Donnerstag, 5. April 2007

Grundgesetzänderung für Onlinedurchsuchung: 1:0 für Schäuble

Schäuble verfolgt eine Eskalationsstrategie: Da seine bisherigen Überwachungspläne nicht ankamen, legt er halt noch einmal einen Zahn zu. Schließlich ist er Bundesinnenminister und sitzt mit am Kabinettstisch und hat zudem die Hälfte der Regierungsparteien (und Teile der SPD) hinter sich. Er sitzt am Hebel. Die anderen müssen reagieren. So hält man seine Gegner auf Trab:

Das Handelsblatt berichtet, dass Schäuble eine Grundgesetzänderung plant, um die umstrittenen Onlinedurchsuchungen (Stichwort "Bundestrojaner") möglich zu machen: Online-Durchsuchungen: Achtung, Staat surft mit!

Der politische Gegner kommt zunehmend ins Rudern. Schäuble weiß genau, wie inkompetent seine Gegner auf der politischen Bühne sind und wie kompetent er im Gegensatz zu ihnen vor Fernsehkameras wirkt. Außerdem lenkt Schäuble mit seinen vielen Vorschlägen zum Abbau des Rechtsstaates die Kritik ab. Seine Kritiker müssen nun zig Vorschläge auf einmal von ihm bekämpfen. Das überfordert die Kritiker und noch mehr die Medien und den einfachen Mann auf der Straße.

Der unbedarfte Zuschauer bekommt beim Vorgehen Schäubles - ähnlich wie das iranische Volk bei der Eskalationsstrategie von Ahmadinedschad - den Eindruck, dass hier ein Aufrechter gegen Gefahren von außen vorgeht. Denn würde er sich sonst so exponieren und mit immer weiteren politischen Taten die Wut seiner politischen Gegner auf sich ziehen?

Schäuble inszeniert sich bereits als eine Art Märtyrer, sozusagen als einsamer Kämpfer für Recht und Ordnung gegen die Wischiwaschi-Typen von SPD und Opposition. Jeder, der ihn und seine Vorschläge angreift, muss so aufpassen sich nicht selbst zu schaden. So äußern sich vor allem aus der SPD bislang nur Leute aus der zweiten Reihe zu Schäubles Vorschlägen. Die erste Riege der SPD, ganz machtbewusst, schweigt sorgsam. Was wiederum zur Folge hat, dass Schäubles Pläne den Medienfritzen von "Tagesschau" und "Heute" nicht als wichtig genug erscheinen, um in ihren erlauchten Sendungen erwähnt zu werden.

Es fehlt bei Schäubles Vorschlägen im Grunde genommen nur noch die Forderung, das Bundesverfassungsgericht abzuschaffen. Inhaltlich laufen seine Forderungen jedoch bereits jetzt genau darauf hinaus.

In einer Mediendemokratie gewinnt derjenige, der sich am besten darzustellen weiß - ganz unabhängig davon, ob seine Vorschläge klug sind.

Die Gegner Schäubles müssen in ihrer Darstellungskunst erheblich zulegen, sonst ist dieser Staat in wenigen Monaten nicht mehr wiederzuerkennen.

Einen Vorteil hat die Eskalationsstrategie von Schäuble jedoch: Mit seinem Vorschlag der Verfassungsänderung sind nun auch die Hauptnachrichtensendungen von ARD und ZDF gezwungen, mit mehreren Tagen Verspätung über die Pläne Schäubles zu berichten und damit große Teile der Bevölkerung erstmals damit bekannt zu machen. Das könnte eine Chance sein für die Verteidiger des Rechtsstaates. Leider werden natürlich Tagesthemen und Heute-Journal vor allem ein Live-Interview mit Schäuble bringen und die Kritik an seinen Plänen nur in wenigen Nebensätzen in der Anmoderation unterbringen. Mit den zu erwartenden zwei, drei kritischen Fragen der Moderatösen wird Schäuble in gewohnter Manier umgehen: "Wissen Sie, Frau..., diese Kritik, die Sie da ansprechen..., das ist doch alles Quatsch." Punkt.

