Samstag, 18. August 2007

Grenzenloser Spaß

Vergnügungsparks? Kino? Partys? Antidepressiva oder sonstige Drogen? Lottogewinn? Gesundheit? Neue Arbeitsstelle? Lohnerhöhung? Weltfrieden?

Brauch ich nicht. Denn ich habe gerade mein Java aktualisiert.

Screenshot vom Java-Setup-Programm: Installation beendet

Der Text auf dem Screenshot lautet:

Vielen Dank! Sie haben Java erfolgreich installiert. Das Internet mit Java-Unterstützung steht jetzt zu ihrer Verfügung. Freuen Sie sich auf grenzenlosen Spaß mit Java-Anwendungen und -Spielen.


Warum wird nun auch schon kostenlose Software mit Marketing-Sprüchen ausgestattet, die erstens gar nicht nötig sind (kostenlos...) und die sich zweitens sonst nur halbseidene Firmen zulegen?

Deutsche lieben das Rückständige

Ich gebe zu: Früher sträubte ich mich dagegen, bettelnden Leuten in der U-Bahn oder vorm Supermarkteingang Geld zu geben. Bei den "Supermarkt-Bettlern" konnte man häufig sehen, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Alkoholiker handelte. Meine Befürchtung war, dass jeder gespendete Euro sofort wieder in Alkohol umgesetzt werden würde. Bei den Bettlern in der U-Bahn handelte es sich häufig um gutgekleidete Musikanten mit teuren Instrumenten, die zudem bereits von anderen Passagieren meist ordentlich Geld bekamen.

Die Situation hat sich verändert. Die heutigen Bettler sind keine spezielle Gruppe von Leuten mehr. Man sieht in der Großstadt alle Altersschichten und die unterschiedlichsten Personentypen betteln. Die meisten still und verschämt.

Ich gebe pro Tag nun - so ich auf einen Bettler treffe - immer mindestens einen Euro, ohne mir die Person näher anzuschauen. Der Gründe für ihre mießliche Lage sind heute genug vorhanden. Ein kleiner Fehler der Betroffenen reicht heute aus und die erbärmlichen Hartz-IV-Almosen werden für einen oder mehrere Monate gänzlich gestrichen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Aber Fehler sind gar nicht nötig. Es reicht, als Hartz-IV-Empfänger krank zu werden und die Kosten für die nötigen Taxifahrten zum Arzt nicht erstattet zu bekommen, wie der Deutschlandfunk darstellt.

Es ist ein erheblicher kultureller und gesellschaftlicher Rückschritt, den Deutschland in den letzten Jahren unter Rot-Grün und nun unter der großen Koalition vollzogen hat. Das Gebot des Almosengebens unter Muslimen empfand ich immer als recht zwiespältig - einerseits empfand ich es als fortschrittlich, andererseits als rückständig. Almosengeben ist ein Fortschritt, wenn sich zuvor um Arme gar nicht gekümmert worden war. Aus Sicht des modernen Sozialstaates jedoch erscheint mir das Almosengeben als unwürdig - sowohl für den Geber als auch den Empfänger. Denn Almosen helfen nicht wirklich. Ihnen wohnt vielmehr die Gefahr inne, die Armut der Betroffenen zu zementieren.

Hartz IV jedoch ist inzwischen nichts weiter mehr als ein unzuverlässiges staatliches Almosen. Von den Versprechen, es mit umfangreichen, wirkungsvollen Fördermaßnahmen zu verbinden, ist nichts geblieben. Hartz IV hat somit die Armut noch stärker als zuvor die Sozialhilfe zementiert. Der Sozialstaat ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Und da selbst Hartz IV teilweise ganz gestrichen werden kann und manchen Menschen absolut jegliche Unterstütztung vom Staat verweigert werden kann, muss man heute das private Almosengeben und das islamische Gebot zum Almosengeben leider wieder als etwas "Fortschrittliches" ansehen. Man könnte sagen: Das sogenannte christliche Abendland (das schon länger nur noch ein pseudochristliches Abendland ist - welcher sogenannte "Christ" kennt sich denn heute noch aus in "seiner" Religion?) sollte sich schämen. Aber ob nun Christ, Muslim, Atheist oder Ich-weiß-nicht-was-ich-glaube-Typ, die Vorteile eines Sozialstaates benötigen zur Rechtfertigung eigentlich keinen religiösen Hintergrund. Der gesunde Menschenverstand und etwas Menschenliebe reichen aus, um seine Vorteile zu erkennen und den neoliberalen Dreck, der immer zum Inhalt hat, dass es den regulierenden, helfenden Staat nicht braucht, als schädlich für die Gesellschaft und somit die große Masse der Menschen zu entlarven.

