Freitag, 6. Juli 2007

Spritzentour de France

Bei der Tour gewinnt allem Anschein nach derjenige, der am meisten dopt.

Lasst uns die überflüssige Veranstaltung abkürzen: Alle Fahrer stellen sich nebeneinander auf und dopen drauflos. Derjenige, der als erster tot umfällt, hat die Tour gewonnen. So erspart man den anderen Teilnehmern, sich mehr als nötig zu dopen und es stirbt jedes Jahr nur ein Fahrer. Es gibt dann zwar keinen zweiten oder dritten Platz, aber die zählten ja auch bislang nicht.

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Polizei in Angst verbreitet Angst

Polizisten im Einsatz gegen HooligansDie Sendung Kulturzeit von 3Sat berichtet über eine wissenschaftliche Studie über die deutsche Polizei, die Sprengkraft hat: Über die Traumatisierung von Polizisten im Einsatz.

74 Prozent [der Polizisten] werden irgendwann mit einer traumatisierenden Situation konfrontiert. Für fast 30 Prozent von ihnen endet das in einer chronischen Angststörung, einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Das hat die erste, statistisch relevante Studie der Kriminologin Ursula Gasch ergeben. [...] Der Verlauf, der ihm [dem traumatisierten Polizisten] bevorsteht, im Hinblick auf die Verarbeitung einer Posttraumatischen Belastungsstörung, ist der gleiche, wie der Verlauf bei einer vergewaltigten Frau, dem Opfer eines Raubüberfalls, oder dem Soldaten, dessen Kamerad neben ihm selbst zerfetzt wurde. Dann trifft es mich genauso wie den Kameraden in psychischer Hinsicht. Auch das kann mich zerfetzten. (Quelle)


30 Prozent ist eine unglaublich hohe Zahl. Es ist schlicht eine Katastrophe. Angststörungen oder Posttraumatische Belastungsstörungen sind schwere Krankheitsbilder, die das Leben der Betroffenen völlig zerstören können.

Vor Traumatisierung rettet weder die Uniform noch das Wissen auf der richtigen Seite zu stehen. Oft verwechseln Polizisten Traumatisierungen mit Stress und tun das ganze laut den Erkenntnissen von Ursula Gasch als Problem von "Weicheiern" ab. Darüber gesprochen wird innerhalb der Polizei anscheinend nicht. Es soll sogar der Karriere schaden, wenn man solche Probleme offen anspricht. Die Folge: Neben der Beschädigung des eigenen Lebens können gerade auch traumatisierte Polizisten schnell vom Opfer zum Täter werden, weil die Traumatisierungen auch eine sehr erhöhte Aggressionsbereitschaft mit sich bringen können. So können diese Traumatisierungen zur Ursache von Gesetzesverstößen von Polizisten im Einsatz werden.

Die Polizei braucht also vermutlich umfangreiche Hilfe in Form einer besseren Betreuung und Ausbildung und in Form einer besseren Polizeiführung. Aber diese "weichen" Faktoren werden weiterhin vermutlich bei den Verantwortlichen unterschätzt in ihrer Bedeutung.

Copyright-Hinweis: Die Rechte an obigem Foto besitzt "lichtundschatten". Das Foto unterliegt einer Creative-Commons-Lizenz.

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Donnerstag, 5. Juli 2007

Die Partei braucht kein Twitter

Tür auf. Lächeln. Die Augen blinzeln wegen des Scheinwerferlichts und der Blitze. Konzentrieren. Aha, die üblichen Fragen. Vorbereitetes Statement in die Kameras sprechen. Danke sagen. Umdrehen. Tür zu.

So kennen wir unsere Politiker - oder korrekter: Nur den Teil mit dem vorbereiteten Statement kennen wir Fernsehzuschauer, wenn die Medien mal wieder auf der Jagd nach O-Tönen sind und einen Politiker bei einem seiner Gänge durchs Regierungsviertel abfangen.

Aber was geht in den Politikern vor, bevor und nachdem sie die Tür geöffnet/geschlossen haben? Politiker sind doch (mutmaßlich) auch nur Menschen? Einige Politiker merken, dass die Öffentlichkeit nur einen kleinen Bruchteil ihrer Persönlichkeit wahrnimmt. Sie spüren, dass dies ein Zerrbild ihrer selbst ist.

Was tun? Unsere Spitzenpolitiker versuchten in den vergangen Jahren der Öffentlichkeit zu beweisen, dass sie tatsächlich menschliche Wesen sind, indem sie im Sommerloch ausgewählte Journalisten, äußerst gut ausgewählte Journalisten, also quasi handaufgezogene Journalisten nach Hause oder noch besser an den eigenen Urlaubsort einluden und ein umfangreiches Interview gaben. Aber da tauchten dann - wenn auch im milden Ton und weniger drängend - wieder nur genau die gleichen Fragen auf, die man auch schon auf den Berliner Fluren vorgab zu beantworten!

Es muss frustrierend, wenn nicht gar verletztend sein, so als Politiker in der Öffentlichkeit nur als Antwortmaschine dargestellt zu werden.