Mein Tipp: Die Gegner der Schäuble-Überwachung sollten sich über die Parteigrenzen hinweg treffen und absprechen und versuchen, geschlossen vor den Medien aufzutreten.

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Mittwoch, 4. April 2007

Der Schäuble-Katalog und die wackelnde SPD

Der SPD-Mann Stegner, Innenminister Schleswig-Holsteins, beteuert in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, dass die SPD so einfach die Forderungen von Schäuble nach verschärften Sicherheitsgesetzen nicht mittragen würde.

Konkret erklärt Stegner dann jedoch, dass man bei der Frage, ob man Daten aus der LKW-Maut für die Verbrechensbekämpfung verwenden solle, mit sich reden lasse. Abgesehen davon, dass dies teilweise längst geschieht (ohne dass die verantwortlichen Politiker dies seltsamerweise an die große Glocke hängen als Erfolg bei ihrem Kampf für die totale Sicherheit), abgesehen davon also sind das ganz neue Töne! Bis vor kurzem galt die Massenüberwachung von Autofahrern noch als unerhörtes Horrorgemälde und stieß auf Ablehnung. Jetzt erscheint dies jedoch als das kleinere Übel im Vergleich zu den sonstigen Forderungen von Schäuble. Das Abwiegeln und Rumstottern der SPD beginnt also schon.

Bei der Forderung Schäubles nach Onlinedurchsuchungen (Stichwort "Bundestrojaner") sehe er bis jetzt schlicht noch nicht die Notwendigkeit. Was aber auch heißt, dass Stegner hier auch mit sich reden lassen würde.

Nur bei der angedachten zentralen Speicherung der Fingerabdrücke aller Bundesbürger will Stegner nicht mit sich reden lassen. Hier ist aber noch unklar, was Schäuble eigentlich in Bezug auf die Fingerabdrücke oder gar genetische Daten der Bevölkerung gefordert hat. Zur Rasterfahndung äußern sich mehrere SPD-Leute vor allem insofern, dass sie sie als unnütz ansehen.

Was wird aus dem Gesagten deutlich? Die SPD hat anscheinend eben immer noch nicht verstanden, was an den Plänen von Schäuble eigentlich problematisch ist. Und deshalb wird die SPD zweifelsohne wichtige Teile des Schäuble-Katalogs durchwinken. Beim "Otto-Katalog" vom ehemaligen Bundesinnenminister Otto Schily hat sie es ja auch getan. Das Gebrause der SPD gegen die geplanten Überwachungsmaßnahmen ist genauso unglaubwürdig wie das Gebrause der CDU, dass man mit den geplanten Maßnahmen effektiv die Sicherheit erhöhen könne und sie deshalb nötig seien.

SPD und CDU scheinen mit der Materie schlicht überfordert zu sein. Deshalb hier ein kleiner Nachhilfekurs:

