Donnerstag, 13. September 2007

Tagesschau schweigt zu Bosbachs Konvertiten-Überwachungs-Träumen

Was steckt dahinter, dass gestern weder die 20-Uhr-Ausgabe der Tagesschau, noch die Tagesthemen, noch das Nachtmagazin der ARD über die jüngsten Ausfälle von Beckstein und Bosbach gegenüber Muslimen berichteten, obwohl das mit eines der Hauptthemen gestern in allen anderen Medien war? Und ja, es handelt sich dabei um Angriffe und Ausfälle, weil es Generalverdächtigungen sind.

Netzeitung.de berichtet über die Aussagen Bosbachs:

Nach der Verhaftung von Terrorverdächtigen, die zum Islam übergetreten waren, hat sich Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) für ein "Konvertiten-Register" ausgesprochen. Eine solche Speicherung sei "sinnvoll, denn wir wissen, dass sich einige nach dem Übertritt radikalisieren lassen. Das ist kein Generalverdacht, sondern eine Gefahrenabwehr". [...] Er wisse, dass seine Meinung nicht überall auf Gegenliebe stoße, "aber ich bin nicht bereit, aus lauter politischer Korrektheit die Augen vor der Realität zu verschließen". Prävention werde immer wichtiger, da es immer weniger klare Täterprofile bei "Gefährdern" gebe. (Quelle: Netzeitung.de)


Und Beckstein sagte laut Süddeutsche.de:

Der kommende bayerische Ministerpräsident Beckstein [...], machte aber deutlich, dass "gerade unter Konvertiten die Gefahr der Radikalisierung und Hinwendung zum islamistischen Extremismus besonders groß" sei. (Quelle: Süddeutsche.de)


Bosbach und Beckstein haben sicherlich noch nie etwas vom statistischen Begriff der sogenannten "Grundgesamtheit" gehört. Dieser Begriff sagt grob erläutert aus, dass man bei der Beurteilung, wie wahrscheinlich jemand aus einer Gruppe Träger eines Merkmales ist (hier beispielsweise ein Konvertit mit dem Merkmal "potenzieller Terrorist"), die Größe der Gruppe (hier der Konvertiten) nicht ausblenden darf. Je größer die Gruppe der Konvertiten ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass bei gleichbleibender Anzahl von potenziellen Terroristen, ein Konvertit tatsächlich ein Terrorist ist oder wird. Da es viele Konvertiten gibt aber nur wenige sogenannte "Gefährder", also potenzielle Terroristen, ist es kaum sinnvoll vom Merkmal "Konvertit" auf das Merkmal "potenzieller Terrorist" zu schließen. Äußerungen, die den Generalverdacht gegenüber Konvertiten befördern, sind also politisch extrem ungeschickt, um es höflich zu formulieren, und sachlich nicht gerechtfertigt. Die Mehrheit der Konvertiten besteht beispielsweise aus Frauen, die, angeregt durch eine Liebebeziehung zu einem Moslem, die Religion wechseln, wie die NZZ berichtete:

Kein Zweifel indes besteht, dass hier nur von einer verschwindenden Minderheit die Rede ist. Ihr Übertritt zum Islam führt die Betreffenden in 99 Prozent der Fälle nicht in blutigen Fanatismus, sondern zu ganz zivilen Engagements: Sie gründen humanitäre Hilfsorganisationen für Glaubensbrüder in der deutschen Diaspora, geben islamische Zeitungen heraus, eröffnen islamische Buchläden und suchen in Koranschulen nach Vertiefung ihres Wissens und Glaubens. Vor allem stellen sie ihre Lebensführung um. Die Konversion wird genutzt zum Wechsel in der Biografie, zur Lösung von Existenzzweifeln, zur Flucht in ein verwandeltes Dasein. Häufigster Grund, zumal bei Frauen: die Verbindung mit einem neuen Lebenspartner muslimischen Glaubens. Die Konversion soll, ganz simpel, die Basis der Liebesbeziehung verbreitern. Rund sechzig Prozent der Islam-Konvertiten in Deutschland sind Frauen. Die Mehrheit also. (Quelle: NZZ.ch)


Online unter Tagesschau.de wird zwar auch ausführlich berichtet über die Äußerungen von Bosbach und Beckstein. Aber Tagesschau.de ist inhaltlich häufig etwas völlig anderes als die TV-Ausgabe, von Themensetzung und Qualität her.