Aber es gibt ja das Internet! Hier kann jeder an die Öffentlichkeit und sich selbst so präsentieren, wie es ihm gefällt! Auch Politiker!

Und siehe da: Schäuble twittert! Merkel twittert! Kurt Beck twittert und sogar der in seinen diversen Ämtern mitlerweile recht alt gewordene August Hanning twittert! Ja, von wegen unsere Politiker verstünden das Internet nicht!

Wie, Sie kennen Twitter nicht? Ts, ts, ts. Also gut: Twittern bedeutet Kurznachrichten ins Internet zu stellen, die dann jeder lesen kann.

Es könnte natürlich sein, dass diese Schäubles und Merkels, die da twittern, gar nicht die echten Schäubles und Merkels sind. Das dachte ich anfangs auch. Ja, ich war sogar überzeugt davon, dass das natürlich nicht unser Bundesinnenminister und unsere Kanzlerin sein können, die da persönlichste Nachrichten via Twitter einfach so ins Internet stellen. Aber je länger ich deren Twitter-Meldungen lese...

Ob Twittern einen therapeutschen Effekt hat?

In den USA, in dem Land also, in dem es in gewissen Kreisen zum guten Ton gehört wöchentlich seinen Therapeuten aufzusuchen, ist Twitter auch bei Spitzenpolitikern bereits etwas völlig normales. Hier beispielsweise die tatsächlichen Twitter-Nachrichten von zwei US-Präsidentschaftskandidaten:

Spaß beiseite. Es hat natürlich einen tieferen Grund, warum in den USA Politiker twittern und in Deutschland nicht. Das hat weniger mit den unterschiedlichen Persönlichkeiten und gesellschaftlichen Gepflogenheiten zu tun, sondern vermutlich eher damit, dass die Politiker in den USA sich direkter an ihre Wähler wenden müssen. Demokratie nennt sich das. Die ist in den USA natürlich auch keineswegs perfekt. Aber es hat doch was für sich, diese direktere Abhängigkeit der Politiker von den Wählern, also die Direktwahl des Regierungschefs, das Fehlen von Parteilistenplätzen und die Nichtexistenz eines Fraktionszwangs, oder?

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Mittwoch, 4. Juli 2007

04.07.07: Linktipps in die Blogosphäre

Ich werde ab heute in unregelmäßigen Abständen häufiger einmal Weblog-Einträge wie diesen hier machen, in denen ich nämlich nur besonders lesenswerte Artikel in anderen Weblogs kurz vorstelle und verlinke. Nur Artikel aus Weblogs. Als bewusste Promotion-Aktion - nicht für mich, sondern für die von mir verlinkten Weblogs. Normalerweise dient mir ja mein Social-Bookmark-Archiv bei Simpy.com als "Linkdump" (und das wird auch so bleiben), aber dort eingetragene Links erhöhen nicht den Page-Rank der verlinkten Seiten. Deshalb werde ich ab jetzt von Zeit zu Zeit neben der Verlinkung bei Simpy.com einzelne Artikel in anderen Weblogs auch hier zusätzlich noch einmal verlinken.

Heute empfehle ich:

  • Ein bißchen Polizeistaat (Weblog: "Feynsinn rettet die Welt") - Flatter von "Feynsinn rettet die Welt" mit einer herzerfrischenden Antwort auf einen schwachmatigen ZEIT-Artikel von Gero von Randow. Von Randow verteidigt Pläne für mehr Überwachung. Flatter kommt zum Schluss: "Was Gero von Randow da zusammenlamentiert, ist eine Anleitung zur Überführung des Rechtsstaats in einen Polizeistaat."
  • Die Partei hat immer Recht (Weblog: Alarmschrei.de) - Sebastian von Alarmschrei.de stellt in faszinierender Ausführlichkeit die Aussagen der Kritiker am Vorgehen der Polizei rund um den G8-Gipfel den beschönigenden Äußerungen des Innenministers von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier, gegenüber und kommt zu dem Schluss: "Hunderte Zeugen, darunter Anwälte, Ärzte, Sanitäter und Journalisten, berichten übereinstimmend etwas ganz anderes als die offizielle Version. Macht aber nichts – wenn jetzt darüber berichtet wird, dann in der Form: Irgendwer von den Linken behauptet... - Regierungsstellen dagegen behaupten... – wem wird der Durschnittsbürger wohl glauben?"
  • Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun (Weblog "BitGewitter") - Ximian listet und verlinkt detailliert, auf welche jüngsten Gesetzesinitiativen sich das breite Unwissen unserer Spitzenpolitiker in Bezug auf Technik, Computer und Internet negativ ausgewirkt hat und kommt zum Schluss: "Doch das eigentlich Skandalöse wie gleichsam Unverständliche an der ganzen Geschichte hat der Hase sogar noch tiefer vergraben: wenn sie schon alle keine Ahnung haben, die Herren Politiker, woher zum Pferdeflüsterer nochmal nehmen sie sich dann das Recht auf diese zum Himmel stinkende Arroganz, all die laut in die Welt hinauskatapultierten Stellungnahmen und Erklärungen - zum Beispiel zur Urheberrechtsnovelle [1, 2, 3], zu biometrischen Ausweisdokumenten [1, 2, 3, 4], zur Vorratsdatenspeicherung [1, 2], zur elektronischen Gesundheitskarte [1, 2], zu Wahlcomputern und zum Telemediengesetz - von Experten, von denjenigen, die sich wirklich mit dem jeweiligen Themengebiet auskennen, von Leuten, die sich intensiv damit auseinandergesetzt haben, einfach zu ignorieren, einfach nicht anzuerkennen, einfach zu übergehen?"
  • Bedrohungen und Gefahren in UK (Weblog "Rabenhorst") - Kai Raven relativiert den Nutzen von Videoüberwachung als Mittel gegen Terroristen und weist auf eine möglicherweise gar den Terrorismus förderliche Funktion von Videoüberwachung hin: "Handelt es sich bei Terroristen nicht um introvertierte Islamisten-Zellen, [...] werden sie die Videokameraugen als Multiplikatoren erkennen und als Komponente ihrer Terrortaktik zu nutzen wissen."
  • Der Alpha-Journalist (Weblog: "Sargnagelschmiede") - Eine herrliche Ode von Chat Atkins auf den selbst gekrönten "Alpha-Journalisten" Hans-Ulrich Jörges vom Stern, der gerne mal lästernd über Weblogs herzieht.
Und ich kann nur sagen: Die deutsche, politische Blogosphäre wird immer besser!

