Samstag, 9. Dezember 2006

Interview im Delirium

Warum? Ein Interview? Warum? Mel Gibson? Ja. Mit ganz. Warum? Vielen. Warum? Kurzen. Warum? Sätzen. Warum?

Der Interviewer war in der Fortbildung: Kurze Sätze schreiben, viele Lücken lassen, den Leser verunsichern und alles in Frage stellen - so entsteht große Literatur: Mel Gibson - Ich kämpfe gegen den Alkohol (T-Online Bild-Online).

Warum?

(Link-Zuträger: "Joe". Danke!)

Technorati-Tags: Lieber nicht.

Donnerstag, 7. Dezember 2006

Wieder nutzt jemand Abmahnungen zur Zensur

(Via Boocompany.com) Heute scheint Abmahnungs-Tag zu sein. Noch ein Zensur-Opfer des deutschen Abmahnrechts fand ich gerade via Boocompany: Wortfilter.de berichtete kritisch über das Vorgehen eines Schweizer Verein namens "Ehrlich währt am längsten", der in letzter Zeit anscheinend unzählige Ebay-Verkäufer abmahnte.

Nun bekam Wortfilter.de die Quittung für seine Verbraucherschutz-Tipps in Form einer Abmahnung durch diesen mir persönlich als seltsam und zweifelhaft, um nicht zu sagen dubios, erscheinenden Verein: Post vom Verein "Ehrlich währt am längsten". Er solle den Verein nicht mehr "dubios" nennen. Wortfilter.de folgte der Anweisung mit den Worten:

Leider ist nicht vorhersehbar, ob nicht irgendein Landgericht (z.B. in Itzehoe) die Vorwürfe des Vereins für berechtigt hält. Ich möchte nicht die Existenz meiner gesamten und durchaus erfolgreichen Website in das Ermessen irgendeines Richters stellen, der mich im Verfahren einer Einstweiligen Verfügung noch nicht einmal anhören würde. (Quelle)


Womit erneut bewiesen wäre, dass das deutsche Abmahnrecht zur Einschränkung der Meinungsfreiheit führt.

Technorati-Tags: ,

Schäuble & Co. sind eine Gefahr für die Gesellschaft

Nun wollen sie es den Sicherheitsbehörden ermöglichen, die Computer der Bevölkerung von Ferne her heimlich zu durchsuchen: Online-Durchsuchung von PCs durch Strafverfolger und Verfassungsschutz (Heise.de).

Allein, dass es solche Gedankenspiele von Seiten unserer bekannten (Un-)Sicherheitspolitiker gibt, führt zwingend zu folgenden Schlussfolgerungen:

Schlussfolgerung Nr.1: Mit dem Credo, dass der Staat alles, wirklich absolut alles unternehmen muss und darf, um jede, wirklich absolut jede mögliche Gefahr für Leib und Leben auszuschließen, lässt sich in diesem Land derzeit jede noch so wahnsinnige politische Idee aus Parkett bringen. Protest? Nur - wie üblich - im "Maschinenraum", sprich bei Heise & Co. Man kann kaum erwarten, dass der Rest der deutschen Medien irgendwie das Vorhaben der deutschen (Un-)Sicherheitspolitiker durchschaut. Wenn unsere Medien schon daran scheitern, die Nebelkerzen rund um das Killerspiel-Verbot zu durchschauen, dann kann man denen mehr oder weniger alles verkaufen, wenn das Etikett "Sicherheit" dranhängt.

Schlussfolgerung Nr. 2: Der unbedarfte Bürger könnte denken, dass das Vorhaben von Schäuble & Co. aus technischer Sicht zum Scheitern verurteilt ist. Hat nicht jeder heutzutage eine Firewall und einen Virenscanner auf dem eigenen Rechner und würde der es nicht verhindern, dass irgendwelche komischen Spionageprogramme der deutschen Sicherheitsbehörden auf dem eigenen Rechner landen? Es gibt also die Möglichkeit, dass Schäuble & Co. hier wieder nur Nebelkerzen werfen, dass sie Sicherheitsmaßnahmen vortäuschen, symbolische Politik betreiben. In symbolischer Politik sind unsere Politiker heutzutage bekanntlich Meister. Zumindest die Medien lassen sich wie oben schon erwähnt vortrefflich leicht auf den Arm nehmen mit dieser symbolischen Politik und veranstalten gerne Talk-Runden, in denen diese symbolische Politik mit ernsthafter Miene diskutiert wird.

Schlussfolgerung Nr. 3: Es könnte aber genauso gut sein, dass Schäuble & Co. genau wissen, wovon sie sprechen. Dass sie genau instruiert wurden von den Spezialisten der deutschen Sicherheitsbehörden. Nehmen wir also mal an, dass das Vorhaben technisch umzusetzen ist, dass die Sicherheitsbehörden also den Innenministern gesagt haben: Wir können das. Wir können technisch auf die Computer der Bürger zugreifen, wenn wir es dürften. Dann führt uns das von den Innenministern geplante Vorhaben ungewollt und indirekt zu äußerst aufschlussreichen Schlussfolgerungen:

a) Der Zugriff auf Computer erscheint ernsthaft nur möglich, wenn im Windows-Betriebssystem von Microsoft Hintertüren bereits "werksseitig" eingebaut sind, die die Sicherheitsbehörden kennen.

b) Der Zugriff auf Computer erscheint ernsthaft nur möglich, wenn in den vielen Hardware-Routern, die auf dem Markt sind und im größten Teil der sonstigen Netzwerkhardware zum größten Teil bereits werksseitig Hintertüren eingebaut sind, die die Sicherheitsbehörden kennen.

c) Der Zugriff auf Computer erscheint ernsthaft nur möglich, wenn das Open-Source-Projekt Linux teilweise unterwandert ist von Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden, die dort Quellcode einzuschleusen versuchen, durch den auch Linux sich ihren Spionageprogrammen öffnet.