Will man Beckstein und Bosbach schützen oder warum geht man in den Tagesschau-TV-Sendungen auf die Debatte mit keinem Wort ein? Ist man der Meinung, dass sich die Diskussion eh erledigt hat und die Äußerungen von Beckstein und Bosbach nicht für eine Denke stehen, die typisch für die Union zu sein scheint? Sollte man dem Zuschauer nicht durch schlichte Berichterstattung vor Augen führen, wen sie da wählen, wenn sie ihr Kreuz bei der Union machen? Oder denkt man, man würde die haltlosen Positionen von Bosbach und Beckstein allzusehr unterstützen, wenn man darüber berichtet? Nichts hindert jedoch daran, auch kurz die klaren Gegenpositionen zu ihren Vorschlägen zu schildern.

Es ist ein Zeichen mehr dafür, dass die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen das, was politisch geschieht, nicht annähernd ausführlich genug darstellen mit den jetzigen Sendeformaten. Wieder einmal wird die Tagesschau selbst ihrem schon sehr bescheidenen Motto (geäußert im zensurfreudigen Tagesschau-Blog), man wolle das berichten, worüber am nächsten Morgen überall im Büro gesprochen wird, nicht gerecht.

Nachtrag: Jetzt ist klar, was dahinter steckt, dass die Tagesschau nicht berichtet hat. Man hat wohl einen Wink von den Kollegen vom Bayerischen Rundfunk bekommen, dass das per Agenturmeldung verbreitete Zitat von Bosbach so gar nicht stimmt. So kann man sich natürlich im Nachrichtengeschäft auch einen Vorteil verschaffen. Den restlichen Medien würde ich daher raten, keinerlei Meldungen des Bayerischen Rundfunks mehr zu glauben.

Allerdings... so anders klingt die jetzt als Bosbachschen Äußerungen kolportierte Version auch nicht zu dem zuvor berichteten Text. Die Frankfurter Rundschau berichtet:

In der Sendung hatte Bosbach die Forderung des bayerischen Innenministers Günther Beckstein (CSU) verteidigt, in die Anti-Terror-Dateien einzutragen, ob es sich bei Verdächtigen um Konvertiten handele. "Da würden wir gerne wissen, wer das ist, denn wenn sie sich als Gefährder erweisen sollten, dann muss der Staat auch die Möglichkeit haben, dieser Gefährdung zu begegnen", sagte Bosbach im inzwischen auch schriftlich veröffentlichten Wortlaut. (Quelle: FR-Online.de)


Also man möchte eben doch wissen, wer Konvertit ist, bevor jemand zum Gefährder wird und nicht umgekehrt. Also soll eben doch das Merkmal "Konvertit" zum Teilindiz dafür werden, dass jemand Gefährder werden könnte. Die Union spielt ja gerne mit dem Begriff "Verdächtiger" und präsentiert ihn so, als ob nur Leute zu "Verdächtigen" werden könnten, die auch mit großer Wahrscheinlichkeit was auf dem Kerbholz haben. Und wenn sich der Verdacht verdichtet, wird anscheinend aus einem "Verdächtigen" dann ein "Gefährder", der zwar auch noch nichts verbrochen hat, aber den man dann noch einmal eine Stufe mehr und intensiver beobachten kann. Da kann man nur jedem raten, niemals einen Verdacht auf sich zu ziehen. Also lasst das Konvertieren lieber sein, denn "da würden wir gerne wissen, wer das ist..."

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Mittwoch, 12. September 2007

Antwort von Google: Deutsches Recht zwinge zur Zensur

Vor ein paar Tagen war mir aufgefallen, dass bei der deutschen Version der Google-Bildersuche unter Google.de die Filterung von Bildern nicht mehr vollständig deaktiviert werden kann. Das heißt, dass Nutzer der deutschen Google-Bildersuche nur noch gefilterte Ergebnisse zu Gesicht bekommen. Was wie dabei gefiltert wird und in welchem Umfang, bleibt unklar.

Ich hatte dazu folgende E-mail an Google geschrieben:

Ich habe soeben festgestellt, dass Sie anscheinend auch dann Ergebnisse der Bildersuche bei Google.de filtern, auch wenn bei "Safe Search" die Option "Keine Filterung" aktiviert wurde. Sie führen als Grund unter anderem den Jugendschutz an.