Chaoten im Anzug: Der Schäuble-Geist

(Via Schnüffelblog) Man könnte sagen: Ah ja, schon wieder ein Interview mit Schäuble. Schon wieder wiederholt er in den Medien nun schon zum dritten oder vierten Mal innerhalb weniger Tage seine altbekannten Forderungen nach mehr Überwachung und Onlinedurchsuchungen.

Falsch!

Schäuble sagt mitnichten immer das Gleiche. Aufgepasst! Genau hinhören, beziehungsweise lesen!

Schon vorgestern fiel mir auf, dass Schäuble neuerdings fordert, dass der Staat genau wissen müsse, was Verdächtige vorhaben. Hört sich harmlos an, oder? Ist es nicht. Ich hatte versucht, dies in meinem Weblog-Eintrag darzustellen.

Man stellt sich seit Hitler Leute, die die Abschaffung des Rechtsstaates fordern, als wild gestikulierende, laut rumbrullende Heinis mit Schnurrbart vor. Aber die wirklichen Gefahren kommen meist in unscheinbarem Gewand daher. So ist nicht umsonst die Tarnung und das Anschleichen bei vielen Raubtieren der Schlüssel zum Erfolg.

Schäuble tritt immer mit eleganter Nonchalance und leisem Tonfall auf. Er strahlt mit jeder Faser Gewissenhaftigkeit, Fleiß, Bedachtsamkeit und Verantwortungsgefühl aus. Nur manchmal, wenn er seinen politischen Gegnern ungeschminkt Ahnungslosigkeit, Dummheit und Hysterie vorwirft, verhärten sich seine Gesichtszüge und signalisieren: Widerspruch wird nicht geduldet!

Ja, der Mann ist gut. Gut in der Präsentation von politischen Ungeheuerlichkeiten, ohne dass die breite Masse anscheinend den Braten riecht. Als Finanzminister hätte Schäuble mit dieser Attitüde vermutlich jede Steuererhöhung ohne Probleme durchgedrückt - vermutlich indem er an die Opferbereitschaft appeliert hätte.

Schäubles jüngste Äußerungen offenbaren, dass Schäuble tatsächlich den Rechtsstaat abschaffen will. Er spricht davon, das Rechtssystem tief greifend zu ändern. Wohlgemerkt: Das Rechtssystem bezeichnet nicht ein oder zwei Gesetze, sondern die Grundlagen unseres Staates. Zur Zeit haben wir das Rechtssystem eines demokratischen Rechtsstaates, das auf dem Grundgesetz aufbaut. Eine Änderung dieses Systems kann somit nur eine Entfernung von diesem demokratischen Rechtsstaat bedeuten. Erneut hat Schäuble also seine Forderungen verschärft.

