen. Sie suchen sich diese Spiele gezielt aus. Was nicht heißt, dass alle, die aggressiv anmutende Spiele spielen, von diesem Aspekt der Spiele - nur von diesem Aspekt - angezogen wurden. Aber wenn eine Gruppe von Menschen gezielt von diesem Aspekt angezogen wird, "verfälscht" das die Statistik. Ein Beispiel: Man nehme einmal an, viele Menschen würden Erdbeeren lieben. Wegen ihres Geschmacks. Nun gibt es aber auch noch eine kleinere Gruppe von Menschen, die Erdbeeren vor allem wegen ihrer roten Farbe lieben. Wenn man anschließend der Frage nachgehen würde, ob Erdbeer-Essen eventuell dazu führt, dass man die Farbe "Rot" liebt, würde man beim Blick auf die Statistik erstaunt feststellen, dass dem wohl so sein müsse. Die Frage von Ursache und Wirkung kann so nicht beantwortet werden, dass die Computerspiele Schuld an aggressivem Verhalten sind. Das gleiche gilt auch für die weiteren Ergebnisdetails, die der Artikel darstellt. Auswahleffekte spielen hier eine große Rolle. Computerspiele haben (besonders für junge Kinder) negative Effekte, sicherlich (siehe oben). Hinzu kommt, dass sie für bestimmte Menschen, die eh schon Probleme haben (Kontaktschwierigkeiten, aggressive Fantasien, verwahrloste Kinder mit einem Mangel an alternativen Freizeitbeschäftigungen etc.) besonders attraktiv sind. Auch die von ZEIT.de vorgestellte Studie sagt also trotz des missverständlichen Artikel-Titels nichts anderes als andere Studien zu dem Thema.

Was ich damit sagen will: Nein, es gibt keinen Expertenstreit über die Wirkungsweise von "Killerspielen". Es gibt nur Journalisten, die die Ergebnisse teilweise einseitig darstellen. Der unbedarfte Leser meint dann, dass die Experten sich überhaupt nicht einig wären über die Wirkungsweise von Computerspielen. Die Folge ist, dass Psychologen und Pädagogen mit ihren Aussagen als beliebig und nicht ernst zu nehmen wahrgenommen werden. Die unsaubere Arbeit mancher Journalisten schadet dem Ansehen dieser beiden Wissenschaften.

Update 2: Anja Habermehl hat bei Medienrauschen.de einige konkurrierende psychologische Theorien zur möglichen Wirkungsweise von Medien auf Erleben und Verhalten aufgezählt: Medien und Gewalt. Dankenswerter Weise unterfüttert sie die Ausführungen auch mit einigen Links zu wissenschaftlichen Texten. Anders als der von mir schon früher verlinkte Artikel in der Süddeutschen Zeitung (Mörderische Medien - Was sagt die Wissenschaft?), der bereits vor einiger Zeit verschiedene psychologische Theorien zum Thema auflistete, enthält sich Anja Habermehl einer abschließenden Bewertung der Theorien. Die Süddeutsche Zeitung kommt zum Schluss, dass heute allgemein die verallgemeinerte, erweiterte sozial-kognitive Lerntheorie nach Bandura als anerkannt gilt. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Forschungsergebnisse, auf die sich andere Theorien stützen, zu integrieren vermag. Die Wirkungen von Medien auf das menschliche Verhalten sind im Detail noch unklar, das stimmt. Was aber auch stimmt, ist, dass die Psychologie - gerade wegen der Theorienvielfalt zum Thema - klar nachweisen kann, dass es keinen eindeutigen Wirkungszusammenhang zwischen Gewalt in Medien und real gezeigter Gewalt gegenüber anderen Menschen gibt. Auch hier wieder möchte ich also den Schluss ziehen, dass es keinen Expertenstreit gibt hinsichtlich der Frage, ob "Killerspiele" automatisch zu Gewalt führen. Und das war das, was ich in diesem Weblog-Eintrag darstellen wollte.