Schlussfolgerung 4: Oder Schäuble & Co. wollen nur unbedarfte, technisch nicht versierte Normalbürger, die noch nicht einmal eine Software-Firewall unter Windows installiert haben, mit dem neuen Gesetz überwachen. Dann wäre das Gesetz jedoch eindeutig nicht gegen Terroristen gerichtet, also kein Mittel der Terror-Abwehr. Dann muss man sich fragen, wozu sie Normalbürger überwachen wollen. Um mögliche Urheberrechtsverletzungen im Auftrag der Musikindustrie schneller ahnden zu können? Warum dann die Rede vom Kampf gegen den Terrorismus?

Lassen wir Schlussfolgerung Nr. 4, die wie Schlussfolgerung Nr. 1 und 2 wiederum Zeichen von reiner Symbol-Politik wäre einmal außen vor. Dann kann neben Schlussfolgerung Nr. 1 (die eh stimmt) nur Schlussfolgerung Nr. 2 oder Schlussfolgerung Nr. 3 stimmen. Aber egal, ob nun Nr. 2 oder Nr. 3 richtig ist: Beide Schlussfolgerungen erscheinen mir als katastrophal für unseren Rechtsstaat!

Denn wer bei Gültigkeit von Schlussfolgerung Nr. 2 (oder auch 4) derart unverfroren mit den Ängsten der Bevölkerung umgeht, gehört sofort aus seinem Amt gejagt. Statt sich um reale Lösungen zur Erhöhung der Sicherheit zu kümmern, wird unter großem Aufwand vorgespielt, dass man alles tue, um das Volk vor Terror-Anschlägen zu schützen. Stattdessen wäre eine ehrliche Politik angebracht, die darstellt, dass man als Staat Terror-Anschläge in letzter Konsequenz eben nicht zu hundert Prozent verhindern kann.

Ist hingegen Schlussfolgerung Nr. 3 richtig, würde dies bedeuten, dass seit Jahrzehnten Sicherheitsbehörden Einfluss am Gesetz vorbei genommen haben auf die Entwickler von Soft- und Hardware. Es wäre hier von staatlichen Behörden die Sicherheit von unzähligen Produkten kompromittiert worden. Mit ungeahnten Folgen zum Beispiel für Wirtschaftsspionage, Verbraucherschutz, der Sicherheit des Betriebes technischer Anlagen (Kernkraftwerke? Krankenhäuser?) und so weiter. Dass hier vielleicht mit diesen kompromittierten Netzwerkprodukten noch nichts passiert ist, wäre reine Glückssache. Aber wer weiß, ob nicht manche Vorfälle und Störfälle auf eben diese eingebauten Hintertüren zurückzuführen sein könnten.

Ich hoffe, dass Schlussfolgerung Nr. 2 statt Nr. 3 zutrifft. Wenn sich jedoch erhärtet, dass Schäuble & Co. wissen, wovon sie reden, haben wir vermutlich den größten Skandal der jüngeren Geschichte vor uns liegen: Eine heimlich vorbereitete Kompromittierung vieler technischer Geräte. Von normaler Computerhardware, über Betriebssysteme bis hin zu Handys und Netzwerktechnik. Dann ist wirklich alles möglich. Dann ist auch möglich, dass zum Beispiel Datenbanksoftware verschiedener Hersteller längst kompromittiert ist. Das würde bedeuten, dass es absolut gar keinen Datenschutz mehr gibt, dass Geheimdienste und Sicherheitsbehörden längst Zugriff auf fast alle Daten haben, die irgendwo digital und vernetzt vorliegen. Es wäre eine ungeheure, kaum zu kontrollierende Macht in den Händen dieser Behörden.

Kann, muss, darf man als Bürger diesen Behörden diese Macht zugestehen, oder müsste man dann nicht sofort zum Widerstand aufrufen? Wäre das Missbrauchspotenzial hier nicht dermaßen hoch, dass der Gewinn an Sicherheit dagegen klein wirkt?

Ich hoffe, dass diese Fragen bald, endlich, vielleicht, möglicherweise, hoffentlich einmal ausführlich in den reichweitenstarken Medien diskutiert werden. Irgendwann muss die Gefahr, die von nahezu allmächtigen Sicherheitsbehörden für das Gleichgewicht der Mächte in einer Demokratie ausgeht, doch auch einmal bei den dämlichsten Chefredakteuren in diesem Land ankommen?