Das ist übrigens auch so eine interessante Strategie Schäubles: Erntet er mit seinen Vorschlägen Widerspruch, dann steckt er öffentlich nicht etwa zurück und versucht einen Kompromiss auszuhandeln, nein, er sattelt noch eins, ach was, zwei, drei, vier Dinge drauf und spricht schlicht davon, dass man mit ihm nicht verhandeln könne und holt sich von allen Seiten Unterstützung, sei es vom BKA-Chef Ziercke, von Freiberg, dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, von Bosbach, Schönbohm, Schünemann, Beckstein und jetzt auch von Merkel und Verteidigungsminister Jung. Hier wird eine unüberwindbar erscheinende Front aufgebaut. Es wird deutlich: Schäuble ist die CDU, die CDU ist Schäuble. Schäuble erscheint unangreifbar. Schäuble vertritt so scheinbar die Mehrheitsmeinung. Das - und das immer umfangreichere Breittreten dieser Meinung in den Medien - macht Eindruck auf viele Wähler - ganz unabhängig vom Inhalt des Gesagten. Die CDU hatte mit dieser Strategie immer Erfolg bei mindestens der Hälfte der Wähler. Die CDU hat nicht deswegen politischen Erfolg, weil sie sich in politischen Diskussionen dank Argumenten als Sieger hervortut, sondern allein durch ihre zur Schau gestellte Dickfelligkeit und Bräsigkeit und den Anspruch, die Mehrheitsmeinung zu vertreten. Man schaue sich doch nur die erfolgreichsten CDU-Politiker an: Kohl, Merkel, Schäuble... Sturheit ist das Erfolgsrezept der CDU. Der Teil der Deutschen, der CDU wählt, macht sein Kreuz nicht deshalb bei dieser Partei, weil er zuvor überlegt hat, welches Programm ihm zusagt. Nein, ein CDU-Wähler horcht in sich hinein und erfühlt, welcher Kandidat bei ihm das Gefühl auslöst, dass ein Lehrer gegenüber seinen Schülern früher ausgelöst hat, ein Chef gegenüber seinen Angestellten, ein General gegenüber seinen Soldaten. Das muss dann der richtige Kandidat sein. Wer im CDU-Wähler nicht dieses Unterordnungsgefühl hervorruft, hat als Kandidat keine Chance. Der CDU-Wähler sucht eine Autoritätsperson. Nur diese erscheint ihm als geeignet für ein bedeutendes politisches Amt. Führen kann aus Sicht dieser Wähler nur, wer diesen Unterordnungsreflex beim Volk auszulösen vermag und vorgibt, die Mehrheitsmeinung zu repräsentieren. Und diejenigen, die sich nicht unterordnen wollen, der politische Gegner der CDU also, das sind Chaoten.

Schäuble erfüllt diese Qualitäten einer Autoritätsperson exzellent. Deshalb ist das, was er inhaltlich sagt, für die CDU-Anhänger gänzlich unbedeutend. Nur die blöden Sozis und die überflüssige Opposition regen sich mal wieder künstlich auf.

Es ist der nicht ausrottbare Untertanengeist, der Deutschland erneut in Gefahr bringen könnte. Auch die SPD war für den größten Teil der Deutschen erst wählbar, als sie in der ersten großen Koalition bewiesen hatte, dass sie nicht aus Chaoten bestand. In den 80iger Jahren übernahmen dann die Grünen die Rolle der angeblichen Chaoten. Heute ist es die Linkspartei. Das Spiel mit der Warnung vor den "roten Socken" zeigt dies. Es ist immer das gleiche Spiel mit der Sehnsucht der Deutschen nach einer edlen, nicht hinterfragbaren, guten Obrigkeit, der man vertrauen kann, ja vertrauen muss. Es gehört zur politischen, deutschen Un-Kultur und ist vermutlich ein Grund, warum man nirgends so sehr wie in Deutschland über die "chaotischen" Weblogs so sehr die Nase rümpft, warum viele aus nicht näher bestimmbaren Gründen - trotz einigermaßen materiellem Wohlstand und sozialer Sicherheit, trotz ansonsten beeindruckender Kultur und schöner Landschaft - Deutschland den Rücken zukehren und in die innere Emigration gehen oder tatsächlich auswandern. Es ist der Geist, an dem vermutlich Tucholsky und viele andere Intellektuelle in den dunkelsten Krisenzeiten verzweifelten. Man muss sich nur genau anschauen, was Schäuble fordert und es wird klar, dass es schlicht und einfach nicht seine Argumente sein können, die die Leute bewegen könnten, ihm zuzustimmen. So sagt Schäuble laut Nachrichtenagentur Reuters:

Zu den ungeklärten Fragen gehöre der Umgang mit Gefährdern, die als potenzielle Attentäter eingestuft würden, sich aber noch keines Verbrechens schuldig gemacht hätten, sagte Schäuble. (Quelle)


Meine Übersetzung der Schäubleschen Worte: Die Menschenrechte dieser verdächtigen Gefährder müssen eingeschränkt werden. Das passt zu dem, was ich vorgestern schon schrieb.

Auch über das US-Gefangenenlager Guantanamo und den Begriff des "Kombattantenstatus" müsse eine Debatte geführt werden. "Die Unterscheidung zwischen Völkerrecht im Frieden und Völkerrecht im Krieg passt nicht mehr auf die neuen Bedrohungen", sagte Schäuble. (Quelle)


Soll heißen: Krieg und Frieden als gesonderte Zustände gelten in Zeiten des Terrorismus nicht mehr. Was vor allem wohl bedeutet, dass verdächtige Gefährder nicht nach dem normalen Recht behandelt werden sollen.