Freitag, 17. August 2007

Besserer Mensch durch gesperrte Handy-Schnittstellen

Manchmal erscheinen einem die deutschen Medien wie alte Damen, die schon etwas dement beim täglichen Kaffeekränzchen die Welt sich so zurechtlegen, wie sie sie von ihrem Tischchen im Café aus meinen wahrnehmen und verstehen zu können.

Dieses Gefühl der eklatanten Unzulänglichkeit bei der Berichterstattung tritt bei deutschen Medienkonsumenten vor allem auf bei Themen, die irgendwie mit "Technik" zu tun haben, gar mit "Kommunikationstechnik". Dann wird es richtig grausam. Dann werden in deutschen Medien oftmals Behauptungen aufgestellt, die eher darauf schließen lassen, dass auch ein wenig Hochprozentiges im Kaffee war.

So behauptet die Frankfurter Rundschau/DPA frech in Bezug auf neue Sperrmöglichkeiten der Übertragungsschnittstellen (Bluetooth und Infrarot) bei Handys (die Meldung wird wie üblich bei der Frankfurter Rundschau in wohl einigen Tagen online gelöscht worden sein):

Mit den Schnittstellen zum kostenlosen Tausch von Inhalten tauchte auch das Phänomen des "Happy Slapping" auf. (Quelle)


Und unwidersprochen wird weiter berichtet:

"Da besteht schon die Gefahr, dass jemand verprügelt wird, nur weil es die technische Möglichkeit gibt, das zu verbreiten", räumt der Mobilfunk-Chef ein. (Quelle)


Ach wirklich? Die Schnittstellen bei Handys sind also die Ursache für Übergriffe von Jugendlichen auf wehrlose Opfer ("Happy Slapping")? Erstaunlich, dass das die Frankfurter Rundschau/DPA einfach so weiß. Woher nur? Irgendwo muss es geheime Studien geben, von denen nur sie und kein Sozialwissenschaftler sonst auf der Welt weiß. Mysteriös!

Die besondere Vorgehensweise, Gewalt auf Video aufzunehmen, mag durch Handy-Cams begünstigt werden. Aber dass Jugendliche überhaupt auf den Gedanken kommen, gewaltsam gegen Opfer vorzugehen, wird wohl kaum alleine durch das Vorhandensein einer Handy-Cam ausgelöst werden. Wie müsste man sich ansonsten dann die jugendliche Gewalt vor Erfindung von Handy-Cams erklären?

Viel wahrscheinlicher ist wohl, dass vorhandene Gewalttendenzen und Gewaltwünsche durch Handy-Cams nur eine besondere Form annehmen. Vielleicht verringern Handy-Cams sogar weitere körperliche Übergriffe auf das Opfer, da die Gewalttat ja auf Video gebannt ist und die Gewalttäter sie so jederzeit wieder vergegenwärtigen können? Es könnte natürlich genauso sein, dass die Jugendlichen, die eh gewaltbereit sind, zusätzliche Motivation erhalten, weitere Opfer zu suchen. Dann würden wenige Jugendliche mehr Gewalttaten begehen, jedoch nicht insgesamt die Anzahl gewaltbereiter Jugendlicher größer werden. Wer weiß?

Aber jeder ist ja sein eigener Psychologie- und Pädagogik-Experte. Was braucht man da Fachleute und Studien? Hat nicht jeder schon erfahren, wie eine anwesende Kamera die Situation und das Verhalten verändert? Na, eben. Also wird aus friedlichen Jugendlichen logischerweise allein durch Handy-Cams und Übertragungsmöglichkeiten der Videos gewalttätige Jugendliche. Wirklich völlig logisch. Zumindest anscheinend für leicht angesäuselte Journalisten.

Ich vermute hinter der Sperre dieser Datenübertragungs-Schnittstellen durch Handy-Anbieter eher kommerzielle Interessen der Netzbetreiber. So können die Jugendlichen bei Sperrung dieser Schnittstellen auch keine Klingeltöne oder Logos oder harmlose sonstige Bilder mehr kostenlos an den Netzbetreibern vorbei auf ihre Handys kopieren und müssen nun dieses Zeug wie möglicherweise irgendwelche selbstgedrehte Videos durch kostenpflichtige MMS aufs Handy übertragen.

