Samstag, 8. Dezember 2007

Polizeichefs attackieren jetzt auch mit neuen Überwachungsforderungen das Grundgesetz

Eigentlich hatte ich vor, auch noch einen Artikel zu schreiben über die unmöglichen Antworten, die die Bundesregierung auf eine kleine, parlamentarische Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion zur sogenannten "Quellen-Telekommunikationsüberwachung" gegeben hatte. Ich wollte mich aufregen darüber, dass die Bundesregierung es für völlig okay hält, wenn Polizeibeamte zum Zwecke der Überwachung von verschlüsselten Voice-over-IP-Telefongesprächen einfach heimlich in die Wohnung von Verdächtigen eindringen und dass dieses Eindringen angeblich mit der vom Gesetz garantierten "Unverletztlichkeit der Wohnung" nichts zu tun habe. So als ob die Beamten sich von der Wohnungstür direkt zum Computer teleportieren könnten, wie Kai Raven so trefflich schreibt, und nicht nach links und rechts schauen würden in der Wohnung und nur schnell die Schnüffelsoftware auf dem Computer installieren würden und das war's.

Dieses Spiel mit Interpretationen darüber, was die Unverletzlichkeit der Wohnung ist, ist zutiefst unwürdig für eine Regierung, die angeblich die Freiheitsrechte seiner Bürger schützen will. Entweder Sex oder kein Sex, entweder man betritt die Wohnung heimlich und verletzt dabei die Grenzen und Rechte des Wohnungsinhabers, oder man bleibt draußen. Wenn das kein Beispiel für das von George Orwell beschriebene "Zwiedenken" ist, dann weiß ich auch nicht. Verrückter als dieses Verdrehen einfacher Wahrheiten durch die Bundesregierung ist höchstens noch das - wie immer - lärmende Schweigen und stumme Echo, das derartige Äußerungen der Bundesregierung in den deutschen Medien hervorruft. Da muss der aufmerksame Beobachter doch zu dem Schluss kommen, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht.

Aber bevor man sich noch über die eine Sache richtig aufregen kann, folgt schon der nächste Klopper. Dieses Mal ausnahmsweise nicht von Schäuble und Merkel, sondern von den höchsten Polizeichefs Deutschlands.

So sollen die Chefs der deutschen Landeskriminalämter und natürlich Jörg Ziercke, Chef des Bundeskriminalamtes, nun auch den sogenannten "Großen Spähangriff" auf Wohnungen, sprich heimliche Videokameras in Wohnungen, gefordert haben, sowie auch die präventive Telefonüberwachung von Leuten, die noch überhaupt gar keiner Tat verdächtigt werden. Außerdem soll ihrer Meinung nach die Überwachung von Internetcafés intensiviert werden und der Einsatz von W-Lan-Catchern bundesweit möglich werden.

Spiegel.de berichtet über einen Bericht, der ab Montag in der Tote-Holz-Ausgabe vom Spiegel zu lesen sein wird.

Die Polizeichefs verlassen mit ihren Vorschlägen natürlich ganz klar den Boden des Grundgesetzes. Um das festzustellen, reicht es schon, die Urteilsbegründungen des Bundesverfassungsgericht zum "Großen Lauschangriff" zu kennen. Liest man die, wird auch deutlich, dass auch eine Änderung oder Erweiterung des Grundgesetzes kaum dazu führen kann, einen "Großen Spähangriff" zu realisieren, denn in jedem Fall wäre bei einem Großen Spähangriff noch mehr als beim Großen Lauschangriff die Würde des Menschen bedroht. Die ist jedoch als oberstes zu schützendes Gut im Artikel 1 des Grundgesetzes unabänderlich festgezurrt.

Natürlich könnte man das Grundgesetz als Ganzes abschaffen. Und genau darauf zielen meiner Meinung nach letztlich die diversen Vorstöße von bestimmten Ministern der Bundes- und Länderregierungen und von bestimmten Behördenchefs ab. Michael Stolleis hat es in einem Artikel bei Online-Merkur.de trefflich beschrieben, wie die neue Doktrin von einem angeblichen "Grundrecht auf Sicherheit" darauf abzielt den freiheitlichen Rechtsstaat letztlich abzuschaffen. Wir leben also in immer gefährlicher werdenden Zeiten. Und zwar nicht wegen irgendeines Terrorismus von Außen, sondern wegen eines Terrorismus von Innen, aus dem "Apparat" heraus. Hier wird mit dem Feuer gespielt. Und das Feuer haben nicht die Bürger, die für Freiheitsrechte und Rechtsstaat und Datenschutz einstehen, angezündet.

Geschichte wiederholt sich also. Wie bei der Weimarer Republik wird der Staat als zu schwach dargestellt und als hilflos dargestellt von den Feinden der Demokratie - einhergehend mit der Forderung, Rechtsstaat und Demokratie abzuschaffen, um angebliche Sicherheit herzustellen.

Das ganz praktische Problem bei den nun von den Polizeichefs geforderten Überwachungsbefugnissen lautet: Jeder normale Bürger kann sehr schnell durch dumme Zufälle oder übertriebenes Vorgehen der Behörden in ein Netz von Verdächtigungen geraten und müsste dann nach den Plänen dieser "ehrenwerten" Herren einen umfassenden Angriff auf seine persönliche Integrität, sein Selbstbild, seine Würde, sprich auf das, was ihn als Menschen ausmacht, hinnehmen. Man könnte auch von einer Folter durch Überwachung sprechen, deren traumatische Wirkung dann voll zur Entfaltung käme, wenn der Verdächtige erfährt, dass der Staat wochenlang oder gar monatelang in jede seiner Poren geblickt hat.

Worin bestünde noch der Unterschied zwischen einem Leben in einer voll überwachten Wohnung und dem Leben in einer Gefängniszelle? Ach, richtig: in der Gefängniszelle hat man mehr Privatsphäre und mehr Rechte. Man weiß da nämlich zumindest um seine Situation und kann anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen und sich aktiv gegen seine Situation wehren. Wohl dem, der also schnell eingesperrt wird und wehe dem, gegen den nur schwache Verdächtigungen vorliegen und der deshalb über Monate heimlich intensiv überwacht wird, um so handfestere Beweise gegen ihn zu sammeln.

