Samstag, 14. Juli 2007

Ein Aufruf: SPD, Linke, Grüne, FDP! Misstrauensantrag jetzt!

(Links teilweise via Lawblog.de) Die Union greift die Grundfesten des Staates an mit ihren täglich neuen, abstruseren, verfassungsfeindlichen Vorschlägen zur sogenannten "Inneren Sicherheit", die jedoch in Wirklichkeit in Gestalt der Unions-Vorschläge eine noch nicht da gewesene "Innere Unsicherheit", nämlich in Form von Rechtsunsicherheit und Gefährdung der Menschenwürde für einzelne Bürger, bedeutet - ohne (und das ist das Entscheidende) tatsächlich mehr Schutz vor Terroristen zu bringen. Wir Bürger können bis zu den nächsten Wahlen wenig dagegen tun, dass die derzeitige Regierung den Charakter dieses Staates gerade grundlegend ändert. Alleine die restlichen Parteien im Parlament könnten dem Spuk ein Ende bereiten. Es wird Zeit, dass die SPD den Rest Anstand, den es vielleicht irgendwo in dieser Partei noch gibt, zusammenkratzt, Wiefelspütz den Posten als "Innenexperten" der Fraktion abspricht und der Koalition jetzt ohne Umschweife ein Ende setzt. Notfalls muss eine erweiterte Doppel-Rot-Ampelkoalition her, nämlich von Linkspartei über Grüne, SPD bis hin zur FDP. Die Union ist keine Partei mehr, die auf dem Boden des Grundgesetzes steht.

Schäuble missachtet klare Grenzen des Grundgesetzes mit seinen Vorschlägen. Und es sind eben nicht nur Vorschläge. Nein, im Innenministerium wird ja längst mehr oder weniger heimlich an neuen Gesetzen gearbeitet, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes erneut schlicht ignorieren. Aber die nun geplanten Lauschangriffe (gar präventiv) auch auf Privatgespräche sind vermutlich ebenfalls längst ermittlungstechnische Normalität. Zumindest der jetzt an die Öffentlichkeit gekommene Gebrauch von Handys als Wanzen durch die Polizei deutet meiner Meinung nach darauf hin. (Siehe zum Thema "Handys als Wanzen" auch einen früheren Weblog-Eintrag von mir, in dem ich noch gefragt hatte, ob bald Forderungen aufkommen könnten, diese Technik einzusetzen: Handys in Wanzen verwandeln mittels FOTA. Was ich in diesem Weblog-Eintrag nicht wirklich für möglich gehalten hatte: Dass die Sicherheitsbehörden die Technik anscheinend also tatsächlich längst heimlich und ohne begleitende öffentliche Diskussion anwenden.)

Es ist keine Satire mehr angebracht. Dies ist bitterster Ernst. Alles hängt an der SPD. Was wird dieser Partei wichtiger sein? Der freiheitliche Rechtsstaat oder ihre eigenen Befindlichkeiten?

Wie sehr die Abwägung zwischen "Freiheit" und "Sicherheit" bereits in Schieflage ist, macht diese äußerst detaillierte Schilderung des aktuellen Standes bei Gesetzgebung, Strafverfolgung und Rechtssprechung (ausgenommen seltsamerweise die Vorratsdatenspeicherung) deutlich.

Wie sehr diese Schieflage droht bald als neue Normalität zu gelten und so auf Dauer festgeschrieben zu werden, macht dieses Interview mit einem Psychologen deutlich, das teilweise manche meiner eigenen Gedanken zu bestätigen scheint.

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Keine Denkverbote: Union lädt ein zur Volksverhetzung

Manche führenden Unions-Politiker wollen momentan Schäuble zur Seite springen und erklären, dass es bei seinen Vorschlägen dazu, wie man Deutschland (vermeintlich) sicherer machen könne, keine Denkverbote geben dürfe. Schäuble hätte ja bei seinen umstrittenen Vorschlägen nur "gedacht".

Mich erstaunt immer wieder, dass Unions-Politiker in diesem Land jeden Scheiß von sich geben können, ohne dass die ganze Republik sich an die Stirn packt.

Schäuble hat nicht nur "gedacht". Er ist Bundesinnenminister. Er hat ein Interview gegeben. Das Interview ist veröffentlicht worden. Öffentliches Reden ist bei Politikern Handeln. Schäuble hat also schlicht Politik gemacht und nicht nur einfach "Rumgedacht". Denken geschieht bei Menschen, die älter als vier Jahre sind und noch nicht an Demenz erkrankt sind, normalerweise still und unhörbar.