Mit Blick auf Deutschland forderte Schäuble erneut eine verfassungsrechtliche Grundlage für [...] den Einsatz der Bundeswehr gegen Bedrohungen aus der Luft. (Quelle)


Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Blick auf die im Grundgesetz festgeschriebene unantastbare Menschenwürde das Abschießen von Passagierflugzeugen auf Verdacht hin untersagt. Schäuble müsste also an Artikel 1 des Grundgesetzes heran. Dieser darf jedoch laut Grundgesetz nicht geändert werden. Schäuble plant also tatsächlich die grundlegende Neuverfassung und damit Abschaffung des Grundgesetzes. Hätte er damit tatsächlich Erfolg, wäre die Bevölkerung laut Artikel 20 des Grundgesetzes dazu aufgerufen, Widerstand zu leisten. Die CDU spielt mit dem Feuer. Wissentlich. Diese Partei verlässt gerade den Boden der Verfassung mit ihrer Unterstützung dieses Bundesinnenministers. Es zeigt sich: Die Chaoten sitzen heute in der CDU.

Außerdem meint Schäuble laut Reuters:

Wenn dieser freiheitliche Verfassungsstaat nicht in der Lage ist, auch unter neuen Bedrohungen Sicherheit zu gewährleisten, ...läuft er in Zeiten der Krise Gefahr, die Legitimation in der Bevölkerung zu verlieren.


Der freiheitliche Verfassungsstaat hat - das steckt schon im Namen - die Aufgabe, die Freiheit zu sichern, nicht die hundertprozentige Sicherheit. Wenn die Deutsche Bevölkerung doch wieder lieber Ordnung und Sicherheit statt Freiheit will, bitte schön. Aber was das genau bedeutet, nämlich: fehlende Rechtssicherheit (der Staat bestimmt, wer verdächtig ist, bei wem also die Menschenwürde geachtet wird und bei wem nicht) und Einschränkungen im selbstbestimmten Leben (dank umfassender Überwachung und Kontrolle) - das sagt Schäuble wohlweislich nicht.

Focus berichtet darüber hinaus auch, dass Schäuble zudem gefordert hat, dass das Parlament keine Einblicke mehr bekommen dürfe in die Arbeit der Geheimdienste.

Dies würde auf eine eklatante Schwächung der Gewaltenteilung zwischen Exekutive (Regierung, Polizei, Geheimdienste) und Legislative (Parlament) hinauslaufen. Die Gewaltenteilung ist jedoch das Rückgrat der Demokratie.

Aber Schäuble sagt das alles so bedächtig, bieder, leise, bestimmt, verantwortungsvoll... - so sehen doch keine Chaoten aus, die Grundgesetz, Rechtsstaat und Demokratie gefährden, nicht wahr?

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Dienstag, 3. Juli 2007

Tagesschau.de: Wirklich wichtige Menschen bloggen nicht

Moderne Nachrichtensendungen weltweit kommen heute nicht mehr aus ohne eine lustige Meldung, die gerne als Rausschmeißer am Ende der Sendung die Zuschauer mit einem Schmunzeln verabschieden will. Diese Nachrichten sind quasi die "Kür" gegenüber der "Pflicht" der alltäglichen Meldungen vom nahenden Weltuntergang.

So gibt es solch eine lustige Nachrichtenrubrik mittlerweile auch bei der Tagesschau, beziehungsweise Tagesschau.de und heißt dort "Schlusslicht". Dort wird dann beispielsweise über eine angebliche, mathematische Formel für die weibliche Schönheit berichtet. Oder über die Anstrengungen Thailands arme Straßenköter zu angesehenen, verbeamteten Drogenschnüffelhunden auszubilden. Oder über die Bemühungen der tschechischen Verteidigungsministerin Parkanova, ihre Wut über Demonstranten in einem Lied auszudrücken.

Niemand würde wegen dieser lustigen, unbedeutenden Schlusslichter die Andeutung machen, dass deshalb die ganze Tagesschau unwichtig sei. So etwas wäre verrückt.

Nun, nicht verrückt genug für... genau: ein Schlusslicht bei Tagesschau.de. In dem jüngsten Schlusslicht mit der Überschrift "Rent a blogger!" wird zwar nicht behauptet, Tagesschau oder Tagesschau.de seien unwichtig, nur weil es dort so eine Kategorie namens "Schlusslicht" gibt, aber es wird indirekt dargestellt, dass Weblogs unwichtig seien, nur weil es dort so eine Kategorie von Bloggern gibt, die ihre Weblogs vor allem zur nervtötenden Selbstdarstellung verwenden:

Wer heute nicht bloggt, seine Facebook- oder Myspace-Seite nicht auf den neuesten Stand hält, ist einfach nicht mehr in. Da wird die Selbstdarstellungs-Kür schnell zur Pflicht: Doch wer wirklich wichtig ist, der hat besseres zu tun [...]. (Quelle)


Sprich: Blogger sind eigentlich Selbstdarsteller, die, gerade weil sie bloggen damit beweisen, dass sie eigentlich nicht wichtig sein können, weil sie Zeit zum Bloggen haben. Das Argument schlechthin, um Weblogs und Blogger der Lächerlichkeit preiszugeben.

