Samstag, 22. Dezember 2007

Weihnachten ist in Deutschland ein Fest für die Hunde

Schade, dass der WDR so ein armer Sender ist und sich keine weitere Festplatte leisten kann, auf der er dauerhaft alle "TagesZeichen"-Radiosendungen vom WDR3 speichern könnte. Die Sendung "TagesZeichen" gibt es zwar als Podcast, aber leider gibt es kein Online-Archiv, aus dem man Sendungen, die älter als eine Woche sind, herunterladen könnte. So muss der WDR wohl anscheinend die TagesZeichen-Sendungen leider nach einer Woche wieder löschen, weil man zum Speichern nur den 128 MB großen USB-Stick des Praktikanten zur Verfügung hat. Vermute ich mal.

So kann ich auch nicht auf irgendeine MP3-Datei verlinken, sondern nur auf eine inhaltsleere Unterwebseite. Das mit dem Internet kann der WDR eben immer noch nicht so richtig. Ist ja auch so ein derart "neues" Medium, dieses Internet. Also muss man mir einfach glauben, dass der folgende Text aus der Sendung "TagesZeichen" vom 3.12.2007 stammt:

Einen Vermögenszuwachs von 50 Milliarden Euro haben die 50 Reichsten im letzten Jahr verbucht. Das ist das 27-fache der Summe, die man für die Ernährung von 2 Millionen Kindern in Hartz-IV-Haushalten übrig hat.

2 Euro und 57 Cent, das ist der amtliche Verpflegungssatz für ein solches Kind pro Tag. Eine einzige warme Mahlzeit in einer Kita kostet mehr. Und 13 Euro pro Tag zahlt die Stadt Hamburg dem Tierschutzverein für jeden Hund in dessen Heimen.

1,9 Milliarden für die Ernährung von 2 Millionen Kindern. 50 Milliarden für 50 Top-Milliardäre. Ein schiefer Vergleich, gewiss, denn schließlich zahlt nicht der Staat für diese Superreichen. Aber ohne Gerhard Schröders Steuerreform hätten sie sich mit etwa 40 Milliarden begnügen müssen. [...]

In Berlin müssen über 40 Prozent der Klein- und Vorschulkinder bereits von Hartz IV leben. 9 Euro und 12 Cent hat der Gesetzgeber ihnen für Spielzeug zugestanden. Nein, nicht pro Monat, sondern pro Jahr. (Quelle: WDR3-Radiosendung "TagesZeichen" vom 3.12.2007)


Seit Beginn von Hartz-IV hat sich die Kinderarmut in Deutschland verdoppelt. Die Folge für die Kinder: Lernstörungen, Unterernährung, Beschädigungen des Selbstwertgefühls, Glotze statt kultureller Teilhabe, lebenslanges Abgehängtsein. Selbst aus purer ökonomischer Perspektive ist Hartz-IV der absolute Wahnsinn, denn es dürfte klar sein, dass die Lebensläufe dieser Kinder dem Staat später noch weitere Kosten verursachen werden. Von Lebenssinn und Menschenwürde darf man in Deutschland ja öffentlich schon gar nicht mehr sprechen, ohne gleich von den neoliberalen Affen als "Gutmensch" diffamiert zu werden.

Übrigens: Wer zudem gegen einen Mindestlohn ist, der befürwortet indirekt auch diese Kinderarmut. Daran sollte man denken, wenn man in die Fratzen solcher Leute wie Pofalla guckt.

Ach, ja: Schöne Weihnachten.

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Freitag, 21. Dezember 2007

Deutsche Medienmerkwürdigkeiten: Neujahrsansprache

Meine kurze Frage des Tages:

Warum kann in Deutschland der/die Regierungschef/in zu Neujahr eine ausführliche Ansprache in die TV-Kanäle drücken, ohne dass anschließend zum Ausgleich für die Opposition Sendeplatz zur Verfügung gestellt wird?

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Dienstag, 18. Dezember 2007

Willkommen in der Bastille!

Man merkt, dass die Zeiten sich ändern, wenn man Wiederholungen von Geschichtsdokus auf Phoenix plötzlich mit anderem Blick anschaut als früher.

Unsere Wahrnehmung wird geschärft durch unser Vorwissen und vernebelt durch fehlendes Vorwissen (ein Grund, vermute ich, für die Anti-Bildungspolitik der Unions-Parteien mit weniger Schuljahren, mehr Leistungsdruck, Lehrerwillkür und Unterdrückung des freien Willens bei den Schülern durch neue "Kopfnoten"). Auch altes Wissen erfährt eine Uminterpretation oder eine neue Gewichtung durch neue Erkenntnisse.

So kam am Wochenende eine Doku über den Anfang der französischen Revolution, die Erstürmung der Bastille also. Kennt man doch alles. Hat man doch in der Schule was drüber gelernt. Wie kann solch eine Doku also spannend sein?

