Freitag, 18. Mai 2007

Internet heißt: Überall wird protokolliert, was man liest

Lieber Weblog-Besucher,

wenn Sie dieses Weblog mit ihrem normalen Webbrowser aufrufen und die Standardeinstellungen im Browser nicht verändert haben und auch keine zusätzliche Schutzsoftware benutzen, dann wurde soeben ihre IP-Adresse an mindestens fünf Stellen gespeichert: Bei Google, Yahoo, Statcounter, Amnesty International und Uberwach.de.

Mein Weblog wird bei Google gehostet (Blogspot.com gehört zu Google). Außerdem binde ich rechts in der Navigationsseite Elemente von Yahoo ein (Del.icio.us). Um zu sehen, von wo aus man auf Artikel dieses Weblogs kommt und um eine ungefähre Ahnung zu haben, ob bestimmte Artikel größeres Interesse erregen, nutze ich außerdem einen Counter von Statcounter. Des weiteren findet man in der Navigationsleiste rechts ein Banner einer Aktion von Amnesty International. Und schließlich einen Button einer Aktion von "Uberwach.de".

Bei jedem Aufruf meines Weblogs fordert ihr Browser von den oben genannten Diensten Internetinhalte an. Dabei fallen Daten an. Beispielsweise wird ihre IP-Adresse an diese Dienste weitergeleitet - denn ansonsten kämen bei ihnen keine Daten an, weil die Dienste nicht wüssten, wohin sie ihre Daten schicken sollen.

Alles kein Problem also? Nicht ganz. Das Problem entsteht dadurch, dass viele Weblogs diese Dienste in ihr Weblog einbinden. Wenn sie also von meinem Weblog zu einem anderen Weblog wechseln, wo mindestens auch wieder einer dieser gleichen Dienste eingebunden und im Weblog genutzt wird, dann kann der Dienst, so er das will, protokollieren, dass sie von meinem Weblog zu dem anderen Weblog wechselten.

Millionen Internetseiten binden Dienste von Google und Yahoo in ihre Internetangebote ein. Zu diesen Diensten gehören zum Beispiel auch Werbebanner. Es gibt kaum noch eine kommerzielle Internetseite, die nicht Werbebanner zeigt, die von Servern von Google in die Internetseite eingebunden werden. Wenn sie, lieber Weblog-Besucher, also munter durchs Internet surfen, können diese Dienste-Anbieter ohne Probleme verfolgen, was ihre IP-Adresse sich alles im Internet anschaut. So lange sie nicht auf irgendeiner Webseite ihren Namen oder ihre E-mail verraten und diese gleichzeitig in die Hände von beispielsweise Google gerät, wissen diese Diensteanbieter natürlich nicht, wer sich hinter einer IP-Adresse verbirgt. Aber es reicht ja auch schon, dass sie Internetangebote aufrufen, die in Verbindung mit ihnen stehen - beispielsweise ihr eigenes Weblog oder die Internetseiten ihres Arbeitgebers. Auf lange Sicht kann auf diese Art und Weise herausbekommen werden, wer sie sind. Diesen Pfad, den sie im Internet zurücklegen, nennt man auch "Clickstream". Es ist durchaus möglich, dass Google, Yahoo und andere (vielleicht sogar ihr Internetserviceprovider, mit dessen Hilfe sie überhaupt ins Internet kommen) Clickstreams von Nutzern weiter verkaufen an Datenhändler oder Werbeanalysten.

Gegen die allgegenwärtige Datensammlung im Internet kann man sich auf drei Arten wehren:

  • Erstens: Man nutzt kein Internet.
  • Zweitens: Man surft nur Seiten an, die keine Dienste anbieten, die auch woanders in anderen Internetseiten eingebunden sind. Dann muss man jedoch darauf hoffen, dass der Betreiber solch einer Webseite nicht doch ihre IP-Daten irgendwem weitergibt, denn zumindest der Provider, der hinter einer Webseite steht, kennt die IP-Adressen derjenigen, die die Webseite aufrufen. Keine sichere Lösung also.
  • Drittens: Man setzt zusätzliche Mittel ein, um es Diensten wie Google und Yahoo und so weiter zu erschweren, ein Surfprofil über sie einzurichten. Zu diesen Mitteln gehört, regelmäßig die Cookies im eigenen Browser zu löschen und JavaScript standardmäßig abzuschalten (oder beispielsweise mit Hilfe der kostenlosen Firefox-Erweiterung "Noscript" zu beschränken). Das verhindert jedoch nicht, dass beispielsweise Google sie nicht mittels Werbebannern auf diversen Seiten im Netz verfolgen kann. Also kann man noch einen Werbebanner-Blockierer verwenden. Der verhindert jedoch unter Umständen nicht, dass doch Banner erscheinen oder beispielsweise zentral gehostete "Zählpixel" erfassen, welche Internetseiten sie alles besuchen. Das Abschalten der Anzeige von Bildern im Browser könnte natürlich helfen. Aber irgendwann kommt man zu einem Punkt, wo man sich fragt, ob man nicht doch lieber die erste hier genannte Lösung wählen sollte, nämlich das Internet nicht zu nutzen.
Fazit: Setzt man keine vollständigen und teilweise etwas umständlichen oder verlangsamenden Anonymisierungs-Dienste ein wie beispielsweise Tor, hat man bei der Nutzung des Internets keinen vollständigen Datenschutz. Leider. Egal ob man nun Tor nutzt oder nicht, muss man zudem noch einiges beachten. Dazu gehört auch, dass man beispielsweise bei der Nutzung von solchen Diensten wie Google (seien es die personalisierte Google-Suche, der Google-Reader oder eben Blogger/Blogspot.com als Weblog-Lösung) oder bei den Angeboten von Yahoo (Flickr, Del.icio.us und so weiter) möglichst nirgends seinen realen Namen angibt oder Daten, die ohne große Hindernisse auf die eigene, reale Person verweisen.

Befolgt man also einige Tricks, dann konnte man bislang relativ sicher sein, dass nicht offen zu Tage tritt, was für Internetseiten man sich alles im Internet anschaut und dass niemand über diese Daten in vollem Umfang verfügt.

Nun aber kommt die Vorratsdatenspeicherung. Damit werden Provider verpflichtet für eine längere Zeit zu protokollieren, mit wem man kommuniziert und zu welcher Zeit man mit welcher IP-Adresse im Internet unterwegs war. Auch Tor-Server-Betreiber werden wohl verpflichtet sein, zu protokollieren, wer über sie surft. Außerdem gibt es seit neuestem eine erleichterte Möglichkeit für Behörden, Auskunft zu verlangen von Internetprovidern und zu fragen, zu wem eine im Internet protokollierte IP-Adresse gehört. Mit der Vorratsdatenspeicherung steigt dann zudem die Möglichkeit für die Behörden, im Nachhinein genau zu verfolgen, was sie im Internet treiben. Dazu bräuchten die Behörden beispielsweise nur an die von Google per Werbebanner erfassten IP-Adressen gelangen und diese dann abgleichen mit den Daten ihres Internetproviders und schon lägen vermutlich große Teile ihres Surfverhaltens den Behörden offen. Dass auch diskutiert wird, eventuell die private Wirtschaft (Musikindustrie) an Daten aus der Vorratsdatenspeicherung herankommen zu lassen, macht die ganze Sache noch brisanter.

Kurz: Mit der Vorratsdatenspeicherung droht - obwohl offiziell "nur" Verbindungsdaten gespeichert werden sollen - die Offenlegung ihres gesamten Surfverhaltens und damit auch von den Inhalten, die sie über das Internet kommunizieren.

Wenn also jetzt beispielsweise die Aktion von UBERWACH.de (siehe Button in der rechten Navigationsleiste) auf die allgegenwärtige Speicherung von Daten im Internet aufmerksam macht, indem sie das Datenspeichern öffentlichkeitswirksam vorführt, dann kann man zwar einerseits die Nase rümpfen und sagen: "Uh! Böse Datenspeicherer von UBERWACH.de!" Ich jedoch bin froh darüber, wenn jemandem das allgegenwärtige Datenspeichern im Internet durch die Aktion von UBERWACH.de klarer wird und er sieht, dass da tatsächlich nachverfolgt werden kann, welche IP-Adresse welche Internetangebote nutzt. Vielleicht fängt derjenige ja dann endlich an, eine der oben skizzierten Lösungen zu verwenden und die Brisanz der Vorratsdatenspeicherung zu verstehen.

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