  • Entscheidend bei der Verwendung der Mautdaten ist, wie sie verwendet werden. Vor allem, wie lange die Daten gespeichert werden, wer alles Zugriff darauf hat, welche Kontrollen es für den Zugriff gibt. Das sind wichtige Details. Problematisch ist zum Beispiel, dass die Kameras auf den Mautbrücken zunächst einmal alle Autos, auch PKWs also, erfassen. Und problematisch ist, dass die Polizei als wenig vertrauenswürdig eingestuft werden muss, wenn es um die Pflege ihr anvertrauter Daten geht. Die deutsche Polizei ist leider ein regelrechter Datenschmutzfink, der alles gerne sammelt und danach nicht wieder aufräumt. Hier müssten tatsächlich absolut scharfe und wirksame Kontrollen eingeführt werden, um diesen Datenmist bei der Polizei endlich einmal aufzuräumen und die Verwendung weiterer Daten rigoros zu kontrollieren. Ist die Einführung solcher rigorosen Datenschutzregelungen und die echte Sorge um den Datenschutz unseren Politikern zuzutrauen? Ich traue ihnen das nicht zu. Definitiv nicht. Deshalb würde ich es lieber sehen, wenn die Mautdaten gar nicht zur Verbrechensaufklärung herangezogen werden. Vor allem, weil überhaupt nicht geklärt ist, ob sie tatsächlich nötig sind.
  • Einfach wie Stegner davon auszugehen, dass die Onlinedurchsuchung nicht nötig ist, ist dumm. Sicherheitsbehörden werden immer konstruierte Fälle finden, bei denen eine Onlinedurchsuchung irgendwie sinnvoll wäre. Vermutlich schwenkt Stegner in seiner Meinung um, wenn er beispielsweise erfährt, dass es Software gibt, die den Inhalt einer Festplatte beim Herunterfahren des Computers verschlüsseln kann. Klopft also eine herkömmliche Hausdurchsuchung an die Wohnungstür, hätte ein Verdächtiger die Möglichkeit, in aller Ruhe vor dem Aufmachen der Tür seinen Rechner runterzufahren und seine Daten zu verschlüsseln. Für Stegner wäre dies sicherlich das Argument, nun den totalen Zugriff der Sicherheitsbehörden online über Trojaner zu ermöglichen. Das Argument gegen die Onlinedurchsuchung lautet aber, dass das staatliche Hacken das Vertrauen der Bürger ins Internet massiv aushölen würde. Auch wenn es richterliche Kontrollen geben sollte, so besteht immer die Gefahr des Missbrauchs. Einmal entwickelte, staatliche Trojaner könnten schnell und ohne viel Aufwand und ohne Spuren zu hinterlassen in riesigem Ausmaß missbraucht werden. Das ist das entscheidende Argument gegen die Onlinedurchsuchung.
  • Die zentrale Speicherung von Fingerabdrücken wäre sicherlich eine Horrorvorstellung. Aber allein das Vorhandensein der Fingerabdruckdaten in den zukünftigen Pässen wird die Begehrlichkeiten der Sicherheitsbehörden nach solch einer Datei nicht zur Ruhe kommen lassen. Wie bei den Mautdaten. Da wurde auch zunächst versichert, dass auf sie nicht zugegriffen werden würde. Die zentrale Speicherung aller Fingerabdrücke wird kommen. Wenn nicht sofort in einem Schritt, dann in mehreren kleinen. Vielleicht wird es zum Beispiel Fahndern zunächst erlaubt, die Fingerabdruckdaten aller Bekannten eines Gewaltopfers auszuwerten und zu speichern, um Tätern schneller auf die Spur zu kommen. Vielleicht wird es irgendwann erlaubt, dass bei Ausweiskontrollen die Polizei die Fingerabdruckdaten speichern darf. Erst für eine gewisse Zeit, dann länger. Und schließlich entstehen auf Länderebene zentrale Datenbanken mit allen Fingerabdrücken aller Landesbürger. Bis es dann einen Terror-Anschlag gibt und die Hürde für die zentrale Speicherung aller Fingerabdrücke fällt - völlig unabhängig natürlich davon, ob solch eine Fingerabdruckdatei nun hilft gegen den Terror oder nicht.
Fazit: Die SPD argumentiert zwar noch gegen den Schäuble-Katalog, aber sie argumentiert falsch. Und deshalb werden die Vorschläge (und noch mehr) aus dem Schäuble-Katalog Wirklichkeit werden, weil unsere Politiker die beiden zentralen, tatsächlichen Argumente gegen die Überwachung nicht verstehen wollen:
  • Dass nämlich Überwachung an sich - egal in welcher Form und in welchem Ausmaß und egal, ob die Daten aus der Überwachung missbraucht werden von Dritten oder nicht - immer ein Eingriff ist, ein Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger. Jede Überwachung verändert das Verhalten der Beobachteten und lässt sie sich selbst als nicht autonomes Objekt erleben. Und wer behauptet, er wüsste, wo die Grenze liegt, bis zu der ein Eingriff in diese Freiheitsrechte nicht schädlich ist, der lügt.
  • Dass die Anhäufung von Daten immer mit dem Risiko des Missbrauchs verbunden ist. Daten sind Wissen, Wissen ist Macht. Einfach davon auszugehen, dass unsere guten, deutschen Behörden schon nichts Verwerfliches mit den Daten anstellen werden, ist absolut naiv. Es bedarf dazu nur einiger weniger Problemfiguren oder eines technischen Fehlers und schon kann diese Macht im Zeitalter der digitalen Informationstechnologie leicht und ohne Spuren zu hinterlassen in riesigem Ausmaß missbraucht werden.
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Dienstag, 3. April 2007