Update: Es scheint sich Schlussfolgerung Nr. 4 als die wahrscheinlichste herauszukristalisieren. Ein Artikel bei Onlinekosten.de ist ausführlicher als oben verlinkter Heise.de-Artikel: Onlinekosten.de: BKA soll Computer über das Internet ausspionieren. Demnach wollen die Sicherheitsbehörden undokumentierte Sicherheitslücken in Betriebssystem und Browser für ihre Angriffe über das Netz nutzen:

In hartnäckigen Fällen könnten die BKA-Beamten den PC durch einen gezielten Internet-Angriff über undokumentierte Schwachstellen des Betriebssystems und der Browser-Software aufhebeln - wie eine morsche Stalltür mit dem Brecheisen. Ist das digitale Hintertürchen erst einmal installiert, steht der PC für die Fahnder ohne weitere Gegenwehr offen. Antivirensoftware und Firewalls stellen für die Ermittler keine ernsthaftes Problem dar. (Quelle)


In diesem Zusammenhang macht auch das Verbot des Einsatzes von Hacker-Tools (Heise.de: Bundesregierung hält an Verschärfung der 'Hackerparagraphen' fest) Sinn, werden mit solchen Tools doch auch von gutwilligen Hackern Sicherheitslücken aufgedeckt, um diese dann den Herstellern melden zu können.

Sicherheitsbehörden sollen also aktiv Sicherheitslücken ausnutzen. Welche Ironie! Sicherheitsbehörden kennen Sicherheitsschwachstellen - und statt dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung sicherer lebt, indem nämlich die Behörden die Schwachstellen den Softwareprogrammierern mitteilen, setzen die Behörden Millionen von Internetnutzern bewusst dem Risiko aus, dass die von ihnen gefundenen Sicherheitslücken eventuell auch von anderen Hackern weiter für Angriffe genutzt werden können.

Das ist einfach nur ekelhaft. Richtig ekelhaft. Machen sich die Politiker eigentlich irgendwelche Gedanken darüber, wie ihr Handeln und das geplante Handeln der "Sicherheitsbehörden" wahrgenommen wird in der Bevölkerung? Oder ist der Wille zur totalen Überwachung bereits so fest in die Hirne von Schäuble & Co. eingebrannt, dass sie gar nicht mehr merken, was sie da anrichten?

Der Vertrauensverlust in die "Sicherheitsbehörden" und den Staat allgemein dürfte enorm sein: Behörden, die eigentlich zum Schutz der Bevölkerung da sind, setzen die Bevölkerung bewusst Gefahren aus, nur um aus Zeitersparnisgründen einfacher auf manche Computer zugreifen zu können. Der Zugriff auf die verdächtigen Computer wäre ja auch ohne diese Hacker-Methoden möglich. Mittels klassischer Hausdurchsuchung und Beschlagnahmung des Rechners. Das wäre halt nur aufwändiger. Das Vorhaben von Schäuble & Co. offenbart also, dass hier mitnichten das Interesse vorliegt, die Sicherheit der Bürger zu erhöhen. Es geht allein um die Faulheit von Behörden, nicht um die Sicherheit von Bürgern.

Es ist unfassbar.

Technorati-Tags: , , ,

Auch ZDF geht gegen Kritiker im Internet mit Abmahnungen vor

(Via Schockwellenreiter) Die Website Sopos.org hat das Logo der ZDF-Kampagne "Unsere Besten" karikierend verwendet und wurde vom ZDF wegen angeblicher Markenrechtsverletzung abgemahnt. Auch hier wieder musste der Abgemahnte einknicken, weil der angesetzte Streitwert bei 100.000 Euro lag. Sopos.org ist anscheinend trotz mutmaßlich klarer Rechtslage zu ihren Gunsten bei solch einer Summe das Risiko eines Rechtsstreits mit dem Dank unserer GEZ-Gebühren gut ausgestattetem ZDF zu groß. Sopos ließ sich also vom ZDF tatsächlich den Mund verbieten und entfernte die Karikatur. Das ist doch ein toller Einsatz der GEZ-Gebühren vom ZDF, oder? Man stelle sich vor, Sopos hätte im Hintergrund einen privaten Gönner mit großem Vermögen gehabt. Was wäre dann aus all den schönen GEZ-Gebührengeldern geworden, liebes ZDF? Sie wären in einem sinnlosen Rechtsstreit zweckentfremdet worden. Die Abmahnung ist somit eine zweifache Unverschämtheit: Wegen ihrer Wirkung als Zensurmaßnahme und wegen des riskanten Umgangs mit den Gebührengeldern der Zwangskunden.

Mehr über den Fall bei Telepolis.de: ZDF gegen Online-Magazin Sopos.org

Dort wird Sopos.org mit folgenden Worten zitiert:

"Hier wird unter dem Deckmantel des Marken- und Urheberrechts versucht, kritische Stimmen mundtot zu machen. Natürlich eckt Kritik an. Täte sie das nicht, wäre sie nutzlos." Eine Marke, sagt er weiter, könne grundsätzlich nur bei geschäftlicher Nutzung geschädigt werden. Eine freie Meinungsäußerung ohne geschäftliche Absicht kann nicht aufgrund des Markenrechtes untersagt werden. Dies käme faktisch einer Abschaffung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gleich. (Quelle)


Da die Politik nicht vorhat, den Missbrauch des Abmahnrechts für Zensurvorhaben einzuschränken, bleibt nichts anderes übrig, als auf diesen Misstand weiter aufmerksam zu machen. Auf die Mitarbeit der reichweitenstarken Medien darf man dabei aber nicht zählen, wie hier deutlich wird. Das deutsche Abmahnrecht erscheint geradezu als ideal dafür, die kleine, missliebige Internet-Konkurrenz auf dem medialen Meinungs- und Themenmarkt in Schach zu halten.