Auf Grundlage welches Gesetzes sehen Sie sich gezwungen, auf diese Art und Weise alle Bildersuchergebnisse in Deutschland zu filtern, also Deutschen keine ungefilterte Bildersuche mehr zu ermöglichen?

Haben Sie die Befürchtung, in Deutschland als "Mitstörer" belangt zu werden, wenn sie ungefilterte, also unzensierte Suchergebnisse präsentieren würden?

Sehen Sie ihren Bildersuchfilter als gerichtsfestes Mittel an, um einer Mitstörerhaftung zu entgehen?

Werden auch bei der Textsuche Jugendschutzfilter angewendet oder ist dies geplant?

Sieht Google die Dauerfilterung der Bildersuchergebnisse als Service für die Kunden an? Wenn ja, wie möchten Sie mit diesem Service Kunden zufrieden stellen, die ihre in Artikel 1 und Artikel 5 des deutschen Grundgesetzes festgeschriebenen Rechte auf Informationelle Selbstbestimmung und Meinungsfreiheit wahrnehmen möchten? Befürchten Sie nicht, mit der Dauerfilterung der Bildersuchergebnisse Kunden zu vergraulen?


Ich erhielt heute folgende Antwort von Google:

Googles Richtlinien untersagen es uns Suchresultate zu zensieren. Es ist jedoch möglich, dass wir dies dennoch tun müssen, um lokalen Gesetzen, Vorschriften oder Richtlinien zu entsprechen. Falls Suchresultate aus diesen Gründen entfernt werden, zeigen wir einen entsprechenden Hinweis in unseren Suchergebnissen an, wie auf http://images.google.de/advanced_image_search?hl=de&safe=off.


So kurz die Antwort ist, so vielsagend ist sie. Sie bedeudet schlicht, dass Googles Bilderfilter angeblich keine Maßnahme ist, die Google von sich aus initiiert hat. Google ist also der festen Überzeugung, dass man deutsche Internetnutzer allesamt als minderjährig ansehen und behandeln muss nach deutschen Gesetzen. Offen bleibt, wie Google zu dieser Überzeugung gelangte. Ob dies schlicht ihre eigene Gesetzesauslegung ist, ob Google Abmahnungen und einstweilige Verfügungen bekommen hat oder ob es gar Gerichtsverfahren zu dieser Frage gegeben hat?

Wie auch immer. Die Filterung des Internets auf Suchmaschinenebene ist ein gewaltiger Eingriff in die Meinungsfreiheit. Hier wird nichts auf den Index gesetzt, sondern aus jedem Index gestrichen und somit gänzlich unauffindbar. Das ist etwas völlig anderes als wenn manche Bücher oder Filme aus Jugendschutzgründen nicht mehr öffentlich beworben werden dürfen.

Es muss meiner Meinung nach unbedingt aufgeklärt werden, ob diese Google-Zensur tatsächlich deutschem Recht entspricht oder ob hier entweder Google oder die Bundesprüfstelle nicht weit übers Ziel hinaus schießen. Vor allem, wenn man sich anschaut, dass die derzeit von Google realisierten Filtermöglichkeiten eben auch keinen wirklichen Jugendschutz darstellen und auch Inhalte gefiltert werden, die allem Anschein nach nicht jugendgefährdend sind.

Noch können Deutsche ausweichen auf die nicht-deutschen Angebote von Google. Aber keiner kann sagen, wie lange dies noch möglich ist oder wie lange auch diese Angebote noch unzensiert sind.

Mal sehen wie sich in der nächsten Zeit die Zensurbemühungen in Deutschland weiter ausbreiten. Interessant ist dabei, dass dies kaum ein Thema in unseren Medien ist.

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Betreibt Arcor Datenveränderung und Computersabotage?

Man kann das Zensur-Vorgehen von Arcor als Testballon auffassen. Hier wird getestet, was sich ein Internet-Zugangsprovider herausnehmen darf. Betreibt Arcor mit der eigenmächtigen Sperrung von IP-Adressen oder gar IP-Adressbereichen nicht eventuell sogar gesetzeswidrige Datenveränderung (§ 303a StGB), Computersabotage (§ 303b StGB) und rechtswidrige Unterdrückung von zur Übermittlung anvertrauten Sendungen (§ 206 StGB)? Arcor kennt schließlich nur seine (volljährigen) Kunden und kann nicht beeinflussen, wer sonst noch die durchs Arcor-Netz durchgeleiteten Inhalte konsumiert. Arcor hat ja auch keinen Einfluss darauf, ob die Inhalte von Webseiten, die eine anerkannte Methode der Altersverifikation einsetzen, tatsächlich nur von Erwachsenen angeschaut werden. Das heißt, dass es im vorliegenden Fall nicht Aufgabe von Arcor sein kann, Daten zu manipulieren oder zu blockieren.