Aber liebe Medien, da müsst ihr noch einiges mehr an Propaganda der Netzbetreiber und Unions-Politiker raushauen, bis die Eltern diesen Quatsch glauben. So doof sind die nämlich nicht, um diesen Kommerz-Trick nicht zu durchschauen. Denn Eltern sind, was Technik (und Kindererziehung) betrifft, weitaus intelligenter als so manche einsamen, lebensfremden, alten Journalisten-Zausel hinter ihren mechanischen Schreibmaschinen, die die Jugend auf Schulhöfen nur betrachten als eine Meute von gewalttätigen, pornosüchtigen, gefährlichen Subjekten, die mittels Verboten und Überwachungsmaßnahmen im Zaum gehalten werden muss. Bis diese Subjekte dann logischerweise 18 Jahre alt sind und über Nacht wie durch Zauberhand zu vertrauenswürdigen, disziplinierten Erwachsenen werden und keinerlei Verbote und Sperren mehr benötigen.

Das Prinzip des Erwerbs von Medienkompetenz als pädagogische Aufgabe ist aber auch viel zu schwierig zu verstehen für manche/viele Journalisten und auch - sieht man sich die Kommentare zu der neuen Handy-Sperrmöglichkeit von Seiten der Schulvertreter an - für die meisten Lehrer. Verbote und Überwachung besitzen in Deutschland hohes Ansehen. Andere Völker glauben daran, dass Schamanentänze den Wind veranlassen, Regen herbeizubringen. Deutsche glauben daran, dass jedes Problem durch ein Verbot, Sperren und Zensur aus der Welt geschafft werden kann. So hat eben jedes Völkchen seine Marotten.

Nachtrag: Auch Mario Sixtus echauffiert sich über die unkritische Weiterverbreitung der PR der Handyhersteller und Netzbetreiber in dieser Sache durch Journalisten: Vodafone macht Übertragung von Gewaltvideos kostenpflichtig.

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Donnerstag, 16. August 2007

Lakonisch, das ist das richtige Wort

(Via Joe per E-mail) Es war Liebe auf den ersten Blick, als ich diese Homepage des Künstlers David Shrigley anklickte. Besonders seine Fotos oder auch diese kleine Zubettgeh-Geschichte haben es mir angetan. Ganz entzückend.

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Mittwoch, 15. August 2007

Manchmal ist die Einsamkeit der beste Gefährte

Der Mensch ist für mich gleichzeitig das interessanteste und das am meisten nervende Etwas, das es gibt auf der Welt. Mal eher das erste, mal eher das zweite, mal beides gleichzeitig. Insofern finde ich es (neben dem täglichen Schutz der eigenen Privatsphäre) für die seelische Gesundheit wichtig, dass es da draußen Plätze gibt, die der Mensch noch nicht besiedelt hat und hoffentlich nie besiedeln wird. Seien es bewusst ausgesparte Naturschutzgebiete oder für den Menschen unattraktive Wüsteneien wie große Teile der Sand- und Steinwüsten oder auch der Antarktis oder gar die Weiten der Ozeane. Ich glaube, der Mensch braucht fürs seelische Gleichgewicht den realen oder auch nur imaginären, vorm inneren Auge erzeugten Blick auf unbewohnte, menschenfreie Gegenden, das Bewusstsein, dass es da etwas gibt, was größer ist als er und nicht von ihm beherrscht wird. Wie eben zum Beispiel eine unberührte, oder zumindest menschenleere Natur. Einfach, um beruhigt festzustellen, dass die manchmal nervenden Mitmenschen oder die hektische, nervende Umwelt nicht alles ist, was es gibt. Eine religiöse oder pseudoreligiöse Überhöhung der "unberührten Natur" (wie beispielsweise in der Romantik) ist dabei gar nicht nötig, um sich in seinen Fantasien an einer unbeherrschten Wildnis zu "ergötzen". Ich fände es beispielsweise enorm irritierend, wenn es schon heute Städte auf dem Mond gäbe, deren Lichter man vielleicht sogar per Fernglas oder mit dem bloßen Auge am Nachthimmel sehen könnte. Dann würde auch der letzte Punkt mehr oder weniger unberührter "Natur", den man beispielsweise abends in einer Großstadt von überall her sehen kann, seine "Unschuld" verloren haben. Stattdessen blinzelten auch von dort auf dieser Scheibe am Himmel die gleichen Stadtlichter zurück, die einen auch rechts und links umgeben.

So finde ich das Gedankenexperiment in dem Buch "Die Welt ohne uns", über das Spiegel.de berichtet, faszinierend: Was geschähe mit der Erde, wenn die Menschheit von heute auf morgen einfach verschwunden wäre?

Gut, das Gedankenexperiment ist ein alter Hut und schon in diversen Science Fiction Filmen und Büchern durchgekaut worden. Aber Alan Weisman, Autor des oben erwähnten Buches, geht der Sache anscheinend wissenschaftlich fundierter auf den Grund.