Weil nach der Einführung derartiger Überwachungsmethoden die tatsächliche Schwellenhöhe für den Einsatz der Methoden anschließend erheblichen Schwankungen unterliegt (man beachte nur den exorbitanten Anstieg der Telefonüberwachungen in Deutschland in den letzten zehn Jahren), wird alleine die Existenz der Möglichkeit, dass der Staat Bürgern jeglichen Rückzugsraum, jegliche Privatsphäre entziehen kann, schweren Schaden im Verhältnis normaler Bürger zu ihrem Staat anrichten.

Denn Privatsphäre ist kein Luxus, sondern sie ist eine wesentliche Bedingung für ein selbstbestimmtes Leben. Sie ist eine wesentliche Bedingung dafür, dass ich mich als autonomes Wesen erlebe. Sie ist die Bedingung, dass ich mir selbst gegenüber und anderen Menschen gegenüber ein bestimmtes Bild meiner Person aufbauen kann. Ein Mensch, der beständig in der Öffentlichkeit steht oder sich beständig überwacht wähnt (er braucht noch nicht einmal tatsächlich überwacht zu werden!), entwickelt langfristig ganz unzweifelhaft psychische Störungen, weil er keine Kontrolle mehr hat über einen wichtigen Teil seines Lebens, oder weil er meint, darüber keine Kontrolle mehr zu haben. Psychologen wissen, dass die eigene Identität von jedem Menschen aktiv hergestellt wird. Identität ist nicht einfach da, sie wird konstruiert. Eine selbstbestimmte Identität kann nur aufgebaut werden, wenn man auch die Macht über die Grenzen seiner Privatsphäre hat. Das erlebt spätestens jeder Mensch als heranwachsender Jugendlicher und das erzeugt unter anderem die bekannten Spannungen zwischen Kindern und Eltern. Wenn Teenager also anfangen, ihre Privatsphäre und ihre Identität unabhängig von den Eltern zu bestimmen. Privatsphäre macht das Erwachsensein, sprich das selbstbestimmte Leben aus und damit einen Großteil der Würde jedes Menschen.

Wer derartige Vorschläge macht wie unsere Polizeichefs, den fordere ich schlicht auf wegen seiner Ignoranz gegenüber der Wichtigkeit der Privatsphäre fürs Menschsein doch einfach einmal umzuziehen in den Zoo und sich wie die Affen in eine Unterkunft mit einer großen Glaswand an einer Wandseite einquartieren zu lassen, durch die dann alle Zoobesucher einen beim Wohnen und Leben zugucken können. Vielleicht wird ihm dann die Bedeutung der Privatsphäre als Fundament einer freiheitlichen Gesellschaft deutlicher.

Was für ein furchtbares Land, in dem Polizeichefs, vermutlich ohne Konsequenzen fürchten zu müssen, derartige Vorschläge machen!

Das wirklich Schlimme ist aus meiner Sicht, dass diese Vorschläge überhaupt gemacht wurden. So als ob die Polizeichfes nicht wüssten, dass ihre Vorschläge niemals am Bundesverfassungsgericht vorbei kämen. Diese Vorschläge sind also die pure Provokation. Ich befürchte, dass genau diese Provokation gewollt ist. Dass es also gar nicht wirklich um die Realisierung der vorgeschlagenen neuen Polizeibefugnisse geht (weil utopisch vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Großen Lauschangriff), sondern dass die Provokation selbst das eigentliche Ziel ist.

Vielleicht wollen die Polizeichefs bewusst das Vertrauen der Bürger in die Polizei unterminieren. Ich befürchte, dass hier eine ganz bewusste Strategie der Destabilisierung des Staates verfolgt wird - vielleicht mit Rückendeckung einiger Unions-Minister.

Der Bürger wird sich wegen dieser haltlosen Forderungen nach immer mehr Überwachung und immer weitergehenden Polizeibefugnissen nicht sicherer fühlen. Im Gegenteil. Meine Eltern beispielsweise wollen das gar nicht hören, wenn ich ihnen mal wieder eines dieser Beispiele erzähle, bei denen die Polizei über die Stränge schlug. So wie neulich in Bayern, als ein Sondereinsatzkommando das Haus einer Familie stürmte, weil die Polizei aufgrund vager Gerüchte gehört hatte, dass der Familienvater eventuell für einen Farbklecks am Geburtshaus des Papstes verantwortlich sein könnte. Es schaudert meine Eltern. Man merkt ihnen ihre Angst an.

Das Spiel geht also wie folgt: Die Bürger fühlen sich durch die Reden und Taten unserer Sicherheitsbehörden und "Sicherheits"-Politiker verunsichert. Diese Verunsicherung wird dann sogleich jedoch paradoxerweise wieder zum Kraftstoff für die Unterstützung noch weitergehender Befugnisse für die Sicherheitsbehörden. Ein sich selbst verstärkender Kreis, an dessem Ende die weitgehende Abschaffung bürgerlicher Freiheitsrechte steht. Hier zeigt sich ein Mechanismus, durch den sich eine Demokratie mit tatwilliger Unterstützung großer Bevölkerungsmehrheiten selbst abschafft.

Die verrückten Vorschläge der Polizeichefs sollten also spätestens jetzt all diejenigen aufrütteln, die bislang immer noch dachten, dass das Tamtam um Bundestrojaner und Vorratsdatenspeicherung und um Schäubles Vorschläge und Aussagen zur präventiven Tötung von Verdächtigen oder zur angeblichen Unausweichlichkeit von Guantanamo und all die anderen Vorschläge nur ein parteipolitisches Profilierungsspielchen war.

Es geht also bei der Frage um mehr Befugnisse für Polizei und Geheimdienste um nichts weniger als die Zukunft der Demokratie in Deutschland.