Aber Merkel, Schönbohm, Stoiber, ja die gesamte CDU kommen anscheinend durch mit diesem Nonsens-Argument, dass man ja alles mögliche ruhig einmal laut und öffentlich "andenken" könne, es keine "Denkverbote" geben dürfe.

Und solchen Staatslenkern wie Merkel, Schäuble, Schönbohm und Stoiber soll man vertrauen? Die Denken mit Reden verwechseln? Die Volksverhetzung verharmlosen? Denn was ist es anderes als Volksverhetzung, als Teilen der Bevölkerung (bei Schäuble den sogenannten, ominösen "Gefährdern") verfassungsmäßige Grundrechte einfach abzusprechen, oh, ich meine natürlich "abzudenken"?

Manche Zeitgenossen reiben sich wahrscheinlich schon die Hände. Es gibt nämlich leider Leute, die würden auch einmal gerne ungestraft im Schäubleschen Sinne laut "denken" - und zwar nicht an Gefährder, sondern an andere Personengruppen wie Ausländer, Migranten, Moslems, Juden, Homosexuelle...

Siehe dazu auch das Schnüffelblog mit einem lesenswerten Kommentar: Merkel und Schäuble - ein Albtraumpaar.

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Freitag, 13. Juli 2007

Gammelige Presse

Journalisten, das wissen wir alle, fühlen sich wichtig. Oder zumindest arbeiten sie dran, wie Medienrauschen zu berichten weiß: Journalistenkruscheln gegen Blogger.

Diese kruscheligen Treffen, in denen Journalisten über die schlechten Blogger lästern. Das ist wie diese Hausfrauen-Treffen bei Tante Helga, auf denen man dann gegen die Nachbarschaft frotzelt. Abgestanden und irgendwie mitleiderregend. (Quelle)


Ein altes Phänomen, diese journalistische Selbstüberschätzung, wie schon Tucholsky vor ganzen 82 Jahren in immer noch frischer Sprache gekonnt darstellte: Wieso Zeitungen lesen?

Wenn man mit Redakteuren spricht, welcher Nationalität sie auch immer seien, so hört man, wie sie alle nur eine Sorge bewegt: Wie mach ichs, dass die Schreiberei nun mit Bedeutung auch gefällig sei? Wem ... ? Das kommt ganz darauf an. (Quelle)


Journalisten, das wissen wir alle, suchen die Bestätigung. Nicht nur auf Journalistentreffen, sondern auch bei ihren Berichten. Schreiben, was die anderen schreiben, damit kann man nichts falsch machen, wie Blogmedien anhand aktueller Vorkommnisse in Bayern vor Augen führt: Die Latex-Lady und der Casanova.

Häme und Verunglimpfungen für Gabriele Pauli allenthalben in den bayerischen Regionalmedien. Was seit Donnerstagnachmittag im Freistaat über die "Rebellin" verbreitet wird, hat kaum noch etwas mit objektiver Berichterstattung, Meinungsvielfalt und ausgewogener Darstellung gemein - sondern vielmehr mit Obrigkeitshörigkeit. (Quelle)


Ein altes Phänomen, dieser Gleichklang in den Medien, wie schon Tucholsky vor ganzen 80 Jahren in immer noch frischer Sprache gekonnt darstellte: Für wen sind eigentlich die Zeitungen da?

Aber kein Zensor ist so streng, kein Bäumer-Gesetz so prüde wie jene Zensur, die jede bessere Zeitung im Hause hat: das ist die eigne, die Rücksicht auf den Leser nimmt. (Quelle)


Vielleicht, vielleicht, vielleicht sind die Medien heute jedoch in zumindest einem Punkt besser als früher bei Tucholsky. Einen sich anbahnenden Weltkrieg oder ähnliche internationale Katastrophen würden die Medien heute vermutlich dann doch etwas früher mitbekommen als damals 1914. Vielleicht nicht die deutschen Medien, die auch heute noch kaum über das Ausland berichten und wenn, dann massiv verfälschend, aber dank Internet darf und kann ja heute jeder (noch) äußerst bequem auch jenseits der Grenzen lesen.

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Menschen zweiter Klasse

Ich kann den Boykott einiger türkischer Verbände des gestrigen "Integrationsgipfels" der Bundesregierung verstehen. Anders als durch solch einen medienwirksamen Boykott ist es heute nicht mehr möglich, noch einmal die menschenverachtenden, neuen Regelungen im Ausländerrecht zum Nachzug von Ehepartnern in den Medien zum Thema zu machen. Der Boykott hatte Erfolg. Zumindest die Tagesthemen gingen noch einmal in einem Nebensatz kurz auf die umstrittenen neuen Regelungen ein, die aus meiner Sicht schlicht verfassungswidrig sind.