Die modernen Städte würden schnell verfallen. Das Ruhrgebiet und angrenzende Gebiete beispielsweise würde sich innerhalb weniger Tage zu circa einem Drittel in eine Seeenlandschaft verwandeln, wenn mangels Treibstoff die Pumpen ausfallen, die derzeit die durch den Bergbau weiträumig abgesunkenen Gebiete vom Grundwasser frei halten. New York und anderen Großstädten erginge es ähnlich - nicht wegen Bergbauspätfolgen, sondern wegen des durch U-Bahn- und sonstige Tunnel maroden Untergrundes. Die Niederlande, einige Nordseeinseln und später auch viele Städte an Flussmündungen verschwänden relativ rasch. Viele Haustiere des Menschen würden bald aussterben wie beispielsweise Pferde und manche Rinderarten, weil sie der wilden Konkurrenz auf lange Sicht unterlegen wären oder mit den harscheren Lebensbedingungen auf Dauer nicht klar kämen. Das Pferd starb deshalb bereits einmal aus. In Amerika nämlich, als das Klima sich dort etwas änderte und das Gras nicht mehr so wuchs, wie es das empfindliche Tier brauchte. Am längsten sichtbar auf der Erdoberfläche und im Meer wäre wohl das ganze Plastikzeugs. Aber die unvergänglichsten Artefakte des Menschen dürften die Raumsonden Pioneer 10, Pioneer 11, Voyager 1 und Voyager 2 sein, die alle auf dem Weg raus aus unserem Sonnensystem und rein in die galaktische Unendlichkeit sind. Genau wie die Radiowellen, die Radio und Fernsehen in den letzten Jahrzehnten in den Äther und damit auch in den Weltraum abgestrahlt haben und die sich immer weiter mit Lichtgeschwindigkeit von der Erde entfernen.

Mit am schnellsten verschwunden aus dem Universum wäre nach dem lautlosen Abgang der Menschheit jedoch sicherlich das Internet und mit ihm auch dieses kleine Weblog. Schnüff.

Arbeitsverweigerung bei der Bundesanwaltschaft?

(Via Sargnagelschmiede) Ich gehe mal davon aus, dass selbst die Behörde namens Bundesanwaltschaft nur begrenzte Ressourcen hat und die Mitarbeiterzahl nicht gegen unendlich geht.

Ich gehe weiterhin davon aus, dass der Aufgabenbereich der Bundesanwaltschaft ein wichtiger ist. Sprich: Die sind dazu da, weil es Wichtiges zu tun gibt.

Diese wichtige Arbeit, die die Bundesanwaltschaft eigentlich zu erledigen hätte, liegt nun offensichtlich weitestgehend brach. Die Leute dort scheinen stattdessen die Zeit auszufüllen mit Pseudoaktivitäten.

So nur kann ich das Verhalten dieser Behörde im Umgang mit einer lächerlichen Gruppierung namens "Militante Gruppe" bewerten. Statt sich um die Sicherheit des Staates zu kümmern, jagt die Bundesanwaltschaft mit anscheinend riesigem Aufwand Leute, die manchmal irgendwelche leerstehenden Fahrzeuge abfackeln. Das ist Sachbeschädigung, das ist nicht gut. Auch das Verschicken von Drohbriefen ist alles andere als witzig. Aber die Frage muss erlaubt sein, ob so etwas rechtfertigt, umfangreichste Hausdurchsuchungsaktionen mit mehreren hundert beteiligten Polizisten durchführen zu lassen, Wissenschaftler unter fadenscheiniger Begründung einzusperren und schätzungsweise mehr als 330 Aktenordner mit insgesamt 80.000 Seiten anzulegen.

Die TAZ berichtet:

Wenig Substanzielles kann die BAW auch im Zusammenhang mit der bundesweiten Razzia gegen 18 G 8-Gegner vom 9. Mai vorweisen. Den Anwälten sei in der Zwischenzeit "teilweise Einsicht in digitalisierte Akten" gewährt worden, so einige der Beschuldigten. "Wahnsinnig" sei der Umfang der angesammelten Dokumente: "33 Ordner mit 400 bis 600 Seiten durften eingesehen werden - das waren aber nur zwölf Prozent des gesamten Materials." Insgesamt seien über 80.000 Seiten an den Bundesgerichtshof weitergeleitet worden. (Quelle)