Was Tagesschau.de verschweigt ist das Wort "manche". Richtig müsste es nämlich heißen, dass manche Blogger ihr Weblog zur Selbstdarstellung verwenden. Weblogs können nämlich vieles sein: Pure Selbstbeweihräucherung, aber eben auch ein Medium, um mit (realen) Freunden oder der Familie Kontakt zu halten, Hobby, Ausdruck kreativen Schaffens (es soll Weblogs mit lesenswerter Literatur geben) oder gar Mittel eines Whistleblowers, der mit seinen im Weblog publizierten Dingen Politiker stürzt und so weiter. Ist also nur wichtig, wer keine Freunde hat, kein Hobby hat, keine Gelegenheiten hat für kreatives Schaffen, keine Zeit für möglicherweise gesellschaftliches Engagement hat und so weiter?

Noch richtiger wäre es, wenn Tagesschau.de erwähnt hätte, dass hinter der von ihr so genannten "Selbstdarstellung" bei diesen Leuten harte berufliche Interessen stehen. Es geht nämlich bei der Tagesschau-Meldung eigentlich um Leute, die mit Facebook und anderen Online-Communities (weniger mittels Weblogs übrigens) professionelles Online-Networking betreiben, um so Beziehungsnetzwerke für ihre Karriere zu pflegen. Und angeblich gibt es Leute, die für die Pflege dieses Online-Networking direkt Profis engagieren und also Leute für die Pflege ihres Online-Beziehungsnetzes bezahlen. Dieser Sachverhalt wird beim Lesen der Quelle deutlich, von der Tagesschau.de abgeschrieben hat, nämlich einem Bericht von Rory Cellan-Jones von der BBC.

Wer also wirklich wichtig ist, so scheint es, dem ist das Online-Networking so wichtig, dass er dafür sogar Profis engagiert und bezahlt. Der ursprüngliche Sinn des Artikels von Rory Cellan-Jones wird bei Tagesschau.de also fast auf den Kopf gestellt.

Aber ich möchte jetzt trotzdem nicht behaupten, dass bei der Tagesschau das Entstellen von Nachrichten mittlerweile zur "Pflicht" gehört. Es ist vermutlich auch weiterhin nur die "Kür", vor allem, wenn man damit Weblogs eins über den Schädel ziehen kann.

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Yeah!! Das Super-Handy! Ich habe es auch!

Jetzt gibt es ja überall im Internet die ersten Erfahrungsberichte von Nutzern des neuen Handys namens "iPhone" von Apple. Da dachte ich: Okay, okay, okay, die Leute haben ja Recht. Also springe ich mal über meinen Schatten und gebe zu: Auch ich gehöre jetzt zu den stolzen Besitzern des "Super-Handys". Normalerweise mache ich ja keine Werbung, aber es ist schon wahr... das "Super-Handy" ist wirklich... na, was wohl? Genau: super! Hier also meine Erfahrungen mit dem "Super-Handy":

Das Handy sieht wirklich schick aus. Klein aber "oh ho" halt. Dank der übersichtlichen Menüführung und des sinnvollen Wording (Bezeichnung für Menü-Einträge) sind die unterschiedlichen Funktionen schnell auffindbar. Die Funktionsvielfalt ist echt erstaunlich:

  • Ein brilliantes Display
  • Kamera
  • MP3-Player
  • Videoplayer
  • Adressbuch
  • Kalender
  • Notizfunktion (auch Sprachnotizen, also Diktiergerätfunktion)
  • Ein richtiger Web-Browser, mit dem man richtige Internetseiten angucken kann (leider ohne Flash) und RSS-Feeds abonnieren und lesen kann und Bilddateien, MP3s (beispielsweise Podcasts!) und Videos herunterladen kann aufs Handy. Man sieht Webseiten so, wie sie wirklich aussehen und kann dann hineinzoomen. Ich bevorzuge jedoch die automatische Konvertierung auf ein noch leichter lesbares Format, bei dem man den Text der Webseite sogar so groß einstellen kann, dass man sie auch mit ausgestrektem Arm auf dem Handy lesen kann.
  • Google-Maps - die geniale Kartensoftware
  • Ein vollwertiger Pop3-E-mail-Client, mit dem man jedes (wirklich jedes!) normale Pop3-E-mail-Konto ganz unterschiedlicher Anbieter abfragen kann und Dateitypen jeden Formats als Anhang verschicken kann
  • Einfache Synchronisation von Adressbuch, SMS-Einträgen, Kalender und Notizen mittels USB, Infrarot oder Bluetooth mit dem Computer
  • UKW-Radio mit wirklich erstaunlicher Tonqualität samt Anzeige zusätzlicher Sender-Informationen, automatischem Sender-Speicher und automatischer Sender-Nachregulierung in Sekundenbruchteilen
  • Außerdem ist das "Super-Handy" UMTS-fähig
  • Auch der Akku lässt sich manuell und leicht austauschen ohne dafür zu Apple rennen zu müssen. Die Akku-Leistung liegt bei ca. 2,5 Stunden wenn man ununterbrochen per UMTS Daten verschickt. Also bei wirklich ununterbrochenem Datenverkehr.
  • Das "Super-Handy" lässt sich per USB-Kabel, Bluetooth oder wenn nötig auch per Infrarot-Schnittstelle sehr gut als Modem am Computer verwenden.
  • Und das "Super-Handy" lässt sich tatsächlich ohne große Übung mit einer einzigen Hand vollständig bedienen!
  • Und wer's braucht: Es gibt unzählige Spiele, Spiele, Spiele für das "Super-Handy"
Kurz: Ich bin absolut begeistert!