Die deutschen Medien interessieren sich eben nicht für die Belange der Migranten in Deutschland. Dieses Desinteresse ist vermutlich die eigentliche Ursache für den Boykott.

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Plündert die Elektromärkte oder alte Mainboards!

Elektrische WiderständeGerade in den Kommentaren drauf hingewiesen worden: 82Megaohm.de.

Ein Projekt der Marke "Protest, aber mal ganz anders". Gefällt mir. Etwas "nerdig" der Ansatz, aber jeder kann mitmachen, auch wer nichts mit Technik zu tun hat.

Protestiert wird gegen die jüngsten Anstrengungen unserer Spitzenpolitiker, die Bürger- und Freiheitsrechte einzuschränken. Ohm ist die Maßeinheit für den elektrischen Widerstand. Die Zahl 82 spielt auf die Größe der deutschen Bevölkerung an (circa 82 Millionen). 82Megaohm.de macht den elektrischen Widerstand in Form des kleinen, elektronischen Bauteils, das beispielsweise auf Platinen in Radios, Fernseher oder im Computer zu finden ist, zum Protestzeichen. Brennt ein Widerstand durch, funktioniert meist das technische Gerät nicht mehr. Widerstand ist also nötig. Das Teil lässt sich gut an der Kleidung befestigen und wird sicherlich interessierte Nachfragen provozieren. :-)

Copyright-Hinweis: Die Rechte an obigem Foto besitzt "oskay". Das Foto unterliegt einer Creative-Commons-Lizenz.

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Mittwoch, 11. Juli 2007

Schäuble zersäbelt SPD mit Salamitaktik

Anschaulicher als Farlion es tut, kann man es nicht darstellen: Der Schäuble, die Merkel, der Münte und das kleiner Übel.

Man bräuchte ja nur ganz sachlich aufzuzeigen, dass Schäubles Vorschläge die Sicherheit nicht erhöhen. Man könnte mit Argumenten für seine Positionen einstehen und dann den Wähler entscheiden lassen, ob er einem folgen will oder nicht. Aber stattdessen windet sich die SPD und sucht und horcht, wo denn im Volk eventuell noch irgendwo eine Mehrheit für irgendwas zu finden ist und macht sich dann diese Position zu eigen, von der sie meint, dass sie irgendeine mögliche Mehrheit im Volk hat. Das Problem ist nur, dass die SPD nicht genau weiß, wo die Mehrheiten sind. So passiert es, dass sie Stammtischgeschwätz als Volksmeinung missinterpretiert oder das sich als angebliche Mehrheitsmeinung ausgebende Gewäsch neoliberaler Journalisten in sogenannten Politik-Magazinen für den Volkswillen hält. Die Folge: Niemand weiß mehr, wofür die SPD eigentlich steht. Das ist es, was die SPD zu "unsicheren Kantonisten" macht und weswegen immer mehr von dieser Gummi-Partei Abstand nehmen. Mit der SPD ist derzeit alles zu machen. Der einzige Unterschied zwischen dem, was die SPD macht und dem, was irgendeine andere Partei will und macht, ist, dass es bei der SPD immer vorher mindestens ein Dementi als Gratis-Zugabe gibt.

Also eigentlich zersäbelt nicht Schäuble oder die Union die SPD, sondern die SPD zersäbelt sich selbst.

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Online-Durchsuchung: Gefährlich aber nutzlos

