Donnerstag, 5. April 2007

Grundgesetzänderung für Onlinedurchsuchung: 1:0 für Schäuble

Schäuble verfolgt eine Eskalationsstrategie: Da seine bisherigen Überwachungspläne nicht ankamen, legt er halt noch einmal einen Zahn zu. Schließlich ist er Bundesinnenminister und sitzt mit am Kabinettstisch und hat zudem die Hälfte der Regierungsparteien (und Teile der SPD) hinter sich. Er sitzt am Hebel. Die anderen müssen reagieren. So hält man seine Gegner auf Trab:

Das Handelsblatt berichtet, dass Schäuble eine Grundgesetzänderung plant, um die umstrittenen Onlinedurchsuchungen (Stichwort "Bundestrojaner") möglich zu machen: Online-Durchsuchungen: Achtung, Staat surft mit!

Der politische Gegner kommt zunehmend ins Rudern. Schäuble weiß genau, wie inkompetent seine Gegner auf der politischen Bühne sind und wie kompetent er im Gegensatz zu ihnen vor Fernsehkameras wirkt. Außerdem lenkt Schäuble mit seinen vielen Vorschlägen zum Abbau des Rechtsstaates die Kritik ab. Seine Kritiker müssen nun zig Vorschläge auf einmal von ihm bekämpfen. Das überfordert die Kritiker und noch mehr die Medien und den einfachen Mann auf der Straße.

Der unbedarfte Zuschauer bekommt beim Vorgehen Schäubles - ähnlich wie das iranische Volk bei der Eskalationsstrategie von Ahmadinedschad - den Eindruck, dass hier ein Aufrechter gegen Gefahren von außen vorgeht. Denn würde er sich sonst so exponieren und mit immer weiteren politischen Taten die Wut seiner politischen Gegner auf sich ziehen?

Schäuble inszeniert sich bereits als eine Art Märtyrer, sozusagen als einsamer Kämpfer für Recht und Ordnung gegen die Wischiwaschi-Typen von SPD und Opposition. Jeder, der ihn und seine Vorschläge angreift, muss so aufpassen sich nicht selbst zu schaden. So äußern sich vor allem aus der SPD bislang nur Leute aus der zweiten Reihe zu Schäubles Vorschlägen. Die erste Riege der SPD, ganz machtbewusst, schweigt sorgsam. Was wiederum zur Folge hat, dass Schäubles Pläne den Medienfritzen von "Tagesschau" und "Heute" nicht als wichtig genug erscheinen, um in ihren erlauchten Sendungen erwähnt zu werden.

Es fehlt bei Schäubles Vorschlägen im Grunde genommen nur noch die Forderung, das Bundesverfassungsgericht abzuschaffen. Inhaltlich laufen seine Forderungen jedoch bereits jetzt genau darauf hinaus.

In einer Mediendemokratie gewinnt derjenige, der sich am besten darzustellen weiß - ganz unabhängig davon, ob seine Vorschläge klug sind.

Die Gegner Schäubles müssen in ihrer Darstellungskunst erheblich zulegen, sonst ist dieser Staat in wenigen Monaten nicht mehr wiederzuerkennen.

Einen Vorteil hat die Eskalationsstrategie von Schäuble jedoch: Mit seinem Vorschlag der Verfassungsänderung sind nun auch die Hauptnachrichtensendungen von ARD und ZDF gezwungen, mit mehreren Tagen Verspätung über die Pläne Schäubles zu berichten und damit große Teile der Bevölkerung erstmals damit bekannt zu machen. Das könnte eine Chance sein für die Verteidiger des Rechtsstaates. Leider werden natürlich Tagesthemen und Heute-Journal vor allem ein Live-Interview mit Schäuble bringen und die Kritik an seinen Plänen nur in wenigen Nebensätzen in der Anmoderation unterbringen. Mit den zu erwartenden zwei, drei kritischen Fragen der Moderatösen wird Schäuble in gewohnter Manier umgehen: "Wissen Sie, Frau..., diese Kritik, die Sie da ansprechen..., das ist doch alles Quatsch." Punkt.

Mein Tipp: Die Gegner der Schäuble-Überwachung sollten sich über die Parteigrenzen hinweg treffen und absprechen und versuchen, geschlossen vor den Medien aufzutreten.

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