Sonntag, 17. Februar 2008

ARD-Presseclub: Meinungsinstallateure im sonntäglichen Noteinsatz

Thema unter anderem heute im gerade gesendeten ARD-Presseclub war der aufdämmernde, riesige, noch nie zuvor da gewesene Steuerskandal.

Ich gebe einige Äußerungen, die ich mir während der Sendung notiert habe, einmal in indirekter Rede wieder. Die Sendung gibt es auch als Podcast zum Nachhören.

Heike Goebel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, meint, dass man es niemandem verdenken könne, wenn er versuche, etwas günstiger weg zu kommen. Und dass die SPD von den neuen Asozialen spricht, hält sie für überzogen. Es seien letztlich Einzelfälle.

Joachim Dorfs, Stuttgarter Zeitung, meint, dass doch jeder versuche, möglichst viel von der Steuer absetzen zu können. Und jeder habe doch schon einmal irgendwo mit dem Phänomen Schwarzarbeit Kontakt gehabt.

Auch Birgit Marschall meint, dass sich jetzt halt nur die Fälle häufen würden. Außerdem stünden wir in einem internationalen Wettbewerb und deswegen neige der eine oder andere halt dazu, ein krummes Ding zu drehen. Von den "neuen Asozialen" zu sprechen, sei Demagogie.

Außerdem wird in der Runde geäußert, dass eigentlich das komplexe Steuersystem nicht ganz unschuldig sei dafür, dass Steuern hinterzogen werden.

Nur Herr Jungbluth von der Zeit hält sich zurück. Ein kluges Verhalten angesichts solcher Äußerungen seiner Kollegen.

Man könnte jetzt natürlich die Frage stellen, warum man derartige Verteidigungsreden so selten hört und liest in den Medien, wenn es um die Verunglimpfung anderer gesellschaftlicher Gruppierungen geht, denen oftmals vorgeworfen wird, "asozial" zu sein. Aber solch eine Frage ist vermutlich demagogisch.

Lange hält man sich mit dem ganzen Thema dann aber nicht auf im Presseclub und schwenkt zur Halbzeit der Sendung um auf das Thema der Bankenkrise, das eigentlich auch eine eigene Sendung verdient hätte.

Und etwas fehlte auch noch im heutigen Presseclub: Für meinen Geschmack gab es viel zu wenig Fragen darüber, was passieren wird, wie die Zukunft aussehen wird. Die Spekulation ist meines Wissens nach die eigentliche Aufgabe des modernen Orakels namens Presseclub. Orakel jedoch sind empfindlich gegenüber Störungen, weswegen sie früher in der Antike immer schön pfleglich mit Opfergaben bedacht sein wollten. Der sich abzeichnende riesige Steuerskandal stört vermutlich die atmosphärischen Schwingungen und irritierte die Anwesenden, so dass große Weissagungen heute leider ausblieben.

Der eine oder andere könnte jetzt vielleicht einwenden, dass das Orakeln doch nicht die Aufgabe von Journalisten sei, dass Journalisten sich doch normalerweise dadurch auszeichnen, Fakten zu sammeln und das, was ist und nicht das, was sein wird, anschaulich zu präsentieren.

Aber was ist schon normal im und am ARD-Presseclub?

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