Mittwoch, 28. Mai 2008

ZDF-Heute-Sendung: Ein einziger Satz zur Telekom-Affäre

Die Nicht- bis Kaum-Berichterstattung über den Telekom-Skandal in den Nachrichtensendungen des ZDF und auch online bei Heute.de ist schon ziemlich auffällig.

Was für Gründe das wohl hat?

Die ZDF-Heute-Sendung gerade von 19:00 Uhr erwähnte den Telekom-Skandal mit einem einzigen kurzen Satz. Die heutigen Offenbarungen des Chefs der "Sicherheitsfirma", die für die Telekom die Verbindungsdaten durchforstete, wurden mit keinem Wort erwähnt. Auch der Protest des Journalistenverbandes oder der Opposition in diesem Zusammenhang gegen die Vorratsdatenspeicherung fand laut Heute-Sendung nicht statt. Es wurde zumindest nicht darüber berichtet. Auch online findet sich auf der großen Heute.de-Übersichtsseite keine einzige Erwähnung des Telekom-Skandals mit den heute neu ans Tageslicht gekommenen Anschuldigungen.

Stattdessen wurde beispielsweise breit über die Verurteilung eines französischen Serienmörders in Paris berichtet. Sehr relevant für das deutsche Publikum, vermute ich.

Auch die ARD hält sich bislang sehr zurück bei der Berichterstattung. Online gibt es da jedoch zumindest einige wenige kleine, kurze Artikelchen und einen Link zu einem Kommentar des Deutschlandfunks.

Ich finde diese "vornehme" Zurückhaltung von ARD und ZDF in der Berichterstattung über die Telekom, nun, sagen wir: sehr interessant. Vielleicht lohnt es sich ja, einmal genauer anzusehen, wo Telekom und die öffentlich-rechtlichen Sender immer noch so alles miteinander kooperieren oder wie groß der Werbe-Etat ist, den die Telekom an diese Sender zahlt? Oder ist es mit der politischen Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender in der Praxis doch nicht so weit her und sie möchten den Großkoalitionären ersparen, dass ihre Vorratsdatenspeicherung als gefährliche Zeitbombe entlarvt wird?

Technorati-Tags: , , , , ,

Meine Prognose: Die Telekom wird zerschlagen werden

Mit den heutigen Enthüllungen zur "Spitzelkom-Affäre" wird vorstellbar, dass die Telekom zerschlagen werden wird. Oder zumindest zerschlagen werden müsste - wenn Deutschland ein normales Land wäre und nicht Hoheitsgebiet der "Deutschland-AG".

Denn der Chef der beauftragten Sicherheitsfirma offenbart jetzt, dass höchste Telekom-Kreise involviert waren und dass tatsächlich die Verbindungsdaten von zig Journalisten durchforstet wurden. Ein Ex-Vorstand belastet Ricke und Zumwinkel. Und auch René Obermann gerät ins Visier.

Die Politiker haben sich mit ihrem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung eine Verantwortung aufgebürdet, die sie dazu zwingt, gegen einen Konzern, der die Gefährlichkeit dieses Gesetzes so direkt vor Augen führt, scharf vorzugehen - denn zurücknehmen werden sie das Gesetz natürlich nicht, das erlaubt ihre Arroganz nicht. Darüber hinaus ist die Telekom bekanntlich noch zu großen Teilen im Bundesbesitz, so dass auch technisch die politische Einflussnahme möglich ist.

Wie sollte diese Spitzel-Affäre auch alternativ sauber zu Ende geführt werden als durch eine Zerschlagung der Telekom? Wie sollte man jemals wieder auch nur das kleinste Vertrauen haben - als Kunde, als Aktionär, als Mitarbeiter und als Politiker - in eine Firma, bei der es anscheinend so absolut unkompliziert und einfach möglich war, die sensiblen Kommunikationsdaten der Kunden anzuzapfen? Bei der anscheinend jegliche technische oder betriebliche Vorkehrungen zum Schutz der sensiblen Kundendaten fehlten oder leicht umgangen werden konnten?