Nachtrag: (Via Antiterror.Blog.de) Das Bundeskriminalamt fordert jetzt wohl auch noch zusätzlich zum oben dargestellten Maßnahmenkatalog die heimliche Wohnungsdurchsuchung, wie Taz.de berichtet:

Stellen Sie sich vor, Sie kommen nach Hause. Der Sessel scheint aber nicht genau da zu stehen, wo er immer steht. Und die Zahnbürste liegt links vom Zahnputzbecher statt wie üblich rechts. War da etwa jemand in der Wohnung? Bisher konnte man ausschließen, dass die Polizei heimlich die Wohnung durchsucht hat [...]. Die Argumente für die heimliche Durchsuchung sind die gleichen wie für die geplante heimliche Ausspähung von Computer-Festplatten. Man würde gerne sofort wissen, was in der Wohnung zu finden ist, ohne aber den Verdächtigen und seine möglichen Hintermänner bereits zu warnen. Und wenn die Polizei sogar bald via Spionagesoftware auf Computer in der Wohnung zugreifen kann, warum sollte sie dann nicht erst recht mit einem Dietrich in die Räume eindringen und mal in den Schreibtisch und unters Bett schauen dürfen. Schließlich ist so ein Einbruch technisch ja viel einfacher. (Quelle: Taz.de)


Diese letzte Forderung komplettiert das Bild, das schon durch die weiter oben erwähnten Vorschläge sichtbar wurde. Die unrechtsstaatliche, undemokratische Einstellung der deutschen Polizeichefs kann kaum mehr überdeckt werden. Eigentlich wäre die sofortige Entlassung bis spätestens Montag Mittag fällig - aber die Vorschläge folgen ja der inhaltlichen Linie bestimmter einflussreicher Politiker in Deutschland. Ich kann mir jedoch keinen Bürger mit Restverstand vorstellen, der derartige Polizeibefugnisse begrüßen würde.

Die Vorschläge der Polizeichefs stellen eine gefährliche Eskalationsstufe dar. Man kann nur hoffen, dass sich dadurch bestimmte Hitzköpfe nicht provozieren lassen. Denn genau solch eine Wirkungsweise dieser polizeilichen Provokationen könnte manchem politischen Hasardeur nicht unwillkommen sein. Der Rest der vernunftbegabten Politiker sollte aufpassen, dass ihnen die Situation nicht entgleitet, falls Teile der Politik sich die unverantwortlichen Vorschläge der Polizeichefs zu eigen machen sollten.

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Freitag, 7. Dezember 2007

Licht-Aktionismus: Auf jeden Fall voll die Klimaretter überall

(Via Telepolis.de) Aktionismus hier, Aktionismus da. Aber weil ich am Samstag nicht in einer kalten Wohnung sitzen möchte (wenn das Stromnetz wegen der "Terror"-Aktion "Licht aus" möglicherweise "tschüss" sagt), finde ich schon deshalb die Aktion "Licht an" circa eintausendmal besser als die Aktion "Licht aus". "Licht an" schreibt:

Nutzen Sie die fünf Minuten, in denen das Licht ausgeschaltet ist, um alte Stromfress­birnen heraus- und klimaschonende Energiespar- lampen hineinzuschrauben. Das erspart der Atmosphäre bei zehn ersetzten 100-Watt-Birnen jedes Jahr 335 kg co2. Und senkt nebenbei Ihre Stromrechnung um 50 - 100 Euro. (Quelle: Wir-Klimaretter.de)


Man hätte vielleicht noch erwähnen können, dass es sinnvoll ist, neben Energiepaarschlampen Energiesparlampen sich auch um andere technische Geräte zu kümmern: Wäschetrockner, alte, energiefressende Fernseher, Röhrencomputermonitore, alte Kühlschränke und alte Waschmaschinen. Ich empfehle jedoch beim Austausch dieser Geräte das Licht angeschaltet zu lassen. Ein Aufenthalt auf der Intensivstation vermiest die persönliche CO2-Bilanz nämlich auch erheblich. Weiterhin sollte man natürlich das allgegenwärtige Standby mittels Mehrfachsteckleisten mit Ausschaltknopf bekämpfen und vor allemst für kleine Wege aufs Auto verzichten. Eine moderne Heizung und Wärmedämmung wären auch nicht schlecht. Aber wem sage ich das? Weiß doch inzwischen jeder.

Und natürlich sollte man - weil man als Privatverbraucher nicht für alles verantwortlich ist - politischen Druck ausüben. Wohin aber mit dem Druck genau? Zur Mitte Deutschlands natürlich, also beispielsweise nach Niederdorla in Thüringen. Denn dort residiert ja jetzt dauerhaft unsere Kanzlerin, wie sie auf dem CDU-Parteitag bekanntgegeben hat.

Und wenn dann am Samstag nüschte passiert mit dem Stromnetz, gibt es eine schöne Ausrede, warum nichts passiert ist: Weil bei "Licht an" mehr mitgemacht haben als bei "Licht aus". Klimaretter sind wir also in jedem Fall. Super.

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Donnerstag, 6. Dezember 2007

Aktion "Licht aus" bedroht Stromnetz - Totalstromausfall befürchtet

Macht nicht mit bei der bescheuerten "Licht-Aus"-Aktion von Greenpeace, BUND und World Wildlife Fund (WWF), unterstützt von der Bild-"Zeitung", dem Fernsehsender Pro7 und Google!

Bei dieser Aktion sollen alle Deutschen am kommenden Samstag zwischen 20 und 20.05 Uhr alle Lichter ausschalten. Auch bei vielen Sehenswürdigkeiten soll die Flutlichtbestrahlung in dieser Zeit ausgeschaltet werden. Als Symbol für... Weniger Licht? Mehr Infrarotnachtsichtgeräte? Mehr umweltschädliche Kerzenbeleuchtung (Kerzen haben eine schlechtere CO2-Bilanz als Stromsparlampen)? Längeres Schlafen? Keine Ahnung. Eine richtige Deppen-Aktion also. Sieht man schon daran, dass die Bild-"Zeitung" mitmacht. Ein untrügliches Zeichen. Eine Aktion "Verstand aus" also.

Die Aktion könnte - wenn mehr als 10 Millionen Haushalte mitmachen - zu einem Zusammenbruch des Stromnetzes in großen Teilen Europas führen, wie jetzt die Kraftwerksbetreiber und unabhängige Wissenschaftler warnen. Welt.de berichtet.

Als Gegenmaßnahme würde ich sogar empfehlen, zwischen 20 und 20.05 Uhr möglichst viele fiese Stromverbraucher anzuschalten. Mal sehen, irgendwo muss ich doch noch einen Radiator haben...

