Samstag, 10. Februar 2007

Usability ist nicht einfach

Eine gute "Usability" eines technischen Gerätes bedeutet, dass das Gerät einfach zu bedienen ist. Aber was ist "einfach"? Nicht einfach!

Mit Usability bezeichnet man eine Eigenschaft technischer Geräte. Und zwar die Eigenschaft, wie gut oder schlecht sie von Menschen bedient werden können. Man könnte Usability also übersetzen mit "Bedienbarkeit", "Benutzbarkeit" oder ähnlichen Begriffen. Da diese deutschen Begriffe jedoch auch anderweitig und mit andersartiger Bedeutung verwendet werden, erscheint es mir ganz nützlich, beim Begriff "Usability" zu bleiben.

Usability ist eine komplexe Eigenschaft. Das heißt: Es gibt nicht einen oder wenige Faktoren, die bestimmen, wie die Usability aussieht, ob die Usability eines Gerätes also gut oder schlecht ist.

Usability lässt sich von seiner Komplexität her vergleichen mit der Eigenschaft "Nützlichkeit" ("Utility") eines Gerätes. Ob ein Gerät nützlich ist, hängt auch von vielen Faktoren ab, zum Beispiel seiner Funktionsvielfalt, der Zuverlässigkeit eines Gerätes, der Betriebsdauer, der Wartungsfreiheit, der Höhe des Preises, der Präzision, mit der das Gerät seine Aufgaben durchführt und so weiter.

"Nützlichkeit" und "Usability" haben noch mehr gemeinsam: Sie sind nicht alleine abhängig von den technischen Eigenschaften des Gerätes, sondern vor allem auch von den Anforderungen, die der menschliche Nutzer an das Gerät stellt. Soll heißen: Ein und das selbe Gerät kann für den einen Menschen nützlich und bedienbar sein, für einen anderen Menschen jedoch nicht. Und natürlich sind diese beiden Konzepte auch voneinander abhängig: Ein Gerät, das nicht bedienbar ist, ist auch nicht mehr nützlich. Andererseits können Dinge, die das Gerät prinzipiell nützlicher machen (zum Beispiel eine größere Funktionsvielfalt) auch die Implementierung einer guten Usability erschweren. Oft jedoch bedeutet die Erhöhung der Usability eines Gerätes für einen bestimmten Nutzerkreis (zum Beispiel Menschen mit Behinderungen), dass das Gerät auch für den Rest der Nutzer benutzerfreundlicher wird. Die Nützlichkeit eines Gerätes wird jedoch häufig erhöht, indem man das Gerät gezielt für eine ganz bestimmte Nutzergruppe entwickelt. Ein Geländefahrzeug wird für Leute, die es tatsächlich nur für den Einsatz im matschigen Dschungel benötigen, meist nicht besser und nützlicher, wenn man es mit zusätzlichen Funktionen ausstattet, die auch für den Einsatz auf der Straße interessant wären, weil technisch dann häufig ein Mittelweg aus diesen beiden Anforderungen (Dschungel und Straße) entsteht. Das Ergebnis wäre ein Auto, dass interessant für Gelegenheits-Dschungelfahrer ist, aber nicht für Leute, die vor allem auf matschigen Dschungel-Wegen unterwegs sind.

"Nützlichkeit" und "Usability" sind also trotz teilweiser gegenseitiger Abhängigkeit zwei voneinander getrennte Konzepte.

Will man die Nützlichkeit und die Usability von Geräten beurteilen, muss man zunächst fragen, für wen das Gerät in welchen Situationen nützlich und bedienbar sein soll.

Wer sich den folgenden Satz merkt, hat in Bezug auf das Thema "Usability" bereits viel gelernt: Es gibt keine einfachen Rezepte, um die Usability eines Gerätes zu erhöhen.

Einige Usability-Mythen sind, dass Touchscreens, wenige Knöpfe statt vieler Knöpfe oder gar eine Sprachsteuerung automatisch bessere Usability bedeuten würden. So einfach ist es leider nicht.

Man kann grob unterscheiden zwischen zwei Usability-Faktorengruppen:

Erstens Faktoren, die direkt mit physischen Eigenschaften des Gerätes zu tun haben, korrekter: Deren Ausprägungen man durch physikalische Messmethoden feststellen kann. Dazu gehört zum Beispiel die Schriftgröße, das Ansprechverhalten von Tasten oder Touchscreens, die Lautstärke eines Lautsprechers, die Größe von Tasten, die Kontraststärke eines Bildschirmes und so weiter. Diese Faktoren sind der "leichtere Teil" bei der Bestimmung der Usability eines Gerätes. Leicht deswegen, weil es für diese physikalischen Eigenschaften konkrete Designvorschläge gibt. Man muss nur beachten, dass das Gerät eine bestimmte, zuvor in anderen Untersuchungen festgestellte und vorgeschlagene Mindestgröße beispielsweise der Schrift nicht unterschreitet.

Und zweitens Faktoren, die mit dem Begreifen und Verstehen des Gerätes durch den Menschen zu tun haben. Psychologische Faktoren also, die man nur mit psychologischen Messmethoden dingfest machen kann. Leider gibt es anders als bei den physikalischen Faktoren hier keine Tabellen, wo man nachschlagen kann, wie bestimmte Menschen ein neues Gerät begreifen. Das muss bei jedem Gerät jedes Mal neu erforscht werden. Und das ist das, was Usability nicht einfach macht.

Wie Menschen mit einem Gerät umgehen, hängt nämlich vor allem davon ab, welches mentale Konzept jemand bezüglich des jeweiligen Gerät-Dingsbums in seinem Kopf hat. Beispiel: Man stelle sich vor, jemand, der noch nie ein größeres Gewässer wie einen See oder das Meer gesehen hat, findet irgendwo weit vom Ufer entfernt ein Kanu. Da er nicht ahnt, dass es Gewässer gibt, auf denen man herumfahren kann, fehlt ihm das Konzept, wozu das Ding gut ist (Nützlichkeit) und erst recht, wie man es gebraucht (Usability). Was ein Ding für uns ist, hängt also entscheidend von unserem Vorwissen ab. Jemand, der noch nie eine heute typische 2D-Bedienoberfläche eines Heimcomputers mit seiner Ordnerstruktur und seiner Aufteilung in Programme und Dateien und der Zuordnung verschiedener Funktionen zu verschiedenen Programmen und dem Auswählen von Funktionen mittels verschachtelter Befehlsmenüs gesehen hat, wird ratlos aus der Wäsche gucken, selbst wenn er vor dem letzten Apple-Modell mit sicherlich ansonsten exzellenter Usability steht.

Usability hat also viel mit dem Vorwissen der Nutzer zu tun. Da es aber häufig zwingend ist, dass Geräte mehr bieten als das, was bereits existiert, kommen Gerätehersteller häufig nicht drum herum, den Nutzer zu zwingen, sein Vorwissen zu erweitern, sprich den Umgang mit dem Gerät zu erlernen.

