Donnerstag, 14. Juni 2007

SPD und Union sind nur noch ekelhaft

Eigentlich ist das, was die Politiker von SPD und Union derzeit machen, schlicht Arbeitsverweigerung. Neue Gesetze werden zwar verabschiedet - aber nur dem Schein nach.

Damit meine ich: Die Gesetze funktionieren schlicht nicht. Sie funktionieren nicht, weil sie entweder so vage formuliert sind, dass sie keine Rechtssicherheit herstellen (beispielsweise das jüngste Telemediengesetz oder der neue Anti-Hackerparagraph) oder sie sind verfassungswidrig und damit unwirksam - wie beispielsweise die Vorratsdatenspeicherung aller Telekommunikationsverbindungsdaten oder jetzt das Gesetz, nach dem ausländische Ehepartner aus bestimmten Ländern nicht nach Deutschland nachziehen können, wenn sie nicht ausreichend Deutschkenntnisse haben, wie Welt.de berichtet.

Wie sieht das eigentlich mit geistig behinderten Ehepartnern aus? Oder mit hörgeschädigten Menschen? Welches Deutsch müssen sie können? Was ist mit den Menschen, die nicht so gut oder halt nur anders "funktionieren"? Gilt für die der grundgesetzliche Schutz der Ehe dann einfach nicht mehr? Der Schutz der Menschenwürde durch das Grundgesetz schließt alle Menschen ein, nicht nur Deutsche. Und wie können diese Leute von SPD und Union meinen, dass es mit der Würde des Menschen vereinbar ist, dass die Herkunft eines Ehepartners darüber bestimmt, welchen Schutz die Ehe genießt?

Japanerinnen dürften auch ohne Deutschkenntnisse kommen, Inderinnen nicht. (Quelle)


Ich vermute, dass das für Japaner und Inder auch gilt. Zuzutrauen wäre es den Sesselfurzern von SPD und Union aber auch, dass in ihrer beschränkten Vorstellungswelt nur die fügsame Frau dem Manne folgen könne und nicht umgekehrt.

Ich ahne übrigens, was für ein Gefühl einen Japaner oder eine Japanerin befällt, wenn sie von dieser neuen Regelung, die sie so "bevorzugt", erfahren: Scham. Diese Scham könnte übrigens die Integration in Deutschland arg behindern.

Es ist dieses Denken "vom Staate her" bei unseren Politikern, das derzeit alles zu beherrschen scheint. Im Zentrum des Bemühens und der Aufmerksamkeit steht neuerdings nicht mehr der Mensch als Individuum, sondern nur noch das möglichst reibungslose Funktionieren des Einzelnen im Staatswesen. Dem wird die Würde des Menschen schlicht untergeordnet. Greift ein Staat zerstörerisch ein in ein Eheverhältnis, dann kann ich das nur als Verletzung der Menschenwürde bezeichnen. Denn ich bin überzeugt davon, dass eine eheähnliche Beziehung zum Wesen des Menschen gehört - für manche mehr, für manche weniger, aber grundsätzlich ist diese Suche nach einem Anvertrauten, einer Anvertrauten wohl Teil der menschlichen Natur.

Oder auch die Vorstellung, dass zwangsweise besuchte "Integrationskurse" zu einer tatsächlichen Integration führen würden! Was ist das nur für eine Vorstellung! Haben die denn gar keine Ahnung, wie Menschen "ticken"? Und wenn unsere Politiker tatsächlich auch nicht einmal den kleinsten Ansatz von gesundem Menschenverstand haben und nicht verstehen, dass Integration nur eine freiwillige Leistung sein kann, dann könnten sie sich doch zumindest schlau machen. Denn auch in Bezug auf das menschliche Verhalten gibt es Experten. Die Tragödie ist nur, dass der Dumme nicht weiß, dass er dämlich ist und deshalb gar nicht auf die Idee kommt, dass ihm im Oberstübchen vielleicht das eine oder andere an Wissen fehlt.