Wenn Arcor mit seiner Zensur durchkommt, was erwartet uns dann noch alles? Die Bedeutung von Internetzugangsprovidern und von der Art und Weise wie sie arbeiten, wie zuverlässig und vertrauenswürdig sie mit den Daten und Datenströmen umgehen, kann gar nicht hoch und wichtig genug eingeschätzt werden. Aber die Politik-Chaoten, die derzeit in Deutschland an der Macht sind, sind bekanntlich eher daran interessiert, bestehende gesetzliche Vorgaben, die das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung und die Meinungsfreiheit schützen sollen, aufzuweichen.

Was wäre noch alles möglich? Provider könnten andere Webseiten und IP-Adressen nach Gutdünken sperren. Sie könnten den Netzverkehr zu und von bestimmten Internetangeboten drosseln oder umleiten oder sonstwie verändern - zum Beispiel weil sie eigene geschäftliche Interessen haben. So kommt es Arcor vielleicht nicht ungelegen, kostenlose Pornografie-Angebote zu sperren. Vielleicht hofft man, dass die Kunden dann Arcor-eigene Erotik-Angebote konsumieren? Ähnliches wäre auch möglich bei Providern, die weitere Dienste neben dem reinen Internetzugang anbieten, beispielsweise Maildienste, Nachrichtendienste, Internet-Communities, Voice-over-IP-Dienste, Messenger-Dienste und so weiter. Dass die Internetzugangsanbieter längst jenseits ihres angestammten Geschäftsfeldes tätig sind, zeigen beispielsweise die Medienkooperationen der Telekom mit dem ZDF und der Bild-"Zeitung" oder die Kooperation von Vodafone mit MySpace (MySpace ist eine Tochter von Rupert Murdochs News Corporation). Vielleicht sind die Internetzugangsprovider teilweise heute das, was vor 100 Jahren die Eisenbahngesellschaften waren. Wer die (Daten-)Verkehrsnetze kontrolliert, hat letztendlich die Macht. Die Drosselung des Datendurchsatzes, die Filterung oder gar das Blockieren der Kommunikation von und zu Diensten von Konkurrenten im Internet könnte ein wirksames Mittel sein, um Kunden auf eigene Angebote zu lenken. Eplus blockiert beispielsweise bei seinen Datendiensten SIP. Das ist das Protokoll, über das Voice-over-IP, also das Telefonieren über das Internet, möglich ist. Aber immerhin wird dieses Blockieren durch Eplus offen und klar in den AGB kommuniziert.

Ist die Zensur von ein paar überflüssigen Pornowebseiten durch einen Internetzugangsanbieter also immer noch so irrelevant wie das auf den ersten Blick möglicherweise schien? Wie zuverlässig arbeiten also Internetprovider? Wie zuverlässig werden sie gezwungen, korrekt zu arbeiten? Wenn Provider erst einmal alle Verbindungsdaten ihrer Kunden speichern müssen, öffnet sich beispielsweise noch ein weiteres Missbrauchs-Scheunentor. In den USA besteht beispielsweise der dringende Verdacht, dass Provider ursprünglich (und vermutlich illegal) fürs FBI gesammelte Verbindungsdaten auch selbst ausgewertet haben, geldwerte Vorteile aus ihnen gezogen haben, die Daten gar weiterverkauft haben, wie Threat Level berichtet: Rogue FBI Letters Hint at Phone Companies' Own Data Mining Programs.

Eigentlich bräuchten wir noch bessere Gesetze, die den Informationsfluss im Internet sichern und schützen gegen Missbrauch. Wir bräuchten Gesetze, die die freie Rede auch im Internet garantieren, statt ein Abmahnwesen, mit dem jeder, der das finanzielle Risiko nicht scheut, weniger Begüterte schnell mundtot machen kann. Wir bräuchten Gesetze, die den Umgang mit den so leicht zu kopierenden, so leicht zu manipulierenden und so leicht und unsichtbar zu erhebenden und dadurch so leicht zu missbrauchenden elektronischen Daten bei Firmen und Behörden noch schärfer regeln als bislang.