Wer ganz sicher sein will, keinen Bundestrojaner abzubekommen, wer also keinen heimlichen Zugriff der Sicherheitsbehörden auf seine Festplatte vom Internet aus will, kann schlicht wie folgt vorgehen: Man nutze zwei Computer. Der eine Computer bleibt immer (immer) vom Internet getrennt. Auf diesem Computer verschlüsselt man dann seine Daten, so auch E-mails. Die verschlüsselten Daten kopiert man dann beispielsweise auf einen USB-Stick (wer es noch sicherer haben will: auf eine nur einmal beschreibbare CD/DVD) und transferiert diese Daten in diesem verschlüsselten Zustand auf einen zweiten Rechner. Auf diesem zweiten Rechner ist jedoch gar keine Festplatte installiert, sondern man verwendet auf ihm eine sogenannten Linux-Live-CD wie beispielsweise Knoppix. Dabei geschieht Folgendes: Der Rechner startet dabei nicht von einer Festplatte, sondern direkt von der Linux-CD/DVD. Das Betriebssystem Linux lädt sich dann von der CD/DVD direkt in den Arbeitsspeicher. Der Zugriff auf eine Festplatte ist nicht nötig. Mit diesem Linux-System geht man dann ins Internet und schickt seine verschlüsselten Daten ab und empfängt neue. Ein Angriff vom Internet aus auf diesen Linux-Rechner (beispielsweise per Bundestrojaner) wäre sinnlos. Denn nach jedem Neustart dieses Linux-Rechners von der Linux-Live-CD aus wären alle Programme, die sich eventuell als Schädlinge aus dem Internet auf dem Linux-Rechner breit gemacht haben könnten, wieder verschwunden, da die Linux-Live-CD wie gesagt nur im Arbeitsspeicher des Rechners arbeitete und von CD/DVD und nichts auf einem ansonsten wiederbeschreibbaren Datenträger wie beispielsweise einer Festplatte hinterlassen hat oder beim nächsten Start auf Daten auf solchen wiederbeschreibbaren Datenträgern zugreifen müsste. Der Linux-Rechner ist nach jedem neuen Booten von der Linux-Live-CD quasi "jungfräulich". Und während man am Linux-Rechner arbeitet, geht man ja nur mit verschlüsselten Daten um, ein eingeschleuster Trojaner könnte auf diesem Rechner wenig ausrichten. Es bestände natürlich die theoretische Möglichkeit, dass sich während des Surfens am Linux-Rechner ein Trojaner eingeschleust hat. Wenn man dann Zugriff auf Webseiten nimmt, die die Eingabe von Passwörtern erfordern, könnte es sein, dass solch ein Trojaner die Passwort-Eingabe überwacht. Ähnliches gilt für das Einloggen in E-mail-Postfächer. Eine Möglichkeit, dieser Gefahr zu begegnen, besteht darin, direkt (und ohne aktiviertem Javascript etc.) nach dem Start des Linux-Rechners die gewünschte Webseite anzusurfen und keine anderen Webseiten zu besuchen, auf denen eventuell Schadcode verbreitet werden könnte. Ist die Webseite, auf der man Passwörter eingeben will, verseucht, hilft das Verbergen des eigenen Passwortes eh nichts, dann wäre das Kind eh schon in den Brunnen gefallen. Um außerdem der Gefahr zu begegnen, dass direkt durch den eigenen Internetprovider in irgendeiner Art und Weise Schadcode auf den Rechner gelangt, wäre vermutlich der Einsatz von verschlüsselten, virtuellen Netzwerken sinnvoll und möglich.

Insgesamt bleibt das alles ein relativ unaufwendiges Verfahren. Der Normalbürger wird aber natürlich genauso weitersurfen wie bisher. Er hat ja nichts zu verbergen. Und genau deshalb wird er als einziger ins Visier der Sicherheitsbehörden kommen. Terroristen jedoch werden diesen kleinen Mehraufwand des oben beschriebenen Verfahrens ohne Zögern auf sich nehmen.

Und deshalb weiß ich schon heute mal wieder, was Schäuble dann morgen fordern wird: Ein Verbot von Verschlüsselung, ein Verbot von Linux, ein Verbot des Besitzes von Zweitrechnern oder ähnlichen absoluten Pseudo-Sicherheitsquatsch. Der Mann spinnt. Oder eher noch: Er lenkt von seinen sonstigen Versäumnissen im Amt ab mit diesen James-Bond-007-Pseudo-Sicherheitsvorschlägen, die zwar unwirksam sind, aber deshalb leider nicht ungefährlich sind. Und die dämlichste Partei, die dieses Land mittlerweile hat, die SPD also, wird munter mitmachen, dieses schleimige Etwas von einer ehemals angeblich aufrichtigen Partei. Alle haben sie ihr "Gleitgel" für Schäubles quietschenden Rollstuhl in der Schublade, könnte man sagen.

P.S.: Beim Onlinebanking gehe ich heute schon ähnlich vor. Ich besuche die Webseite meiner Bank nur bei ausgeschaltetem Javascript und Java nach Start von einer Linux-Live-CD und ohne vor dem Besuch der Bankwebseite noch eine andere Webseite geöffnet zu haben. Das macht das Onlinebanking etwas sicherer. Zumindest in Bezug auf Trojaner-Angriffe.

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Dienstag, 10. Juli 2007

10.07.07: Links in die Blogosphäre

Thema heute, kurz und bündig: der Gefährder.