Diese Bagage von SPD und Union gehört sofort rausgeschmissen aus dem Amt. Es sind Faule oder absolut Bekloppte, von denen wir derzeit "regiert" werden. Nur die Medien sind noch dümmer oder fauler, weil die diese Tatsache anscheinend noch nicht einmal mitbekommen.

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Alternative zu Flickr: 23hq.com

Ja, es gibt viele Gründe, Flickr zu nutzen. Die Benutzerfreundlichkeit, die Anzahl an Funktionen und vor allem die große Community mit unzähligen hervorragenden Fotografen.

Aber es gibt auch zahlreiche Gründe, Flickr nicht zu nutzen. Zuvorderst, dass Flickrs Mutterfirma Yahoo mehrmals ohne wirklich dazu gezwungen gewesen zu sein, den chinesischen Strafverfolgungsbehörden persönliche Daten von chinesischen Dissidenten, die Dienste von Yahoo genutzt hatten, übermittelt hatte und Yahoo so geholfen hat, Menschen hinter Gitter zu bringen, die nur ihr Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch genommen hatten. Anteilseigner von Yahoo hatten jüngst gefordert, dass Yahoo in Zukunft die Menschenrechte achten solle und schlugen dafür ein extra Komitee vor. Yahoo war dagegen. Wieder ein Grund mehr, einen Bogen um die Dienste von Yahoo zu machen.

Der letzte Ausschlag für viele - vor allem Deutsche - zumindest Flickr zu verlassen, dürften die neuen Filter von Flickr sein, die deutschen Besuchern von Flickr das volle Programm von Flickr verwehren. Ist man nicht als Nutzer angemeldet bei Flickr, bekommt man nur die nach extrem weichen Kriterien als "sicher" eingestuften Fotos der Flickr-Nutzer zu sehen. Wer also beispielsweise Akt-Fotos (künstlerischer Natur) bei Flickr gehostet hat, der muss auf deutsche Bewunderer seiner Fotos verzichten, sofern die Besucher nicht selbst einen Account bei Flickr/Yahoo haben - allerdings einen nicht-deutschen Flickr/Yahoo-Account.

Das Zensur-Vorgehen von Flickr bezüglich deutscher Flickr-Nutzer könnte mit der unklaren Rechtssituation in Deutschland in Bezug auf das Internet zusammenhängen. Internet-Forenbetreiber stehen in Deutschland zwangsläufig mit einem Bein im Kittchen. Deutsche Politiker halten den Schutz der Meinungsfreiheit im Internet nicht für wichtig und belassen es somit bei zweideutigen Gesetzen, die je nach Gericht anders ausgelegt werden: Mal ist ein Forenbetreiber nur dann verantwortlich für Inhalte im Forum, wenn er ausdrücklich Kenntnis davon hat, mal nicht. Ich kann gut verstehen, dass Flickr bei der Lokalisierung seines Dienstes in Deutschland kalte Füße bekommen hat und nach einer für sie sicheren Lösung gesucht hat.

Dass die freie Meinungsäußerung im Internet in Deutschland nur unzureichend geschützt ist, zeigt beispielsweise auch die aktuelle Bedrohung des kritischen, privat betriebenen Verbraucherschutzforums Call-In-TV durch die Endemol-Tochter "Callactive". Call-In-TV sammelt kritische Meinungen zu den diversen Call-In-Sendungen im deutschen Fernsehen. Dass diese Kritik den Sendungsmachern nicht gefällt, ist klar. Und in Deutschland können Firmen ganz einfach und bei - nach Maßstäben der Firmen - geringem Risiko jede Kritik von Privatleuten an ihren Produkten mundtot machen. Einfach, indem man Abmahnungen verfasst und mit Prozessen droht. Wegen der unklaren Rechtslage in Deutschland können Privatpersonen sich das Risiko eines Prozesses meist nicht leisten. Also löscht man die Kritik an den Firmen und zahlt brav die Abmahngebühren.