Je mehr Zeit und Geld und Arbeitsstunden die Bundesanwaltschaft in die anscheinend verzweifelte Suche nach irgendwelchen angeblich gefährlichen Möchtegern-Linksterroristen steckt, desto unsicherer fühle ich mich als Bürger - weil das nur auf Kosten wichtigerer Ermittlungen gehen kann. Bleibt die Frage, was die Behörde dazu treibt. Faulheit, sich mit wirklichen Problemen zu beschäftigen, oder kommen die Anweisungen ganz von oben, sprich aus dem Bundesinnenministerium? Letzteres wäre seltsam, denn Schäuble spricht doch ständig davon, dass es immense Terrorgefahren geben würde. Sollte man dann also nicht haushalten mit den Ressourcen der Strafverfolgungsbehörden statt mit riesigem Aufwand Kleinkriminelle zu jagen, die als einzige Besonderheit gegenüber dem gemeinen Vandalisten (bewusste Wortneuschöpfung von mir, denn der Vandale/die Vandalen haben ja eigentlich nichts mit dem Vandalismus zu tun) ihren diversen Sachbeschädigungen irgendwelche Zettel mit was Geschriebenem drauf beilegen?

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Dienstag, 14. August 2007

Der Niedergang Deutschlands

Wachsende Armut, wachsende soziale Unsicherheit, wachsende Hilflosigkeit der Politik, immer rigideres Vorgehen von Behörden, immer mehr Gesetze zur Überwachung der Bevölkerung, Privatisierungen allerorten, immer weniger Geld für Schulen und Universitäten und so weiter.

Das alles hängt miteinander zusammen. Und dabei handelt es sich keineswegs um eine Verschwörungstheorie. Die Ursache lautet schlicht "Neoliberalismus". Christoph Butterwegge, Professor für Politikwissenschaft an der Uni Köln, erläutert diesen Zusammenhang in einem zugegebenermaßen nicht leicht lesbaren, dafür aber äußerst lesenswerten Interview bei Telepolis.de: Privatisierung des Wohlfahrtsstaates gefährdet Demokratie.

Siehe dazu auch: Der Reiche - das ewige Opfer, sowie alle anderen Weblog-Einträge hier mit dem Label "Neoliberalismus".

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Österreicher(in) müsste man sein...

... dann würde man vor fragwürdigen Abmahnungen deutscher Firmen eventuell verschont bleiben, vermute ich. Dies ist wohl die Lehre, die man aus diesem Stück ziehen muss.

Kurzzusammenfassung: Die deutsche Firma "Restposten24" drohte per E-mail einer anscheinend österreichischen Bloggerin namens "Zuckerwatte" mit rechtlichen Schritten wegen Kritik der Bloggerin an Restposten24. Es ist ja schon einmal positiv, dass Restposten24 nicht sofort eine kostenpflichtige Abmahnung schickte, so wie sonst üblich in Deutschland, sondern zunächst nur per E-mail drohte. Negativ ist, dass die Ausführungen von Restposten24 für mich nicht unbedingt nachvollziehbar waren.

Aufregung erzeugte in der Blogosphäre zudem, dass Restposten24 anscheinend auch einen weiteren Blogger, der nur über den Streit zwischen Restposten24 und Zuckerwatte berichtet hatte, ebenfalls aufforderte, seinen Artikel zu löschen. Und schließlich forderte Restposten24 gar, einen Kommentar eines anderen, mutmaßlich ebenfalls österreichischen Bloggers zu entfernen, der nur aus einem "Smiley" - also der Zeichenfolge ";-)" - bestand.

Mittlerweile teilte Restposten24 mit, anscheinend keine rechtlichen Schritte gegen die Blogger einzuleiten. Warum? Vielleicht, weil man gemerkt hat, dass sich solche Drohungen Kunden gegenüber nicht gut machen? Oder liegt es eventuell schlicht daran, dass man den bedrohten Bloggern rechtlich von Deutschland aus eventuell schlecht beikommen kann? Die zuerst per E-mail angeschriebene Bloggerin "Zuckerwatte" scheint nur per Pseudonym zu schreiben und wäre demnach für Restposten24 nicht so einfach per kostenpflichtiger Abmahnung zu erreichen. Und die anderen von Restposten24 angeschriebenen Blogger scheinen alle Österreicher zu sein. Ich vermute, dass Deutsche, die nicht unter Pseudonym schreiben, nicht so einfach weggekommen wären und vielleicht direkt - ohne Warnung per E-mail - eine kostenpflichtige Abmahnung von Restposten24 zugeschickt bekommen hätten. Das jedenfalls muss man mittlerweile als übliche Vorgehensweise in Deutschland von Firmen gegenüber Kritik von Privatpersonen an ihren Produkten oder ihren Dienstleistungen ansehen.