  • Auf Gefährder in Windeln weist Feynsinn hin.
  • Die gefährlichsten Gefährder brauchen jedoch noch etwas außer Windeln: einen Killerinschtinkt.
  • Aber selbst so ein Inschtinkt muss tagtäglich trainiert werden, um wirkungsvoll zu bleiben.
  • Auf manche wirkt ein Gefährder einschüchternd.
  • Bei anderen löst er Verteidigungs-, beziehungsweise Verteidigerinstinkte aus.
  • Aber das letzte Urteil über den Gefährder wird eh die Geschichte fällen. Heute noch Gefährder, morgen vielleicht schon ein Held?
  • Und sind wir nicht alle ein bisschen Gefährder?
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Montag, 9. Juli 2007

Jetzt wird's richtig peinlich: Schäuble versucht sich zu verteidigen

Schäuble hat jetzt auf die verheerende Kritik an seinen jüngsten, verfassungsfeindlichen Äußerungen reagiert und versucht sich zu verteidigen. Und was kommt dabei heraus? Genau, noch viel Schlimmeres als das, was er bisher schon gesagt hatte.

So behauptet Schäuble, die Weimarer Republik sei deshalb gescheitert, weil die Bürger ihr nicht mehr vertrauten und meinten, die Republik "sei eine Schwatzbude" und "könne die Menschen nicht schützen". Das ist Geschlichtsklitterung, wie Udo Vetter vom Law Blog treffend ausführt.

Schäuble stellt nicht nur verrückte historische Pseudo-Parallelen auf, er stellt auch wieder seine gewohnten, unbewiesenen Behauptungen auf. Beispielsweise, dass unser Rechtsstaat dem Terror nicht gewachsen sei. Und ein gewisser Roland Koch, Ministerpräsident von Hessen, sekundiert und sieht Deutschland global im Hintertreffen, weil hier die Sicherheitsbehörden "deutliche Ermittlungsnachteile" hätten im Vergleich zu vielen anderen Ländern, berichtet Heise.de. So als ob es ein internationales Wettrennen der Sicherheitsbehörden geben würde und die deutschen Sicherheitsbehörden mit den anderen in Konkurrenz stehen würden.

Man könnte dieses ganze Getue von Schäuble und der Union natürlich ignorieren. Es scheint zumindest zur Zeit glücklicherweise keine Gefahr zu bestehen, dass sie ihre Pläne auf Bundesebene politisch durchsetzen können. Aber die erhöhte Wachsamkeit bei derartigen Plänen wie denen von Schäuble und Co. ist schon deshalb erforderlich, weil der Rechtsstaat durch die bereits eingeführten enormen Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden und durch die moderne Technik äußerst verletzlich geworden ist. Kämen nämlich tatsächlich einmal Anti-Demokraten vom Schlage der Nazis an die Macht, könnten sie mit all den schon vorhandenen und noch geplanten überbordenden Überwachungsinstrumenten in noch nie da gewesener Windeseile und Effizienz eine vermutlich unangreifbare Diktatur errichten. Udo Vetter beschreibt es:

Jedenfalls werden es “die Menschen”, die heute den freiheitlichen Verfassungsstaat diffamieren, viel leichter haben als die Nazis. Sie können sich nämlich der Schäubleschen Innovationen - Überwachung, Internierung, Isolierung, Polizeiwillkür - bedienen, sollten sie an die Macht kommen. Mit den dann vorhandenen Instrumenten lässt sich der freiheitliche Staat wegfegen wie die Krümel eines Frühstücksbrötchens. (Quelle)


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Sonntag, 8. Juli 2007

Kranke Demokratie Deutschland

(Via NachDenkSeiten.de) Der Radiosender WDR 5 hat ein äußerst hörenswertes Interview mit dem Journalisten Jürgen Roth geführt. Es geht um Korruption in Deutschland, besonders um Korruption, in die politisch Verantwortliche verstrickt sind. Der vielzitierte Sachsensumpf ist hierbei nur ein Beispiel unter vielen. Roths Erkenntnisse sind erschreckend. So erschreckend vermutlich, dass andere Journalisten es nicht glauben wollen und die Dinge, die da in Sachsen unter der Decke schwelen als haltlose Gerüchte darzustellen versuchen, wie beispielsweise das ZDF-Heute-Journal - auf dessen Bericht Jürgen Roth übrigens auf seiner Homepage antwortet.