Überraschung: Schäuble reagiert mit Unverständnis auf Kritik

Unverständnis ist eh das Synonym, das man für das Denken von Schäuble gebrauchen kann.

Wie ich vorhergesagt habe, meint Schäuble nun, dass man ihn total missverstanden habe. Es bestehe kein Grund zum Alarmismus und er plane keine genetische "Volksverdatung", berichtet die Netzeitung. Stimmt. Er plant nur die totale Überwachung. Und das soll auch weiter alles ganz schnell gehen. Sagt jetzt nicht Schäuble persönlich, sondern er sagt es via CDU-Mann Bosbach (ein Schäuble-Klon).

Ach ja, genau wie ich es ebenfalls Schäuble schon gestern in den Mund gelegt habe, sagt er heute, dass man die SPD auf gar keinen Fall irgendwie übergehen wolle. Man hätte ja schon Absprachen mit Leuten aus der SPD-Fraktion gemacht:

Nach Schäubles Angaben wüssten die rechts- und innenpolitischen Experten der Regierung und ihrer Fraktionen über die anstehenden Gesetzesvorhaben Bescheid. In einem Gespräch der Fachpolitiker habe er darauf hingewiesen, dass sie gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Blick auf das neue BKA-Gesetz "möglicherweise zwischen Prävention und Repression" unterscheiden müssten. Terrorabwehr, sagte Schäuble, müsse "möglichst effizient" geschehen. (Quelle)


Das Wortspiel mit dem vorgeblichen Gegensatzpaar "Prävention" und "Repression" ist jedoch mal etwas Neues. Aber wenn die Prävention umfassende Überwachungsmaßnahmen beinhaltet, wo liegt dann der Unterschied zur Repression? Schäuble & Co. wollen nicht verstehen, dass Überwachung nichts Neutrales ist. Das Erfassen der und Zuschauen bei den Aktivitäten der Bürger durch den Staat ist eben nicht etwas, was den Beobachteten kalt lassen würde, ihn nicht betreffen würde.

Für Schäuble scheint also weiterhin die Effizienz der einzige Maßstab bei seinen Terror-Abwehrplänen zu sein. Das ist traurig und fahrlässig. Ich verweise dazu auf Erläuterungen vom Sicherheitsexperten Bruce Schneier, die ich auch hier bereits kurz dargestellt habe.

Noch ziert sich die SPD. Aber ich bin mir sicher, dass der Schäuble-Katalog umgehend in seiner jetzigen Form unverändert ins Kabinett kommt und dort verabschiedet wird. Und wenn die SPD-Fraktion aufmuckt, gibt es Druck und Stoff von oben. Das kennt man ja. Und wenn es dennoch Widerstand geben sollte, tritt halt Plan B in Kraft. Soll heißen: Dann wird der Schäuble-Katalog halt etwas entschärft. Etwas. Und dann muss die SPD zustimmen.

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Politisches Wissen beim Spazierengehen tanken

Die Abneigung, sich mit Politik zu beschäftigen, liegt daran, dass das alles so undurchschaubar ist, was da passiert. Der eine behauptet bei irgendeinem politischen Thema irgendetwas, ein anderer kurz danach das genaue Gegenteil und am Ende kommt in der realen Politik irgendein Mischmasch raus, mit dem niemand zufrieden ist.