Stattdessen wird von den Chaoten bei Union und SPD mehr und umfassenderes Datensammeln gefordert und gefördert und das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung immer häufiger angegriffen. Kein Wunder, dass bei diesem undemokratischen Geist in Politik und manchen Medien auch die Wirtschaft mal guckt, ob sie mit auf diesen Entmündigungszug aufspringen kann. Wenn der Wähler sich bieten lässt, immer mehr überwacht zu werden, dann - so eventuell das Kalkül mancher Firmen - kann man davon ausgehen, dass der Kunde auch brav bleibt, wenn man selbst ihn ein wenig drangsaliert.

Nachtrag (13.09.07): (Via Heise-Forum) Ein seltsames Verhältnis zur Wahrheit scheint man bei dieser Firma namens Arcor ebenfalls gegenüber den Kunden zu pflegen (aufs Bild klicken für größere Version):

Screenshot von Arcor.de, FAQ zum Arcor-Internet

Text aus dem obigen Screenshot von der Arcor-FAQ zum Thema Arcor-Internet:

Frage: Gibt es irgendwelche Einschränkungen beim Surfen im Netz?
Antwort: Nein, alle freien, im Web verfügbaren Chatserver, Newsserver und sonstige Einrichtungen, die frei verfügbar sind, können Sie nutzen.
Sollte es einmal zu Einschränkungen kommen, bitten wir Sie, uns umgehend eine Info zukommen zu lassen, so dass wir weitere Schritte für den Betrieb dieser Einrichtungen einleiten können. (Quelle: Arcor.de)


Was für eine Firma!

Nachtrag 2 (20.09.07): Arcor hat mittlerweile seine Internet-Zensurversuche wieder aufgegeben, weil die Sperrung von IP-Adressen nicht nur einige wenige Porno-Webseiten für die Kunden von Arcor nicht mehr verfügbar machte, sondern auch wohl tausende, nicht jugendgefährdende Webseiten, die ebenfalls unter den gesperrten IP-Adressen gehostet waren. Bettina Winsemann analysiert das Vorgehen Arcors in einem Artikel bei Telepolis.de: Arcors Websperren.

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Dienstag, 11. September 2007

Ich bin jugendgefährdend

Die Zensur des Internets durch den deutschen Internetzugangsprovider Arcor erregt in Deutschland keinerlei Interesse und Aufregung. Zumindest nicht in den reichweitenstarken Medien. Warum auch? Ist ja nur das Internet. Oder es dauert halt immer einfach etwas länger, bis bei unseren deutschen Medien wie Tagesschau, Süddeutsche, FAZ, FR und so weiter der Groschen fällt.

Oder die Zensur ist schlicht einfach noch nicht umfangreich genug. Dem kann ganz schnell abgeholfen werden. Kann jemand mal weitere Abmahnungen an Arcor und an alle anderen deutschen Internetzugangsprovider schicken und die Sperrung weiterer Domains verlangen? Es gibt bekanntlich noch viele Domains, die den Zugang zu pornografischen Inhalten ohne ausreichende Altersverifikation ermöglichen. Beispielsweise auch die Domain, unter der dieses Weblog hier läuft, nämlich der Weblog-Dienst "Blogspot.com" vom Betreiber Google. Was da alles an Pornografie verbreitet wird! Die Liste der Suchergebnisse nach einschlägigen Stichwörtern, auf die Domain Blogspot.com begrenzt, beweist, dass per Blogspot.com ohne jede Altersverifikation jugendgefährdendes Material angeboten wird. Also genau das, was zur Sperrung der bislang von Arcor zensierten Domains geführt hat.

Dann könnte ich auch endlich mit dem Bloggen aufhören. Denn das ginge ja dann nicht mehr von Deutschland aus unter dieser Adresse hier.

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Aus Arcors Kunden werden Kinder

Nicht nur Google, sondern auch der Internetzugangs-Anbieter "Arcor" weiß, dass es da im Internet Inhalte gibt, die nicht für jeden geeignet sind. Webseiten mit anspruchsvollen Texten beispielsweise sind für Unions-Politiker weniger geeignet. Da kann man als Arcor-Kunde und Internetsurfer schon gereizt reagieren, wenn man Sachen auf seinem Bildschirm sieht, die man da gar nicht hinhaben wollte, die da aber ganz plötzlich einfach so erscheinen.