Daraus ergibt sich für die Messung der Usability: Wichtig ist, dass ein Nutzer möglichst wenig neu erlernen muss beim Umgang mit einem Gerät, dass er das Neue schnell lernen kann und dass er das Neugelernte auch nach längerer Nichtnutzung des Gerätes nicht wieder vergessen hat.

Nehmen wir das neue iPhone von Apple: Entscheidend für die Usability wird sein, wie schnell ein neuer Nutzer mit der neuartigen Benutzerführung wird umgehen können. Wie schnell lernt er also die im Vergleich zu sonstigen Geräten besondere Bedienweise des Touchscreens? Geht es schnell "in Fleisch und Blut" über, wie man zum Beispiel eine Abspielliste von MP3-Songs auf dem iPhone kreiert oder kommt der Nutzer durcheinander, weil andere Funktionen des Gerätes ähnliche Bedienschritte erfordern und so weiter?

Während es für die physikalische Gestaltung von Geräten klare und überdauernde Richtlinien gibt (Buchstaben müssen immer mindestens eine bestimmte Größe haben, damit Menschen sie einigermaßen lesen können und so weiter), muss ein neues Gerät immer am Menschen hinsichtlich seiner Usability neu getestet werden. Das Zusammenspiel aus Technik und Bedienkonzept, den Anforderungen, Erwartungen und Wünschen bestimmter Nutzergruppen an das Gerät und das Vorwissen und die mentalen Fähigkeiten der Nutzer ergeben zusammen ein derartig komplexes Gebilde, dass kein Designer dieser Welt ein Gerät einfach so am Zeichenbrett entwerfen kann und es wird gut. Der Input von realen Nutzern durch reale Nutzertests (bereits an Prototypen und Mock-Ups) ist absolute Bedingung, um Geräte entwickeln zu können, mit denen anschließend bestimmte Nutzergruppen auch tatsächlich relativ schmerzfrei umgehen können.

Wie Psychologen solche Nutzertests durchführen, was genau in solchen Nutzertests wie gemessen wird, welche weiteren Kriterien für die Messung der Usability dabei wichtig sind neben dem oben genannten Kriterium des schnellen Erlernens des Umgangs mit einem Gerät, ist dann noch einmal ein weiteres umfangreiches Thema, das hier jetzt zu weit führen würde. Weitere Usability-Kriterien sind zum Beispiel: Wie fehlertolerant ist ein Gerät? Wie schnell können einzelne Bedienschritte ausgeführt werden? Wie vorhersagbar verhält sich ein Gerät? Wie stark kann ein Nutzer das Bedienverhalten des Gerätes an eigene Wünsche anpassen? Und so weiter.

Aber ich hoffe, ich konnte in diesem schnellen, unvollständigen Abriss zumindest deutlich machen, dass "Usability" kein einfaches Thema ist. Und das war mein Ziel.

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Freitag, 9. Februar 2007

Überwachung: Schäuble kennt keine Grenzen

In einem Interview mit der TAZ offenbart Schäuble, dass er für die Ausweitung von Überwachungsmaßnahmen prinzipiell keinerlei Grenzen kennt:

[TAZ:] Und was sagen Sie zum Vorwurf, dass der Staat bei der Vorratsspeicherung ins Blaue hinein gewaltige Datenmengen über das Kommunikationsverhalten der ganzen Bevölkerung sammelt?

[Schäuble:] Letztlich geht es immer um die Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit. Die Datenschützer sind ja nicht moralisch höherwertig, weil sie mehr Gewicht auf die Freiheit legen. Und ich bin kein schlechterer Mensch, weil ich mehr Gewicht auf den Schutz vor Verbrechern lege. (Quelle. Direktlink zum Textauszug.)


Schäuble sagt also zwar, dass es theoretisch um eine Abwägung zwischen Sicherheit und Freiheit gehe, aber er persönlich scheint diese Abwägung letztendlich einfach nicht vorzunehmen, denn eine Totalüberwachung des Telekommunikationsverhaltens aller Bürger, so wie sie in der Vorratsdatenspeicherung geplant ist, steht nun einmal in keinem Verhältnis zu der etwas größeren Arbeitserleichterung, die Sicherheitsbehörden durch dieses Gesetz haben und dadurch geschätzt gerade einmal um die 0,006 Prozent mehr Straftaten aufklären dürften.

So konnte man dazu zum Beispiel am 25.01.2007 auf FR-Online.de in der Rubrik "Multimedia" (Artikel leider nicht mehr online) über die Vorratsdatenspeicherung lesen:

Zeigen muss sich, ob das geplante Gesetz sein Ziel erreicht, Verbrechen besser zu bekämpfen. Das Bundeskriminalamt hatte vor gut einem Jahr von 2,8 Millionen nicht aufgeklärten Straftaten berichtet - 381 von ihnen konnten wegen fehlender Telekommunikationsdaten nicht gelöst werden. Gemessen an allen 6,4 Millionen Straftaten ist das ein Anteil von weniger als 0,006 Prozent.


Insofern stimmt Schäubles Aussage nicht, dass Datenschützer nicht moralisch höher stehen würden als er. Denn die Wahrheit ist: Doch, Datenschützer stehen moralisch höher - besser: sind moralischer - als Schäuble, weil sie tatsächlich mehrere Werte gegeneinander abwägen, nämlich eben genau Sicherheit und Freiheit. Datenschützer legen nicht von vornherein mehr Wert auf die Freiheit, so wie Schäuble dies behauptet. Mit seinem falschen Vorwurf gegen die Datenschützer, angeblich einseitig für die Freiheit und gegen die Sicherheit zu sein, will Schäuble zwar seine eigene Einseitigkeit (dass er selber "mehr Gewicht auf den Schutz vor Verbrechern" lege) relativieren, aber das klappt nicht.

Die Moral ist die Gesamtheit der Normen und Werte. Da Schäuble den wichtigen Wert der Freiheit jedoch praktisch unter den Tisch fallen lässt, würde ich ihn tatsächlich als unmoralischer handelnd bezeichnen als jemanden, der diese beiden Werte ernsthaft gegeneinander abwägt.

Schäuble führt denn auch weiter im Interview aus, dass notfalls die Verfassung geändert werden müsse, um seine Überwachungspläne durchzusetzen. Alles, was demokratisch durchsetzbar sei in Richtung mehr Überwachung, scheint Schäuble angehen zu wollen.

Ja, liebe Deutsche, viel Spaß noch mit diesem unmoralischen Bundesinnenminister. Aber wer so stur auf seiner Meinung sitzen bleibt wie Schäuble, der hat in Deutschland in großen Teilen der nicht denkenden Bevölkerung leider häufig automatisch Recht. Die Sicherheit im Vortrag schlägt bekanntlich bei vielen Zuhörern den Inhalt des Gesagten. Und in Punkto Sturheit und Selbstsicherheit gibt es kaum jemanden, der Schäuble Paroli bieten kann.