Technorati-Tags: Killerspiele, , , , , ,

Mittwoch, 29. November 2006

Sieben Dinge, die Deutschland sicherer und zukunftsfähiger machen

Heise.de berichtet über ein Umfrageergebnis. Es belegt: Jede noch so populistische Forderung kommt an beim deutschen Volk: Bundesbürger befürworten "Killerspiele"-Verbot.

Man muss also nicht klug und gebildet sein als Politiker. Es reicht vollkommen aus, möglichst laut rumzupoltern in pseudo-politischen Sendungen im Fernsehen und kurze, griffige Statements in die Mikrofone der Journalisten zu diktieren. Deutsche Moderatoren sind darauf trainiert, spannende, entlarvende Diskussionen abzuwürgen und keinen Gast argumentativ an die Wand nageln zu lassen. Auch die strunzdümmsten Politiker dürfen sich deshalb in Deutschland ohne Bangen auf die öffentliche Bühne wagen. Selbst Alkohol als Beruhigungsmittel - wie früher oft von Politikern im Bundestag als Mittel gegen das Lampenfieber bei Bundestagsreden eingesetzt - ist da nicht mehr nötig.

Aus der Erkenntnis, dass das deutsche Volk gerne populistische Forderungen hört, ziehen unsere Politiker allerdings immer noch viel zu wenig Nutzen!

Deshalb hier eine kleine Hilfestellung für unsere Politiker. Damit das Regieren noch einfacher wird, präsentiere ich sieben Forderungen, auf die das deutsche Volk vermutlich längst sehnlichst wartet:

1.) Kein unnötiges Rummosern mehr! Wer die Arbeit der Regierung in den Medien kaputtschreibt, muss mehr Steuern zahlen. Merke: Die Pressefreiheit wird nicht verboten. Sie kostet halt nur etwas mehr Geld. Das Vorhaben sichert, dass die Medien nur noch wirklich berechtigte Kritik üben und nicht einfach dumm und unreflektiert rummosern. Die Qualität der Medien steigt und der Leser, Zuschauer, Zuhörer verplempert nicht mehr seine Zeit durch den Konsum von inhaltsleerem Rumgemäkel. Ist ähnlich wie beim Informationsfreiheitsgesetz: Man kann neuerdings Auskünfte bei den Behörden über ihre Arbeit einholen. Es kostet halt nur teilweise ziemlich viel Geld. So wird verhindert, dass die Behörden unnötige Anfragen bearbeiten müssen. Wer also das Volk aufklären will, soll blechen. Das ist doch wohl die Aufklärung wert, oder?

2.) Kein Kindergeldmissbrauch mehr! Um den Missbrauch des Kindergeldes durch Eltern einzugrenzen, müssen Eltern ab sofort mit Quittungen belegen, dass sie jeden Cent des Kindergeldes direkt nur für das Kind ausgegeben haben. Ansonsten müssen sie es zurückzahlen. Das Kindergeld für Sauforgien am Vatertag zu verprassen ist also nicht mehr drin. Liegt vom Geist her in einer Linie mit solchen Forderungen, den angeblich massenhaften Missbrauch von Sozialleistungen einzudämmen. Kommt immer gut an beim Publikum auf den halbdunklen Plätzen.

3.) Keine Fiesematenten mehr! Jeder Bundesbürger muss jede Woche einen kurzen Bericht, in dem er schildert, was er über die Woche getan hat, bei einer noch zu schaffenden Behörde abliefern. So werden Terrorismus, Amokläufe, Steuerhinterziehung und das Kopieren urheberrechtlich geschützter Musik eingedämmt. Die Angaben werden selbstverständlich stichprobenartig von der Behörde durch Auswertung der Telekommunikationsverbindungsdaten, durch Hausbesuche und durch Befragung von Kollegen und Freunden überprüft. Sicherheit fängt bei jedem einzelnen an. Und zu verbergen hat der ehrliche Bürger schließlich nichts!

4.) Keine Unordnung in den Gefängnissen mehr! Um die grassierende Gewalt in den überfüllten, deutschen Gefängnissen einzugrenzen, werden dort überall Webcams installiert. So kann die Bevökerung live übers Internet mithelfen, tote Zelleninsassen schneller ausfindig zu machen.