Andererseits bin ich erst duch die Berichterstattung im Internet über die ZDF-Abmahnung auf die Aktion von Sopos.org aufmerksam geworden. Hoffentlich gehen in Zukunft auch weitere Versuche, Kritik per Abmahnung mundtot machen zu wollen, so nach hinten los. Hoffentlich wird also zum Beispiel die Blogosphäre nicht müde, weiter auf derartige dreiste Zensurmaßnahmen besonders hinzuweisen, damit sie ihre Wirkung nicht nur nicht entfalten, sondern sie sogar zum Gegenteil, nämlich erhöhter Aufmerksamkeit, führen.

Deshalb möchte ich hier explizit das Ziel der Aktion von Sopos.org durch ein Zitat aus ihrer Pressemitteilung darstellen:

"Das ZDF stellt mit der Sendung eine positive Kontinuität einer deutschen Nation her, in der die Zeit des Nationalsozialismus nur als Betriebsunfall erscheint. Hier wird eine neue Normalität der deutschen Nation konstruiert, die die Lehren der deutschen Geschichte vergisst." Die Sendung ist auch dafür in die Kritik geraten, dass ausgerechnet europäische Geistesgrößen wie die Österreicher Wolfgang Amadeus Mozart und Sigmund Freud, der Elsässer Albert Schweitzer sowie der im polnischen Toruñ geborene Nikolaus Kopernikus, um dessen nationale Zugehörigkeit schon im 19. Jahrhundert gestritten wurde, für "Deutschland" vereinnahmt werden. "Das ZDF erträumt sich offenbar noch heute einen großdeutschen Kulturraum von der Maas bis an die Memel, den es historisch nicht gegeben hat und dessen versuchte Zusammenfassung im nationalen Rahmen so viel Schrecken über die Welt gebracht hat. Der Albtraum von einem Großdeutschland, wie ihn die Nationalsozialisten geträumt haben", so Hawel weiter, "gehört ein für alle Male der Vergangenheit an." (Quelle)


Technorati-Tags: , , , ,

Combots AG bedroht deutschen Blogger

(Via Boocompany.com) Wieder ein neuer Fall für das Abmahnungs-Weblog.

Wenn Blogger in Deutschland den rechtlichen Drohungen von Anwälten und Firmen ausgesetzt sind, interessiert das kaum. Denken doch viele: Na, die frechen Blogger werden schon mit Recht was auf die Schnauze bekommen.

Es gibt aber Firmen, die auch mal gerne ohne rechtliche Grundlage abmahnen. Was rechtmäßige Gründe wären, zählt zum Beispiel die Netzeitung in diesem Artikel auf: Juristische Fallen im Web. Einfach abmahnen ohne rechtmäßige Gründe, um unliebsame Kritik aus dem Netz zu schaffen, ist für eine Firma hinsichtlich des finanziellen Risikos bei einer Niederlage vor Gericht überschaubar.

Nun hat also jemand das von mir hochgeschätzten BatzLog bedroht. Die Combots AG hat Batzlog bedroht und angemahnt, einen kritischen Weblog-Eintrag über die Combots AG sofort aus dem Netz zu nehmen: BatzLog: Angemahnt. Und wie reagiert da ein Privatmann? Logisch: Er nimmt die Kritik aus dem Netz, denn käme eine Abmahnung von den Anwälten der Combots AG (ob berechtigt oder nicht), müsste das Batzlog auf jeden Fall einen eigenen Anwalt engagieren, wenn es noch weiteren, drohenden Kosten aus dem Weg gehen will. Da aber auch ein eigener Anwalt Geld kostet, verstehe ich, dass das Batzlog den Text aus dem Netz entfernt und es nicht auf eine juristische Auseinandersetzung ankommen lässt.

Das Batzlog hatte sich mit kritisch überspitzt formulierten, ins Satirisch gehenden Fragen mit einem Portrait über Michael Greve, dem Gründer der Combots AG, bei der Deutschen Welle auseinandergesetzt:

Dieser Beitrag war meiner Meinung nach, nicht grade eine übermäßig kritische Auseinandersetzung, vielmehr eine recht oberflächliche Lobpreisung des Combots-Messengers und des Chairmans als “deutschen Bill Gates“. Dies hatte ich zum Anlaß genommen in satirisch überspitzter Form, durchaus deftig formuliert ein paar Fragen zu stellen, was man denn tun müsse, damit DW-TV einen solch wohlwollenden Beitrag über ein Produkt bringt, welches im Netz zu seiner Vorstellung mit eher gemischten Reaktionen aufgenommen wurde. [...] Zum einen habe ich lediglich FRAGEN gestellt, die zudem noch eindeutig absurd-überspitzt formuliert waren [...], zum anderen waren die von ComBOTS als “diffamierend und ehrverletztend” empfundenen Passagen auf Bill Gates gemünzt, mit dem der DW-Beitrag Greve verglich. (Quelle)


Dem Beitrag der Deutschen Welle wurde also unterstellt, zu positiv, zu einseitig und zu verfälschend über die Leistungen dieses Michael Greves berichtet zu haben. Vielleicht, weil Michael Greve die Deutsche Welle sonst abgemahnt hätte?