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Dienstag, 4. Dezember 2007

Leckere Fragen für Journalisten an Schäuble - miez, miez, miez!

Ein Plastikteller mit trockenem KatzenfutterDas Veröffentlichen von leckerem Essen in Weblogs ist total in Mode. Da muss ich natürlich mitmachen. Ich habe die dargestellte Speise jedoch nicht für mich selbst angerichtet, sondern möchte sie hiermit großzügigerweise an Bedürftige spenden.

Ich kritisiere ja sehr häufig die deutschen Medien hier in meinem kleinen Weblog. Und ich weiß: Das ist fies. So rumkritisieren kann jeder. Noch dazu als anonymer Schmierfink.

Aber ich bin doch gar nicht so. Eigentlich bin ich ein ganz netter Mensch, lässt mich zumindest meine Katze (jeder Blogger hat eine Katze, zumindest virtuell, Katze 2.0) morgens wissen, wenn sie um meine Beine streicht, um mich zu erpressen, ihr endlich was zum Futtern zu geben. Blödes Vieh.

Also, liebe Medien, liebe Journalisten, dann will ich euch auch mal ein bisschen Katzenfutter vor die Socken werfen. In Form von drei kleinen Fragen, die ihr bei nächster Gelegenheit an unseren Denkverbot-freien Bundesinnenminister, dessen Name ein Anagramm von "Belausche" ist, verfüttern dürft:

1.) Schäuble behauptet, dass es bei der geplanten Online-Durchsuchung (Bundestrojaner) nur um die Terrorabwehr geht und verneint vehement, dass es dabei auch um solch profane Dinge wie Steuerfahndung gehen könnte. Er betont dies mit dem Hinweis, wir würden in einem Rechtsstaat leben. Was sagt Herr Schäuble aber zu den von den Unions-Ländern mitgetragenen Empfehlungen der Bundesratsausschüsse, die Online-Durchsuchung auch für gewerbsmäßige Steuerhinterziehung einzusetzen? (Via Hanno's Blog)

2.) Was sagt Schäuble zu dem nun offenbar gewordenen Anspruch der USA, Menschen, die in den USA gesucht werden, auch an bestehenden Auslieferungsverträgen vorbei notfalls aus anderen Ländern heraus zu kidnappen, um sie so vor ein amerikanisches Gericht zu stellen? Findet er diese Praxis akzeptabel? Findet er sie nur für Terror-Verdächtige akzeptabel (Stichwort "Guantanamo", das er ja anscheinend gar nicht mal so schlecht findet), oder findet er diese Praxis auch für gewöhnliche Kriminelle akzeptabel, so wie die USA dies tun? Gefährdet dieses Vorgehen der USA nicht den Aufbau eines internationalen Sicherheitsraums von dem Schäuble träumt, wenn die Staaten innerhalb dieses Sicherheitsraums so unterschiedliche Auffassungen von einem Rechtsstaat haben? Oder ist es ihm egal, wenn deutsche Bürger durch die Teilnahme Deutschlands an solch einem internationalen Sicherheitsraum in ihren Grundrechten verletzt werden könnten?

3.) Was sagt Schäuble zu dem jüngsten Urteil des Kanadischen Bundesgerichtes, dass es Kanada entgegen eines Abkommens mit den USA fortan verboten sei, Menschen an die USA auszuliefern, weil die USA im Umgang mit Verdächtigen und Flüchtlingen nicht mehr die internationalen Menschenrechtsstandards einhalten (das kanadische Gericht warf den USA "Folter" vor und ausufernde Beobachtungslisten mit haltlosen Terrorverdächtigungen gegen unbescholtene Menschen)?

Ich weiß, Schäuble wird sich um die klare Beantwortung dieser Fragen drücken. Dann überlegt mal, liebe Journalisten, wie ihr ihn trotzdem dazu bringt, auf die Fragen einzugehen. Schließlich redet er immer von der Aufhebung des Unterschieds zwischen Innerer und Äußerer Sicherheit. Und in puncto "Äußere Sicherheit" wird man um das Thema USA wohl kaum herumkommen. Aber was rede ich, ihr seid doch die Journalisten! Und nun guten Appetit!

Copyright-Hinweis: Die Urheberrechte an obigem Foto besitzt "thomwatson". Das Foto unterliegt einer Creative-Commons-Lizenz.

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Kristallkugeljournalismus, lateinamerikanische Variante

Neben dem "Schweinejournalismus" gibt es auch noch eine andere Art des Journalismus. Der sieht dann beispielsweise so aus:

Chávez hätte mit seinen Reformplänen [...] fast diktatorische Befugnisse im Fall eines Ausnahmezustands erhalten, den er selber ohne große Hürden hätte ausrufen können und dies wohl auch so eingeplant hat. (Quelle: Zeit.de)


Fast diktatorisch. Immerhin. Und woher wohl der ZEIT-Autor von diesen Ausnahmezustandsplänen weiß? Vielleicht daher?

Mit der Einführung der unbegrenzten Wiederwahl des Präsidenten wäre es ihm zudem gelungen, seine Amtszeit - wie von ihm geplant - bis auf das Jahr 2050 auszudehnen. (Quelle: Zeit.de)


Sofern das Volk ihn wiedergewählt hätte. Aber das venezolanische Volk besitzt ja keinen eigenen Willen, wie das gescheiterte Referendum gerade gezeigt hat. Oder so.

Chávez räumte seine Niederlage zwar ein, beglückwünschte seinen Gegnern und will nach eigenem Bekunden das Ergebnis der Volksabstimmung auch akzeptieren. Doch es bleibt abzuwarten, was der Linkspopulist wirklich machen wird. (Quelle: Zeit.de)


Schröder räumte seine Niederage nicht ein (2005), Stoiber sah sich bereits als Sieger (2002) und es bliebe abzuwarten, was Merkel alles machen würde, wenn 2009 die CDU eine Zweidrittel-Mehrheit bekommen würde. Oder so.

Chávez hat sich noch niemals mit Niederlagen abfinden können. (Quelle: Zeit.de)


Musste er bislang auch nicht wegen mangelnder Niederlagen.