Dieses Abwürgen der Meinungsfreiheit im Internet ist vermutlich politisch gewollt. Die Politiker von SPD und Union hätten bei der Verabschiedung des Telemediengesetzes ohne großen Aufwand eine klare Regelung der Forenhaftung festlegen können. Man hat bewusst darauf verzichtet. Übrigens: Sollte mir jemand offenbaren, dass er bei den nächsten Wahlen Union oder SPD wählt, der muss sich darauf einstellen, dass ich ihm unvermittelt auf die Füße kotze. Ist nicht persönlich gemeint. Nur ein schwer kontrollierbarer Reflex meinerseits.

Wie auch immer. Die erneute Weigerung von Yahoo, ernsthafter, transparenter, nachvollziehbarer und intensiver bei ihren Geschäften die Menschenrechte zu achten und auch die seltsame Zwangsfilterung für deutsche Flickr-Besucher und schlussendlich die Hoffnung, dass es nun endlich irgendwo im Netz eine gleichwertige Alternative zu Flickr geben könnte, hat mich veranlasst, mir die Zeit zu nehmen und nach einer Alternative zu Flickr zu suchen. Ich habe mir also zahlreiche Bilder-Hoster angeschaut. Aber nur ein einziger Dienst, von den von mir begutachteten, kommt meiner Meinung nach dem nahe, was Flickr anbietet.

Wer nur einen Hoster für seine Fotos sucht, um seine Fotos dann auf einer anderen Internetseite, beispielsweise seinem Weblog, einzubinden, für den gibt es natürlich unzählige Bilder-Hoster. Aber Flickr ist ja weit mehr.

Für mich muss eine Flickr-Alternative mindestens folgende Funktionen aufweisen:

  • Eine ausgereifte Suchfunktion, um beim Anbieter gehostete Bilder anderer Nutzer zu finden.
  • Eine Bedienerführung, die es auf leichte Art erlaubt, auf Entdeckungsreise zu gehen, also tolle Fotos und talentierte Fotografen zu finden.
  • Die Anzeige der Fotos in verschiedenen Größen.
  • Das Sammeln interessanter Fotos anderer Fotografen in einer eigenen Favoriten-Sammlung (eine Art "Bookmark-Funktion" also für tolle Fotos).
  • Die Möglichkeit, Kommentare zu einzelnen Fotos zu hinterlassen.
  • Die Einbindung von "Creative-Commons-Lizenzen", also die Möglichkeit, die Nutzungsrechte an eigenen Fotos in Stufen freizugeben oder einzubehalten.
All diese Dinge werden außer bei Flickr meines Wissens nach nur noch von 23hq realisiert. Wer einen anderen Anbieter kennt, der ebenfalls diese genannten Kriterien erfüllt, kann darauf gerne in den Kommentaren hinweisen.

Neben dem erwähnten 23hq habe ich außerdem angeschaut und für mich nicht als ausreichend befunden, weil bei ihnen mindestens eines der oben aufgelisteten Kriterien fehlte: Ich hätte gerne einen deutschen Anbieter als Flickr-Alternative empfohlen, aber leider bieten die deutschen Anbieter keine Möglichkeit, die Nutzungsrechte der Bilder variabel zu vergeben. Alle deutschen Anbieter - so verstehe ich zumindest die AGBs - verlangen zudem von den Nutzern die völlige Überlassung der Nutzungsrechte an ihren Bildern. Für mich eine nicht akzeptable Bedingung. Und ich vermute, dass diese unklare Regelung in Bezug auf das Copyright viele gute Fotografen davon abhält, deutsche Bilder-Hoster zu nutzen. Schaue ich mir die bei den deutschen Anbietern gehosteten Bilder an, fühle ich mich in dieser Annahme bestätigt.

Ich teste nun 23hq.com ausführlicher. Der erste Eindruck: Manche Dinge erscheinen mir sogar besser gelöst als bei Flickr. Nur die Community ist offensichtlich bei 23hq noch nicht so groß wie bei Flickr. Man kann 23hq auch kostenlos nutzen. Einzige Einschränkung dabei: Man kann nur maximal 20 MB pro Monat hochladen (ausgenommen die ersten zwei Wochen, in denen man mehr Fotos hochladen kann).