Huch, hoffentlich werde ich jetzt nicht auch von dieser anscheinend wahnsinnig tollen, absolut kritiklos zu bestaunenden Firma Combots AG oder gar von der Deutschen Welle wegen obiger, ketzerischer Frage abgemahnt.

Ich kann nur sagen: Mich persönlich kotzt die Combots AG an. Und mich persönlich kotzt die Deutsche Welle mit ihrer Berichterstattung über Michael Greve an. Das Angekotztsein ist ein persönliches Gefühl. So fühle ich mich nunmal. Entspricht der Wahrheit. Kann also nicht abgemahnt werden. Pech gehabt, Combots AG.

Noch ein Nachsatz: Wer einmal wirklich kritische Berichterstattung über Firmen und ihre Machenschaften erleben will (z.B. um zu erfahren, wem man als Anleger sein Geld überlassen sollte), dem empfehle ich mal einen Blick über den großen Teich. Ein Vergleich zwischen den meist äußerst braven, deutschen Medien auf der einen Seite und zahlreichen Wirtschaftsmedien in den USA auf der anderen Seite könnte da lehrreich sein.

Aber zumindest gibt es eben einige Weblogs, die die Combots AG kritisch beäugen:Technorati-Tags: , , ,

Dienstag, 5. Dezember 2006

Wochenrückblick: Höllische Helfer

Der zweite, etwas verspätete Wochenrückblick lehrt, dass die Realität teilweise genauso funktioniert wie diverse Thriller und Krimis. Der Krimi-Fan mit leicht zynischem Weltblick konnte also in der letzten Woche seine Lieblingslektüre beiseite legen und durfte sich stattdessen folgende Schlagzeilen reinziehen:

