Sonntag, 26. November 2006

USA im Irak: Go Big? Go Long? Go Home?

Wolf Blitzer, Moderator der Sendung 'Late Edition'Zu sehr guter deutscher Sendezeit (sonntags 17 Uhr) kann man auch als deutscher Zuschauer mal in den Genuss einer ausführlichen Berichterstattung über internationale Brennpunkte kommen. Zwei Stunden wechseln sich hochkarätige Gäste ab in der Sendung "Late Edition" von CNN. Kein Herumpolemisieren, keine Politik-Inszenierung mit festen Sprüchen und festen Rollen und zerfahrenen Fragen à la Christiansen. Stattdessen Wolf Blitzer, ein gewohnt neutraler und gut informierter Moderator, der seinen Gästen klare Fragen stellt. Der Kunde (sprich Zuschauer) will informiert werden und das wird er. Warum gibt es im deutschen Fernsehen eigentlich keine wöchentliche Sendung zu guter Sendezeit, wo Experten und Politiker in ähnlich akkurater, sachlicher und ausführlicher Weise zu aktuellen politischen Themen befragt werden? Ohne Studiopublikum!

Thema dieser Sendung mal wieder: Was soll die USA tun im Irak? Truppen verstärken (Go big)? Oder die Truppen noch länger im Irak belassen als bislang geplant (Go long)? Oder sie so schnell wie möglich aus dem Irak abziehen (Go home)?

Dr. Mowaffak al-Rubaie, Sicherheitsexperte der irakischen Regierung1. Gast: Dr. Mowaffak al-Rubaie, Sicherheitsexperte der irakischen Regierung. Er erläutert live zugeschaltet aus Bagdad, dass die Aufständischen im Irak enorme Gelder aus den arabischen Nachbarstaaten bekommen. Weniger aus dem persischen Iran, sondern vor allem arabische Privatleute und Firmen würden die Aufständischen unterstützen, weil die Nachbarländer keine Demokratie im Irak sehen wollen. Außerdem verneint er, dass Schiitenführer Muktada al-Sadr sich aus der irakischen Regierung zurückziehen werde, wenn Bush wie geplant sich mit dem irakischen Regierungschef treffen würde (Infos hierzu z.B. von der Basler Zeitung: Bush hält an Treffen mit Iraks Premier Maliki trotz Gewalt fest). Al-Sadr würde sich nur aufplustern. Die Regierung sei stabil.

Dr. Henry Kissinger, ehemaliger US-Außenminister2. Gast: Dr. Henry Kissinger, ehemaliger US-Außenminister. Er mahnt, die Außenpolitik der USA auf langfristige Strategien zu bauen und nicht auf kurzfristige Stimmungen, die bei den vergangenen Zwischenwahlen in den USA durch den Verlust der Mehrheit im Kongress für die Republikaner deutlich wurden. Würden die USA jetzt den Irak möglichst schnell verlassen, würde die Region im absoluten Chaos versinken.

Zbigniew Brzezinski, ehemaliger Sicherheitsberater3. Gast: Zbigniew Brzezinski, ehemaliger nationaler Sicherheitsberater. Er plädiert dafür, die Truppen so schnell wie möglich nach Hause zu holen, weil sie der eigentliche Grund für die desolate Lage im Irak seien. Wären keine Besatzertruppen mehr im Irak, hätten die Aufständischen auch keinen Grund mehr ihren Kampf fortzusetzen. Die irakische Regierung müsse und könne die Probleme wesentlich besser lösen als die US-Armee. Die Kosten seien für die USA zu hoch, der Nutzen zu gering. Je länger die USA im Irak bleibe, desto größer werde dort die Instabilität. Notfalls müsse man akzeptieren, dass die Schiiten im Irak eine Theokratie etablieren. Die Demokratie funktioniere anscheinend im Irak grundsätzlich nicht.

Senator John Cornyn, Republikaner, Texas4. Gast: Der republikanische Senator John Cornyn, Texas. Er sagt, dass man jetzt die Truppen massiv verstärken solle um 20.000 bis 50.000 Mann, damit man die Situation im Irak und vor allem in Bagdad schnell bereinigen könne, die Aufständischen also festnehmen oder töten könne. Laut Einschätzungen von Generälen hätten die USA noch vier bis sechs Monate Zeit, um die Situation im Irak zu bereinigen.

Senator Jack Reed, Demokrat, Rhode Island5. Gast: Der demokratische Senator Jack Reed, Rhode Island. 50.000 Mann seien seiner Einschätzung nach nicht genug, um das Chaos im Irak zu beenden und die Dynamik der Zersetzung zu stoppen. Zudem sei die Armee schon jetzt am Rande ihrer Leistungsfähigkeit. Es könne deshalb nur eine politische Lösung des Konfliktes geben. Bush solle deshalb energische politische Überzeugungsarbeit im Irak leisten in Form von Gesprächen mit den irakischen Politikern.

Soweit in aller Kürze die wichtigsten Punkte der unterschiedlichen Lösungsvorschläge, die derzeit in den USA zum Thema diskutiert werden.

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