Mal eben ein paar Leutchen im Vorstand oder in den oberen Manager-Ebenen auszuwechseln, wird da kaum helfen. Und auch bei einer zentralen Speicherung der Verbindungsdaten unter Aufsicht von Bundesbehörden würden diese Daten doch auch weiterhin zunächst bei den Telekommunikationsfirmen anfallen und könnten dort vor einer Weiterleitung an einen zentralen Speicher unkompliziert kopiert werden. Der einzig vorstellbare Ausweg wäre: Ein Verbot der Speicherung von Verbindungsdaten und anderen sensiblen Daten, die regelmäßige Kontrolle von Firmen und Behörden, die mit sensiblen Daten zu tun haben durch eine wirklich unabhängige Instanz - sozusagen eine Art "Lebensmittelkontrolle" beim Datenschutz - und harte und klar genug formulierte und detaillierte Gesetze, die den Datenschutz auch in der Praxis als hohes und schützenswertes Gut durchsetzen.

Technorati-Tags: , , , ,

Dienstag, 27. Mai 2008

Spitzelkom beweist: Union und SPD sind Datenanarchisten

Wie fühlen sich jetzt nach Bekanntwerden der Telekom-Spitzel-Affäre eigentlich die Bundestagsabgeordneten von Union und SPD, die vor kurzem noch - gegen den Rat aller Experten - das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verabschiedet haben?

Dem Bürger sollte nun klar werden, dass die Bundestagsabgeordneten von Union und SPD gefährliche Daten-Anarchisten sind. Es sind Leute, die mitnichten Sicherheit wollen, sondern bewusst den Missbrauch von äußerst sensiblen Daten mit Hilfe ihres Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung befördert haben. Die Abgeordneten wussten ganz genau Bescheid über die Risiken und die Missbrauchsmöglichkeiten und über den vergleichsweise geringen Nutzen dieser Daten für die Strafverfolgungsbehörden. Es gab genug Expertenanhörungen dazu. Union und SPD gehören deshalb bei nächst bester Gelegenheit (sprich Bundestagswahlen) rausgeschmissen aus dem Bundestag.

Was natürlich nicht passieren wird. Womit wir bei der eigentlich interessanten Frage wären: Warum wird das nicht passieren? Antworten dazu bitte gerne auch als Kommentar...

Technorati-Tags: , , ,

Montag, 26. Mai 2008

Zeig mir die Fassade deines Hauses und ich sag dir, wer du bist

Wohnanschriften verraten bekanntlich nicht nur, wo jemand wohnt, sondern in begrenztem Maße auch wie jemand wohnt, also ob luxuriös oder eher bescheiden beispielsweise. Der Blick aus dem Weltall von oben auf das Haus oder den Mietwohnungskomplex sagt darüber natürlich noch mehr aus. Möglich ist dies spätestens seitdem Google die Satellitenbilder kostenlos jedem im Internet via Google-Earth oder Google-Maps zur Verfügung stellt.

Trotzdem blieb ein aus dem Weltall betrachtetes Dach häufig nur ein Dach. Ob Dach von einem Millionärsbungalow, das aus dem Weltall vielleicht sogar klein und unbedeutend aussieht, oder Dach eines in den 50iger Jahren gebauten Mehrfamilienhauses, das von der Seite aus betrachtet eher schäbig aussehen mag.