  • Das Meinungsforschungsinstitut Forsa warnt vor der zunehmenden Gewalt unter Jugendlichen in Deutschland. Doch Krimi-Fan aufgepasst! Zu früh gefreut..., denn d-frag.de enthüllt, dass Forsa nicht nur Meinungen erforscht, sondern Meinungen vor allen Dingen auch macht. So zitiert d-frag.de frech aus dem Periodischen Sicherheitsbericht des Innen- und Justizministeriums: "Weder für die Gewalt an Schulen noch für die Gewalt junger Menschen im öffentlichen Raum sind Zuwächse zu erkennen." Leider steht nicht Forsa dumm da, sondern die Leser deutscher Medien, die alle den Quatsch von Forsa nachdrucken. Der grandiose Artikel bei d-frag.de: Detailteufelchen.
  • Sicherlich wollte Forsa mit seiner Meinungsformung nur Gutes tun. Genauso wie die Anti-Terror-Experten der USA, die aus all den schönen Daten der Flugpassagiere Terror-Scoring-Werte zusammenwürfeln. Merke: Kriminalität ist heute bis auf die dritte Stelle nach dem Komma per Scoring-Wert vorhersagbar. Da ich aber eh lieber am Fenster statt am Gang sitze (höherer Terror-Scoring-Wert!) habe ich persönlich rein gar nichts zu befürchten und zu verbergen: Terror scores 'overdue for oversight' (CNN.com).
  • Wegen all dieser Maßnahmen im Vorfeld und zur Verhinderung von Anschlägen, scheinen Teile der deutschen Polizei aus Mangel an Beschäftigung gegen die eigenen Leute vorzugehen. Man will ja in der Übung bleiben: Mobbing-Affäre: Die bösen Späße einer Münchner Polizei-Sondereinheit (Süddeutsche.de). Nicht konforme Polizisten werden per Pfefferspray von den Kollegen gemaßregelt. Folter unter Kollegen? Aber nicht doch! Alles nur Spaß! Die humorresistenten Opfer wurden dann auch von den kompetenten Vorgesetzten aus den lustigen Polizeieinheiten versetzt. Welcher Vorgesetzte möchte sich schon mit Kollegen anlegen, die mal munter zu Schlagstock und Pfefferspray greifen?
  • Wie wohl die Polizei in England mit solch lustigen Kollegen umgegangen wäre? Vermutlich wäre es da gar nicht zu solchen Späßen gekommen. Arbeitet man doch in Großbritannien an Plänen, das Verhalten von Menschen so genau zu protokollieren und auszuwerten, dass Gewalttaten noch vor ihrem Auftreten durch Festnahme der Verdächtigen verhindert werden sollen. Zumindest eine etwas durchgedrehte Psychologin, Leiterin des Programms, die die Möglichkeiten ihrer Zunft leicht überschätzt, meint so etwas realisieren zu können: Scotland Yard will künftige Mörder durch Persönlichkeitsprofile identifizieren (Heise.de).
  • Aber selbst wenn dann nach Überweisung der nächsten Fördermittel den Verantwortlichen in Großbritannien klar wird, dass die Idee mit den Persönlichkeitsprofilen nur unzuverlässig funktioniert, ist noch nichts verloren, um Verbrechen aus dem Bereich von Dunkelheit und Ungewissheit zu holen. Das FBI hat eine Methode entwickelt, um Handys zu wandernden Wanzen umzufunktionieren. Heimliches Softwareupdate per Funk zugespielt aufs Handy reicht und das Mikrofon des Handys wird zur Mithörschnittstelle für die Polizei. Nur das Herausnehmen des Handy-Akkus könnte das Mithören verhindern: Wanderwanzen fürs Handy (Rabenhorst)
  • Genug Kompetenz im Abhören bringt die deutsche Polizei aber auch ohne solche Wundertechnik aus den USA mit. Das zeigt ein gerade veröffentlichter Bericht von Marianne Birthler, der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen: Birthler outet Stasi-Beschäftigte bei der Polizei (Netzeitung.de). Bei Polizei und Bundespolizei in Ostdeutschland arbeiten fast 2000 frühere Stasi-Mitarbeiter. Wanderwanzen? Bei dem erfahrenen Personal völlig überflüssiger technischer Schnickschnack.
  • Zu dem Personal passt auch unser oberster Verfassungsschützer, der Präsident des Bundesverfassungsschutzes Heinz Fromm. Er offenbarte letzte Woche, dass er auch Informationen verwenden würde, die eventuell per Folter erpresst worden seien. Man würde den Informationen ja nicht ansehen, ob sie durch Folter erlangt worden seien: Fromm würde Folter-Geständnisse nutzen (Tagesschau.de). Mir wäre es lieber, wenn Herr Fromm gesagt hätte, dass der Verfassungsschutz lieber die Finger von Dokumenten lassen würde, bei denen man annehmen muss, dass sie durch Folter zustande kamen. Die Richtung seiner Aussage gefällt mir gar nicht. Wie schnell kann ein Staat wie Syrien liebend gerne Informationen anbieten, sie Deutschland schmackhaft machen, die Informationen extra für Deutschland per Folter beschaffen! Denn bei den Geheimdiensten gilt das Gebot des "Eine Hand wäscht die andere". Informationen werden gegen Informationen getauscht. Nimmt man also Informationen aus den Händen von potenziellen Folterern im Tausch gegen eigene Informationen, fördert man das Foltern. Wegen dieser Grauzonen hätte ich also lieber einen Verfassungsschutzpräsidenten, der beteuert, alles zu unternehmen, nirgends Folter zu unterstützen, statt einen, der sich nach allen Seiten abzusichern versucht und es schulterzuckend im Zweifelsfall hinnimmt, wenn seine Behörde Foltern für Informationszuträger attraktiv macht.
  • Die dicksten Probleme mit dem Personal hat jedoch zur Zeit eine Organisation, deren Einsatz für den Weltfrieden ansonsten hoch gelobt wird: Die UNO. Für manche entpuppen sich deren Mitarbeiter zur Zeit als wahrlich höllische Helfer: Sexueller Missbrauch Minderjähriger durch UN-Helfer in Flüchtlingslagern (Welt.de).
Was kann man aus diesem betrüblichen Wochenrückblick lernen? Vielleicht, dass Behörden nicht immer nur "gut" handeln, sondern auch Fehler machen? Schwerwiegende Fehler? Blauäugigkeit ist uncool. Der Krimi-Fan wusste das schon immer.

Beileid für chinesische Studenten: Yahoo könnte Facebook kaufen

Süddeutsche.de berichtet in einem Artikel mit der vielsagenden Überschrift Das Grauen vor der Bloßstellung, dass Yahoo anscheinend plant Facebook zu kaufen.

Facebook ist die internationale Variante, das Original, der Vorgänger also vom zur Zeit vieldiskutierten, umstrittenen, deutschen Studentenportal StudiVZ. Bei beiden Plattformen können Studenten Profile anlegen mit umfangreichen Informationen über sich und gegenseitig Kontakt aufnehmen.

Mein Mitleid schon einmal mit den chinesischen Studenten, die vielleicht in letzter Zeit Nutzer bei Facebook geworden sind. Yahoo ist bekanntlich ein besonderer Freund der chinesischen Regierung. Yahoo rückt bekanntlich auch schon einmal freiwillig ohne Zwang Nutzerdaten an die chinesischen Behörden raus, damit Dissidenten anschließend für viele Jahre in chinesischen Gefängnissen verschwinden (Heise.de: Reporter ohne Grenzen: Yahoo beugt sich in China kompromisslos).

Vermutlicher Preis für Facebook: Eine Milliarde Dollar.

Soviel sind also die Daten wert, die die Nutzer frei zugänglich bei Facebook über sich hinterlegen. Der Wert der Daten, die deutsche Studenten über sich bei StudiVZ hinterlegen, dürfte in ähnlicher Größenordnung liegen. Aber viele Nutzer von StudiVZ scheinen zu glauben, StudiVZ würde selbstlos von Studenten in ihrer Freizeit betrieben werden. Aber es soll ja auch heute noch Menschen geben, die behaupten, die Welt sei eine Scheibe. Insofern wundert einen gar nichts.

