Dienstag, 12. Februar 2008

Parlamentarier weiterhin nicht informiert über umfangreiche Verletzungen des Briefgeheimnisses durch Deutsche Post

Zeit.de legt nach und berichtet noch einmal über die eklatante Verletzung des Briefgeheimnisses, den "Deutsche Post World Net" anscheinend schon seit Jahren - vermutlich mit Rückendeckung durch die deutsche Regierung - in riesigem Umfang begeht.

Bislang haben meines Wissens nach die deutschen Medien die Berichte von Zeit.de nicht aufgegriffen.

Aus dem neuen Zeit.de-Artikel:

Jahrelang wurden Informationen über deutsche Pakete und ihre Absender unbemerkt an die USA übermittelt. Erst jetzt beginnt eine öffentliche Debatte über diese fragwürdige Praxis. Der Innenausschuss des Bundestags wird auf seiner nächsten Sitzung am 13. Februar debattieren, ob dieser Datenaustausch das Postgeheimnis verletzt. [...] Dieses Vorgehen hat erhebliche Auswirkungen auf das deutsche Post- und Briefgeheimnis sowie auf den Datenschutz. Daher hätte es einer umfassenden Information des Parlaments und der Öffentlichkeit bedurft. Doch waren stattdessen klammheimlich Fakten geschaffen worden. Möglich wurde dies, weil die Regelung durch ein Handelsabkommen getroffen wurde, und nicht, wie eigentlich nötig, über das Post- und Fernmeldewesen. [...] Und das Bundeswirtschaftsministerium informiert die Parlamentarier ausgerechnet vor dem Treffen des Innenausschusses falsch. Entgegen der Faktenlage behauptet Staatssekretär Bernd Pfaffenbach vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie auf Anfrage der Innenpolitischen Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Gisela Piltz, dass noch keinerlei Daten an die USA übermittelt würden. (Quelle: Zeit.de)


Alles eigentlich ein handfester Skandal. Aber wie zuvor bei der Vorratsdatenspeicherung, über die auch erst ganz zum Schluss ausführlicher berichtet wurde und wie jetzt gerade aktuell beispielsweise bezüglich der EU-Pläne zur Erfassung umfangreicher Flugpassagierdaten, die in wenigen Tagen auch im Bundesrat Thema sein werden, gibt es in den meisten deutschen Medien mal wieder keine Berichterstattung darüber.

Was ist los mit den Chefredakteuren der Republik? Stehen da vielleicht manche Leute noch auf anderen Gehaltslisten als denen der Medienhäuser? Wie kann es sein, dass man einen derartigen Skandal einfach links liegen lässt?

Weiter im Text.... Folgende interessante Aussage der niederländischen EU-Abgeordneten Sophia in't Veld findet sich noch im Zeit.de-Artikel:

"Es ist gängige Praxis, dass große Unternehmen von Ermittlungsbehörden regelrecht erpresst werden, damit sie Daten weitergeben." (Quelle: Zeit.de)


Die Sicherheitsbehörden halten sich also offenbar häufig nicht an gesetzliche Vorgaben. Die Regierung scheint dies zu decken. Unternehmen - selbst große Unternehmen - scheinen keinen anderen Weg zu sehen, als dem Druck der Ermittlungsbehörden nachzugeben.

Man kann wohl davon ausgehen, dass im "transatlantischen Sicherheitsraum" die Sicherheitsbehörden untereinander ihre Daten bei Bedarf austauschen. Was in den USA erhoben wird, landet so vermutlich letztlich auch bei den Sicherheitsbehörden in der EU und andersherum.

Aber glücklicherweise ist heutzutage so jemand wie beispielsweise ein John Edgar Hoover, langjähriger Direktor des amerikanischen FBI, der Ermittlungsdaten häufig für direkte politische Manipulationen nutzte, nicht mehr denkbar. Aus seiner Biographie kann man wirklich absolut nichts lernen. Es lohnt sich wirklich überhaupt nicht, den Wikipedia-Artikel über ihn zu lesen.

Wie? Heute gäbe es international zig Dutzend J. Edgar Hoovers? Sogar weibliche? Nein! Nicht doch! Ermittlungsbehörden missbrauchen heutzutage keine Daten mehr. Schon gar nicht, um direkt politischen Einfluss durch Erpressung von Politikern auszuüben oder kritische Geister einzuschüchtern. Die Anti-Terror-Verfahren gegen G8-Gegner oder bestimmte Soziologen, die böse Wörter wie "Gentrifizierung" buchstabieren können, gab es nie. Nein, Sicherheitsbehörden üben heute keinen politischen Einfluss mehr aus. So etwas geschieht heute nicht mehr. Das ist ein Naturgesetz. Da muss man nur Schäuble fragen, der wird das sicherlich sofort bestätigen. Die SPD fällt zudem immer von alleine um, wenn es um Datenschutz und Bürgerrechte geht. Das ist bei denen so eingebaut. Nachhilfe von Seiten der Sicherheitsbehörden ist da gar nicht nötig.

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