Jürgen Roth spricht im WDR5-Interview jedoch nicht nur über Sachsen, sondern er zeigt auf, dass in ganz Deutschland die Abhängigkeit der Justiz von der Politik zu Korruption geführt hat. Roth geht davon aus, dass sich ähnliche korrupte Netzwerke wie in Sachsen in ganz Deutschland finden lassen. Die Gewaltenteilung, in diesem Fall die Unabhängigkeit der Judikative von der Exekutive, sei, so Jürgen Roth, inzwischen in Deutschland eine Illusion. Verstärkt würde die Ohnmacht der Justiz gegenüber mit der Politik verquickter Korruption durch die seit Jahren bewusste Unterfinanzierung des juristischen Apparates und der Strafverfolgungsbehörden. Die Aufklärung komplexer Korruptionsfälle werde schon deshalb häufig liegen gelassen. Stattdessen würden sich Staatsanwälte lieber Kleinkriminellen widmen, weil hier schneller und einfacher Erfolge vorzuweisen sind, die in einem neuen Bewertungssystem den Staatsanwälten schneller und mehr Punkte einbringen als die Beschäftigung mit Fällen, die schwierig zu lösen sind. So spricht Sachsen auf Grundlage solch eines kruden Bewertungssystems auch stolz davon, die "schnellste" Justiz zu haben. So als ob Schnelligkeit das Hauptkriterium einer gut funktionierenden Justiz wäre.

Die Justiz ist also zu abhängig von Weisungen regierender Politiker und wird von der Exekutive derzeit kaputt gespart. Nimmt man dann noch hinzu, dass auch die Medien in Deutschland kaum mehr willens sind, lange Recherchen zu unterstützen (Roth selbst konnte seine Recherchen nur im Rahmen eines Buchprojektes durchführen, nicht etwa als Journalist einer Zeitung) und betrachtet man zum Schluss noch die Tatsache, dass in Deutschland letztlich auch die Legislative (die Parlamente also) in nicht unerheblichem Maße abhängig ist von der Exekutive, dann wird einem deutlich, dass es mit der Demokratie in Deutschland besser bestellt sein könnte als es zur Zeit der Fall ist.

Die Parlamente (Legislative) ist deshalb zu stark abhängig von der Exekutive, weil die Abgeordneten eben nicht unabhängig sind in Deutschland, sondern als Parteiangehörige an Fraktionszwang und zur Hälfte an einen Parteilistenplatz gebunden sind. In den deutschen Parlamenten kontrollieren sich also die regierenden Parteien durch ihre Mehrheit im Parlament quasi selbst in ihrer Regierungsarbeit. Die Parlamentarierer der Opposition haben bekanntlich nur geringen Einfluss. Wären die der Regierungspartei angehörigen Parlamentarier jedoch unabhängiger von ihrer Partei, käme es zu einer viel effektiveren Kontrolle der Exekutive durch die Legislative. Denn dann könnten die Abgeordneten bei Unregelmäßigkeiten der Regierung viel offensiver vors Schienbein treten.

Es sieht also sehr schlecht aus für die Gewaltenteilung in Deutschland: Sowohl Judikative (Justiz) als auch Legislative (Parlament) sind also allzu abhängig von der Exekutive (Regierung). Zudem fehlt es immer noch an einem stärkeren direkteren Einfluss der Wähler auf die Legislative beispielsweise durch Elemente der direkten Demokratie. Auch dadurch könnte die Unabhängigkeit der Legislative gegenüber der Exekutive gestärkt werden.

Mehr Elemente der direkten Demokratie und die Unabhängigkeit der Abgeordneten von den Parteien samt größerer Transparenz der Abgeordnetenarbeit und der Arbeit der Behörden erscheinen mir als die wichtigsten Mittel, um die Gewaltenteilung in Deutschland wieder zu stärken und um so auch solche Korruptionsfälle wie den "Sachsensumpf" effektiver bekämpfen zu können. Denn dann wäre die Exekutive gezwungen, sich den Nachforschungen der Justiz und der Parlamente stärker auszusetzen. Denn dann würden die Wähler mit ihren Interessen die Exekutive direkter zwingen können, die Justiz nicht finanziell verhungern zu lassen und so weiter. So wie es jetzt aussieht, muss man jedoch befürchten, dass die Demokratie in Deutschland langsam aber sicher eingeht.

Beschleunigt wird dieser Verfall der Gewaltenteilung zudem natürlich auch noch durch die Verschiebung von immer mehr exekutiver und legislativer Gewalt in Richtung des/r demokratisch kaum legitimierten und kontrollierten EU-Rates und EU-Kommission.