Halt, wird jetzt mancher denken: Sprachnotizen? Ein Webbrowser, mit dem man Dateien herunterladen kann? Ein E-mail-Client für normale und beliebige Pop3-Mailaccounts samt Möglichkeit, beliebige Dateiformate als Anhang zu verschicken? UMTS? UKW-Radio? Leicht austauschbarer Akku? Mit einer Hand bedienbar? Spiele?

Okay, erwischt. Ich rede hier nicht vom neuen iPhone, bei dem es diese letztgenannten Funktionen offenbar nicht gibt, sondern von einem Mittelklasse-Handy eines sehr bekannten Herstellers (kein Blackberry, kein Smart-Phone), das es mittlerweile bereits zwei Jahre auf dem Markt gibt und dessen Nachfolgemodelle inzwischen vermutlich noch besser geworden sind. Der vielseitige E-mail-Client ist im Handy eingebaut. Der Webbrowser ist der neue Opera-Mini-Browser, kostenlos für jedes Java-fähige Handy herunterladbar. Der Opera-Mini-Browser ist vermutlich die in Fachkreisen am meisten unterschätzte Software. Nein, er ist nicht langsam (das Rendering übernehmen Server von Opera) und ja, man kann mit ihm das normale Internet durchsurfen und nicht nur irgendwelche Webseiten, die fürs mobile Netz optimiert wurden. Nur Ajax-Anwendungen funktionieren leider (noch) nicht. Dafür jedoch beispielsweise verschlüsselte Verbindungen. Opera-Mini oder ein ähnlich funktionstüchtiger Internet-Browser ist meiner Meinung nach die absolute Killerapplikation für ein Handy: Google, Wikipedia, Englisch-Deutsch-Wörterbuch (zum Beispiel LEO.org oder halt jedes beliebig andere Internet-Wörterbuch), Wettervorhersagen, Tagesschau.de, NYTimes.com, also kurz: Das absolut gesamte Internet (mehrere Milliarden Webseiten, wer es immer noch nicht kapiert hat) steht dank solcher mobiler Web-Browser den Nutzern zur Verfügung. Ganz ohne iPhone. Aber natürlich wohl jetzt endlich auch den iPhone-Nutzern.

Ehrlicherweise sei zu meinem "Super-Handy" noch gesagt: Das Display ist kleiner als beim iPhone, dennoch äußerst scharf und kontrastreich. Die Kamera hat im Gegensatz zur 2 Megapixel-Kamera des iPhones nur 1,2 Megapixel, dafür gibt es eine zweite VGA-Kamera für die Videotelefonie (fehlt beim iPhone). Außerdem ist der Speicher meines "Super-Handys" im Gegensatz zum iPhone stark begrenzt. Wlan-fähig ist das Handy auch nicht, aber bei einer gebuchten UMTS-Datenflatrate ist mir das ziemlich egal. UMTS kann man auch im fahrenden Auto (als Beifahrer natürlich) verwenden oder im Zug (ganz unabhängig von den teuren Hot-Spots der Bahn), sofern man nur in der Nähe eines größeren Ballungsgebietes ist (auf dem flachen Lande hapert es mit UMTS, dann muss man das langsame GPRS verwenden). Aber wo gibt es demgegenüber zur Zeit in Deutschland Wlan-Hotspots? Noch dazu kostenlose? Tja, eben. Als Videos können auf meinem "Super-Handy zudem nur die üblichen Videos im handy-typischen 3GP-Format verwendet werden. Und im Gegensatz zum iPhone kann man mit meinem "Super-Handy" auch keine Dateien im Microsoft-Office-Format anschauen und bearbeiten. Fazit: Zum Videogucken eignet sich mein Handy nicht. Als Office-Ersatz auch nicht. Aber zum Bearbeiten von Office-Dokumenten würde ich auch beim iPhone vermutlich lieber auf einen richtigen Computer zurückgreifen wollen. Mir sind ja schon Notebook-Tastaturen zu klein. Aber natürlich kann es sein, dass der Touch-Screen des iPhones extrem einfach zu bedienen ist. Ob so jedoch das Handy auch nur mit einer Hand, also mit dem Daumen, bedienbar ist und ob das "Ansprechverhalten" des Touchscreens zufriedenstellend ist? Und ob man den Touchscreen auch "blind" trotz fehlendem haptischen Feedback bedienen kann? Ich zweifle. Aber wenn es den Leuten gefällt... warum nicht? Konkurrenz belebt das Geschäft, was für uns Kunden nur gut sein kann. Der Hype in den Medien ist jedoch nur eines: Peinlich. Für die Medien.