Es handle sich jedoch nur um eine "vorübergehende Niederlage", hebt El Comercio aus Peru hervor. [...] "Wir setzen unseren Kampf für den Sozialismus fort", zitieren alle Zeitungen des Landes das Staatsoberhaupt. "Der Sieg sei 'mikroskopisch' klein gewesen und man sei vielmehr von der niedrigen Wahlbeteiligung - 44 Prozent der wahlberechtigten haben keine Stimme abgegeben - besiegt worden als von den Reformgegnern", zitieren gleich mehrere venezolanische Tageszeitungen den Präsidenten. (Quelle: Zeit.de)


Das hört sich natürlich ganz gefährlich an. Ähnlich wie wenn sich nach jeder Wahl in Deutschland regelmäßig alle Parteien zum eigentlichen Sieger erklären.

Aber bitte schön... Misstrauen gegenüber Regierungen ist immer gut. Schade nur, dass davon bezogen auf unsere Regierungsfritzen hierzulande immer so wenig zu spüren ist in unseren Medien. Vermutlich stammen die Kristallkugeln unserer Journalisten nicht aus deutscher Produktion, sondern sind nur billige Import-Ware aus Ländern, in denen die Kristallkugelhersteller von Deutschland noch nie etwas gehört haben. Dumme Globalisierung.

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Montag, 3. Dezember 2007

Dummensteuer wird verdoppelt

Der Lotto-Jackpot wurde nicht geknackt. Manche sprechen jetzt glücklich davon, dass sie nun noch einmal eine Chance hätten, ihn zu gewinnen.

Andere sagen jedoch schlicht: die Dummensteuer wird verdoppelt.

Venezuela: Wie ein "Diktator" eine Wahl verliert

Ein vom Volk gewählter "Diktator" verliert eine von ihm selbst mit auf den Weg gebrachte Volksabstimmung, die ihm angeblich laut mancher Medienberichte die ewige, absolute und uneingeschränkte Herrschaft erbracht hätte (auch wenn das so nicht in der zur Abstimmung stehenden Verfassung stand). Und nun gratuliert dieser fiese Diktator der Opposition brav zu ihrem Sieg.

Die Diktatoren von heute sind aber auch nicht mehr das, was sie mal waren.

Aber aus Rache wird Chávez ja jetzt wohl bestimmt dem Westen den Ölhahn abdrehen, wie unsere "Qualitätsmedien" gestern berichteten.

Vielleicht ist diese Wahlniederlage mindestens aus zweierlei Gründen gut für Venezuela: Das Ausland muss erkennen, dass in Venezuela mitnichten ein Diktator an der Macht ist und auch die innervenezolanische Opposition könnte dies zum Anlass nehmen, ihre destabilisierenden Kampagnen ein paar Stufen runter zu schalten. Aber ich habe wenig Hoffnung, dass das passiert.

Noch weniger Hoffnung habe ich allerdings, dass unsere Medien etwas lernen aus dieser Geschichte und vielleicht ab jetzt vorsichtiger berichten - nicht nur über das, was in Venezuela geschieht, sondern allgemein. Die aufmerksamen Leser und Zuschauer jedoch haben in den letzten Tagen sehr viel über unsere Medien gelernt und darüber, wie falsch und manipulativ sie berichten können. Nachträgliche Korrekturen oder gar Entschuldigungen sind von unseren Medien bekanntlich auch nicht zu erwarten.

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Zitat des Tages

Das Zitat des Tages präsentieren wir heute mit freundlicher Unterstützung durch das "Kopfhoch-Studio":

In einem Land, in dem Kinder und Jugendliche stramm stehend die Nationalhymne brüllen, ist was faul. Oberfaul. (Quelle: Kopfhoch-Studio.de)


Die Eremiten-Höhle als letzter Hort des politischen Dissenses

Eremiten-Haus in der Bergwand des Gorge de Galamus in SüdfrankreichIn letzter Zeit liest man ja häufiger in manchen Medien abschätzige Bemerkungen über Blogger, gerade auch über politische Blogger. Der Vorwurf geht ungefähr so: Diese Blogger seien alle pseudo-politische und bequeme Sesselfurzer, weil sie sich nur im Netz politisch betätigen und ansonsten kaum auf Demos gehen und keiner politischen Gruppierung oder irgendwelchen Vereinen angehören.

Dazu kann ich nur sagen: Fallt darauf nicht herein, liebe Mitblogger und Blogleser! Das ist eine Falle. Wir sollen gelockt werden ins Verderben! Wir sollen herausgelockt werden aus unseren Blogger-Höhlen, damit man unser habhaft wird. Ganz klare Sache das.

Die politische Zukunft gehört in Deutschland nämlich den Eremiten. Sie werden die letzte Zuflucht, der letzte Hort politischen Dissenses sein, wenn alle Demoteilnehmer längst gefilmt und ihre Personaldaten in diversen Polizeidatenbanken zum Futter von heimlichen Ermittlungsverfahren wurden. Sie werden die Inseln des Widerspruchs sein, wenn alle Mitglieder von Bürgerinitiativen oder sonstigen kritischen Vereinen längst unter Anklage stehen wegen Bildung von kriminellen Vereinigungen und ihr Vermögen beschlagnahmt wird und die Angehörigen rund um die Uhr überwacht werden.

Ich kann nur dazu raten: Schreibt Weblogs aber haltet ansonsten eure Klappe! Keine Kontakte per E-mail, per Chat, per Brief, per Telefon und erst recht nicht in Form von realen Treffen in der physischen Welt zu anderen Leuten als euren engsten Freunden und Verwandten und Arbeitskollegen! Eure Weblog-Artikel reden ja in unpersönlicher Weise zur ganzen Welt und haben keinen bestimmten Adressaten. Macht anonymes Kommentieren in euren Weblogs möglich, dann bleibt euer Weblog eine unverbindliche Plattform, auf der sich nichts bilden kann. Keine irgendwie gearteten Mitgliedschaften jedenfalls.

Kommuniziert mit der Welt jenseits eurer drei, vier engsten Freunde und jenseits eures engsten Familienkreises und jenseits eurer Arbeitskollegen nur mit öffentlichen Blogpostings. Keine Heimlichkeiten, keine weiteren Kontakte mit irgendwem. Auch freundliches Zunicken Fremden auf der Straße gegenüber oder gegenüber der Kassiererin im Supermarkt sind zu unterlassen.