Ich werde eventuell später noch mehr zu 23hq.com schreiben und eventuelle Unterschiede zu Flickr detaillierter darstellen.

P.S.: Auch Del.icio.us gehört zu Yahoo. Demnächst werde ich mir auch noch einmal Alternativen zu Del.icio.us ansehen.

Nachtrag: Nach langer Wartezeit hat sich eine Mitarbeiterin von Flickr in den Foren von Flickr geäußert und erklärt, dass das seltsame Filtersystem von Flickr darin begründet sei, dass die ungeschützte Verbreitung von Pornographie in Deutschland strafbar ist. Das ist so. Auch die fahrlässige Verbreitung von Pornographie außerhalb einer geschlossenen Nutzergruppe, die durch ein real funktionierendes Altersverifikationssystem geschützt ist, ist in Deutschland strafbar. Anwendbar ist diese Vorschrift auf das Internet jedoch kaum. Aber das kümmert den deutschen Gesetzgeber natürlich nicht. Die Realität hat sich nach den Gesetzen zu richten und nicht umgekehrt. Ich habe keine Ahnung, ob Flickr eine Möglichkeit hat, einen Bilder-Hosting-Dienst auch von Deutschland aus anzubieten, ohne nicht ein juristisches Risiko einzugehen. Auch das jetzt bei Flickr implementierte Filtersystem würde vor einem deutschen Gericht - vermute ich - nicht als adäquate Zugangsbeschränkung angesehen werden. Beim jetzigen System müssen die einzelnen Flickr-Nutzer ja ihre Fotos selbst in eine von drei Kategorien einordnen (sicher, moderat, unsicher). So kommt es, dass eher prüde US-Nutzer viele ihrer Fotos als "unsicher" einstufen, obwohl sie nach deutschen Gesichtspunkten niemals als pornographisch eingestuft würden. So kommt es, dass Deutsche bei Flickr trotz eigentlich eines meist liberaleren Umgangs mit Sexualität innerhalb der Gesellschaft bei Flickr einer strikteren Regulierung unterliegen als andere Nutzer. Wer es als deutscher Teenie aber drauf anlegt, braucht sich nur einen neuen Yahoo-Account zuzulegen, als Wohnort USA oder Kanada angeben und kommt so ohne Aufwand dennoch in den "Genuss" aller Flickr-Fotos. Fazit: Das deutsche Gesetz - vor allem im Bereich des Jungendschutzes - führt auch hier wieder zu verrückten Verrenkungen, die Leuten, die sich mit dem Technik-Krams nicht auskennen, suggerieren, es gäbe einen Schutz. Die gleiche Schose also wie bei der Diskussion rund um ein Verbot von Killerspielen.

Es wird Zeit, dass diese mental vergreiste Politiker-Kaste, die derzeit in Deutschland das Sagen hat, abtritt. Da aber die deutsche Gesellschaft insgesamt mental immer mehr vergreist (vor allem, was ihr Spiegelbild in den Medien betrifft - Wo ist die junge, aufregende Kunst in den Medien? Wo spiegelt sich die gewachsene Internationalität und Vielschichtigkeit der deutschen Gesellschaft in den Medien wieder? Was für ein Publikum sitzt stattdessen in den TV-Shows von ARD und ZDF? Wieviele Falten finden sich in den Gesichtern der Chefredakteure? Na?...), wird das nicht passieren.

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Mittwoch, 13. Juni 2007

Gesucht: Whistleblower bei der Polizei

Da Weblogs von Suchmaschinen ja regelrecht gestreichelt werden und oftmals weit oben in den Trefferlisten selbst bei den verrücktesten Suchbegriffen landen, nur weil das gesuchte Wort irgendwo einmal im Weblog vorkam (an dieser Stelle ein Gruß an die vielen Besucher, die hierher über Google gelangen und mit dem hier Geschriebenen leider gar nichts anfangen können - tut mir Leid, nicht meine Schuld...), kann es nicht schaden, hier an dieser Stelle mal auf ein Projekt hinzuweisen, das sowohl Whistleblowern bei ihrem Umgang mit Medien als auch Medien bei ihrem Umgang mit Whistleblowsern helfen möchte: Das Whistleblower-Netzwerk.