Große Teile des Volks wollen glauben und nicht denken. Und deshalb ist es auch so angetan von so einem fest und sicher redenden Mann wie Schäuble.

Es ist also dringend notwendig, dass die Aktivisten für Bürgerrechte und Freiheitsrechte sich etwas einfallen lassen, um diesem Sicherheit-über-alles-Glaubensduktus von Schäuble und Co. zu begegnen. Dazu sind emotional wirksame Aktionen nötig. Aktionen, die ins Auge, in den Bauch, ins Herz gehen, um dann eventuell im Hirn anzukommen. Die Gefahr, die von einem weiteren Mehr an Überwachung ausgeht, muss plastisch, anschaulich, einfach, kurz und sicher vorgetragen werden. Jede Intellektualität ist dabei zu vermeiden.

Schäuble weiß, dass intellektueller Protest kaum meinungsbildende Wirkung in der deutschen Gesellschaft hat. Seine abschätzige Bemerkung über die Massenverfassungsbeschwerde von inzwischen 10.000 Bürgern zeigt dies: "So etwas regt mich nicht mehr auf", war sein einziger Kommentar dazu (Direktlink zum Text). Muss ihn auch nicht aufregen, weil viele Deutsche denken, dass das nur Querulanten und Wichtigtuer sind. Intellektuelle eben. Faules, arbeitsscheues Pack, das nur nicht ganz so ungepflegt aussieht wie ein Hartz-IV-Empfänger, aber genauso nichtsnutzig ist.

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Ohne Ironie: Es lebe das Teenieblog!

Zitat des Tages:

Teenieblogs mögen so doof sein wie sie wollen, aber jede Stunde, die jemand im Blog verbringt, ist eine Stunde weniger für RTL2. (Quelle. Direktlink zum Textauszug.)
Gesprochen von Don Alphonso im dreiteiligen Interviewmarathon mit der Netzeitung: P.S.: Den unter den Interviewteilen verlinkten "Blogblick" der Netzeitung habe ich erst jetzt gerade entdeckt. Den Sinn dieser neuen (?) Rubrik in der Netzeitung verstehe ich zwar nicht ganz (einfache, stichwortartige Aufzählung von einigen Themen in Weblogs... erinnert mich an das, was ich auch selbst in meinem RSS-Reader lesen kann), aber schaden tut's ja auch nicht. Eine schöne Idee ist jedoch das mit den Links zu den "Kommentaren der Woche". Aus der Idee sollte man ein Weblog machen. Wenn es das nicht schon gibt.

Bundesamt für Sicherheit sucht Experten für "Bundestrojaner"

(Via Medienrauschen) Andreas vom Weblog "Sex, Drugs & Compiler Construction" mahnt, dass man die Pläne der Sicherheitsbehörden, Software zu entwickeln, die eine unbemerkte Onlinedurchsuchung von Festplatten ermöglicht, wirklich ernst nehmen sollte: Der Bundestrojaner und die Online-Durchsuchung.

Technisch wäre das machbar, ohne dass das Opfer ein "Dümmster Anzunehmender User" (DAU) sein muss, der also zum Beispiel E-mail-Anhänge einfach ungeprüft öffnet. Es gibt ganz andere Mittel, um Trojaner auf ein Computersystem zu schleusen. Ein paar dieser Methoden erläutert in leicht verständlicher Sprache zum Beispiel auch ein Artikel bei Zeit.de: Zugriff der Hacker.

(Update: Die TAZ erklärt jetzt auch ausführlich, wie der Zugriff auf die Computer funktionieren könnte: Die trojanische Kriegserklärung. Aber eigentlich hatte doch Athen, meine "Heimatstadt" - von wegen "Solon"... - damals Troja den Krieg erklärt?)

Andreas vom oben verlinkten Weblog "Sex, Drugs & Compiler Construction" erwähnt in diesem Zusammenhang übrigens eine Job-Anfrage des BSI an ihn:

Um die Sache mal ein bißchen in den Kontext zu rücken, möchte ich von zwei Job-Angeboten berichten, die mich in den vergangenen Monaten erreicht haben. Zum einen hat das BSI angefragt, ob ich nicht eine Schulung zum Thema "wie schreibe ich einen buffer overflow exploit" für Vertreter diverser Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben halten könne. Zum anderen bekam mich eine Anfrage, doch ein Angebot zur Entwicklung einer transparent bridge abzugeben, die einen Download eines ausführbaren Programms erkennt und dieses on-the-fly mit einem Trojaner versieht. (Quelle. Direktlink zum Textauszug.)


Das BSI, also Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, darf man spätestens also ab heute getrost BUSI nennen, Bundesamt für Unsicherheit in der Informationstechnik.

Wie peinlich muss es für die dort Angestellten sein, für so jemanden wie Schäuble arbeiten zu müssen, der leider inzwischen klar den Boden des Grundgesetzes verlassen hat mit seiner Überwachungsmanie. Interessierte Journalisten können ja mal beobachten, wie die Mitarbeiterfluktuation bei dieser Behörde aktuell aussieht. Und Firmen, die noch erfahrene Experten suchen, sei nahegelegt, im Umfeld des BUSI ihre Offerten zu platzieren. Manchen Menschen ist ihr guter Ruf ja doch noch wichtig. Ein Arbeitsplatz bei einer renommierten Firma könnte für diese interessanter sein als bei dieser dank unserer Politiker immer weiter ins schmierige Fahrwasser abdriftenden Bundesbehörde. Vielleicht aber sind die Anfragen, die Andreas erhalten hat, bereits klares Zeichen dafür, dass die fähigen Leute das BUSI schon längst zu Zeiten von Anti-Terror-Märtyrer Schily verlassen haben.

Die Anfragen, die Andreas erhalten hat, machen aber auch deutlich, dass es wirklich sinnvoll ist nach dem Herunterladen von Software tatsächlich auch die Prüfsummen zu vergleichen, um weitgehend auszuschließen, dass die Software zum Beispiel während des Transfers verändert wurde.

Der gebräuchlichste Prüfsummen-Algorithmus dafür heißt MD5. Auf der Website des Open-Source-Office-Paketes "Open Office" wird erklärt (Direktlink zum Erklärungstext für Windows-Nutzer), wie man diese Prüfsumme nach dem Herunterladen von Open Office und somit nach dem Herunterladen auch von anderer Software, bei der vom Anbieter eine Prüfsumme angegeben wird, überprüfen kann.

Das wäre doch übrigens mal eine gute Idee für die Hersteller von Antiviren- und Firewallsoftware: Sobald man als Otto-Normal-Nutzer irgendein Programm herunterlädt, könnte das Antivirenprogramm oder die Desktop-Firewall direkt überprüfen, ob nach dem Herunterladen die Prüfsumme des Progamms mit den Angaben in einer Datenbank übereinstimmt.