Alles andere könnte - wie bei jedem normalen Bürger, wie bei jedem Nicht-Eremiten - gegen euch verwendet werden. Jeder andere Kontakt könnte dem Staat verdächtig sein. Und ihr selbst könnt ja auch nicht wissen, ob die oberflächliche, lockere Bekanntschaft neulich in der Kneipe nicht irgendwo in irgendwelche kriminelle Aktivitäten verwickelt ist. Und schon wäret auch ihr dran und verdächtig der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung.

Spinnt der jetzt total, der Solon?

Nicht ich spinne, sondern das deutsche Gesetz spinnt. Aber lest selbst (Hervorhebungen von mir):

Im Wesen organisierter Kriminalität liegt es, dass ihren Akteuren konkrete Tatbeiträge zu den tatsächlich verübten Verbrechen oft faktisch nicht nachgewiesen werden können. [...] in Deutschland löste man das Problem dadurch, dass man 1871 mit Schaffung des Strafgesetzbuches in § 129 die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung unter Strafe stellte.

Bald darauf wurde der Straftatbestand jedoch auch eingesetzt, um Sozialisten und Sozialdemokraten zu verfolgen. Im Nationalsozialismus erreichte der Missbrauch der Vorschrift zur Bekämpfung Oppositioneller ihren Höhepunkt. Praktisch jeder Andersdenkende, der sich mit anderen zusammen tat, wurde mit der Begründung, er plane die Bildung einer kriminellen Vereinigung, kriminalisiert.

Der Straftatbestand wurde im Laufe seiner Geschichte mehrfach erweitert. Ursprünglich stand nur die Bildung einer kriminellen Vereinigung unter Strafe, später wurden noch die Unterstützung und 1964 die Werbung neuer Mitglieder oder Unterstützer für eine kriminelle Vereinigung unter Strafe gestellt.

Betroffenen von Ermittlungsverfahren und Verurteilungen waren in den ersten Jahren der Bundesrepublik vor allem Gegner der Wiederaufrüstung und Kommunisten. In der Zeit von 1950 bis 1968 gab es über 100.000 Ermittlungsverfahren und etwa 10.000 Verurteilungen wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung. [...]

In etwa fünf Prozent aller Ermittlungen wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung wird Anklage erhoben, etwa ein Prozent führt zur Verurteilung. Aus diesem Grund wird der § 129 StGB auch als "Schnüffelparagraph" bezeichnet, da die allermeisten Verfahren ohne Rechtfertigung eine staatliche Überwachung im Milieu der fast beliebig auswählbaren Betroffenen legalisieren, ohne dass diese sich (schon Mangels Kenntnis des Verfahrens) dagegen wehren können. Ein geringfügiger Anfangsverdacht ist ausreichend, um weitreichende Ermittlungsbefugnisse zu erhalten. Häufig führen die Ermittlungen zu so genannten "Zufallsfunden". [...]

Nahezu jede Tätigkeit, die eine kriminelle Vereinigung in irgendeiner Weise unterstützt, ist unter Strafe gestellt. Dabei musste die Vereinigung weder existieren noch jemals aktiv geworden sein. Auch was als kriminell, beziehungsweise terroristisch im Sinne der §§ 129, 129 a StGB angesehen wird, ist nicht klar definiert und hängt, wie die Geschichte zeigt, häufig von den politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ab. [...]

Häufig wird der Verdacht einer Kriminellen Vereinigung dazu benutzt, umfangreiche Ermittlungen einzuleiten. Ergebnis dieser Ermittlungen sind häufig aber nur Anklagen wegen "normaler" Delikte durch die bei den Ermittlungen gewonnenen Zufallsfunde. [...]

Auch das politische Ungleichgewicht bei den Ermittlungen wird immer wieder kritisiert. Hierzu stellte die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen 1996 eine Kleine Anfrage im Bundestag. Dabei ergab sich, dass zwischen 1990 und 1996 1116 Ermittlungsverfahren gegen linke Gruppierungen, aber nur 23 Ermittlungsverfahren nach § 129 StGB gegen rechte Gruppen eingeleitet wurden. (Quelle: Wikipedia.org)


Ach ja, übrigens: Gegen Andrej H., den Berliner Doktor der Soziologie, wird weiter ermittelt. Nun nicht mehr wegen Mitgliedschaft in einer Terror-Organisation, sondern wegen Mitgliedschaft in eben solch einer kriminellen Vereinigung. Er war halt unvorsichtig und hat sich mit Menschen getroffen, die er anscheinend nur flüchtig kannte.

Nur uns Blog-Eremiten kriegen sie nicht. Da haben sie nichts in der Hand. Selbst mit solch einem Terror-Paragrafen wie dem 129 StGB nicht. Denn wo es keinerlei persönliche Kontakte zu irgendwem gibt, kann es auch keine Mitgliedschaft in irgendeiner Vereinigung geben.

Copyright-Hinweis: Die Urheberrechte an obigem Foto besitzt Erwyn van der Meer, den ich nicht persönlich kenne. Ehrlich nicht. Das Foto unterliegt einer Creative-Commons-Lizenz.

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Sonntag, 2. Dezember 2007

Spinning Wheel

Manche Medien wie beispielsweise Süddeutsche.de berichten, dass Chávez damit drohe, dem Westen das Öl abzudrehen, wenn das Referendum scheitere:

Der Präsident in Caracas hat seine festen Erwartungen - und er hat sein Feindbild. Wenn das Referendum zur Verfassungsreform scheitere, so erklärte er in einer Rede, dann seien daran allein die Amerikaner schuld. Die Konsequenz für diesen Fall: Er werde umgehend die Öllieferungen an die USA einstellen. Am Wochenende gab er sich noch radikaler. "Wenn wir nicht gewinnen, kriegt niemand unser Öl", wetterte Chávez. "Und dann steigt der Ölpreis auf 200 Dollar." (Quelle: Süddeutsche.de)


Woanders liest man jedoch:

Mit Blick auf ein publik gewordenes CIA-Dokument über eine „Operation Kneifzange" warnte Chávez, die Erdöllieferungen an die USA würden sofort eingestellt, falls die US-Administration eine Operation gegen den Sieg des Ja in Venezuela in Gang setzen sollte. [...] Er kündigte an ein negatives Ergebnis zu akzeptieren. Er werde dann bis zum letzten Tag seiner Amtszeit 2013 im Amt bleiben. Man müsste dann die Zeit nutzen, um einen Nachfolger für die Fortsetzung der Revolution zu finden. Zugleich forderte er die Opposition auf, ihrerseits ebenfalls das Ergebnis anzuerkennen, egal wie es ausfällt. (Quelle: Amerika21.de)


Es wird gedreht und gedreht und gedreht... Schon verrückt, dass man mal so richtig die eigene Hilflosigkeit und das eigene Ausgeliefertsein an die Medien spürt bei diesem Thema, nicht wahr? Das muss das Gefühl sein, das ansonsten nur Bewohner von Diktaturen kennen, in denen jegliche Presse zensiert wird und wo man auch keinen Zugang zur internationalen Presse hat. Wem soll man glauben? Ich rate zur allergrößten Vorsicht. Unsere deutschen "Qualitätsmedien" haben bei der Berichterstattung über Chávez nicht nur in letzter Zeit allzu häufig bewiesen, dass sie selbst vor offenen Lügen nicht zurückschrecken.

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Geld für PISA-Testteilnahme: Welche Folgen hat das?

Ich lese gerade in mehreren Artikeln, dass manche Länder beim PISA-Test den Schülern für ihre Teilnahme Geld oder Gutscheine übergaben - für die Teilnahme an sich und wohl nicht je nach ihrem Abschneiden beim PISA-Test.

Und ich merke den Medienberichten eine gewisse Konfusion an, weil davon gesprochen wird, dass die Wissenschaftler sich uneins seien, ob solch eine Entlohnung oder "Aufwandsentschädigung" nun die Ergebnisse beeinflusst haben könnten oder nicht.

Hier muss man zwischen zwei Beeinflussungsmöglichkeiten unterscheiden:

1.) Es könnte sein, dass bei den Schülern die Leistungsmotivation beim Durchführen des Testes erhöht wurde und sie so bessere Leistungen abgaben als jene Schüler, die für die Teilnahme nichts bekamen.

Hier wird berichtet, dass Vortests ergaben, dass solch ein leistungssteigernder Effekt anscheinend beim PISA-Testkatalog nicht signifikant nachgewiesen werden konnte. Eigentlich sollte ein Test, der das Wissen abfragen will, auch so konstruiert sein, dass er nicht die Motivation der Schüler misst, sondern eben ihr Wissen. Es wäre also ein schlechtes Zeichen für die Validität des PISA-Tests, wenn kleinere Motivationsunterschiede der Schüler bereits große Auswirkungen hätten auf das Test-Ergebnis. Es ist davon auszugehen, dass man bei der Konstruktion des PISA-Testverfahrens darauf geachtet hat, solch eine Verfälschung des Ergebnisses durch die Motivation der Kinder möglichst auszuschließen. Außerdem kann man davon ausgehen, dass Schüler, die am Test teilnehmen - egal ob sie dafür Geld bekamen oder nicht - allgemein daran interessiert sind, gut abzuschneiden. Eine normal hohe Motivation kann also erwartet werden. Geldgeschenke können diesen Motivationsgrad vermutlich kaum dermaßen anheben, dass die Leistungsergebnisse signifikant ansteigen. Dies zeigen unterschiedliche psychologische Studien zur Wirkung der Entlohnungshöhe auf die Leistungsbereitschaft. Nicht die tatsächliche Höhe der Entlohnung spielt hierbei die größte Rolle, sondern die Wahrnehmung der Entlohnung als angemessen. Schon das eigene Selbstbild drängt einen normalerweise dazu, sich einigermaßen intensiv anzustrengen. Erleben die Kinder die Teilnahme am PISA-Test also nicht als unfair, sollte auch bei einer nicht vorhandenen Aufwandsentschädigung bei der Mehrheit der Schüler eine normal hohe Motivation gegeben sein. Ausreißer nach unten hinsichtlich der Motivation, also Schüler, die absolut nicht motiviert sind und sich bewusst verweigern, sollten durch im Test eingebaute Vorgaben aussortiert werden können oder sich statistisch ausgleichen.

2.) Schwerer wiegt die Vermutung, dass dank der finanziellen Anreize sich vor allem nur bestimmte Schüler für die Teilnahme am PISA-Test meldeten. Statt also einen Durchschnitt aller Schüler eines Landes zu messen, hätte man dann nur jene Schüler gemessen, die den Test vielleicht eher nicht freiwillig durchgeführt hätten. Denkbar ist auch, dass es rund um die Implementierung einer Zahlung einer Aufwandsentschädigung andere Auswahleffekte gegeben hat. Vielleicht wurden so beispielsweise über die Möglichkeit, am Test teilzunehmen (und sich mal eben 50 Dollar zu verdienen) nur jene Schüler informiert, die allgemein gut informiert sind über das, was an ihrer Schule vorgeht. Oder vielleicht wurden von Lehrern sogar gezielt Schüler mit der Möglichkeit der Teilnahme "belohnt"? Aus der Testteilnahme könnte so durch die Aufwandsentschädigungen ein begehrtes, knappes Gut geworden sein, das sich vor allem erfolgreichere Schüler angeln konnten als Möglichkeit für einen kleinen Zusatzverdienst.

Das Problem wäre also weniger, dass Schüler durch Geschenke stärker motiviert wurden bei der Durchführung des Tests, sondern dass die Einführung einer Aufwandsentschädigung in manchen Ländern einhergegangen sein könnte mit einer speziellen Auswahl spezieller Schüler. Dies wäre jedoch kein Fehler am Testdesign des PISA-Tests selbst, sondern ein Fehler bei der Durchführung des PISA-Tests. Anders gesprochen: Wer ein Messinstrument falsch anwendet, darf sich nicht wundern, wenn er unbrauchbare Messergebnisse bekommt. Wer die Temperatur nicht im Schatten, sondern in der Sonne misst, darf sich nicht wundern, wenn er andere Messergebnisse bekommt als die der örtlichen Wetterstation.