Ist es also eigentlich wichtig, sich mit Politik zu beschäftigen? Muss man sich mit so einem klebrigen, langweiligen Zeug beschäftigen? Bleibt nicht eh alles beim Alten?

Nein. Natürlich nicht. Schwierig ist nur der Einstieg. Aber hat man erst einmal ein wenig Hintergrundinformationen, dann macht es Spaß mit diesem Wissen sozusagen "hinter die Kulissen" blicken zu können, politische Argumentationen entlarven zu können, die eigentlichen Machtinteressen hinter dem Gesagten bloßstellen zu können.

Wissen ist Macht. Und hat man etwas politische Ahnung, dann wird man selbst automatisch Einfluss ausüben. Das kommt ganz von selbst. Und sei es nur durch vereinzelte Gespräche im Freundeskreis. Der Mensch ist ein politisches Wesen und: Wissen und Machthaben ist lustvoll.

Normalerweise muss man komplizierte Texte lesen, um sein politisches Wissen zu bilden. Das ist manchmal mühsam. Jemandem einfach zuzuhören ist einfacher als Texte zu lesen. Umso schöner, dass die NachdenkSeiten eine Sendung des Deutschlandfunks online stellen, in der die politische Strippenzieherei, die derzeit in Deutschland am Werk ist, bloßgestellt wird: DLF "Zwischentöne" als Audio.

Der Deutschlandfunk interviewte Albrecht Müller von den NachdenkSeiten zu seinem Leben (in - Intro eingerechnet - Teil drei und vier der dort verlinkten MP3s) und zu seinem jetzigen politischen Wirken mittels seiner beiden Bücher "Machtwahn" und "Die Reformlüge" und mittels seiner famosen Website NachdenkSeiten.de.

Zum Appetitmachen eine kleine, interessante Aussage im Interview von Albrecht Müller: Da die Riester-Rente steuerlich gefördert wird, bezahlt so der kleine Angestellte über die Mehrwertsteuer die Riester-Rente der Mittelklasse mit und kann sich selbst jedoch wegen seines kleinen Gehaltes keine solche Riester-Rente leisten. Zustande gekommen ist solch ein krudes Gesetzeswerk, weil die ganzen meinungsgebenden, "unabhängigen" Experten (Rürup-Kommission) neben ihren Professoren-Jobs bei der Versicherungswirtschaft in Lohn und Brot stehen. Dies ist nur ein kleines Beispiel dafür, wie in den letzten Jahren durch gezielte Einflussnahmen von Lobbyisten aus der Großindustrie Politik gegen die Mehrheit der Bevölkerung und besonders zu Lasten der kleinen Leute gemacht wurde.

Einfach die MP3s auf der oben verlinkten Webseite runterladen und via Computerlautsprecher hören oder noch besser auf den MP3-Player kopieren und bei einem Frühlings-Spaziergang frische, politische Einsichten einatmen und sich seine eigene Meinung dazu beim Sonnetanken bilden.

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Montag, 2. April 2007

Vorzeitiges Ende des Schäuble-Katalogs? Unwahrscheinlich.

Schäuble weiß bald, mit wem ich letzten Sommer telefoniert habe. Aber ich weiß schon heute, was Schäuble erst morgen sagen wird.

Und zwar Folgendes:

Man habe ihn missverstanden. Er plane mitnichten die totale Überwachung der Bevölkerung. Das sei totaler Schwachsinn. Die Pläne, die er intern mit Parteikollegen und den Chefs der Sicherheitsbehörden entworfen habe, wären noch überhaupt nicht fertig ausgearbeitet gewesen. Natürlich würde man es nur auf schwerste Kriminalität absehen. Der normale Bürger habe überhaupt gar nichts zu befürchten. Man werde dies natürlich auch noch mit der SPD-Fraktion intensiv besprechen. Herr Wiefelspütz hätte auch schon Zustimmung signalisiert. Man werde sicherlich einen Kompromiss finden. Schließlich gehe es um die Sicherheit Deutschlands in Zeiten extrem erhöhter Terror-Gefahr. Es sei total fahrlässig, diese neue, schwere Bedrohungslage einfach vollkommen zu ignorieren. Und so weiter und so fort. Wetten, dass Schäuble sich in wenigen Stunden so äußern wird?