5.) Mehr Flexibilität beim Arbeitslohn! Die Unternehmen dürfen ihre Mitarbeiter jetzt auch in Naturalien und Produkten auszahlen, allerdings nur mit solchen Produkten, die in Deutschland hergestellt wurden. Das stärkt die deutsche Wirtschaft und macht unabhängig vom Wechselkurs und den Börsenspekulationen. Diese Forderung ist ähnlich wie die nach dem Investivlohn, sollte also ankommen im Volk. Hier ein paar Infos zum Investivlohn, falls es interessiert: Investivlohn - Populistischer Irrweg (Financial Times Deutschland), Debatte um Investivlohn - Vergiftetes Geschenk (Süddeutsche Zeitung).

6.) Bessere Schulnoten! Schülern wird verboten schlechte Schulnoten zu fabrizieren. Das sollte Deutschland im PISA-Ländervergleich nach oben katapultieren.

7.) Keine Verbrechen mehr! Verbrechen einfach verbieten. Endlich einmal.

Wer meint, ich sei zum Kanzler geeignet, oder zumindest zum Kultusminister, möge sich in den Kommentaren melden. Die anderen schweigen bitte höflich. Danke.

Technorati-Tags:

Weblogs schreiben StudiVZ heile statt kaputt

Vor kurzem behauptete Investor Holtzbrinck noch, Blogger würden die Bemühungen der StudiVZ-Leute kaputtschreiben (Investor Holtzbrinck nimmt StudiVZ in Schutz).

Die Weblogs haben sich das zu Herzen genommen und leisten nun aktive Hilfe zur Verbesserung der von StudiVZ angebotenen Dienstleistungen. Zum Beispiel in den Kommentaren zu diesem Artikel bei Blogbar.de: StudiVZ - Irgendwann kommt mir ohne Sicherheit das Essen hoch.

Dort nehmen Leser in den Kommentaren StudiVZ an die Hand und zeigen dem armen, ahnungslosen Start-Up-Unternehmen, wo doch noch so einige kleine Sicherheitslecks sind und was man vielleicht tun müsse, um die zu schließen. Wer sich die mehreren hundert Kommentare nicht durchlesen möchte, hier das zugrundeliegende Schema:

1.) Ein Kommentator in Blogbar.de findet ein neues Sicherheitsleck, über das böswillige Personen leicht an alle Daten bei StudiVZ kommen könnten und vielleicht schon seit Monaten auch rankommen.
2.) Andere Kommentatoren bestätigen den Fund.
3.) StudiVZ geht offline.
4.) StudiVZ geht nach ein paar Stunden wieder online.
5.) Die Kommentatoren teilen mit: Sicherheitsleck scheint behoben zu sein!

6.) Ein Kommentator in Blogbar.de findet ein neues Sicherheitsleck, über das böswillige Personen leicht an alle Daten bei StudiVZ kommen könnten und vielleicht schon seit Monaten auch rankommen.
7.) Andere Kommentatoren bestätigen den Fund.
8.) StudiVZ geht offline.
9) StudiVZ geht nach ein paar Stunden wieder online.
10.) Die Kommentatoren teilen mit: Sicherheitsleck scheint behoben zu sein!

11.) Ein Kommentator in Blogbar.de findet ein neues Sicherheitsleck, über das böswillige Personen leicht an alle Daten bei StudiVZ kommen könnten und vielleicht schon seit Monaten auch rankommen.

Und so weiter...

Kaputtschreiben sieht für mich anders aus. Ich würde das eher kostenlose, gemeinschaftliche Sicherheitsberatung durch Weblogs für eine mehrere Millionen Euro schwere Firma nennen.