So würde der "Bundestrojaner" dann doch noch etwas Gutes haben: Das Sicherheitsbewusstsein der Bevölkerung steigt und die Hersteller von Antiviren- und Firewallsoftware bekommen neue Ideen, ihre Produkte zu verbessern.

Ein Bussi dafür also ans BUSI.

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Donnerstag, 8. Februar 2007

Bayerische Polizei und Staatsanwaltschaft operiert teilweise an den Grenzen des Rechtsstaates

Süddeutsche.de macht aus Anlass der sich wie jedes Jahr nähernden internationalen, militärischen Sicherheitskonferenz in München das allem Anschein nach äußerst rigide, extreme und einseitige Vorgehen bayerischer Polizei und Staatsanwaltschaft gegen linke, politische Aktivisten zum Thema: Immer wieder Pannen, "Kritische Geister werden kriminalisiert" und "Die Polizei schafft ein abwerwitziges Szenario". Auch das Weblog "Get Privacy" berichtete vor kurzem über übertriebene Aktionen der Münchner Polizei und Staatsanwaltschaft gegen Aktivisten der linken Szene: Polizeistaat weitet sich aus.

Da werden Computer beschlagnahmt und DNA-Proben genommen, weil jemand im Verdacht stand "NPD" und "Fuck" auf eine Straße gesprüht zu haben. Da wird ein ehemaliger KZ-Häftling angeklagt, weil die Staatsanwaltschaft die Aufforderung, sich den Nazis in den Weg zu stellen, als Aufruf zur Umgehung eines Demonstrationsverbotes ansah. Da wird ein Mann verhaftet und angeklagt, weil er Flugzettel bei sich trug, die ein Buchcover zeigten, auf dem Islamisten mit dem Nazigruß als Titelbild zu sehen waren. Das Buch wurde übrigens vom österreichischen Wissenschaftsministerium gefördert und ist frei erhältlich. Und so weiter.

Die Verfahren werden zwar größtenteils eingestellt, aber häufig erst nach Jahren und eventuell erst in der zweiten Instanz. Eine Schikanierung und Drangsalierung also von Menschen, die sich insgesamt durch eine Tatsache auszeichnen: Öffentlich gegen Nazis aufzutreten.

Siegfried Benker, Fraktionschef der Grünen und selbst im Visier der Ermittler, sagt: "Es ist beeindruckend, welche Energie Polizei und Justiz aufwenden, um linken Strukturen die Arbeit unmöglich zu machen." Bürgermeister Hep Monatzeder nennt es "unerträglich, dass mit diesen Maßnahmen kritische Geister kriminalisiert und eingeschüchtert werden". (Quelle. Direktlink zum Textauszug.)


Irgendjemand ganz oben in den bayerischen Behörden gefällt der linke Protest offensichtlich gar nicht. Das Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft erscheint mir gelenkt und instruiert.

Man könnte sagen: Was soll's? Die Linken in München lassen sich ja anscheinend nicht einschüchtern. Wer auch immer also hinter den Bemühungen von Polizei und Staatsanwaltschaft steckt, habe ja keinen Erfolg. Doch um München geht es vermutlich gar nicht. Es könnte vielmehr um die bayerische Provinz gehen. Um die Landstriche, in denen der linke Protest nicht so organisiert und professionell ist wie in München. Dort, wo es nicht gleich erhöhte Medienaufmerksamkeit gibt, wenn es an den Haaren herbeigezogene Urteile gibt, weil die Lokalzeitung vor Ort auch kein Fan linker politischer Ansichten ist. Da wird das Münchner Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft bestimmt seine abschreckende Wirkung auf die einen und seine Funktion als Vorbild für die anderen entfalten.

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Karteileiche

Deutsche Behörden machen bekanntlich keine Fehler. Deshalb können wir Bürger ihnen auch unbedingt und bedingungslos vertrauen, wenn immer mehr Daten der Bürger erfasst, verwaltet, ausgewertet und überwacht werden. Denn Pannen passieren nicht. Nie. Deswegen ist auch Transparenz und Kontrolle der Behördenarbeit eigentlich völlig überflüssig in Deutschland.

Nun gut, stimmt nicht ganz: Lebendige Tote (Süddeutsche.de).

Aber wenn denn mal aus total unerfindlichen Gründen Fehler passieren, dann wird sowas schnell und unbürokratisch geregelt, denn man ist ja für den Bürger da und so weiter.

Nun gut, stimmt auch nicht ganz. Im oben verlinkten Artikel von Süddeutsche.de wird geschildert, wie eine Rentnerin einfach für tot erklärt wurde und die Rente einbehalten wurde. Jetzt versucht die Frau per Anwalt einbehaltene Rente wieder zu bekommen. Bislang ohne Erfolg. Was natürlich logisch ist, denn wird die Rente einbehalten, muss die Behörde ihren Fehler nicht korrigieren. Fehlendes Geld führt nämlich bekanntermaßen zu Hunger. Und Hunger ist auf Dauer ungesund. Manche meinen sogar tödlich. Wodurch dann der Behördenfehler jedoch keiner mehr wäre.

Also stimmt doch: Deutsche Behörden machen keine Fehler.

Hartz IV in Löbau als "Fünfjahresplan" der Wohnraumgestaltung

Die Frankfurter Rundschau berichtet jetzt auch über die seltsamen, künstlichen Wohnungsverkleinerungen in Löbau für Hartz-IV-Empfänger: Hartz IV-Folgen: Lüften erlaubt, Wohnen verboten.

Ich hatte ja gestern schon staunend meinen Kommentar dazu abgelassen: Hartz IV auf Ostdeutsch: Wenn alle leiden, fühlt man sich wohler.

Die Frankfurter Rundschau hat also die Story des MDR anscheinend nachrecherchiert und kommt im oben verlinkten Artikel zu dem Schluss: Angeblich hätten die Behörden in Löbau keine Wahl, wenn ein Hartz-IV-Empfänger eine etwas zu große Wohnung habe. Der Leistungsempfänger müsse selbst bei ein paar Quadratmetern zu viel entweder die überschüssigen Quadratmeter selbst zahlen oder aus der Wohnung ausziehen. Da es in Löbau und Umgebung jedoch nicht genügend kleinen Wohnraum gibt, hieße das in der letzten Konsequenz wohl Obdachlosigkeit.

Wenn dies so aus den Hartz-IV-Regeln folgt, wäre das einmal mehr ein interessantes Detail: Obdachlos wegen Hartz IV, weil die jetzige Wohnung um wenige Quadratmeter zu groß ist.