Auch ein Smiley könnte vor einem deutschen Gericht neuerdings durchaus als Angriff auf die Persönlichkeitsrechte von Restposten24 angesehen werden. Dies meine ich ernst. Das wäre durchaus denkbar, weil es momentan unklar ist, was ein deutsches Gericht alles als Beleidigung auffassen könnte oder nicht. Deutsche Gerichte tendieren nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2005 mittlerweile dazu, im Zweifelsfall alles als Beleidigung aufzufassen, was eventuell als solche verstanden werden kann und somit dann das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen (auch Firmen haben anscheinend in Deutschland ein Persönlichkeitsrecht) tangiert. Ich halte es unter diesen Umständen nicht für abwegig, dass ein deutsches Gericht urteilen könnte, dass ein Smiley als eine Zustimmung zu einer Aussage zu verstehen ist. Und wenn die betreffende Aussage beispielsweise eine unbewiesene Kritik oder eine Beleidigung gewesen ist, könnte auch solch ein Smiley in einem Kommentar als unzulässig gewertet werden.

Dass der Grund für den Rückzieher von Restposten24 tatsächlich darin liegen könnte, dass die betroffenen Blogger Österreicher sind, wird schließlich auch durch die Tatsache nahe gelegt, dass Restposten24 bislang nicht gegen den klaren Boykottaufruf ("Mein Fazit nach der ganzen Sache ist und bleibt: Finger weg von Restposten24.de.") eines der beteiligten Blogger vorgegangen ist. Ein Boykottaufruf ist zumindest in Deutschland mit einigen rechtlichen Risiken (siehe dort Abschnitt III "Kriterien für legale Konsumboykotte") verbunden. Wie das in Österreich aussieht, weiß ich nicht und ob eine deutsche Firma gegen einen Boykottaufruf eines Österreichers so leicht gerichtlich vorgehen kann, weiß ich auch nicht.

Jubelrufe darüber, dass eine Firma eingesehen hat, dass Drohungen gegenüber Kritikern nicht gut fürs Image sind, scheinen mir jedenfalls verfrüht zu sein. Die Gründe für den Rückzieher von Restposten24 könnten ganz woanders liegen. Als bloggende Privatperson ohne eigene Rechtsabteilung und Chefredaktion sollte man meiner Meinung nach also weiterhin bei der derzeitigen Rechtssprechung in Deutschland entweder genug Geld und Nerven haben und täglich (wirklich täglich!) eingehende Post auf mögliche Abmahnschreiben prüfen, oder eben - so lange die Politik nicht aufwacht und das Abmahnwesen neu regelt - aus schlichter Notwehr als Privatperson ohne gewerbliche Interessen unter Pseudonym schreiben, um so allzu hanebüchenen Abmahnungen wegen des Mehraufwands des Abmahners hinsichtlich der Recherche nach einer abmahnfähigen Adresse vorzubeugen.

Siehe dazu auch: Deutschland - Land der anonymen Blogger.

Nachtrag: Sascha weist in seinem Augs.blog auf die laufende Petition gegen den Abmahnwahn in Deutschland hin.

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Sonntag, 12. August 2007

Spukiges Spock.com

Bislang wurde ich eher als etwas spinnert belächelt wegen meines Bemühens, im Internet nur unter Pseudonym aufzutreten. Ich bin eine völlig normale Person, keine Berühmtheit, niemand, der aus juristischen Gründen etwas zu verbergen hätte. Dennoch findet man unter meinem realen Namen kaum etwas im Internet über mich, obwohl ich das Internet seit 1996 nicht nur als passiver Konsument nutze und obwohl ich beruflich viel mit dem Internet zu tun habe.

Der Hauptgrund meiner Abstinenz, Daten über mich im Internet preiszugeben, war, dass ich mir schon früh bewusst war, dass es bald automatisierte Dienste und Services geben würde, die alle möglichen und an vielen Orten im Internet verstreuten Informationen über jede x-beliebige Person zusammentragen werden und somit die intensive personenbezogene Recherche bald von jedem durchgeführt werden kann, der zumindest die Fähigkeit besitzt, einen Computer einzuschalten und einen Webbrowser zu starten.

Spätestens ab jetzt gibt es einen derartigen Dienst, wie die Netzeitung/Golem berichtet:

Spock.com will "Ergebnisse rund um Menschen präsentieren. Auf diese Weise unterscheiden wir uns von anderen Suchmaschinen: Wir sind nur auf Menschen ausgerichtet", verkündete Jay Bhatti, einer der Gründer, zum Start am Mittwoch. Die Daten beschafft sich Spock.com vor allem aus sozialen Netzwerken wie Xing, Flickr oder Facebook. (Quelle)


Die beschaffen sich die Daten einfach, die fragen nicht vorher. Wie das mit dem Beschaffen der Daten funktioniert? Beispielsweise durch automatisiertes Abgrasen der bei Online-Communities von den Nutzern hinterlegten Profile und Daten durch dafür extra programmierte sogenannte "Crawler"-Programme. Oder vielleicht auch mittels Ausnutzen bekannter Sicherheitslücken bei den verschiedenen Community-Webseiten.