Aber Arcor tut jetzt was. Arcor hat nämlich anscheinend nach einer intensiven Recherche herausgefunden, dass die Arcor-Kunden sich nach dem Gefühl der Geborgenheit und Sorglosigkeit sehnen, so wie man es nur früher als Kind genießen konnte. Oder was auch sein kann: Arcor hat festgestellt, dass die eigenen Kunden alle tatsächlich Kinder sind. Was die Kleinen dazu verleitet hat, Arcor gegenüber anderen Internetprovidern zu bevorzugen, bleibt im Unklaren. Genauso bleibt leider unklar, wie es möglich war, dass Minderjährige überhaupt einen Vertrag mit Arcor abschließen konnten (inklusive Schufa-Prüfung und Pipapo). Aber da das nun mal so ist, dass Arcor nur Kinder als Kunden hat oder Erwachsene, die gerne wieder Kind sein möchten, stellt sich Arcor nun auf diese Kundengruppe ein:

Heise.de: Arcor sperrt Zugriff auf Porno-Seiten.

Hm. Was wäre jetzt eigentlich, wenn ein Arcor-Kunde beispielsweise das Anonymisierungsnetzwerk TOR nutzt, um doch in selbstmörderischer Absicht und in Verkennung der Beschützer-Philosophie von Arcor Porno-Webseiten anzusurfen? Müsste Arcor dann nicht auch den Zugriff auf bekannte TOR-Server blockieren? Oder was wäre, wenn eine Webseite nicht nur Pornofilmchen anbieten würde, sondern zusätzlich auch andere Dinge und Inhalte, beispielsweise literarische oder gar politische Texte (im Playboy - diesem Magazin aus Papier - soll so etwas schon einmal vorgekommen sein)? Wie müsste Arcor sich dann verhalten? Vielleicht müsste Arcor dann einen Textfilter einsetzen und den Inhalt vor der Übertragung erst analysieren und durch eine Jugendschutz-Expertengruppe bewerten lassen?

Und ich dachte, Arcor als ein Internetzugangsprovider gehe der Inhalt der Kommunikation eigentlich nichts an und ein Internetzugangsprovider sei eher so etwas wie die Post oder wie ein Teil des Verkehrsnetzes und damit eigentlich neutral gegenüber dem, was da übers Netz übertragen wird. Aber vermutlich wird die Post demnächst auch bald Pakete von Erotikversandhäusern aussortieren und sicherheitshalber nicht zustellen. Denn es könnte ja nicht ausgeschlossen werden, dass der Empfänger des Paketes den Inhalt an Minderjährige weitergibt. Genauso wie Arcor ja nicht auszuschließen scheint, dass seine Kunden bestimmte Internetinhalte Minderjährigen zugänglich machen. Und dann wäre die Post ebenso wie Arcor anscheinend ein "Mitstörer" und mitverantwortlich.

Ja, das Konzept der Störerhaftung ist schon toll. Es schafft Rechtssicherheit. Und zwar die Sicherheit, dass damit jeder irgendwo und irgendwie und irgendwann zum Mitstörer wird. Eine zugeschickte Abmahnung von irgendwo reicht und zack, schon ist man Mitstörer, wenn man der Abmahnung nicht sofort Folge leistet und sperrt und zensiert und löscht und schweigt und zahlt. Nur die Eltern, die sind natürlich total unschuldig, wenn sie ihre Kinder unvorbereitet und ohne Aufsicht ins Internet lassen.

Ist Deutschland nicht ein lustiges Land?

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Montag, 10. September 2007

Desinformationen des ZDF zur "Online-Durchsuchung"

Das ZDF verbreitet gerade im ZDF-Morgenmagazin in (vermutlich halbstündlich oder stündlich wiederholten) Einspielfilmen seiner Korrespondenten die Meldung, dass es in den USA und in Großbritannien schon längst Online-Durchsuchungen legal geben würde.