Ein Whistleblower ist laut Wikipedia:

Whistleblower (engl. „Skandalaufdecker“, wörtlich „Pfeifenbläser“) bezeichnet einen Informanten, der Missstände, illegales Handeln (z. B. Korruption, Insiderhandel) oder allgemeine Gefahren (z. B. Verstrahlung) von denen er an seinem Arbeitsplatz erfährt, an die Öffentlichkeit bringt. Der beste deutsche Ausdruck ist wohl Hinweisgeber. [...] Whistleblower sind Dissidenten oder Hinweisgeber aus Gewissensgründen - Menschen, die in einem Akt der Zivilcourage unlautere Machenschaften von Regierungen, Verwaltungen oder Unternehmen an die Öffentlichkeit bringen, um diese Missstände zu unterbinden. (Quelle)


Wer also die Öffentlichkeit über für die Gesellschaft relevante Missstände beispielsweise bei einer Behörde oder bei seinem Arbeitgeber informieren will, sprich ein Whistleblower ist, sollte bei der Webseite des Whistleblower-Netzwerkes vielleicht einmal vorbeischauen, bevor er sich durch ungeschicktes Vorgehen beim Informieren der Presse oder der Öffentlichkeit vermeidbare Nachteile einhandelt.

Ich komme nur deshalb gerade drauf, weil vielleicht einige Polizisten mit dem Gedanken spielen könnten, einiges an die Öffentlichkeit zu bringen, ohne gleich ihren Job verlieren zu wollen oder sich sonstigen Schwierigkeiten aussetzen zu wollen, die vielleicht vermeidbar sind.

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Dienstag, 12. Juni 2007

Polizei in Deutschland: Raum für Verbesserungen

Die Vorwürfe gegen die Polizei und ihr Vorgehen rund um die Demonstrationen zum G8-Gipfel in Heiligendamm werden immer zahlreicher. Um den Überblick nicht zu verlieren, hier - als Nachtrag zu meinem älteren Weblog-Eintrag "Treibt die Polizei ein falsches Spiel?" - eine kleine, übersichtliche Liste:

  • Die Polizei gibt gegenüber der Presse weit überhöhte Zahlen von Gewalttätern bei der Auftakt-Demonstration in Rostock am 2. Juni an.
  • Die Polizei verbreitet die Falschinformation, dass einzelne als Clowns verkleidete Demonstranten in Wasserspritzpistolen ätzende Chemikalien versprühen würden.
  • Beim Beginn der Sitzblockaden rund um Heiligendamm spricht die Polizei öfter von gewalttätigen Ausschreitungen. Unabhängige Beobachter vor Ort können davon jedoch nirgends etwas sehen.
  • Experten wundern sich über die extrem unprofessionelle Strategie der Polizei, gegen Störer der Rostocker Demo vorzugehen. Die Polizei habe quasi das Gegenteil von dem gemacht, was im Lehrbuch steht.
  • Zivilbeamte stehen im Verdacht, getarnt im Schwarzen Block tätig gewesen zu sein als Agent Provocateur.
  • Festgenommenen Demonstranten wird in großem Ausmaß der Zugang zu anwaltlichem Beistand untersagt.
  • Viele Demonstranten werden unter den fadenscheinigsten Gründen zunächst einfach erst einmal festgenommen. Beispielsweise wegen Tragen eines T-Shirs mit der Aufschrift "Free all prisoners". 95 Prozent der Ingewahrsamnahmen hätten sich im Nachhinein als rechtswidrig herausgestellt, so der Republikanische Anwaltsverein (RAV).
  • Die Polizei setzt sich eigenmächtig über Auflagen eines Richters hinweg, in einer Gefangenensammelstelle Örtlichkeiten für Anwälte bereit zu stellen.
  • Die in Gewahrsam Genommenen wurden zum größten Teil nicht wie vorgeschrieben innerhalb von ein, zwei Stunden einem Richter vorgeführt.
  • In engen Käfigen, die zudem unter ständiger Beobachtung stehen, werden festgenommene Demonstranten nicht nur wenige Stunden bis zur Vorführung vor einem Richter aufbewahrt, sondern teilweise bis zu 24 Stunden - ohne Zugang zu einem Anwalt, ohne ausreichende Schlafgelegenheiten und ohne ausreichend Essen.
  • Bei den Festnahmen kam es häufig auf Seiten der Polizei zu übertriebenem Einsatz von Gewalt.
Siehe zu diesen Punkten, neben meinem oben verlinkten älteren Weblog-Eintrag:
Berliner Zeitung: Anwälte: Polizei entmachtete bei G8-Gipfel Justiz
TAZ: Anwälte sehen Willkür der Polizei bei G 8
Süddeutsche.de: Kommentar: Der artgerechte Staat