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Schäuble fordert mehr Freiheit und weniger Sicherheit!

Mehr Freiheit für die Sicherheitsbehörden und weniger Rechtssicherheit für die Bürger fordert Schäuble nämlich. Also so wie immer. Nur in noch einmal extremerem Maße als bislang (ja, das ist möglich).

In einem Interview mit dem Spiegel äußerte Schäuble verschiedenste Dinge. Spiegel.de informiert online bislang nur bruchstückhaft. Heise.de erläutert:

Auch die "gezielte Tötung von Verdächtigen" ist für Schäuble nicht etwa ein vom Grundgesetz strikt verbotenes Tabu, sondern ein "rechtliches Problem", das nach Ansicht des Innenministers bisher noch "völlig ungeklärt" sei. Als Beispiel dafür führte er die mögliche Ergreifung von Osama Bin Laden an. Deshalb fordert Schäuble mehr rechtliche "Freiheiten" für die Regierung. (Quelle)


Was Schäuble nun genau gesagt hat, muss man wohl im Spiegel-Magazin nachlesen, sobald es erscheint.

Ist schon das Vorenthalten eines fairen Verfahrens für einen eines Verbrechens Beschuldigten nicht hinzunehmen (Beispiel Osama Bin Laden), so würden Schäubles Vorschläge zum Umgang mit "Verdächtigen" und "Gefährdern" einen noch eklatanteren Verstoß gegen das Grundgesetz und die Menschenwürde darstellen, wenn Schäuble mit seinen zusätzlichen "Freiheiten" für den Staat auch Leute treffen will, die nur der möglichen Planung eines Verbrechens beschuldigt werden.

Der Weg zum Vorgehen des Staates auch gegen Leute, die gar kein Verbrechen begangen haben, ist bereits geebnet - nämlich durch die bereits bestehende Möglichkeit des Unterbindungsgewahrsams und durch die Möglichkeit, Ausländer auch nur bei einem vagen Verdacht, dass sie mit einer kriminellen Tat in Verbindung stehen, abschieben zu können. Diese beiden Prinzipien will Schäuble schlicht ausweiten, so scheint es.

Was zeigt, dass der Schutz der Menschenwürde bereits rissig ist in Deutschland. Und diese Risse kann man nun dazu verwenden, um hier Hebel und Stemmeisen anzusetzen, um diese Risse zu vergrößern. Statt also die Vorschläge Schäubles zu diskutieren, sollte man lieber diskutieren, diese bereits vorhandenen Risse beim Schutz der Menschenwürde wieder aus dem Gesetz zu beseitigen! Leider werden solche Forderungen dank der radikalen Angriffe Schäubles und der Union auf das Grundgesetz kaum irgendwo Gehör finden.

Eventuell dienen die immer radikaler werdenden Vorschläge auch nur dazu, damit die SPD zumindest die Online-Durchsuchung mitmacht. Die Online-Durchsuchung an sich ist schon radikal. Im Vergleich zu den jetzt gemachten Vorschlägen Schäubles verliert die Online-Durchsuchung jedoch in der Wahrnehmung an Radikalität. Ein bekanntes psychologisches Phänomen ("Gummiband-Theorie" zur Urteilsbildung von Volkmann, 1951; später weiter ausgearbeitet von Upshaw, 1962): Beim Erstellen von Wertungs-Urteilen verschiedenster Art (beispielsweise um Urteile zu fällen hinsichtlich solcher fragen wie: Wer sieht gut aus? Welches Gehalt ist angemessen? Was für ein Verhalten ist moralisch gut oder schlecht und so weiter) würden Menschen die gesamte Bandbreite der ihnen bekannten, möglichen Ausprägungen des zu bewertenden Dinges berücksichtigen. Die Menschen beziehen bei ihrer Urteilsbildung die möglichen radikalsten Positionen und Ausprägungen mit ein, um so die relative Position einer zu beurteilenden Sache auf dieser Skala zwischen den gerade noch vorstellbaren Extremwerten festzumachen. War vorher "Online-Durchsuchung" also beispielsweise ganz in der Nähe des Skalen-Endpunktes "moralisch extrem schlecht" oder "politisch undenkbar" angesiedelt, so verschiebt sich die Online-Durchsuchung nun durch die weiteren, neuen Vorschläge in die Mitte der imaginären Skala zwischen "moralisch extrem schlecht" und "moralisch gut" oder zwischen "politisch undenkbar" und "politisch selbstverständlich" (oder ähnliche Bewertungsdimensionen), weil die neuen Vorschläge Schäubles (beispielsweise der Vorschlag, Verdächtige notfalls zu töten) einen neuen Bezugspunkt setzen für den jeweiligen Endpunkt der Bewertungsskala. Die neuen Vorschläge erweitern die Skala zu diesem einen, "schlechten" Ende hin und die Online-Durchsuchung erscheint in diesem Lichte dann nicht mehr als so verwerflich.