Ich meine gelesen zu haben, dass genau so etwas nicht aus den Hartz-IV-Regeln folgen soll oder sollte. Könnte natürlich sein, dass das vor kurzem von Müntefering weiter verschärft wurde und nun wie bei Leuten, die ein dreimaliges Jobangebot nicht eingehen, eine flächendeckende Obdachlosigkeit von Hartz-IV-Empfängern in Kauf genommen wird. Es würde gut zur Politik der Regierung passen, auch wenn es volkswirtschaftlich eine absolut vollkommen verrückte Sache wäre, Hunderttausende ganz bewusst der Gefahr der Obdachlosigkeit auszusetzen. Vielleicht spekuliert die Regierung ja darauf, dass ein so entstehendes Heer von Obdachlosen anschließend Hilfe durch internationale Hilfsorganisationen bekommen könnte. UN-Einsätze in Deutschland statt in Flüchtlingslagern in Afrika. Oder in Löbau scheint es niemanden zu interessieren, ob Hartz IV tatsächlich so angewendet werden muss, dass die Betroffenen notfalls tatsächlich auf die Straße müssten.

Wie sieht das eigentlich sonst in Ostdeutschland aus? Das Problem mit den zu großen Wohnungen und fehlendem kleinen Wohnraum gibt es doch überall wegen der vielen Plattenbausiedlungen. Werden da Hartz-IV-Empfänger, die keine kleinere Wohnung bekommen und den zusätzlichen Wohnraum nicht zahlen können oder wollen tatsächlich auf die Straße gesetzt?

Die merkwürdige Selbstkasteiung in Löbau (Mieter verzichten auf ein Zimmer, Vermieter verzichten auf Mieteinkünfte, Mieter lassen sich ein auf regelmäßige Kontrollbesuche durch den Vermieter) erinnert schon stark an den Umgang der Ostdeutschen mit den früheren Realitäten im real existierenden Sozialismus: Da man damals keinen Einfluss auf das Handeln der Behörden hatte, haben sich die Bürger halt durchgewurschtelt, egal wie surreal die Anordnungen der Behörden waren. Verändern tut sich so natürlich nichts. Früher konnte man auch nichts verändern. Aber heute wäre es doch schon mal interessant zu sehen, wie Löbau damit fertig würde, wenn unzählige Hartz-IV-Empfänger in ihren Wohnungen bleiben und auf den Deal mit der Zimmerschließung nicht eingehen. Kämen dann tausende von Räumungsklagen mit tausenden von Gerichtsprozessen und anschließend tausenden von neuen Obdachlosen auf Löbau zu? Würden die vermietenden Wohnungsbaugesellschaften sowas knallhart durchziehen und so viele Mieter verlieren? Wäre es nicht logischer, wenn die Wohnungsbaugesellschaften halt einfach den Mietpreis pro Quadratmeter senken würden, statt Zimmer zuzusperren? Dann entfielen auch die personalintensiven Kontrollgänge. Für die Wohnungsbaugesellschaften liefe es auf das gleiche hinaus und die Hartz-IV-Empfänger könnten selbst entscheiden, ob sie die Warmmiete durch Sparen der Beheizung eines Raumes weiter senken möchten. Wer außer den Löbauer Behörden, die so weiterhin stur ihre Regelung anwenden können, gewinnt also bei dieser Selbstkasteiung von Mietern und Vermietern?

Es ist wohl noch das alte Bewusstsein ehemaliger DDR-Bürger: Der Hartz-IV-Fünfjahresplan muss halt nach außen hin irgendwie eingehalten werden. Egal wie die Realität aussieht.

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Schily als Märtyrer im Kampf gegen den Terror

Ex-Bundesinnenminister Otto Schily bleibt bei der Darstellung, dass die rot-grüne Bundesregierung nicht bewusst versucht habe, die Rückkehr von Kurnaz aus Guantanamo nach Deutschland zu verhindern, liest man in Auszügen eines Interviews bei Zeit.de: Fall Kurnaz: "Kein Märtyrer".

Das könnte also noch spannend werden im BND-Untersuchungsausschuss. Schily lehnt sich mit diesen Aussagen ja sehr weit aus dem Fenster. Akten, die der Presse zugespielt wurden, scheinen ja das genaue Gegenteil zu belegen. Weitere Infos dazu zum Beispiel in einem früheren Weblog-Eintrag von mir und in meinem Del.icio.us-Archiv unter dem Stichwort "Affäre_Kurnaz". Aber in einem Interview kann man natürlich theoretisch auch erzählen, dass der Himmel grün-rot-kariert statt blau ist. Das kümmert später niemanden mehr.

Schily ist zudem weiterhin der Meinung, dass Kurnaz nicht Opfer sei, sondern Täter:

Auch nach der Rückkehr von Kurnaz durch die Intervention von Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt Schily eine Entschuldigung bei Kurnaz ab: "Das sähe ja so aus, als hätten wir eine Art Mitverantwortung für Guantánamo. Vielleicht sollte eher Herr Kurnaz seinerseits bedauern, dass er unter sehr merkwürdigen Voraussetzungen nach Pakistan gereist ist." (Quelle. Direktlink zum Textauszug.)


Also los, Kurnaz, entschuldige dich gefälligst endlich bei Schily! Es ist doch klar, dass man in Guantanamo landet, wenn man mit Kampfanzug, Fernglas und Schnürstiefel nach Pakistan reist. Und wenn man noch dazu Türke ist, also ein Wesen ohne Anspruch auf Menschenrechte, braucht sich eine Bundesregierung schon gar nicht um einen zu kümmern. Es sollte doch wirklich jedem klar sein, dass jeder, der auf der Suche nach Irgendwas nach Pakistan reist, jede Bundesregierung in höchste Not und Bedrängnis bringt. Welch unverantwortliches Tun also. Aber Pakistanreisende kümmert sowas ja gar nicht. Unverschämtes Pack.

Interessant auch die Äußerung Schilys, dass 2001 sich ja überall alle Leute übertroffen hätten mit dem Ruf nach härterem Vorgehen der Sicherheitsbehörden. Tja, so kann es gehen. Da unterwirft man sich als Politiker populistischen Trends, pfeift auf Grundgesetz und Menschenrechte und am nächsten Tag hat einen keiner mehr lieb. Könnte - theoretisch - eine Warnung für Schäuble, Schünemann, Bosbach, Beckstein, Wiefelspütz und Co. sein. Aber Populismus verblendet und verblödet. Einmal angesteckt von dieser Krankheit und die höheren Hirnregionen erleiden irreversiblen Schaden und auf einmal erkennt der Patient nicht mehr das größere Ganze und kann mit abstrakten Konzepten wie ethischen Prinzipien, Datenschutz oder dem höheren Sinn eines Rechtsstaates nichts mehr anfangen. Auf der Verhaltensebene ist kennzeichnend für diesen Zustand eine extreme Sturheit und Uneinsichtigkeit und eine allgemein nachlassende Flexibilität des Denkens. Ein sehr bedauernswerter Zustand.