Aber ich weiß schon, wie man diese neuen Nachrichten rund um den PISA-Test am Montag in Deutschland politisch kommentieren wird. Und das weiß ich, obwohl ich keine Kristallkugel im Schrank habe.

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Schäuble provoziert erneut mit angedachter Abschaffung des Rechtsstaates

(Via Fefe) Schäuble sagt mal wieder sozusagen "nichts". So sagte er gestern auf einem internationalen Sicherheits-Symposium in Werder bei Berlin nicht, er wolle in Deutschland so etwas wie Guantanamo. Wer ihn so versteht, hat Schäuble natürlich total falsch verstanden. Schäuble sagte nur laut Tagesschau.de:

Diejenigen, die sagen, Guantanamo ist nicht die richtige Lösung, müssen bereit sein, darüber nachzudenken was die bessere Lösung ist. Denn allein mit der Kritik ist kein Problem gelöst. (Quelle: Tagesschau.de)


Die Antwort ist einfach. Die bessere Lösung als Guantanamo heißt schlicht "Rechtsstaat". Wie schrieb vor kurzem der Ex-Verfassungsrichter Dieter Grimm bei Zeit.de:

Udo di Fabio hat zu Recht davor gewarnt, "das Recht in einen Ausnahmezustand hinein zu veralltäglichen oder vom Ausnahmezustand her konzeptionell zu denken".

Das gilt besonders für das "Feindstrafrecht", nach dem einige Juristen angesichts der Bedrohung durch Terroristen verlangen. Sie berufen sich darauf, dass der Terrorist sich selbst außerhalb der Rechtsordnung gestellt habe. Daraus folgt aber nicht, dass der Staat deswegen seinen Rechtsschutz schmälern dürfte. Der Staat, der seine Feinde außerhalb des Rechts stellt, hört damit auf, ein Rechtsstaat zu sein. (Quelle: Zeit.de)


Guantanamo ist dadurch gekennzeichnet, dass dort Menschen ohne Anklage festgehalten werden konnten und dass ihnen eben jener Rechtsschutz verwehrt wurde.

Schäubles Visionen kann man nur bekämpfen, wenn man klar macht, dass sein angedachtes "Feindstrafrecht" den Rechtsstaat massiv beschädigen würde. Das Problem ist, dass der Begriff "Rechtsstaat" so abstrakt ist. Nur wenige Bürger können sich vorstellen, dass der Staat sie eventuell unfair behandeln könnte. Denn erst dann wird die Notwendigkeit, dass man als einzelner Bürger Rechte vor dem Staat haben sollte, vor staatlicher Willkür geschützt sein sollte, hautnah erfahrbar.

Die Aufgabe ist also, den normalen CDU-Wählern klar zu machen, was "Rechtsstaat" heißt. Wir müssen ihnen anschaulich und leicht begreifbar vor Augen führen, was es heißt, als Bürger Schutz vor staatlicher Willkür zu haben. Korrekter: Wie wichtig es ist, diesen Schutz vor staatlicher Willkür mittels festgeschriebener Gesetze zu haben und nicht nur mittels der mündlichen Zusage von mehr oder weniger vertrauenswürdigen Politikern.

Ich stelle mir also vor, dass der unbedarfte Unions-Wähler sagt: "Ach, der Schäuble, der will doch nichts Böses! Komm, da verzichte ich auf 'ne schriftliche Garantie, dass der Staat mich nicht eventuell willkürlich einsperren darf. Auf so eine Idee kommt der Staat doch bestimmt nicht!"

Zwischen zwei Menschen mag solch eine Vertrauenshaltung ja löblich sein. Aber der Staat und seine Behörden sind keine Menschen. Es sind Systeme. Und Systeme brauchen faire und vor allem festgeschriebene Regeln, um jetzt und in Zukunft zu verhindern, dass jemand das System ausnutzt. Ein Vertrauen in Schäuble oder Merkel oder die CDU nutzt nichts und man tut diesen Leuten auch nicht persönlich weh, wenn man darauf besteht, dass die Regeln des Rechtsstaates weiterhin fair bleiben.

Ein Feindstrafrecht nach Schäuble würde jedoch die Fairness der Regeln für Terror-Verdächtige beseitigen. Verdächtig kann jedoch jeder sein. Ein Verdächtiger muss nichts verbrochen haben. Der Zufall kann ihn zum Verdächtigen gemacht haben. Die Polizei kann ihn fälschlicherweise als Verdächtigen ansehen. Das passiert leider sehr häufig. Es ist eben so, dass die Polizei am Anfang ihrer Ermittlungen im Unklaren tappt. Sie sucht und findet Anhaltspunkte. Häufig jedoch zeigt sich nach der weiteren Suche, dass die Anhaltspunkte in die Irre führten. Das ist normal, das ist Polizeiarbeit. Es gibt halt keine Hellseher bei der Polizei. Ein Verdächtiger ist also jemand, der noch nicht einer Tat überführt ist, der nur beim gegenwärtigen Stand der Ermittlungen als möglicher Täter nicht ausgeschlossen werden kann. Wäre der Verdächtige als Täter überführt, dann wäre er kein Verdächtiger mehr, sondern bald ein Verurteilter.

Mindert man also den Schutz der Verdächtigen vor staatlicher Willkür, überlässt man es letztlich dem Zufall, wer im Staat fair behandelt wird. Denn noch einmal: Verdächtigt werden geht ganz schnell. Soll also ein fairer Umgang des Staates mit seinen Bürgern vom Zufall abhängen? Solange man nicht verdächtig ist, ist alles okay, aber sobald man verdächtigt wird, verlöre man nach den Gedankenspielen der Theoretiker eines besonderen "Feindstrafrechts" den Schutz vor staatlicher Willkür - gerade dann, wenn man diesen Schutz am meisten nötig hätte!

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Extrasteuer auf Dummheit

Das Wesen und die tiefere Bedeutung von Lotteriespielen werden nicht etwa erfasst von den Boulevardzeitungen. Zutreffender ist wohl eher folgende Beschreibung in der Wikipedia:

Lotteries are most often run by governments or local states and are sometimes described as a regressive tax, since those most likely to buy tickets will typically be the less affluent members of a society. The astronomically high odds against winning have also led to the epithets of a "tax on stupidity" [...]. (Quelle: Wikipedia.org)