Zum seltsamen (Nicht-)Vorgehen der Polizei in Sachsen-Anhalt gegen Rechtsextreme: Und sonst: Soweit ich beurteilen kann, handelt es sich bei all diesen Verfehlungen nicht um Patzer einzelner Polizisten, um Einzelfälle also, sondern um Schwächen "im System" - sei es Probleme bei der Polizei-Ausbildung, bei der Organisationsstruktur der Polizei, bei der Art der Mitarbeiterführung, bei der Kontrolle und Überwachung - also der Qualitätssicherung - der Arbeit der Polizei oder bei der Qualität und Angemessenheit der Einsatzpläne bis hin zu Problemen bei Einsatzmitteln und der finanziellen Unterstützung der Polizei sowie der demokratischen Kultur in weiten Teilen der Polizei. Um solche Vorfälle also in Zukunft zu verhindern, bedarf es wahrscheinlich ausführlicher Analysen und Interventionen von Experten, zum Beispiel von Soziologen, Pädagogen, Politologen und Psychologen, die sich mit den Problemen, denen sich eine Organisation wie die Polizei ausgesetzt sieht, auskennen. Die Polizei braucht die Unterstützung und die unabhängige Sichtweise externer Experten. Ranghohe Polizeibeamte, die von den Medien gerne als Experten zum Thema befragt werden, sind eventuell häufig selbst Teil des Problems.

Aber leider gelten unabhängige Experten unseren heutigen Politikern nicht mehr viel. Lieber wirft man mit populistischen Äußerungen (Forderung nach GSG9-Einsätzen gegen Demonstranten, Einsatz von Gummigeschossen, Forderung nach mehr Zivilcourage der Bürger als Ersatz für mangelhafte Polizeiarbeit und so weiter) um sich.

Nachtrag: Mark Seibert hat in seinem Weblog ein paar weitere Fälle von Nicht-Handeln der Polizei in Sachsen-Anhalt bei Vorfällen mit Rechtsradikalen aufgelistet.

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Montag, 11. Juni 2007

Sachsen-Anhalts Innenminister ermuntert Bürger zur gewaltsamen Selbstverteidigung gegen Neonazis

In Halberstadt, Sachsen-Anhalt, wurde jetzt ein Dienstgruppenleiter der Polizei seines Postens enthoben, weil die Polizei zu lax vorging beim Verfolgen von Neonazis, die eine Theatergruppe am Wochenende überfallen hatten und krankenhausreif geschlagen hatten. Mehr Infos dazu hier: Neonazi-Überfall in Halberstadt (MDR.de).

Die ARD-Tagesschau (20-Uhr-Sendung von heute) brachte gerade ein kurzes Statement des Innenministers von Sachsen-Anhalt, Holger Hövelmann (SPD). Hövelmann sagte sinngemäß, die Bürger sollten sich nicht nur auf die Polizei verlassen, sondern bei solchen Vorfällen auch selbst eingreifen.