Da fällt mir ein Märchen ein:

Der General kam eines Tages zum König und sagte: "Eure Exzellenz, unsere Soldaten haben nichts zu tun, lasst uns unser Nachbarland angreifen, sonst kommen sie aus der Übung!" Der König erwiderte: "Was fällt euch ein?! Ich greife doch nicht meinen Vetter Hubertus den Dritten an!" "Gut, Eure Exzellenz, aber dann lasst meine Soldaten das Töten an 10.000 unserer eigenen Leute üben." "Wie bitte? Ihr wollt 10.000 meiner geliebten Untertanen umbringen? Seid ihr von Sinnen?" "Also gut. Sagen wir 5.000!" "Nein!" "Mein König, sagen wir 500. Sonst ist euer Heer nicht einsatzbereit!" "Kommt nicht in Frage!" "100. Mein Herrscher. Sonst garantiere ich für nichts. Ich wähle auch nur die Unsympathischsten unserer Zeitgenossen aus. Das könnt ihr mir nicht verwehren". Und so kam es, dass der König schließlich einwilligte, dass das eigene Militär, das eigentlich zum Schutze des Volkes da war, Teile des Volkes zu Übungszwecken umbrachte. Und niemand regte sich drüber auf, denn es war ja bewiesen, wie sehr der König gegen seinen General für das Leben seiner Untertanen gekämpft hatte.

Wie wird es also ausgehen mit dem "Schäuble-Katalog"? Klar: Der Katalog aus Maximalforderungen von Schäuble wird wie üblich etwas, ein klein wenig zusammengeschrumpft - damit man so die wesentlichen Punkte dennoch durchbringen kann. Wichtig ist nur, dass in den Zeitungen steht, es handele sich um einen Kompromiss. Dann geht das schon. Dann kann man jeden Quatsch politisch realisieren.

Jetzt tönt die SPD noch, dass das mit dem Schäuble-Katalog nichts werde. Ja, gut. Mit dem Schäuble-Katalog. Aber dafür wird es etwas mit dem Schäuble-SPD-Katalog. Die SPD ist vermutlich nur sauer, dass sie bisher anscheinend nicht in die Planungen involviert war. Deswegen halte ich die aktuellen Äußerungen von Klaus Uwe Benneter von der SPD leider nicht wirklich für eine Entwarnung.

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Deutschland: Investigativer Journalismus nur nachts

Es ist ja schön, dass der WDR solche investigativen TV-Beiträge über den Lobbyismus in Deutschland finanziert.

Der Beitrag aus der Reihe "Die Story" entlarvt, dass in bestimmten Bundesministerien die Wirtschaft direkt in den Büros im Ministerium mitschreibt an Gesetzen. Andere Interessen aus dem Volk kommen nicht mehr ans Ohr der Politiker. Experten bezeichnen diesen geheimen Machteinfluss der Wirtschaftslobbyisten auf die Gesetzgebung in Deutschland als eine neue Form der Korruption.

Es ist jedoch lächerlich, dass der WDR den Beitrag in der Nacht versteckt. Welcher normal arbeitende Mensch kann sich solch einen schweren Stoff nachts um 23 Uhr anschauen?

Meinen Rochus auf die öffentlich-rechtlichen Sender werde ich erst wieder los, wenn solche TV-Beiträge oder andere politische Magazine um 20:15 Uhr laufen. Dafür gibt es die öffentlich-rechtlichen Sender. Nicht für den Musikantenstadl, der von den privaten Sendern sicherlich sofort mit Kusshand übernommen würde, auf den also Opa Schunkeldireinen bestimmt nicht verzichten müsste, wenn er nicht mehr in der ARD laufen würde.