Sind die neuen Vorschläge also ein Trick, um der SPD die leichtere Zusage zur Online-Durchsuchung zu ermöglichen?

Schäubles Vorschläge zeichnen sich durch zwei Dinge aus:
  • Er will gegen Leute vorgehen, bevor etwas passiert ist. Es geschah also noch gar kein Verbrechen.
  • Und er will allgemein gegen Verdächtige/Gefährder (ob vor oder nach einem Verbrechen verdächtig) rigoroser vorgehen durch umfassende Überwachung oder gar Kommunikationsverbot oder gar anscheinend langfristiges Einsperren (oder gar Töten?).
Aber zumindest das Töten jenseits einer Notwehr- oder Nothilfesituation denkt Schäuble anscheinend nur für Fälle an, wo tatsächlich ein Verbrechen bereits geschah. Allerdings plant er ja die Einführung eines neuen Straftatbestandes der "Verschwörung". Dann würde das Problem beim ersten Punkt, dass es also eventuell noch gar kein Verbrechen gab, wegfallen. Wir wären dann allerdings beim "Gedankenverbrechen" aus dem Roman "1984" von George Orwell angekommen.

Überhaupt ist schon erstaunlich, wie gut Schäuble die Linie des Romans "1984" einhält. Es sind nicht nur die geplanten "Gedankenverbrechen", sondern beispielsweise auch sein Vorhaben, dass der Staat wissen müsse, was jemand vorhat oder sein Angriff in seinen jüngsten Vorschlägen auf die Trennung zwischen Krieg und Frieden. Auch in "1984" ist ein grundlegender Wesenszug der Gesellschaft, dass das Motto "Krieg ist Frieden" propagiert wird.

Ist es nicht seltsam, wo diese Debatte um die Innere Sicherheit inzwischen gelandet ist? Ganz am Anfang nach dem 11. September standen Vorschläge im Vordergrund, wie man die technische Arbeit der Sicherheitsbehörden verbessern könnte. Von neuen Gesetzen war da nicht die Rede. Stattdessen von einbruchssicheren Cockpits, Air-Marshalls, besseren Flughafenkontrollen und so weiter. Dann wurde die bessere Arbeit der Geheimdienste gefordert: Bessere Ausbildung, bessere Ausstattung, mehr Personal, das Arabisch spricht und in die Szene eintauchen kann. Alles noch im Rahmen bestehender Gesetze. Und mit der Zeit kamen dann die Forderungen auf, den Datenschutz teilweise auszuhöhlen beispielsweise per Vorratsdatenspeicherung. Dann die Forderung, die seit 60 Jahren bewährte Trennung von Polizei und Geheimdiensten aufzuweichen mit der Anti-Terror-Datei. Dann die Forderung, dass der Polizei geheimdienstliche Mittel wie heimliche, unsichtbare Ausforschung des intimsten Privatbereichs der Bürger erlaubt sein müsse, bevor es überhaupt zu einem Verbrechen gekommen ist (Online-Durchsuchung). Und schließlich die Forderung nach Aufhebung der Trennung zwischen Kriegs- und Friedenszustand, der öffentlich geäußerte Wunsch Schäubles nach Einschränkung der Kontrolle der Exekutive durch die Legislative (keine Kontrolle der Geheimdienste mehr durch das Parlament) und das Absprechen der Menschenwürde von vage und letztlich willkürlich einer möglichen Verbrechensplanung Beschuldigten.

Schaut man sich diese Entwicklung an, könnte man meinen, dass es seit dem 11. September 2001 bei uns in Deutschland eine enorm große Menge an Terroranschlägen gegeben hätte oder dass man seit dem 11. September gar nichts gemacht habe, dass die Sicherheitsbehörden faul die Hände in den Schoß gelegt hätten seitdem und der Staat am Rande des Zusammenbruchs stehen würde.

Ist es da immer noch hysterisch, von einer Lawine zu sprechen, die die Politik (Union, SPD und Grüne und auf Länderebene - siehe Polizeigesetze - auch die FDP) hier in Gang gesetzt hat, um die Fundamente des Rechtsstaates auszuhöhlen?

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