Im Zusammenspiel mit Yahoos weiteren Service-Angeboten (Flickr, Del.icio.us, Yahoo-Suchdienste und so weiter) könnte Yahoo damit Google als Datenkrakengigant überholen.

Der oben verlinkte Artikel bei Süddeutsche.de schildert außerdem, dass unter anderem auch Personalchefs die Daten aus diesen Online-Kontaktbörsen nutzen. Weniger, um die positiven Seiten von Bewerbern herauszufinden, sondern wohl eher, um dem geschönten Lebenslauf reale Daten aus dem Lebensumfeld der Bewerber entgegenzustellen. Denn wer solche Plattformen wie Facebook und StudiVZ intensiv nutzt, verrät dort viel über seine reale Person. Dass das meist im Vergleich zu den Bewerbungsunterlagen ein weniger gutes Bild vom Bewerber zeichnet, stellt Don Alphonso in einem hervorragenden Weblog-Eintrag bei Blogbar.de klar: Deine absolut vollkommen harmlosen Daten bei StudiVZ.

Man muss aber gar nicht Nutzer von Facebook oder StudiVZ sein (obwohl das die Sache für interessierte Personalchefs erheblich erleichtert), um für Datensammler ein umfangreiches Online-Profil ungewollt zur Verfügung zu stellen. Oft reicht Google schon aus, um so einiges über eine Person in Erfahrung zu bringen. Ganz zu schweigen von weiteren Datenbanken von Behörden, auf die zumindest in den USA bereits heute gerne und oft via Einkauf bei sogenannten Data Brokern zugegriffen wird. Mehr dazu zum Beispiel in meinem älteren Weblog-Eintrag Gefangen im Netz: Keine Karriere bei schiefer Googlability.

Technorati-Tags: , , ,

Meinungsfreiheit ist kein deutsches Thema

Marcel Bartels vom Weblog "Mein Parteibuch" macht erneut darauf aufmerksam, dass sich in Deutschland in einem Punkt eine ähnlich einschüchternde Vorgehensweise gegen Blogger abzeichnet wie beispielsweise in China: China will anonymes Bloggen verbieten lautet sein Weblog-Eintrag. Der Satz muss ergänzt werden mit: ... und Deutschland auch.

Deutschland will also wie China anonymes Bloggen verbieten.

Da dies jedoch so unglaublich ist, glaubt es niemand. Ähnlich wie in der Geschichte, die Janosch einmal nachzeichnete, wo ein Frosch alle anderen Frösche auf der Wiese einlädt, zuzugucken, wie er auf einen Grashalm steigt, abspringt und dann anfängt zu fliegen. Alle Frösche kamen, schauten zu, wie der Frosch den Grashalm hochstieg, absprang und dann tatsächlich anfing zu fliegen. Wie reagierten die Frösche? Sie rieben sich ungläubig die Augen, schüttelten den Kopf und gingen wortlos auseinander. Alle hatten es gesehen, aber niemand glaubte es.

Man könnte an dieser Stelle also sagen: Es hat eh keinen Zweck. Den Deutschen ist die Bewahrung der Meinungsfreiheit nur in Übersee wichtig. Im eigenen Land bedürfe es keines besonderen Schutzes der Meinungsfreiheit, denn hier ist ja eh alles super in Ordnung. Jeder darf fast alles sagen. Er darf halt nur niemanden beleidigen oder unwahre Behauptungen aufstellen. Alles prima. Und wer im Internet mit Beleidigungen oder unwahren Behauptungen um sich schmeißt, den kann man auch rankriegen, selbst wenn er unter Pseudonym auftritt. Alles kein Problem also.

Die Bundesregierung sah jedoch Handlungsbedarf. Meinungsfreiheit in Weblogs würde ihrer Meinung nach zu stark missbraucht. Damit müsse Schluss sein.

So soll nun auch wie in China in Deutschland Pflicht werden, dass Blogger bei dem, was sie ins Internet schreiben, bald gesetzlich vorgeschrieben immer ihre vollständigen Adressdaten samt Telefonnummer angeben müssen. Mehr zu diesem neuen Telemediengesetz zum Beispiel bei Telepolis.de: Journalistisch anmutende Nachrichtenblogs. Es könnte ja sein, dass die Blogger großen Mist schreiben. Und wenn man seine Adressdaten kennt, dann kann man sich leichter bei ihnen beschweren.

Moment, es gibt doch einen Unterschied zwischen Deutschland und China in dem Punkt: In China müssen Blogger nur eine Identifikationsnummer in ihrem Weblog veröffentlichen, nicht also die Adressdaten selbst. Die Adressdaten zur Identifikationsnummer kennt dank der Identifikationsnummer so nur die Regierung. Der chinesische Blogger wird so auch in Zukunft zumindest vor Stalkern, Verrückten, wildgewordenen Abmahnanwälten und Spammern geschützt. Vorbildlich so etwas. In Deutschland jedoch will die Bundesregierung Bloggern diesen Schutz nicht zugestehen.