Technorati-Tags: ,

Dienstag, 28. November 2006

Investor Holtzbrinck nimmt StudiVZ in Schutz

Kurzes Vorwort: StudiVZ ist eine Art Einwohnermeldeamt für Studenten. Nur im Internet. Und geführt von einer kleinen Privatklitsche mit jugendlichem Personal statt einer ordentlichen Behörde. Angeschlossen an das Einwohnermeldeamt ist außerdem eine großflächige Gruschelwiese, wo die mit Adresse gemeldeten Studenten mehr oder weniger ungeschützt miteinander kommunizieren können. Seltsamerweise passiert es nun, dass auf dieser Gruschelwiese auch Daten ausgetauscht werden, die die Einwohner als geschützt und sicher ansahen.

In einem Interview mit Johnny Haeusler von Spreeblick.com erklärt Martin Weber, Geschäftsführer von Holtzbrinck Ventures, dem Geldgeber von StudiVZ, dass zur Zeit niemand StudiVZ wirklich kontrollieren könne:

1.000.000 Nutzern und 200.000 Gruppen lassen sich nicht einfach kontrollieren, auch nicht durch die Mitglieder selbst. (Quelle)
Tja, das sei nunmal so. Die Technik ist eben noch nicht ausgereift. Und Kritik sei immer leichter als Fehler zu beheben, so Martin Weber im Interview. Überhaupt sei dieses Rumkritisieren sehr schlimm, ja die Kritiker hätten sogar Mitschuld an den Fehlern von StudiVZ, so Martin Weber:
Die Gründer haben aus ihren Fehlern gelernt, sind jedoch gerade auch machmal ratlos, da all ihre Bemühungen, Dinge richtig zu machen, sofort wieder kaputtgeschrieben werden. (Quelle)
Mensch, was Blogger mit ihren Kritiken doch für eine Macht haben. Schreiben etwas in ihr Weblog und zack sind die Bemühungen von StudiVZ kaputt. Ich vermute, dass Martin Weber sich mit diesen erhellenden Äußerungen für den Titel Baron der Woche qualifiziert hat.

Also liebe StudiVZ-Nutzer: Der Geldgeber von StudiVZ sagt es euch in aller Deutlichkeit: Ihr macht gerade als Versuchspersonen mit bei einem großen Test. Ihr seid sozusagen Mitglied von Apollo 13. Auf dem Weg zum Mond, ohne Rückkehrgarantie. So ist das heute im Internet. Schutz und Verbraucherrechte waren einmal. Heute ist großes Datenschleudern angesagt. Man versuche zwar bei StudiVZ, was man könne, um die Datensicherheit zu verbessern, aber... siehe oben. Houston, die NASA-Zentrale während des Flugs von Apollo 13, hörte sich da doch etwas zuversichtlicher an als es darum ging, die drei Männer in der Mondkapsel wieder heil zur Erde zurückzubringen. Aber da gab es ja auch noch keine Blogger, die die Bemühungen der Bodenkontrolle sogleich wieder kaputtschrieben.

Die Jugend lebt und liebt halt die Gefahr. Wenn es schon keine Camel-Trophy mehr gibt und auch das Rauchen insgesamt out ist, dann muss halt Ersatz für das verlorene Risiko her. Willkommen also beim großen Abenteuer StudiVZ, wo heute niemand weiß, wo morgen deine Identität, deine Adressdaten, deine Vorlieben, deine Fotos, deine Freundeskontakte und deine geheimsten Wünsche landen werden! Inklusive möglichem Überraschungsbesuch des nervigen Gruschel-Kontaktes vor deiner Haustür!

Ist das nicht was? So sieht das auch der RCDS (Ring Christlich Demokratischer Studenten) an der Uni-Münster, der die Zusammenarbeit mit StudiVZ sogar in sein Wahlprogramm aufgenommen hat, wie das Weblog "Buchstaben in Bewegung" zu melden weiß: Der RCDS und das Web2.0.

