Freitag, 2. März 2007

Eurovision Song Contest: Angst vor Krieg ist zu politisch

Wie jetzt? Weil irgendjemand protestiert hat (wer wohl?), wird nun von irgendwem diskutiert, den israelischen Song zum Eurovision Song Contest nicht zum Wettbewerb zuzulassen, weil er politische Botschaften enthalte und dies in den Statuten des Eurovision Song Contest nicht gestattet sei? Die Welt ist kirre. Spiegel.de berichtet und hält auch den kompletten Songtext (auf Englisch) des inkriminierten, hochgefährlichen, radikal-politischen Liedes bereit: Israelischem Polit-Pop droht Grand-Prix-Verbot.

Der Song wird natürlich nicht verboten werden. Sonst würde der Veranstalter, die European Broadcasting Union, ein Zusammenschluss etlicher Rundfunksender, sich sowas von zum Narren machen, dass die ganze Welt darüber lachen würde: Rundfunksender, die die Meinungsfreiheit derartig beschneiden, würden beim Publikum - außer vielleicht bei den Islamisten - jegliches Vertrauen verlieren.

Politisch ist der israelische Song schon. Wie so vieles andere auch. Wie zum Beispiel natürlich auch der Text der ehemaligen Wettbewerbs-Siegerin "Nicole":

Dann seh ich die Wolken, die über uns sind,
und höre die Schreie der Vögel im Wind,
ich singe aus Angst vor dem Dunkel mein Lied,
und hoffe, daß nichts geschieht.

Ein bißchen Frieden, ein bißchen Sonne,
für diese Erde, auf der wir wohnen,
ein bißchen Frieden, ein bißchen Freude,
ein bißchen Wärme, das wünsch ich mir.
Ein bißchen Frieden, ein bißchen träumen,
und daß die Menschen nicht so oft weinen,
ein bißchen Frieden, ein bißchen Liebe,
daß ich die Hoffnung nie mehr verlier.


Hört sich doch ziemlich ähnlich an wie dies hier:

Everybody's suffering
The streets are filled with violence
How lucky we are
To have got this far
Without even getting injured
As this regime, so fanatical
Gets even more tactical
It's so tragic my eyes fill with tears
And I don't want to die

I want to see the flowers bloom
Don't want a go capoot ka boom
And I don't want to cry
I wanna have a lot of fun
Just sitting in the sun

(Quelle, Source)


Es geht um Angst, Sorgen, Hoffnungen - und das bei beiden Liedern im Zusammenhang mit der politischen Weltlage! "Ein bisschen Frieden" ist nur vor dem Hintergrund des kalten Krieges zu verstehen. Er drückt die Angst vor einem Atomkrieg aus. Der israelische Song ist nur vor dem Hintergrund der Spannungen im Nahen Osten zu verstehen und drückt die Angst vor einem Atomkrieg aus. Der Unterschied ist, dass die Konflikte im Nahen Osten heiß und nicht kalt sind. Und dass es bei der EBU damals keine osteuropäischen Mitglieder gab, heute jedoch sehr wohl Sender von beiden Seiten der Konfliktlinien im Nahen Osten.

Das Politischste an der ganzen Sache wäre also ein Verbot des israelischen Songs, nicht seine Aufführung.

Update: Die TAZ scheint es ähnlich zu sehen und hält noch mehr Beispiele von halbgaren halb- oder ganz politischen Eurovision-Song-Contest-Teilnehmerliedern bereit: Keine Bombe.

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