Hört sich zuerst toll an. Aber man stelle sich das dann doch einmal konkret vor: Da wird eine Gruppe von 14 Tänzern, Musikern und Statisten, die eine Theaterpremiere in einer Gastwirtschaft feierten, angegriffen von einer Gruppe Neonazis. Diese nicht gerade kleine Gruppe von 14 Leuten scheint machtlos gegen die Neonazis gewesen zu sein, denn fünf Mitglieder des Nordharzer Städtebundtheaters wurden durch die angreifenden Neonazis schwer verletzt, die Neonazis jedoch konnten anscheinend alle anschließend noch laufen. Und jetzt sollen weitere unbewaffnete Passanten sich den vermutlich mit Messern oder Baseballschlägern bewaffneten Neonazis zusätzlich entgegenstellen? Holger Hövelmann fordert hier quasi zu einer Massenschlägerei auf. Weil man ja der Polizei nicht alle Arbeit überlassen könne - so Hövelmann sinngemäß als Begründung gegenüber der Tagesschau.

Hat der Mann noch alle Tassen im Schrank? Tickt der noch ganz richtig?

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Sonntag, 10. Juni 2007

Angie Superstar

Kann man das hier eigentlich noch "Journalismus" nennen:

Das darf man ein Politikum nennen: Die G8-Chefin [gemeint ist Frau Merkel; Anmerkung von mir] schläft sich auf ihren Lorbeeren nicht aus, sondern stattet Tausenden von Kritikern prompt leibhaftig einen Besuch ab. (Quelle)


Diese Inkarnation Merkels fand auf dem 31. evangelischen Kirchentag in Köln statt. Und das, obwohl die Protestanten gar nicht an die reale Wandlung von Brot und Wein beim Abendmal glauben.

Angie steigt also leibhaftig zum Volk herab? Und was hat das mit Lorbeeren zu tun? Hab ich was verpasst? Weniger Hilfe aus Deutschland als bislang zugesagt für Afrika sind also Lorbeeren? Der Einsatz für einen noch restriktiveren Schutz von Urheberrechten, mit der Folge, dass die Produktion von preiswerten Generika-Medikamenten für die 3. Welt erschwert wird, sind also Lorbeeren?

In der Demokratie - heißt es - sei das Volk der Souverän. Dass die Angestellte namens Merkel sich direkt den Bürgern stellt, halte ich für das Normalste in einer Demokratie, und nicht für ein Politikum.

Hinter dem Zaun, vor dem Zaun: Das gibt es beim Kirchentag nicht. Der Politiker gehört in die Arena der Gesellschaft, nicht hinter Zäune, und wenn diese Gesellschaft derart friedensbegabt ist wie das protestantische Laientreffen, dann haben Politiker dabei auch nichts zu fürchten – außer Kritik, hartnäckig, informiert, geduldig, zugewandt. (Quelle)


Der Kirchentag als die große Ausnahme. Das ist so verdammt traurig für eine dem Namen nach demokratische Gesellschaft. Es ist zu einfach, nur eine besondere "Friedensbegabung" der Kirchentagsbesucher zu postulieren und damit die Frage danach, warum das dort möglich ist, aber angeblich woanders nicht, abzuhaken.

Im Fernsehen gab es nach Ende des G8-Treffens "Nachberichte" aus Heiligendamm. Da wurden Passanten gezeigt und interviewt, die jetzt die Promenaden und Straßen von Heiligendamm wieder "zurück eroberten". Viele der befragten Bürger sagten, es wäre interessant und ein wenig aufregend, jetzt genau hier zu stehen, wo gerade noch die Spitzen-Politiker standen.

Man könnte den Heiligendamm-Spaziergängern sagen: Fahrt doch einfach zum Kirchentag, da könnt ihr die Leute sogar live erleben!