Mehr zu den jüngsten Datenschutzpannen bei StudiVZ hier: StudiVZ - Sicherheitsbedenken sind mehr als begründet (Yamb.Beta2)

Technorati-Tags: , ,

Montag, 27. November 2006

Wochenrückblick: Zeichen der Apokalypse

Die erste Woche für dieses noch klitzekleine, unbekannte Weblog ist rum. War ja eigentlich nicht viel los:

  • Die Zustände in deutschen Gefängnissen sind unter aller Sau, weil Deutschland als Staat selbst ein armes Schwein ist und halt keinen Cent mehr hat. Tja, auch als mit eines der reichsten Länder der Erde muss man dann leider die Häftlinge (manche nennen sie Menschen) sich selbst überlassen: Knast in Deutschland: Foltern, raufen, randalieren (Spiegel.de)
  • Warum sind die Gefängnisse nur so voll? Vermutlich wegen der hervorragenden Arbeit der Bundespolizei, die sogar in verlassenen Lagerhallen der Deutschen Bahn liegengelassene Joghurtbecher zum Anlass nimmt, schnell mal per DNA-Analyse nach dem Hausfriedensbrecher zu suchen, der da wohl den Joghurtbecher hat liegen lassen: Kriminellenhatz im Provinzbahnhof (Lawblog.de)
  • Dem Trend zu zu vollen Gefängnissen wird jetzt aber entgegengewirkt. Terror-Verdächtige werden einfach wieder auf freien Fuß gesetzt, selbst wenn sie angeblich einen Anschlag auf ein Flugzeug planten. Es könnte aber auch sein, dass die Bundesanwaltschaft hier den Bürgern was vorgemacht hat und die Leute eh nicht ins Gefängnis gekommen wären, da es sich um Spinner handelte statt um Terroristen. Wird also wohl nichts mit der Entlastung der Gefängnisse: Verwirrung mit Folgen - Info-Panne in Karlsruhe (FR-Online.de).
  • Wofür Deutschland auch überhaupt kein Geld hat sind bekanntlich die Schulen. Nichts ist mit zusätzlichen Psychologen für die Schulen. Und wenn man schon dabei ist, da kann man auch gleich weiter an den Lehrern sparen. Schüler lernen doch eh am besten voneinander. Z.B. wie man Videos per Handy tauscht oder wo es die demnächst verbotenen Killerspiele am besten im Internet runterzuladen gibt: Länder stellen weniger Lehrer ein (FR-Online.de) Da die Länderregierungen statt mehr Geld zur Verfügung zu stellen für die Schule - so wie sie es alle in ihren Wahlkämpfen Stein und Bein geschworen hatten - lieber Verbote aussprechen, darf damit gerechnet werden, dass, um die PISA-Ergebnisse Deutschlands zu verbessern, bald nicht nur Killerspiele, sondern gleich auch schlechte Noten verboten werden.
  • Studenten sind ja ausgewachsene Schüler. Nur leider hat sie niemand auf die WGdL vorbereitet, auf die "Wirklichen Gefahren des Lebens" (TM) - auch bekannt unter dem Namen StudiVZ: 700 Stalker und der Datenschutz (Blogbar.de).
  • Die Gründer und Macher von StudiVZ leugnen jegliche Gefahr für die Nutzer. Was uns thematisch direkt zur ehemaligen und heutigen Bundesregierung führt, die im Leugnen auch ganz groß rauskam in den letzten Tagen. Das, was sozusagen gerade noch kein Leugnen ist, ist das Schweigen. Rechtlich gesehen einwandfrei, kommt es dennoch seltsamerweise beim Publikum irgendwie nicht so gut an. Da seine Show aber eh abgesetzt ist, kümmert dies unseren Ex-Innenminister Schily logischerweise nicht wirklich. Der Unterhaltungswert des BND-Untersuchungsausschusses gelangte somit an einen neuen Tiefpunkt: Eisern verschwiegen (Zeit.de)
  • Spannender wird es da schon wieder, wenn Tagesschau.de ganz offen und frei wie sonst selten der Bundesregierung einfach mal vorwirft, dass sie gelogen hat: Behörden nutzten Informationen von Misshandelten schreibt Tagesschau.de und legt dann dar, dass die Behörden diese Informationen eigentlich gar nicht hätten haben können/dürfen, denn es hätte sie laut Bundesregierung gar nicht gegeben, diese Informationen über Abdel-Halim Khafagy, einen zu Unrecht des Terrorismus verdächtigten und von den USA in Tuzla 2001 gefangen genommenen und womöglich gefolterten Mann, den Tagesschau.de auch in einem umfangreichen Interview vorstellt.
  • Glücklicherweise ist Khafagy noch einmal mit dem Leben davongekommen. Was man von dem ex-russischen Ex-Geheimdienstler Litvinenko nicht behaupten kann. Was den Europäern dabei das Kribbeln beibringt, ist nicht der bislang den meisten unbekannte Litvinenko, sondern das, was da eventuell beim großen, lupenreinen, waschecht-demokratischen russischen Nachbarn vor sich geht. "Die schlimmsten Befürchtungen, die man über das moderne Russland hegt, scheinen sich zu bestätigen. Die Erosion bürgerlicher Freiheiten und der Herrschaft des Rechts schreiten mit besorgniserregender Geschwindigkeit voran" schreibt Zeit.de: Giftige Grüße aus Moskau. Ungebremste, kompromisslose Machtpolitik nach Außen und Innen würden in Russland Leitfaden der Politik werden. Erste Opfer Politkowskaja und Litvinenko. Nächste Opfer vielleicht Deutschlandkaja und Europäische Unionenko?
  • Während der russische Staat seine Gegner (eventuell) umbringt, bringen derweil die Gegner Iraks den irakischen Staat um. Es wird noch darüber gerätselt, ob die Gegner Iraks die Aufständischen oder eventuell gar die USA sind. Dazu ein bescheidener Link auf Selbstgeschriebenes: USA im Irak: Go Big? Go Long? Go Home?
  • Aber wozu sich überhaupt diese ganzen Sorgen machen. Die Apokalypse ist doch eh schon unaufhaltsam nahe. Das total investigative und die Mitglieder vom Netzwerk Recherche vor Neid vermutlich erblassen lassende Weblog Egotastic offenbart es uns ungeschminkt: Signs of the Apocalypse: Britney Spears and Paris Hilton are Friends. Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen. Vielleicht nur noch, dass die Egotastic-Website nicht richtig im Opera-Browser funktioniert. Kluger Browser.