Ja, liebe Politiker, hütet euch vor dem Populismus! Er tötet eigenständiges Denken und seine Versprechungen des schnellen Ruhms und des allgemeinen Geliebtseins durch das Volk sind nichts als Lug und Trug.

So, und nun bitte ich alle, Schily Beileidskarten zu schicken. Der Mann benötigt unsere Unterstützung. Schily ist ein Märtyrer im Kampf gegen den Terrorismus, der in heimtückischer Weise vom Virus des Populismus befallen wurde.

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Mittwoch, 7. Februar 2007

Der Bundestrojaner! Deutsche Software wieder zukunftsfähig!

Da ich gerade zu faul bin, mir eigene Formulierungen auszudenken, kopiere ich hier einfach mal den Originaltext einer Pressemitteilung.

Die Firma "Dodo" informiert:
Nie mehr alleine am Rechner sitzen! Bürgerschaftliches Engagement im Internetzeitalter! Ganz einfach, ohne Anstrengung der Gesellschaft dienen! Die Datenschutzheinis dahin jagen, wo der Pfeffer wächst! Jetzt alles auf deinem Computer!

Dank des neuen, kostenlosen Bundestrojaners! Download hier!

Der Bundestrojaner macht dich und deinen Computer sicher. Er läuft unbemerkt im Hintergrund. Er verschafft dir direkten Kontakt mit deinem Schutzsoftware-Beamten (SS-Beamten). Dieser schützt dich vor Terrorismus auf deinem Computer. Ganz ohne Adware oder Zwangsregistrierung.

Ein Muss für jeden Internetnutzer!

Über die Firma "Dodo":
Der Bundestrojaner wurde in Zusammenarbeit mit der Softwareschmiede "Dodo" entwickelt. Dodo galt bis vor kurzem als kurz vor der Insolvenz stehend, nachdem die Zusammenarbeit mit dem TV-Sender 9Live und weiteren Ratespiel-TV-Sendern scheiterte, als die für diese Sender von Dodo programmierte Software nicht funktionierte. Seitdem setzen 9Live und Konkurrenten statt auf moderne Anzeigetafeln für ihre Rätsel wieder auf einfache Flipcharts oder Schiefertafeln. Der Auftrag der Bundesregierung zur Entwicklung des Bundestrojaners verschaffte der Firma Dodo jetzt jedoch wieder neuen Auftrieb. Die in Fachkreisen nun scherzhaft als "Zombie" bezeichnete Firma plant 2008 an die Börse zu gehen. Es wird vermutet, dass Dodo die für den Bundestrojaner entwickelten Techniken auch bei anderen Softwareprojekten für Industrie und Mafia weiterverwenden will.

Eine mögliche Zusammenarbeit von Dodo mit der TV-Produktionsfirma "Endemol" stellte sich jedoch als Hoax heraus. Es wird demnach keine Installationsparty und Live-Vorführung der Fähigkeiten des Bundestrojaners in der Sendung "Big Brother" geben.

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Zu hohe Qualitätsstandards bei Spreeblick.com?

Johnny vom sehr bekannten und bereits mit einem Grimme Online Award ausgezeichneten Weblog "Spreeblick.com" würde von den circa 145.732.432 Weblogs im Universum nur Wirres.net und natürlich Spreeblick.com auf 'ne einsame Insel mitnehmen. Manche Weblogs haben laut Johnny ja auch nur "Artikel" in Anführungszeichen und von allgemein niedriger Qualität, sobald sie Spreeblick.com in einer bestimmten Angelegenheit kritisieren.

Hinzu kommt: Bei Spreeblick.com sorgt man sich nicht nur um die eigene Qualität. Spreeblick.com dehnte die eigene Handlungs-Verantwortung sogar noch aus auf das Handeln anderer, nämlich auf das mögliche Handeln etablierter Medien. Spreeblick.com sorgte sich, dass die etablierten Medien mit Beteiligten einer kurz zuvor bei Spreeblick.com veröffentlichten Story verantwortungslos umgehen könnten und löschte daher den betreffenden Weblog-Eintrag und die betreffende Story bei Spreeblick.com schnell wieder.

Dass man manche konkreten Details wie Namen oder Orte nicht veröffentlicht, um Personen zu schützen und so weiter, ist ja gut und schön. Aber direkt eine ganze Story nicht veröffentlichen, nur weil man befürchten muss, dass bestimmte unverantwortliche Teile der Medien daraus bewusst ein unschönes Süppchen kochen könnten und anfangen könnten Beteiligte und Unbeteiligte aufs Geratewohl zu belästigen?

Kann ein Zuviel an Übernahme von Verantwortung für das Verhalten anderer eventuell schon wieder unverantwortlich sein? Macht man sich so nicht allzu abhängig vom Verhalten der anderen? Sind die Medien nicht selbst verantwortlich für ihr ungebührliches Verhalten, so lange man selbst Anstand bewahrt und nicht Personen bloßstellt, die keine Personen des öffentlichen Lebens sind?

Kein Wunder, dass sich bei solch umfangreicher, selbst aufgebürdeter Fremdverantwortung Johnny von Spreeblick.com auf eine einsame Insel wünscht. Ich empfehle jedoch dringend neben Wirres.net und Spreeblick.com noch mindestens das Weblog Boing Boing mit auf die Insel zu nehmen. Ansonsten könnte nämlich Spreeblick.com - die wunderbaren Texte von Spreeblick-Mitautor Malte einmal ausgenommen - ein relativ leeres und ideenloses Inseldasein fristen.

Hartz IV auf Ostdeutsch: Wenn alle leiden, fühlt man sich wohler

(Via Elementarteile) Wer Hartz-IV-Empfänger ist, der muss bekanntlich eventuell damit rechnen, behördlich angeordnet in eine kleinere Mietwohnung umziehen zu müssen, wenn die derzeitige Mietwohnung viel zu groß ist.

Ich dachte, dass der Sinn dieser Zwangsmaßnahmen sei, dass Geld gespart wird. In Dunkeldeutschland Ostdeutschland ist das jedoch anders. Da besteht der Sinn einer kleineren Wohnung für Hartz-IV-Empfänger anscheinend vor allem darin, dem Hartz-IV-Empfänger das Leben möglichst schwerer zu machen. Da es für Hartz-IV-Empfänger in der Region nicht mehr genügend "angepassten", also kleineren Wohnraum gibt, hat man in Löbau eine bemerkenswerte Lösung gefunden: Statt hinzunehmen, dass einige Menschen nun mit kleinerem Wohnraum auskommen müssen, während viele andere aus Mangel an kleinerem Wohnraum in ihrer größeren Wohnung bleiben dürfen, ging man konsequent gegen diese Ungerechtigkeit vor, indem man die zu großen Wohnungen einfach künstlich verkleinerte.