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Überwachungs-Schäuble: Die Stimmung kippt

Es hatte wohl seinen Grund, warum Schäuble seine erneuten Pläne zur Ausweitung der Überwachung vermutlich vorerst lieber geheim halten wollte. Denn jetzt, wo sie ans Licht gekommen sind, regt sich endlich auch jenseits der bisherigen Mahner der Widerstand gegen die geplante Überwachungsflut.

Kippt die Stimmung also? Beginnt nun eine breitere, gesellschaftliche Diskussion über Sinn und Unsinn von noch mehr Befugnissen für die Sicherheitsbehörden? Warten wir's ab.

Hier das heutige Echo zu Schäubles Plänen:

In einem bereits gestern erschienen Artikel bei Heise.de (Schäubles lange Liste für weitere Ermittlungsbefugnisse), der die gesamten, geplanten, neuen Überwachungsmaßnahmen auflistet, findet sich ein zitierter Halbsatz von Schäuble, der genügt, um die Brisanz der Diskussion noch einmal herauszustreichen. Schäuble soll geäußert haben:

[Es] dürfe das Unschuldsprinzip "nicht mehr so einfach" gelten [...]. (Quelle. Direktlink zum Textauszug.)


Von dieser Meinung werden sich Schäuble & Co. nicht so leicht abbringen lassen. Außerdem: Wir haben eine große Koalition. Und: Die SPD hat keine eigene politische Meinung mehr zu irgendwas. Das bedeutet: Nie war der Zeitpunkt günstiger für Schäuble & Co. ihre Pläne politisch durchzusetzen. Das einzige, was sie aufhalten könnte, wäre eine massive, deutlich artikulierte öffentliche Meinung, die gegen sie ist.

In die TV-Nachrichtensendungen der öffentlich-rechtlichen Sender haben es die Reaktionen auf die Pläne zur Umwandlung unseres Staatswesens von einem Rechtsstaat in einen Überwachungsstaat noch nicht geschafft.

Es gibt also noch viel zu tun...

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Sonntag, 1. April 2007

Aprilscherz des CCC

(Via Missis Notizblog) Aprilscherze haben es schwer heutzutage. Aprilscherze leben davon, aus der Masse der realen Meldungen durch ihre offensichtliche Absurdität herauszustechen. Was soll man aber tun, wenn die realen Meldungen seit Jahren selbst immer irrealer und absurder werden?

So dachte ich erst: Klar, die 1.-April-Meldung des Chaos Computer Clubs (CCC) entlarvt sich schnell als Scherz: Bundestrojaner in ELSTER-Software entdeckt.

Denn was kann hier nicht stimmen? Richtig: Terroristen zahlen keine Steuern und deswegen würden die Sicherheitsbehörden niemals die ELSTER-Software trojanertechnisch aufrüsten. Also kann die Meldungn nicht stimmen.

Falsch. Das ist natürlich kein Argument. Denn ob eine Überwachungsmaßnahme tatsächlich Terroristen treffen würde oder nicht, kümmert unsere Politiker bekanntlich nicht. Schließlich interessiert es Schäuble & Co. auch nicht, dass all ihre anderen Überwachungsmaßnahmen (Vorratsdatenspeicherung, Belauschen unverschlüsselten E-mail-Verkehrs, geplante neue Rasterfahndungen, Kontenüberwachung, biometrische Pässe und so weiter) vor allem den Normalbürger ins Visier nehmen und aushorchen und eben kaum technisch versierte Terroristen.

Also entlarvt nur noch die Tatsache, dass die Datei "elster.exe" infiziert sei, die Meldung als Aprilscherz:

Schon von Anfang an hegten Experten Zweifel an der Integrität der 18 MB großen .exe-Datei. (Quelle)


Denn sollten es Terroristen tatsächlich so einfach haben? Sollte es ausreichen, einfach Linux zu verwenden, um vor dem Bundestrojaner sicher zu sein? Nein, natürlich nicht.

Also: Doch ein gelungener April-Scherz!

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