Da entsteht also mit Spock.com eine kinderleicht zu bedienende, zentrale Menschen-Durchleuchtungs-Suchmaschine. Früher musste man "Hacker" sein, um an solch umfangreiche Daten aus solch verschiedenen Quellen zu kommen. Heute kann jeder nach der Suche bei Google schnell auch noch bei Spock.com vorbeischauen.

So, und nun noch viel Spaß mit Facebook, Xing, StudiVZ, SchülerVZ und sonstigen tollen Community-Websites und Foren oder mit den umfangreichen Infos zu eurer Person auf der Website eures Arbeitgebers oder auf eurer privaten Homepage!

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Asylanten? Was ist das denn?

Das fehlende Medienecho in Deutschland auf eine herbe Kritik des UN-Flüchtlingskommissariats an Deutschland spricht Bände. Denn es geht bei der Kritik um Asylanten, um den Umgang Deutschlands mit anerkannten Asylsuchenden. Asylanten gelten in Deutschland inoffiziell nicht als Menschen. Das breite Schweigen in den Medien in Bezug auf die UN-Kritik bestärkt mich in dieser Wahrnehmung.

Zumindest Süddeutsche.de berichtet:

Es sei unvereinbar mit dem Völker- und Europarecht, anerkannten Flüchtlingen und Personen, die aus menschenrechtlichen Gründen vor Abschiebung geschützt werden, die freie Wohnsitzwahl zu verwehren, wenn sie Sozialleistungen beziehen, so das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR). In einer an diesem Freitag in Berlin veröffentlichten Stellungnahme betont die UN-Organisation, solche Auflagen würden gegen die Genfer Flüchtlingskonvention sowie andere Menschenrechtsverträge wie die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und gegen EU-Recht verstoßen. [...] Das UNHCR wies darauf hin, welch schwerwiegender Eingriff die Beschränkung der Wohnsitzfreiheit für die Betroffenen bedeute. Die Maßnahme könne im Einzelfall lebenslang greifen. (Quelle)


Lieber bricht Deutschland also anscheinend internationales Recht und internationale Abkommen, als Asylsuchenden den Status "Mensch" zuzuerkennen.

Nachtrag: Als weiteres Beispiel für den oft menschenverachtenden Umgang mit Aslybewerbern in Deutschland berichtet heute Zeit.de über die Arbeitsmethoden der Ausländerbehörde in Malchin, einer Kleinstadt in Dunkeldeutschland, sprich in Mecklenburg-Vorpommern, Landkreis Demmin: Mit Akten und Pistolen. Ein Auszug:

Bei Flüchtlingen, Rechtsanwälten und Beratungsstellen ist die Demminer Behörde nicht nur wegen Pistolen zwischen Aktendeckeln berüchtigt. Mehrere Untätigkeitsklagen sind anhängig, weil Anträge monatelang nicht bearbeitet werden – auch dann nicht, wenn es zum Beispiel um kranke Flüchtlinge geht, die dringend aus dem entlegenen Asylbewerberheim des Landkreises ausquartiert werden müssten. [...] Anja Matz vom Psychosozialen Zentrum für Migranten (PSZ) in Greifswald [...][:] "Bewusstes Schikanieren von Asylbewerbern ist in diesem Landkreis kein Einzelfall. Der Ermessensspielraum im Ausländerrecht wird von der Behörde immer wieder menschenunwürdig ausgelegt." (Quelle)


Man muss sich das vergegenwärtigen: Da suchen Verfolgte aus anderen Ländern Schutz in Deutschland und die zuständigen Behördenmitarbeiter meinen, Waffen tragen zu müssen. Aber diesen Ungeist, der hinter dem Umgang mit Asylbewerbern in Deutschland deutlich wird, muss man breit angelegt bekämpfen. Dahinter steht letztlich die Vorstellung, dass es wertvolle und nicht so wertvolle Menschen gibt. Es ist das gleiche Denken, dass man auch bei einigen neoliberalen "Denkern" findet. Es ist das gleiche Denken, dass letztlich durch die unwürdigen Regelungen von Hartz IV in Gesetzesform gegossen wurde. Es ist das typisch deutsche Denken, nicht Verhältnisse, Strukturen, und gesellschaftliche Bedingungen als Ursache von Missständen zu sehen, sondern Menschen und Menschengruppen. Es ist das gleiche Denken, ohne das der Holocaust nicht möglich gewesen wäre.