So berichtet der für diese Ostgebiete zuständige Sender MDR über seltsame Zimmerschließungen in Löbau in Folge von Hartz IV:

O-Ton: Betty Kahlert: "Wenn Sie umziehen wollten,...könnte ich gar nicht, weil gar kein Wohnraum in dieser Größe vorhanden ist, Es gibt bereits eine Warteliste." Ihr Vermieter begnügt sich ab sofort mit der geringeren Miete und schließt dafür ein Zimmer zu. Ob dieser Raum dann auch wirklich nicht genutzt wird, das kontrolliert Ulrike Wendler von der Wohnungsverwaltung Löbau. (Quelle. Direktlink zum Textauszug.)


Aus unerfindlichen Gründen verzichtet der Vermieter also auf die Miete für dieses nun zwangsweise leer stehenden Zimmer, so dass diese Zwangsschließung aus Sicht der Behörden zum erwünschten Ergebnis führt: Etwas (!) weniger Geld für die Mietzahlungen für die betroffenen Hartz-IV-Empfänger (ganz abgesehen davon, dass ich bezweifle, dass es Sinn der Hartz-IV-Regeln ist, Wohnungsveränderungen bei Hartz-IV-Empfängern durchzusetzen, bei denen die derzeitige Wohnung allein ein Zimmer zu groß ist...).

Bitte jetzt keine Vorwürfe gegen den Vermieter: Es ist nicht etwa so, dass diese kauzige Wohnungsgesellschaft nicht die Marktwirtschaft verstanden hätte und nicht kapiert, dass sie hier ihre Wohnungen zu billig verramscht, nein, der Vermieter hat ebenso wie die braven Mieter und die ostdeutschen Behörden in kürzester Zeit das westdeutsche Lebensmotto der Hartz-IV-Gesellschaft nach der neoliberalen Gehirnwäsche verinnerlicht: Man ist nicht dazu da, um sich gegenseitig das Leben leicht zu machen.

"Also, wenn, dann schläft der Große mit der Verlobten hier, junge Liebe, denen reicht ein Bett, dann schlafen die hier und der Kleine zieht bei mir hinten ein, zur Not haben wir noch ein aufblasbares Gästebett, das können wir vors Bett legen, das geht auch." Ulrike Wendler hat in Löbau schon etliche Zimmer kalt gestellt. So viele, dass sie die minutenlang aufzählen könnte. (Quelle. Direktlink zum Textauszug.)


In diesem Sinne werde ich ab morgen die Schriftgröße in diesem Weblog speziell für alle Hartz-IV-Empfänger auf ein Zehntel der jetzigen Größe reduzieren. Da ich jedoch nicht unterscheiden kann, wer von meinen Lesern Hartz-IV-Empfänger ist und wer nicht, reduziere ich die Schriftgröße für alle Leser. Damit sie, lieber Leser, sich auch mal etwas anstrengen. Schließlich müssen dann alle Leser mit der kleineren Schrift zurecht kommen. Es ist also auf jeden Fall gerecht. Und das ist das wichtigste. Notfalls können sie ja ihren Enkel holen, der ihnen dann den Text mit seinen superscharfen Augen vorliest. Oder ich komme persönlich vorbei und lese ihnen den Text bei ihnen Zuhause am Bildschirm vor. Ein Gästebett haben sie doch, oder? Ein aufblasbares reicht mir.

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Montag, 5. Februar 2007

Warum "Big Brother" immer gleich langweilig ist

Rundum-Überwachung führt zu angepasstem Verhalten. Bei den "Insassen" der neuen deutschen "Big-Brother"-Staffel vom Produzenten Endemol geht die Anpassung anscheinend bis hin zur äußeren Erscheinung:



Gut, die Gleichheit der äußeren Erscheinung ist vermutlich Produkt des Castings oder der Maskenbildner von Endemol. Die Ursache der langweiligen Verhaltensgleichheit der bemitleidenswerten Big-Brother-Insassen könnte jedoch auch darin begründet sein, dass sie eventuell mehr oder weniger stark betroffen sind von einer psychischen Verfasstheit, die man histrionische Persönlichkeitsstörung nennt ("Störung" vor allem in dem Sinne, dass der Betroffene selbst sich durch diese psychische Krankheit letztlich gestört und beeinträchtigt fühlt). Dies ist eine Form der Hysterie. Ein paar Informationen dazu zum Beispiel hier und hier. Auch deshalb darf man sich nicht wundern über die bald wie bisher bei jeder Big-Brother-Staffel einsetzenden hysterischen Streitereien unter den Insassen.

Allerdings müssen die Big-Brother-Kandidaten gar nicht alle Betroffene dieses Leidens sein. Das immer gleiche Verhalten der Big-Brother-Teilnehmer im Container kann auch dadurch erklärt werden, dass Menschen in ähnlichen Situationen und noch dazu unter Bedingungen, die das eigene Handeln einschränken (Rundum-Überwachung und Begrenzung der Bewegungsfreiheit) allgemein in ihren Erlebens- und Verhaltensmöglichkeiten eingeschränkt sind. Die Big-Brother-Situation sorgt also alleine schon durch das Setting für das immer gleiche Verhalten der Teilnehmer. Mögliche psychische Krankheitsbilder verengen die Vielfalt der Erlebens- und Verhaltensmöglichkeiten natürlich noch einmal. Das ist immer so bei jeder Krankheit.

Deshalb ist Big-Brother also langweilig: Gleichartige Menschen in immer der gleichen Situation mit immer den gleichen Erlebnissen und immer den gleichen eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten.

Aber auf viele Zuschauer scheint das immer Gleiche äußerst beruhigend zu wirken. Bei mir stellt sich jedoch eine Gefühlsmischung aus nachgefühlter Hilflosigkeit, Befremden und Langeweile ein, wenn ich auch nur kurz in diese Sendung reinschalte.

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Reaktionen auf BGH-Urteil zu Onlinedurchsuchungen: Datenschutz ist terroristisch

Der BGH hat entschieden, dass Onlinedurchsuchungen von Festplatten illegal seien. Schon erstaunlich, wie jetzt die (Un-)Sicherheitspolitiker von SPD und Union nach dem Urteil des BGH alle beteuern, dass die Sicherheitsbehörden unbedingt das Mittel der Onlinedurchsuchung von Festplatten benötigen würden: Schäuble heizt nach BGH-Urteil Debatte um Online-Durchsuchung an (Heise.de.)

Wie nur konnten die Ermittlungsbehörden bislang ohne dieses Mittel arbeiten, wenn es doch laut Schäuble anscheinend fast gar nicht möglich sei, ohne Onlinedurchsuchungen Terroristen zu fangen? (Direktlink zur Textstelle).