Sonntag, 26. November 2006

Blick aus hundert Fenstern, weltweit

The View from Your Window ist ein Weblog mit Fotos der Leser. Fotos des Blicks, den man hat, wenn man aus dem Fenster gucken würde, aus dem Leser des Weblogs täglich, manchmal, immer gucken, genauer gesagt.

Also gut, nochmal. Jeder hat irgendwo ein Fenster rumstehen. Da guckt man manchmal raus. Nun kann man genau das fotografieren. Also nicht, wie man da raus guckt, sondern wie das so aussieht da draußen vor dem Fenster. Und dieses Foto kann man dann an oben verlinktes Weblog schicken. Ich finde, das ist eine schöne Idee. Und funktioniert auch ganz ohne Mitteilung von irgendwelchen genauen Adressdaten.

USA im Irak: Go Big? Go Long? Go Home?

Wolf Blitzer, Moderator der Sendung 'Late Edition'Zu sehr guter deutscher Sendezeit (sonntags 17 Uhr) kann man auch als deutscher Zuschauer mal in den Genuss einer ausführlichen Berichterstattung über internationale Brennpunkte kommen. Zwei Stunden wechseln sich hochkarätige Gäste ab in der Sendung "Late Edition" von CNN. Kein Herumpolemisieren, keine Politik-Inszenierung mit festen Sprüchen und festen Rollen und zerfahrenen Fragen à la Christiansen. Stattdessen Wolf Blitzer, ein gewohnt neutraler und gut informierter Moderator, der seinen Gästen klare Fragen stellt. Der Kunde (sprich Zuschauer) will informiert werden und das wird er. Warum gibt es im deutschen Fernsehen eigentlich keine wöchentliche Sendung zu guter Sendezeit, wo Experten und Politiker in ähnlich akkurater, sachlicher und ausführlicher Weise zu aktuellen politischen Themen befragt werden? Ohne Studiopublikum!