Aber Google wäre nicht Google, wenn es diese Informationslücke nicht erkannt hätte und nun "Abhilfe" schaffen will, wie Focus.de berichtet. Nun will Google auch - wie bereits in den USA - die Straßenansichten aller Häuser in Deutschland fotografieren und - das ist das Entscheidende - in die Datenzugriffsmaske "Google-Maps" eingliedern. Dann wird bald jeder Einbrecher und jeder Kreditgeber endlich ausführlich sehen können, wie jemand wirklich wohnt: Einfach die Adressdaten bei Google-Maps eingeben und sich die Häuserfassaden, die geschnittenen (oder fehlenden) Hecken ansehen und zählen wieviele Autos (und welche Autos) vor dem Haus stehen. Vielleicht sogar ein Wohnmobil? Hat der Besitzer eine Garage? Einen Kamin mitsamt Holzvorrat? Oder deutet der bröckelnde Anstrich des Hauses darauf, dass hier eher ärmliche Verhältnisse herrschen? Liegen Kinderspielsachen vorm Haus? Oder sind über oder durch die Hecken und Zäune Kinderspielgeräte zu erkennen? Sind die Bewohner eher Anhänger eines alternativen Lebensstils oder zeigt der zentimentergenau eingepflegte Vorgarten, dass es eher Spießer sind?

Das Problematische ist nicht, dass Häuserfronten seit jeher Informationen über die Haus- oder Wohnungsbesitzer Auskunft geben, sondern dass nun bald jeder mit einem Klick weltweit auf diese Informationen zugreifen kann.

Die Wohnanschrift wird so gleichzeitig zu einem Ausweis des eigenen Geschmacks, der eigenen Lebensverhältnisse (Kinder oder keine Kinder?) und noch detaillierter als bisher schon zu einer kaum mehr zu versteckenden Offenbarung des eigenen Wohlstandes oder Nicht-Wohlstandes.

Eine Maßnahme könnte sein, in den kommenden Monaten seine Hausfassade in Ordnung zu bringen (oder - falls man Millionär ist und dies nicht jeder weltweit wissen soll - sie gezielt in Unordnung zu bringen), bevor die Google-Autos mit den Kameras anrücken.

Eine andere Maßnahme könnte sein, noch sparsamer als bisher schon mit seinen Adressdaten umzugehen. Soll heißen: kein Online-Einkauf mehr und nur noch Barzahlungen. Beispielsweise.

Weitere Ideen?

Technorati-Tags:

Streit um nächsten Bundespräsidenten als Demokratie-Simulation

Eine kurze Frage: Wer interessiert sich eigentlich ernsthaft dafür, ob der nächste Bundespräsident wieder Köhler oder vielleicht Gesine Schwan heißt? Gut, unsere Kabarettisten. Die müssten halt früh genug wissen, ob sie sich dann bald von Horst-Köhler-Imitationen auf Gesine-Schwan-Imitationen umstellen müssen.

Vor allem für die ARD scheint die Frage, wer Bundespräsident wird - korrekter: wer Bundespräsident-Kandidat wird - seit Tagen jedenfalls absolutes Top-Thema in allen ihren Nachrichtensendungen zu sein.

Das ist ein wichtiges Thema für die Parteistrategen, aber nicht für den Bürger. Das Amt des Bundespräsidenten ist ein unwichtiges Amt. Die Berichterstattung über die strategischen Spielchen von Union und SPD nerven. Was geht mich das an? Mit politisch-inhaltlichen Fragen hat dies absolut gar nichts zu tun.

Es wird gemunkelt, dass die (mögliche) Aufstellung von Gesine Schwan als Bundespräsident-Kandidatin ein Zeichen dafür sei, dass die SPD-Spitze wieder mehr Kontakt zur SPD-Basis habe und dass die CDU darin das Heraufdämmern eines kommunistischen Deutschlands sieht, weil eine Kandidatin Gesine Schwan auch von der Linkspartei unterstützt würde. Und dann wird "klargestellt", dass dem alles doch eigentlich nicht so ist, bis der nächste Interviewpartner darstellt, dass dem eventuell doch so sein könnte.

Es gibt ja keine andere wichtigen Nachrichten. Muss zumindest der Zuschauer der ARD meinen.

Technorati-Tags: , , , ,