Je mehr Brimborium veranstaltet wird - und Polizei-Eskorten in einer Stärke von 16.000 Mann sind auch Teil dieses Brimboriums - desto größer wird eine Sphäre der Unantastbarkeit suggeriert und desto weniger kritische Fragen werden an diese Leute, die nur Angestellte des Volkes sind, gestellt. Man hat dies an den strahlenden Gesichtern und der oberflächlichen, teilweise falschen Berichterstattung der Vor-Ort-Reporter (oder Mit-Blick-auf-Heiligendamm-Berichtenden) im Fernsehen gesehen. Da erzählt auch eine Inka Schneider vom NDR mal gerne mit strahlendem Blick die Lüge in die Kamera weiter, dass bei der Afrika-Hilfe mit den zugesagten 750 Millionen Euro ein Durchbruch erreicht worden sei.

Es sieht ja alles so beeindruckend aus: Diese weißen Fassaden, der Blick auf das Meer im sommerlichen Sonnenuntergang, die unter ihres Gleichen so jovial und freundlich auftretenden Politiker, die enormen Anstrengungen der Polizei mit all ihrer schicken, modernen Ausrüstung von Kampfmontur bis James-Bond-mäßigen Speed-Booten auf dem Meer und modernsten Eurocoptern in der Luft. Da verdrängt bei den Journalisten die Begeisterung über dieses Spektakel schnell die kritische Distanz zum Geschehen.

Demokratie sollte jedoch genau dieses unhysterische Auf-die-Probe-Stellen von Politikern in unansehnlichen Turnhallen oder Messehallen durch Fragen von meist schlecht angezogenen, einfachen Bürgern sein. In den USA gibt es beispielsweise die regelmäßigen Town Meetings auf kommunaler Ebene. Damit direktes bürgerschaftliches Engagement in Deutschland tatsächlich wirksam ist und nicht nur in seiner Wirkungsweise symbolischer Natur bleibt, müsste der tatsächliche Einfluss des Bürgers im politischen System jenseits einer möglichen, zeitauwendigen Parteiangehörigkeit gestärkt werden. Zum Beispiel durch Abschaffen der Listenplätze, durch einen stärkeren Einfluss des Wählers auf "seinen" Abgeordneten, durch mehr Elemente der direkten Demokratie, durch mehr Transparenz von Behördenhandeln bis hin zu einem schärferen Vorgehen gegen Korruption.

All das bürgerschaftliche Engagement auf dem Kirchentag würde beim heutigen deutschen Modell der Parteiendemokratie bislang erst dann politisch eine Rolle spielen, wenn daraus Forderungen entstehen, die auf Parteitagen Eingang in ein Parteiprogramm finden würden. Und ob die Politiker anschließend diesem Programm folgen, bleibt am Ende auch mehr als fraglich. Denn eine Partei hat paradoxerweise nicht in erster Linie die politische Durchsetzung des Parteiprogramms zum Ziel, sondern überhaupt an der Macht zu sein und zu bleiben.

Auch die "Volksnähe" auf dem Kirchentag ist letztlich also nur eine Inszenierung. Denn in Deutschland entscheiden nicht einzelne Politiker, sondern es entscheiden die Parteien. So lange Merkel also nicht offizielle Politik - als Politik ihrer Partei also - betreibt auf dem Kirchentag, kann sie dort alles erzählen, was sie mag. Es ist kaum anzunehmen, dass die CDU ihrer Kanzlerin morgen das Misstrauen ausspricht, weil sie auf dem Kirchentag irgendetwas gesagt hat, was der Partei nicht passt. Im Gegenteil. Das folgenlose Schönreden auf Kirchentagen überdeckt meist, dass die reale Politik häufig gar nicht dem Parteiprogramm entspricht. Somit dient ein Auftritt auf Kirchentagen dem Machterhalt der eigenen Partei und hat nichts mit Bürgernähe zu tun, weil diese Bürgernähe im deutschen System der Parteiendemokratie jenseits eines Wohlfühlfaktors politisch unerheblich ist.

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