Mediengeile Kölner Polizei
Anders kann man das nicht bezeichnen, was die Kölner Polizei da abgezogen hat. Hauptsache, man kann der lechzenden Öffentlichkeit präsentieren, wie toll Prävention ist. Da verliert man jede Zurückhaltung. Da schaltet der Verstand ab.
Zwei (was ihr Schadenspotenzial angeht) harmlose Softair-Pistolen und eine nicht gerade robust aussehende Armbrust werden auf einer großen Pressekonferenz präsentiert und in marktschreierischer Art davon gesprochen, dass man mit absoluter Sicherheit einen furchtbaren Amoklauf verhindert habe.
Mediengeile Kölner Polizei.
Richtige Polizeiarbeit sieht anders aus. Da klärt man erst einmal auf, was Sache ist. Und wenn man dann herausbekommen hätte, dass der Amoklauf tatsächlich geplant gewesen war, dann wartet man mit dem Veröffentlichen zumindest bis dieser Jahrestag eines früheren Amoklaufs verstrichen ist, um die Schüler und Lehrer nicht weiter zu verunsichern und mögliche andere Schüler, die bundesweit ebenfalls mit Selbstmordgedanken (denn vermutlich wäre auch der Kölner Amoklauf eher zu einer Art erzwungenem "Selbstmord" per Polizei-Rettungsschuss mutiert - da ergeben die Softaire-Pistolen auch einen Sinn...) oder Amoklauf-Plänen spielen, nicht noch zu motivieren. Denn dass Berichte über Selbstmorde beispielsweise die fatale Eigenschaft haben, Nachahmer zu motivieren, ist wissenschaftlich längst belegt.
Was also sollte diese riesige Pressekonferenz?
Dass die Polizei den Schüler, der sich nach einem Polizeigespräch umbrachte, nicht nach Hause begleiten ließ, das ist tragisch, aber es ist schwer zu beurteilen, ob hier die Polizei tatsächlich fahrlässig handelte. Auch dass die Polizei den Hinweisen auf einen Amoklauf überhaupt nachging, ist nicht falsch.
Aber was sollte dieser Pressewirbel?
Der von der Polizei ausgelöste Pressewirbel zeigt vor allem eines: Dass die Polizei mehr an ihrem Selbstbild in der Öffentlichkeit interessiert ist als am Schutz des zuvor angeklagten 18-Jährigen und als am Schutz der Schüler und Lehrer. Der Stress, den die Polizei mit ihrer Mediengeilheit bei Lehrern, Schülern und dem Verdächtigen ausgelöst hatten, war völlig unnötig. Er wäre auch unnötig gewesen, wenn sich die Vorwürfe gegen den Verdächtigen bestätigt hätten.
Aber mit Strafverfolgung wird zur Zeit ja wie seit langem nicht mehr Politik gemacht in diesem Land. Dient die Strafverfolgung doch derzeit dazu, Bürgerrechte einzuschränken, ja ein neues Staatsverständnis vom Staat als machtvollem, beschützenden Übervater zu etablieren. Da muss jeder vermeintliche Präventionserfolg sofort groß hinausposaunt werden. Koste es, was es wolle.
Und so ist es auch kein Wunder, dass dieser tragische Vorfall in Köln sofort wieder zu einer günstigen Gelegenheit pervertiert, die irgend so ein Polizeivertreter zum Anlass nimmt, verschärfte Ermittlungsmethoden zu fordern. Was ist das für eine perverse Zeit, in der wir leben? Da haben doch manche Leute ganz eindeutig ihre Fähigkeit zum klaren Denken (ich hoffe nur zeitweilig) erheblich eingebüßt, um das mal (hoffentlich) nicht abmahnfähig auszudrücken. So soll Klaus Jansen, Bundesvorsitzender des Bundes der Kriminalbeamten, auch gleich wieder die Online-Durchsuchung (Bundestrojaner) gefordert haben im Angesicht des vermeintlich verhinderten Amoklaufs. Ja, richtig! Die Online-Durchsuchung!
Und da kommen wir zu dem Thema Onlinedurchsuchung: In einer zeitkritischen Situation haben wir nicht die Zeit, vielleicht erst zu demjenigen nach Hause zu fahren, den Rechner sicherzustellen, den neu aufzubauen, den dann zu durchsuchen, sondern Sie müssen im Einzelfall aus der Distanz, nämlich das Internet ist ja dieses distanzlose Medium, müssen Sie in der Lage sein, vielleicht sagen zu können, wir müssen Direktschutzmaßnahmen an einer Schule fahren oder nicht. Ich glaube, dass wir das Thema Onlinedurchsuchung auch vor dem Hintergrund dieser Tat, beziehungsweise dieses Versuchs, noch mal neu diskutieren müssen. (Quelle: Deutschlandfunk)
(Via immer unverzichtbarer werdendem Antiterror.Blog.de)
Plagt dich irgendein Leid, nimm die Online-Durchsuchung, die hilft mit Sicherheit! Die Liste der Dinge, für die die Online-Durchsuchung nun schon Mittel der Wahl sein soll, kann also wieder erweitert werden. Ein Amoklauf ist ja auch irgendwie Terrorismus, für dessen Bekämpfung die Online-Durchsuchung eigentlich angeblich ja gedacht war. Aber es ist ja eigentlich überhaupt alles Terrorismus. Gegebenenfalls. Gegebenenfalls ist das Zauberwort, mit dem das Bundesinnenministerium gegebenenfalls die Online-Durchsuchung gegen Missbrauch absichern will, wie Netzpolitik.org gerade passenderweise mitteilt. Gegebenenfalls, so also steht es in den nun offiziellen Antworten des Bundesinnenministeriums auf Fragen zur Online-Durchsuchung, will man mit dem Bundestrojaner das eine oder andere machen und theoretisch grundsätzlich sich dabei auch an Richtervorbehalt und so ein Zeugs halten. Gegebenenfalls sicher. Sicherheitshalber gegeben. Gegebene halbe Antworten. Mit Nachfragen von den Medien ist nicht zu rechnen. Das zumindest ist wirklich sicher.