Früherer Eintrag zum selben Thema: Das iPhone macht die Medien dumm, trallalalala

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Montag, 2. Juli 2007

Wann wird aus Forderungen nach Überwachung Volksverhetzung?

Schäuble fordert angesichts der glücklicherweise dilletantischen Nichtausführung von Pseudo-Terror-Anschlägen in Großbritannien wieder die Online-Durchsuchung. Anders als zuvor nennt Schäuble dieses Mal sogar eine Art Argument:

Er [Schäuble] forderte eine Änderung des Bundeskriminalamt-Gesetzes, um dem BKA "unter klaren rechtlichen Begrenzungen und Voraussetzungen" die Möglichkeit zu geben, "in die Kommunikationsstrukturen der Terroristen einzudringen. Sie müssen ja vor solchen Anschlägen miteinander kommunizieren, und dort ist die Chance zu erfahren, was sie vorhaben. Und wenn man weiß, was sie vorhaben, kann man es verhindern. Nur wenn man weiß, was sie vorhaben, kann man es verhindern. [...]" (Quelle)


Dumm nur, dass die richtigen Terroristen (also nicht solche Möchtegern-Terroristen wie jetzt in Großbritannien) dann natürlich wieder technische Mittel und Wege finden werden, auch diesen Überwachungsmaßnahmen zu entgehen. Aber Schäuble spricht ja selbst nur von der "Chance", die man anhand der Online-Durchsuchung habe, zu erfahren, was Terroristen vorhaben. Er sagt also selbst, dass die Online-Durchsuchung letztendlich nicht ausreicht. Und ich befürchte, dass ihm das kein Argument ist, mit einer weiteren Ausweitung der Überwachung endlich aufzuhören, weil Terroristen immer ein Schlupfloch finden werden, sondern dass er anschließend weitere und noch umfassendere Überwachung fordert. Er sagt es ja selbst: Der Präventionsstaat kommt nur dann zu einem Ende in seiner immer stärkeren Ausweitung seiner letztlich gegen alles und jeden gerichteten Überwachung, wenn er weiß, was die Bürger vorhaben.

Man sollte sich also über immer weitere Vorschläge zur Überwachung nicht wundern. Denn bis der Staat weiß, was jemand vorhat, ist es noch ein weiter Weg. Selbst Orwells "Big Brother" konnte dies nur unzureichend.

Schäuble ist auf einem derartigen politischen Irrweg, dass der Wahnsinn hinter seinen politischen Zielen anscheinend alleine deshalb nicht weiter auffällt, weil niemand so richtig ernst nimmt, was er da sagt. Deshalb hört anscheinend niemand richtig zu. Aber er sagt es. Ganz offen. Und er sagt es immer und immer und immer wieder.

... nur für den Fall, dass es später niemand gewusst haben will.

Eine immer umfassendere Überwachung bis hin zu dem Punkt, dass der Staat weiß, was jemand vorhat, bevor dieser Jemand überhaupt etwas getan hat, läuft letztlich auf einen Angriff auf Menschenrechte und Menschenwürde hinaus. Denn eine derart umfassende Überwachung macht den Überwachten ein selbstbestimmtes Leben unmöglich, es macht sie gänzlich zu kontrollierten Objekten. Die große Frage ist: Wann übertreten Schäuble und Co. mit ihren Forderungen nach Einschränkung der Menschenrechte die Grenze, ab der man von Volksverhetzung sprechen kann? Nimmt man das Grundgesetz ernst, kann es in Deutschland eigentlich nicht zu einem ähnlichen Überwachungs-Szenario wie in Großbritannien kommen. Irgendwann ist Schluss, irgendwann überschreiten Schäuble und Co. eine Grenze, bei der ihre Forderungen nach mehr Überwachung gleichzusetzen ist mit Volksverhetzung. Denn Volksverhetzung ist nichts anderes als das öffentliche In-Abrede-Stellen der Grundrechte, der Menschenwürde einzelner oder bestimmter Bevölkerungsgruppen - in diesem Fall der Menschenrechte und Menschenwürde von Verdächtigen.

Es sollte geprüft werden, ob Schäuble nicht längst die Grenze zur Volksverhetzung überschritten hat mit dieser Forderung, dass der Staat wissen müsse, was Bürger oder Verdächtige vorhaben.

Die Menschenwürde als unantastbar zu definieren war vermutlich der klügste Schachzug der Verfasser des Grundgesetzes, um Auswüchse wie die im 3. Reich für die Zukunft zu verhindern. Die Menschenwürde macht es unmöglich, Menschenleben gegen Menschenleben aufzurechnen. Sie macht es unmöglich, die Menschenrechte einer Gruppe auf Kosten der Menschenrechte einer anderen Gruppe zu verteidigen. Das 3. Reich war ein totalitärer Staat, was auch heißt, dass der Staat totale Kontrolle besaß. Ein Staat mit totaler Kontrolle ist mit diesem Grundgesetz nicht vereinbar. Die totale Kontrolle ist jedoch genau das, was Schäuble und Co. im Bereich der Inneren Sicherheit fordern.

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