Thema dieser Sendung mal wieder: Was soll die USA tun im Irak? Truppen verstärken (Go big)? Oder die Truppen noch länger im Irak belassen als bislang geplant (Go long)? Oder sie so schnell wie möglich aus dem Irak abziehen (Go home)?

Dr. Mowaffak al-Rubaie, Sicherheitsexperte der irakischen Regierung1. Gast: Dr. Mowaffak al-Rubaie, Sicherheitsexperte der irakischen Regierung. Er erläutert live zugeschaltet aus Bagdad, dass die Aufständischen im Irak enorme Gelder aus den arabischen Nachbarstaaten bekommen. Weniger aus dem persischen Iran, sondern vor allem arabische Privatleute und Firmen würden die Aufständischen unterstützen, weil die Nachbarländer keine Demokratie im Irak sehen wollen. Außerdem verneint er, dass Schiitenführer Muktada al-Sadr sich aus der irakischen Regierung zurückziehen werde, wenn Bush wie geplant sich mit dem irakischen Regierungschef treffen würde (Infos hierzu z.B. von der Basler Zeitung: Bush hält an Treffen mit Iraks Premier Maliki trotz Gewalt fest). Al-Sadr würde sich nur aufplustern. Die Regierung sei stabil.

Dr. Henry Kissinger, ehemaliger US-Außenminister2. Gast: Dr. Henry Kissinger, ehemaliger US-Außenminister. Er mahnt, die Außenpolitik der USA auf langfristige Strategien zu bauen und nicht auf kurzfristige Stimmungen, die bei den vergangenen Zwischenwahlen in den USA durch den Verlust der Mehrheit im Kongress für die Republikaner deutlich wurden. Würden die USA jetzt den Irak möglichst schnell verlassen, würde die Region im absoluten Chaos versinken.

Zbigniew Brzezinski, ehemaliger Sicherheitsberater3. Gast: Zbigniew Brzezinski, ehemaliger nationaler Sicherheitsberater. Er plädiert dafür, die Truppen so schnell wie möglich nach Hause zu holen, weil sie der eigentliche Grund für die desolate Lage im Irak seien. Wären keine Besatzertruppen mehr im Irak, hätten die Aufständischen auch keinen Grund mehr ihren Kampf fortzusetzen. Die irakische Regierung müsse und könne die Probleme wesentlich besser lösen als die US-Armee. Die Kosten seien für die USA zu hoch, der Nutzen zu gering. Je länger die USA im Irak bleibe, desto größer werde dort die Instabilität. Notfalls müsse man akzeptieren, dass die Schiiten im Irak eine Theokratie etablieren. Die Demokratie funktioniere anscheinend im Irak grundsätzlich nicht.

Senator John Cornyn, Republikaner, Texas4. Gast: Der republikanische Senator John Cornyn, Texas. Er sagt, dass man jetzt die Truppen massiv verstärken solle um 20.000 bis 50.000 Mann, damit man die Situation im Irak und vor allem in Bagdad schnell bereinigen könne, die Aufständischen also festnehmen oder töten könne. Laut Einschätzungen von Generälen hätten die USA noch vier bis sechs Monate Zeit, um die Situation im Irak zu bereinigen.

Senator Jack Reed, Demokrat, Rhode Island5. Gast: Der demokratische Senator Jack Reed, Rhode Island. 50.000 Mann seien seiner Einschätzung nach nicht genug, um das Chaos im Irak zu beenden und die Dynamik der Zersetzung zu stoppen. Zudem sei die Armee schon jetzt am Rande ihrer Leistungsfähigkeit. Es könne deshalb nur eine politische Lösung des Konfliktes geben. Bush solle deshalb energische politische Überzeugungsarbeit im Irak leisten in Form von Gesprächen mit den irakischen Politikern.

Soweit in aller Kürze die wichtigsten Punkte der unterschiedlichen Lösungsvorschläge, die derzeit in den USA zum Thema diskutiert werden.

Technorati-Tags: , , , , ,