Aber zurück nach Köln: Liebe Kölner Polizei, haltet das nächste Mal einfach erstmal eure Klappe und macht eure Arbeit, bevor ihr Angst und Schrecken hochpusht mit der Präsentation von Softairpistolen und einer Armbrust, die vermutlich alleine schon wegen ihrer Nachladezeit kaum als Amokwaffe geeignet erscheint.
Interessant auch, dass die Medien diese Mediengeilheit der Kölner Polizei kaum kritisieren. Klar, sie lieben solche Storys. Sie leben indirekt von der Angst. Und zwar nicht nur die unseriösen Boulevard-Magazine der privaten Sender, sondern diese kritiklose Berichterstattung findet heute genauso in der ehemals qualitätvollen Tagesschau statt.
Der Vollständigkeit halber, und damit dieser Weblog-Eintrag auch noch in ein paar Monaten in den richtigen Kontext gestellt werden kann: Ein Bericht bei Spiegel.de über das Verschwinden eines Amoklaufs und über das Verschwinden einer vermeintlich glorreichen Verhinderung eines Amoklaufs: Schüler hatten Pläne für Blutbad schon aufgegeben.
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4 Kommentar(e):
...und was ist jetzt aus der Amok-Drohung in Karst (War doch da, oder? so langsam komm ich durcheinander) geworden? Oder hatten da nur Schüler des dortigen Gymnasiums über den Vorfall in Köln gechattet, was der finnischen Polizei mangels Sprachkenntnissen "spanisch" vorkam? Nur AMOK hört sich eben in fast allen Sprachen gleich an.
Und in Schwelm (glaub ich) gibts auch schulfrei, weil ein Schmierfink schon am Freitag eine nicht näher erwähnte Amokdrohung auf die Wand des Schulklos geschrieben hatte.
Und die Medien dilettieren weiter - Morgenmagazin heute: es habe wohl in den letzten Jahren 15 (50?) Hinweise/Verdachtsmomente auf Amokläufe an Schulen gegeben, was aber seeehr viieel sei (erschreckter Ausruf der Moderatorin, die aus der zweifelhaften Hinweislage eines "Amokexperten" eine konkrete Gefahr erstellt).
Nun - die drei obigen Fälle kann man ja schonmal aus der Statistik nehmen.
Lieber Ninjaturkey, ich glaube nicht nur Sie geraten da durcheinander. Ich stelle allgemeines, großes Durcheinander fest. Bei den Medien, bei der Polizei, bei den Eltern, den Lehrern und den Schülern und natürlich bei den verhinderten, potenziellen, nicht-existenten oder zukünftigen Amokläufern. Und das, obwohl gar kein Amoklauf stattfand. Bemerkenswert, oder?
Wenn das nicht beweist, dass wir unbedingt, unbedingt, UNBEDINGT mehr Polizei an den Schulen, mehr Kontrollen (vor allem auch von Chat-Räumen im Internet), mehr Anti-Amok-Schnüffelhunde (ausgebildet auf das Erschnüffeln von Armbrüsten), mehr Satellitenbeobachtung von Schulhöfen, mehr GPS-Sender an den Jacken von Schülern, die eigene Homepage oder Blogs haben, mehr Onlinedurchsuchungen von Lehrerzimmern (vielleicht gibt es da ja heimliche Sympathisanten der Amokläufer!!!), mehr Militär in der Nähe unserer Schulhöfe benötigen!
So, ich ziehe mich nun in meinen Bunker zurück. Wenigstens da bin ich vor Amokläufen sicher. Denn unsere Regierung ist ja total unfähig, uns vor Amokläufen zu schützen, diese Versager.
Bunker? Nö, Herr Solon - ich kuschel mich noch was an meine Luxusfrau. Denn wenn die Amokläufer eins gemeinsam haben, dann isses - keine Freundin! In dem Alter bleibt da sexueller Frust nicht aus (wäre ja in unserem gereiften Alter schon nicht einfach).
Mein Vorschlag: ein aufgeklärter Sexualkunde- und Partnerschaftsunterricht für die Jungs (ein paar Benimmregeln was die Mädels so mögen wären auch nicht schlecht), Präser und Gesichtswasser (gegen Pickel) umsonst. Und das Promiskuität auch was für sich hat. Hätte ich damals auch brauchen können ;-)
Gut - mag sich für den einen oder anderen jetzt etwas vereinfacht anhören. Ist aber auch nicht dümmer als verstärkte Überwachung und ein AMOK-Ordner im Lehrerzimmer - ist aber billiger und macht bestimmt mehr Spaß.
Sex? Total überbewertet. So ein Bunker hält länger als jede Ehe. ;-)
Aber da wir gerade schon von Aufklärung sprechen. Da kann ich nur die "Midwest Teen Sex Show" empfehlen. Leider nur auf Englisch. Aber die teutsche Jugend beherrscht diese Sprache ja (was sicherlich mal zum Untergang unserer heiligen, teutschen Kulttturrr führen wird).
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