Die chinesische Regierung hat Böses vor mit den Adressdaten, keine Frage. Und ein Verstoß gegen das Registrierungsgebot wird sicherlich härter bestraft als das Weglassen eines Impressums in Deutschland. Dementsprechend auch der internationale, protestierende Aufschrei gegen das Verbot von anonymisierten Äußerungen im Internet: Call to Bloggers (Amnesty International), Bericht von Spiegel.de über den AI-Aufruf: Gegen die Zensur des Internet. Spiegel.de lässt jedoch die eine Hälfte des Protestaufrufs von Amnesty International weg: Dass AI auch gegen die zunehmende Erfassung privater Daten durch Regierungen protestiert. Man ist auf diesem Auge halt in Bezug auf dieses Thema mehr oder weniger immer noch medial blind in Deutschland. Dafür wird in diesem Artikel zumindest am Rande erwähnt, dass Blogger sich in China nun mit ihren Adressdaten registrieren lassen müssen: Amnesty will Blogger befreien. Bericht der BBC: China may make bloggers give ID und ein allgemeiner Aufruf der Electronic Frontier Foundation, dass es das Recht von Bloggern sei, anonym zu schreiben: Fighing for Bloggers Rights (EFF.org).

Aber in Deutschland? Ist es hier völlig unvorstellbar, dass irgendjemand etwas Böses vorhaben könnte mit den Adressdaten der Blogger? Die deutsche Regierung (derzeit) nicht, okay. Aber wie sieht es aus mit dem Jugendschutz? Gelten Weblogs von Jugendlichen und Kindern automatisch als rein privat und müssen somit keine vollständigen Adressdaten veröffentlichen? Wie sieht es also aus mit Stalkern, Verrückten, wildgewordenen Abmahnanwälten, Spammern, Profil- und Identitätssammlern und so weiter? Sind sie keine Gefahr? (Mehr dazu auch in einem älteren Weblog-Eintrag: Online ohne Airbag). Und wenn doch: Verdient der deutsche Blogger keinen Schutz vor diesen Gefahren? Warum muss der deutsche Blogger das Recht auf Meinungsfreiheit nun mit dem Akzeptieren dieser Gefahren erkaufen? Viele Blogger werden diese Gefahren nicht erdulden wollen und aufhören zu bloggen. Genauso wie in China viele Blogger aufhören werden zu bloggen, weil sie die Gefahren, die von ihren Adressdaten in der Hand der Regierung ausgehen, nicht tragen möchten.

Wem nutzen die neuen Verbote anonymer Internetveröffentlichungen? In China der Regierung. In Deutschland den Medien samt ihrer Meinungs- Deutungs- und Themenhoheit im öffentlichen Diskurs. Oder haben Sie über die möglichen Gefahren der allgemeinen Impressumpflicht außer im oben verlinkten Telepolis-Artikel schon irgendwas bei Zeit, Süddeutsche, Spiegel, FAZ, Frankfurter Rundschau, Welt und so weiter gelesen oder gar im Fernsehen dazu etwas gehört? Weitere Begünstigte dieser Impressumpflicht sind natürlich zum Beispiel Firmen, die so schneller gegen unangenehme Kritiker mittels hanebüchener Abmahnungen einschüchternd vorgehen können. Und natürlich wie erwähnt mögliche Stalker und Verrückte.

Um diese Gefahren für die Meinungsfreiheit zu erkennen, die von einer allgemeinen Impressumspflicht für Weblogs ausgeht, braucht es aber eine aufgeklärte Öffentlichkeit, die das Recht auf Meinungsfreiheit als schützenswert ansieht. Solch eine breite Öffentlichkeit gibt es in Deutschland nicht. Den Medien mit ihrem elitären Gehabe sei "Dank". Die allgemeine Meinungsfreiheit gilt hier weiterhin eher als überflüssig, vielleicht sogar als nervig. Deutlich wird dies z.B. in den oft zu lesenden Kommentaren in Foren oder auch im Offline-Alltag, wenn wieder einmal der Satz "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten" fällt. Dahinter und hinter der Meinung, dass jemand, der etwas zu sagen hat und ernst genommen werden will, sich mit seinen Adressdaten identifizieren soll, steht nichts weiter als die seit Jahrhunderten besonders in Deutschland verankerte Hörigkeit gegenüber Autorität und Obrigkeit. Nicht das, was jemand inhaltlich sagt, zählt, sondern die Person, die etwas sagt. Blogger werden somit in Deutschland weiterhin eine kleine Minderheit bleiben, nun auch dank der neuen, allgemeinen Impressumspflicht. Solch eine Minderheit wird auch in Zukunft leichter als Spinner und Wichtigtuer denunziert und abgetan werden können. So zum Beispiel wie dies gerade im harmlosen StudiVZ-Fall wieder passiert ist, bei dem die Kritiker mit ihren Weblogs kurzerhand als Neider abgetan werden können (FixMBR.de: Studenten über das Leben und die Blogger). Als spinnerte Randgruppe also. Diese "Argumentationsweise" muss noch verfangen, sonst würde sie nicht so häufig anzutreffen sein.

Es ist klar, dass die Beschneidung der Meinungsfreiheit in Form der allgemeinen Impressumspflicht allen schadet, nicht nur den Bloggern. Aber ich bin mir sicher, dass dies zu spät wahrgenommen wird in Deutschland. Die allgemeine Meinungsfreiheit ist eben kein deutsches Thema.

Technorati-Tags: ,