Nachtrag 2: Die Methoden der Demminer Ausländerbehörde werden jetzt von vielen Seiten kritisiert. Glücklicherweise. Es gibt also doch noch eine gewisse Empfindlichkeit in Bezug darauf, was ein anständiger Umgang mit Menschen ist und was nicht. Die Staatsanwaltschaft prüft sogar anscheinend ein Ermittlungsverfahren gegen die Ausländerbehörde. NDR-Online berichtet: Landrat wusste von Waffen in Ausländerbehörde.

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Zurück in die Steinzeit

(Angeregt durch diesen extrem lesenswerten Artikel bei Citronengras: Zeitgeistscheiß)

Früher, so im 19. Jahrhundert, als die Welt noch unzivilisiert war, sagte man sich: Unsere Stadt braucht ein Kanalisationssystem! Das ist zwar teuer, aber dann riecht es nicht mehr so streng, die Lebensbedingungen verbessern sich also, das macht auch das Wirtschaften leichter und angenehmer und so wird sich der Bau einer Kanalisation schon irgendwie am Ende rechnen.

Heute muss die Kanalisation selbst plötzlich Gewinne erwirtschaften und wird deshalb privatisiert. Die Folge: Eine private Firma bemächtigt sich der Abwassergebühren, investiert aber nichts in die Reparatur oder den Erhalt der Kanalisation, weil sie eh vorhat, nach einigen Jahren wieder auszusteigen aus diesem Geschäft. Geld stinkt eben nicht, langfristiges Rumreparieren in schmutzigen Abwasserkanälen jedoch schon.

Eine saubere Stadt reicht heute nicht mehr, es muss Gewinn her!

Früher, so im 19. Jahrhundert, als die Welt noch unzivilisiert war, sagte man sich: Unsere Stadt braucht ein modernes Krankenhaus! Das ist zwar teuer, aber dann sterben die arbeitsfähigen Leute nicht mehr so jung, man kann länger von ihrer Erfahrung und Arbeitskraft profitieren und überhaupt fühlt sich jeder besser mit einem Krankenhaus in der Nähe. Das verbessert die Lebensbedingungen und erleichtert auch das Wirtschaften und so wird sich das Krankenhaus über steigende Steuereinnahmen andernorts sicherlich am Ende irgendwie rechnen.

Heute muss das Krankenhaus selbst plötzlich Gewinne erwirtschaften und wird deshalb privatisiert. Die Folge: Die private Firma konzentriert sich nur noch auf Behandlungen, die nicht zu teuer sind. Die anderen Kranken haben halt Pech gehabt. Der volkswirtschaftliche Schaden dadurch ist zwar immens, aber zumindest das Krankenhaus erwirtschaftet jetzt einen direkt sichtbaren Gewinn.

Gesunde Menschen reichen heute nicht mehr, es muss Gewinn her!

Früher, so im 19. Jahrhundert, als die Welt noch unzivilisiert war, sagte man sich: Dieses Herumfahren in Kutschen ist doch arg lästig, bauen wir eine Eisenbahn und Straßenbahnen noch gleich dazu. Das ist zwar teuer, aber dann verbessern sich die Lebensbedingungen und auch das Wirtschaften und Handeln wird erleichtert. Am Ende wird unsere Stadt und unser Land schon profitieren und die Kosten für Bau und Betrieb der Eisenbahn werden sich dank gestiegener Steuereinnahmen durch die Ankurbelung der Wirtschaft mehr als rentieren.

Heute jedoch muss die Bahn und der öffentliche Personen-Nahverkehr selbst direkt Gewinne erwirtschaften. Die Folge: Es wird privatisiert und nur noch Strecken werden bedient, auf denen sehr viele Leute unterwegs sind. Das Bahn-Netz zerfällt, die Leute merken, dass sie zum Weiterkommen Autos benötigen und sich nicht mehr auf die Bahn oder den öffentlichen Personen-Nahverkehr verlassen können und kaufen sich ein Auto. Die Straßen werden voller, die Luftverschmutzung nimmt zu, die Lebenshaltungskosten steigen, der Konsum anderer Güter nimmt deshalb ab, denn jetzt fließt das Geld ins Auto, die Wirtschaft insgesamt (außer der Autoindustrie) leidet. Aber zumindest die Bahn schreibt nun schwarze Zahlen.

Der Erhalt des Verkehrsflusses, der Adern des Wirtschaftslebens also, reicht heute nicht mehr, die Adern selbst müssen heute Gewinne machen!

Fazit: Früher, als die Welt noch unzivilisiert war, waren die Leute nur aus auf die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen und auf die Stärkung der Volkswirtschaft. Mit anderen Worten: Sie waren Weicheier und Kommunisten.