Ich ziehe meinen Hut vor unseren Ermittlungsbehörden, die bislang so gut verbergen konnten, dass sie im Grunde genommen den ganzen lieben langen Tag anscheinend nur Däumchen gedreht haben. Denn wie gesagt: Ohne Onlinedurchsuchungen konnten sie ja überhaupt gar nicht arbeiten.

Schäuble und Co. stilisieren also die Frage nach der Onlinedurchsuchung zur Entscheidung um Leben und Tod. Datenschutz ist Tod. Onlinedurchsuchung ist Leben. Darauf läuft nämlich ein Satz wie der von Konrad Freiberg, dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, hinaus, der behauptet, dass Datenschutz Terroristenschutz sei (Direktlink zur Textstelle).

Wer hatte eigentlich damals den Datenschutz erfunden? Datenschutz ist doch der letzte Scheiß. Schützt nur Terroristen und tötet uns alle. Schlimmer als Vogelgrippe, dieses Datenschutzzeugs.

Aber mal ernsthaft: Es gehört schon enorme Chuzpe dazu, das Urteil des BGH und die Begründung einfach als einen technischen Fehler zu betrachten, der mal eben schnell durch neue Gesetze ausgebügelt werden kann und muss. Schäuble und Co. behaupten ja völlig an der Wahrheit vorbei, dass der BGH nur so entscheiden konnte, weil die Technik der Onlinedurchsuchung bei der Formulierung der Gesetze noch nicht existierte. Schäuble und Co. überspielen gekonnt, dass es hier mitnichten um eine rein technische Frage geht, sondern bewusst im aktuellen Gesetz steht, dass Hausdurchsuchungen offene Durchsuchungen zu sein haben, damit der Staat nicht willkürlich und unbemerkt Rechte der Bürger beschneiden kann. Genau diese Willkür und dieser unbemerkte Zugriff würden jedoch bei Onlinedurchsuchungen von Festplatten Realität.

Es steht schlimm um unsere Sicherheitsbehörden, wenn Kurt Jansen, Vorsitzender des Bundes deutscher Kriminalbeamter, wie wild geworden behaupten kann, dass das Urteil des BGH nun einen Freifahrtschein für Kriminelle bedeuten würde (Direktlink zur Textstelle). Übersetzt heißt das eigentlich nichts anderes als: Das Urteil selbst ist in den Augen von Jansen kriminell.

Solchen Leuten wie Kurt Jansen soll man als Bürger vertrauen? Solchen Leuten, die das deutsche Recht, deutsche Gesetze, deutsche Gerichte und Bürgerrechte als kriminell ansehen?

Meiner Meinung nach gehören Schäuble, Wiefelspütz, Bosbach und Jansen vom Verfassungsschutz überwacht. Diese Leute sind gefährlich, denn sie erklären die Schutz- und Freiheitsrechte der Bürger als Förderung des Terrorismus. Sie sind Brandstifter, vor denen sich eine Demokratie schützen muss durch das Herunterreißen der Biedermann-Maske von ihrem Gesicht.

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Dankesrede für Grimme Online Award

Falls dieses Jahr wieder Weblogs unter den Gewinnern des Grimme Online Awards sein sollten, hier mein Vorschlag für die Dankesrede des Bloggers (inkluse Regieanweisungen) - egal, welches Weblog oder welcher Blogger eventuell ausgezeichnet wird, die Rede passt immer:

"Ich danke meiner Mutter und meinem Vater." (*An dieser Stelle Tränen abwischen mit dem Handrücken*)

(*Wieder fassen und mit strahlendem Lächeln fortsetzen*) "Ich danke meinen Lesern und vor allem den fleißigen Kommentatoren."

(*Jetzt Blick in die rechte Ecke des Saales, so als ob der Angesprochene anwesend ist*) "Ich danke meinem Webhoster, der auch nach der Verlinkung durch Heise.de/Spiegel.de nicht schlapp gemacht hatte."

(*Wieder Blick in die Mitte des Saales richten*) "Ich danke Google-Adsense!"

(*Pause um den minutenlangen Beifall ausklingen zu lassen. Während des Beifalls winken und mit dem Finger und einem Lachen auf irgendwen im Publikum zeigen, als hätte man gerade einen Freund wiederentdeckt, den man zwanzig Jahre nicht gesehen hat. Dann mit erhöhter Lautstärke fortfahren:*) "Aber vor allem danke ich natürlich meinem Anwalt und meiner Erbtante! Ohne meinen Anwalt gäbe es das Weblog nicht mehr. Abmahnanwälte hätten es ansonsten sicherlich aus nichtigen Gründen längst sturmreif geschossen. Und ohne meine Erbtante hätte ich die Anwaltskosten zur Abwehr der Abmahnwellen nicht zahlen können. Danke also!"

(*Beide Arme in die Höhe strecken, winken, heulen, strahlend lächeln und beim Abgang von der Bühne so tun als ob man vor Rührung fast über sein Kleid/seine Beine stolpert, um dem Publikum noch ein bangendes Raunen zu entlocken - ich meine, wie oft hat man schon so einen Auftritt im Leben...*)

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Sonntag, 4. Februar 2007

ARD: Volkstümelnder Overkill

Müssen jetzt nur noch die über Siebzigjährigen GEZ-Gebühren fürs Fernsehen zahlen? Das Programm lässt dies zumindest vermuten.

Jetzt gerade, Sonntag Abend, 20:15 Uhr im Programm:

ARD: Polizeiruf 110
ZDF: Rosamunde Pilcher
Nord3: Alles auf Anfang (Komödienstadl in etwas modernerer Ausführung)
Hessen3: Fastnacht aus Seligenstadt
West3: Europas größtes Blasmusik-Festival
RBB: Vorhang auf... Die große Liebe
MDR: Hit auf Hit am Matterhorn
Bayern 3: Der Komödienstadl

Alle diese Sendungen laufen gleichzeitig. Und das, wo heute eigentlich fast jeder TV-Zuschauer fast alle dritten Programme der Öffentlich-Rechtlichen empfangen kann. Aber ich vermute auf diese Art können die Dritten die Programme untereinander austauschen. Das heißt: Nächste Woche wird das gleiche gesendet, nur jeweils auf einem anderen Kanal der Öffentlich-Rechtlichen.

Geht das nur mir so, oder muss man das tatsächlich als eine extreme Verschwendung von Ressourcen betrachten?

Wie wäre es mit einer Reform des Programmschemas der Dritten Fernsehprogramme der ARD? Statt der heutigen Einheitssauce, könnte es wie bisher auch vorabends regionale Programme mit zum Beispiel Nachrichten und Infos aus den jeweiligen Regionen geben. Anschließend jedoch könnten abends die Dritten zu Spezialprogrammen werden: West3 bringt hauptsächlich Dokus, Nord 3 Talk-Shows, MDR Volksmusik nonstop und so weiter. Warum nicht?

Es sei denn, dass tatsächlich nur noch über Siebzigjährige GEZ-Gebühren bezahlen müssen.

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