Sicherlich wird es da irgendwelche Überwachungen der Online-Kommunikation geben. Aber wohl kaum so etwas ähnliches wie den von Schäuble angedachten Bundestrojaner, oder auch "Remote Forensic Software" genannt, der ferngesteuert die Inhalte von Festplatten von Privatrechnern durchstöbern soll und Dateien anschließend von der Festplatte kopieren und online verschicken soll, um sie vor Gericht als Beweismittel verwerten zu können. Zumindest scheint es meines Wissens nach so etwas weder in den USA noch in Großbritannien offiziell und legal zu geben als Mittel der polizeilichen Arbeit. Was Geheimdienste machen, steht auf einem anderen Blatt. Die machen, würde ich schlicht sagen, eh, was sie wollen. Aber ihre Rechercheergebnisse können dann zumindest nicht als Mittel in Gerichtsverfahren verwendet werden. Auch in den USA und Großbritannien nicht. Noch einmal: Die Online-Kommunikation wird auf vielfältige Weise abgehört. In den USA unter anderem auch über eine Trojaner-ähnliche Software namens CIPAV (Computer and Internet Protocol Address Verifier). Diese Software schickt jedoch anders als der geplante Bundestrojaner keinerlei Dateiinhalte als Beweismittel übers Internet an die Polizei, sondern sammelt nur Informationen, die anscheinend dazu dienen sollen, den befallenen Rechner eindeutig zu identifizieren. Anschließend untersucht die Software, mit welchen Internetadressen der infizierte Rechner Kontakt aufnimmt. Kommunikationsinhalte sollen dabei nicht erfasst werden laut eidesstattlicher Versicherung des FBI. Heise.de berichtete schon vor ein paar Monaten ausführlicher über CIPAV.

Ich vermute, dass hier eine gezielte Medienkampagne vom ZDF aufgezogen wird, um den Begriff "Onlinedurchsuchung" umzudeuten und zu verwässern, um damit bewusst Verwirrung bei der politischen Diskussion zu stiften. Wurde bislang in der Diskussion hier in Deutschland der Begriff "Onlinedurchsuchung" gleichgesetzt mit dem Bundestrojaner, also dem Einsatz einer online übers Internet auf Privat-Rechner übertragenen Schadsoftware, die Dateiinhalte als Beweise fürs Gericht auslesen und sammeln soll, so scheint das ZDF nun ganz bewusst unter "Onlinedurchsuchung" ganz allgemein das Abhören von Internetkommunikation und die Offline-Untersuchung von Festplatten zum Beispiel bei normalen Hausdurchsuchungen verstehen zu wollen. Oder das ZDF ist einfach extrem schlecht informiert und mutet dem Zuschauer schlecht recherchierte, fehlerhafte Berichte zu, sprich, arbeitet unverantwortlich schlampig.

Also aufgepasst! Lasst euch nicht auf den Arm nehmen, liebe ZDF-Zuschauer! Das, worüber gerade politisch gestritten wird in Deutschland ist der Einsatz eines sogenannten Bundestrojaners. Andere Methoden der "Online-Durchsuchung" gibt es auch hier in Deutschland längst.

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Sonntag, 9. September 2007

CDU/CSU im Chaos: Verantwortungsloser Kauder will Terroristen warnen

Unionsfraktionschef Volker Kauder soll gesagt haben:

Terroristen dürften nicht den Eindruck gewinnen, sie "hätten bei uns im Internet freie Hand". (Quelle: Heise.de)


Warum eigentlich nicht? Warum sollten Terroristen nicht am besten blauäugig davon ausgehen, dass im deutschen Internet nichts überwacht wird? Das wäre doch ideal, wenn die das annehmen würden! Dann würde man sie noch leichter schnappen können! Und tatsächlich deutet das Vorgehen der aktuell auf der Bühne präsentierten Konvertiten-Terroristen (beispielsweise E-mails online beim Mail-Provider im Entwurfsfach abzulegen und zu glauben, dass die Polizei sie nicht lesen kann) darauf hin, dass bislang Terroristen davon ausgingen, sie hätten "bei uns" im Internet freie Hand. Wunderbar! Lasst sie in dem Glauben! Erzählt ihnen nichts von den längst existierenden, im Gesetz verankerten Möglichkeiten der deutschen Sicherheitsbehörden! Schweigt zu den Zugriffsschnittstellen der Sicherheitsbehörden bei den Providern! Sagt nichts über die längst bestehenden Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden zur umfassenden Kommunikationsüberwachung auch im Internet!

Aber ich befürchte, Kauder wird auf diesen Vorschlag nicht hören. Aus diesem Grunde muss man Volker Kauder leider als Sicherheitsrisiko für Deutschland einstufen, als Gefährder. Schäuble, handeln Sie!

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