Aber beim Anschauen rumort es im Hinterkopf. Es ist nicht nur die anschauliche Inszenierung der Dokumentation, die die ollen Kamellen von 1789 merkwürdig nah erscheinen lassen. Denn was stand eigentlich im Mittelpunkt damals, als das Volk vor der Wahl stand, dem königlichen Befehl zu gehorchen, oder die Übergabe der Bastille ans Volk gewaltsam durchzusetzen? Es war genau die Frage nach: Wollen wir Ordnung und Sicherheit oder Freiheit? Wollen wir ordentliche, königliche Polizei, die effizient gegen Kleinkriminelle vorgeht oder wollen wir die Unsicherheiten, die mit der Abschaffung der alten Ordnung einhergehen? 100 Jahre lang war Frankreich nach der Revolution zerstritten darüber, ob die Revolution die richtige "Entscheidung" gewesen war.

So kam gerade eben eine Doku über die Stasi-Herrschaft in der DDR.

Zu den Bildern einer heimlichen Wohnungsdurchsuchung durch die Stasi sagte die Stimme des Sprechers aus dem Off: "Für Verdächtige gibt es in der DDR keine Privatsphäre." Später dann der bekannte Ausschnitt aus einer Rede von Stasi-Chef Mielke als das Volk angefangen hatte, sich zu erheben gegen die Unfreiheit: "Ich liebe doch alle. Ich liebe doch alle Menschen! Ich setzte mich doch für alle ein!"

Überwachung als Liebestat. Das kennt man doch irgendwoher! Das kommt einem doch so verdammt vertraut vor.

Umfaller-Partei SPD und die CDU mit ihrer ehemaligen FDJlerin an der Spitze und die CSU sind es, die plötzlich - so als ob es nie eine DDR gegeben hätte - seit ungefähr einem Jahr ein neues, altes Lied anstimmen darüber, dass es für den Staat keine Lücken mehr geben dürfe, dass Datenschutz Täterschutz sei, dass man möglichst viele Daten der Bürger präventiv erheben und speichern müsse, dass man Terroristen ansonsten quasi einladen würde, wenn man irgendwo - und sei es auf den Festplatten der Bürger - Überwachungslücken bestehen lasse.
Und die obersten Polizisten stimmen ins Lied ein und fordern - ganz in seeliger Erinnerung an die guten alten Zeiten in der DDR - heimliche Wohnungsdurchsuchungen und heimliche Videoüberwachungen innerhalb von Wohnungen Verdächtiger und präventives Telefonabhören auch bei Menschen, bei denen es keinerlei handfeste Hinweise gibt, dass sie eines Verbrechens verdächtig sind.

Vor einigen Tagen sagte Jürgen Gehb, rechtspolitischer Sprecher der Union:

"Der Schutz der Privatsphäre ist zu einem Schutzschild für Verbrecher geworden, das Deutschland zu einem Biotop für Terroristen und organisierte Kriminelle macht." (Quelle: Welt.de)


Dagegen äußerte Hans-Jürgen Papier, Präsident des Bundesverfassungsgerichts laut "Hal Faber":

"In einem Staat, der keinen Rückzugsbereich der Privatheit übrig lasse, wolle er nicht leben." (Quelle: Heise.de)


Das Bundesverfassungsgericht ist zur Zeit das einzig verbliebene Bollwerk gegen die Regierung und gegen die mit ihr verbündeten windigen und gefährlichen parlamentarischen Rechtsstaats-Gefährder aus SPD, CDU und CSU.

Es herrscht Belagerungszustand. Anders als 1789 sitzen heute die Verteidiger und nicht die Gegner von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat in der Bastille eingeschlossen. Eine Flucht (Wohin? Ins Ausland? In die innere Emigration?), verehrter Herr Papier, ist kaum denkbar - falls sie solch einen Wunsch mit ihrer Äußerung andeuten wollten.

Nein, nein, nein. Keine Flucht. Nach 1984 kommt 1789/1989. Ich kann nur sagen: Vorsicht, Schäuble! Vorsicht Zypries! Vorsicht ihr Typen von der SPD, CDU und CSU! Vorsicht, ihr angeblich so biederen Chefs von BKA und LKAs! Treibt das Spielchen nicht zu weit!

Machen wir uns aber nichts vor. Der Terrorismus ist der willkommene Anlass, nicht der wirkliche Grund dafür, dass dieser Staat sich immer mehr von seinen freiheitlichen-demokratischen Grundsätzen entfernt. Die eigene Regierung stellt immer eine große potentielle Gefahr für eine Demokratie dar. Denn sie will in der Regel an der Macht bleiben und hat grundsätzlich die Mittel, dies auch gewaltsam durchzusetzen. Nur Regeln und Kontrolle hindern sie daran. Gibt man diese Regeln und Kontrollen auf, ergibt sich zwangsläufig eine Diktatur. Wäre Demokratie eine von Natur aus stabile Staatsform, gäbe es auf der Welt viel mehr davon. (Quelle: Antiterror.Blog.de)