Sonntag, 25. Februar 2007

Seymour Hersh: USA unterstützen El Kaida nahe stehende Gruppierungen

Ich bin zur Zeit mal wieder dabei einen Rückstau an interessanten Online-Artikeln abzuarbeiten und diese dann in meinem Del.icio.us-Archiv zu verlinken. Deshalb herrschte hier im Weblog auch Schweigen in den letzten Tagen.

Ich belasse es aber dabei, die Einträge aus meinem Del.icio.us-Archiv nicht auch noch hier als Weblog-Einträge zu veröffentlichen. So kann jeder selbst entscheiden, ob er zusätzlich zu meinen eigenen Wortergüssen hier im Weblog auch noch die Linktipps meines Del.icio.us-Archivs (zum Beispiel via RSS-Feed) lesen will. Ich würde sogar empfehlen, eher mein Del.icio.us-Archiv zu verfolgen als die sporadischen Einträge hier im Weblog. Die in meinem Del.icio.us-Archiv verlinkten Artikel bilden nämlich häufig die Basis für meine weiteren Erläuterungen hier im Weblog.

Auf einige Online-Artikel, die ich auch (gleich) noch in meinem Del.icio.us-Archiv verlinken werden, will ich aber an dieser Stelle doch auch noch gesondert hinweisen:

Das Thema des Tages, vielleicht der kommenden Tage oder gar Wochen, ist ein neuer Artikel von dem bekannten Journalisten und Pulitzer-Preisträger Seymour Hersh im Magazin "The New Yorker" zu fragwürdigen Aktionen der Bush-Regierung im Zusammenhang mit dem Iran-Konflikt.

Die deutschen Medien konzentrieren sich bei ihrer Berichterstattung über den Hersh-Artikel bislang anscheinend nur auf einen kleinen Teil seiner Enthüllungen, nämlich auf die mögliche Vorbereitung der USA auf einen Überraschungs-Angriff auf den Iran. Siehe dazu zum Beispiel Süddeutsche.de: Iran sieht sich auf Krieg vorbereitet. Oder Netzeitung.de: Die zwei Gesichter der USA für den Iran.

Nur Welt.de scheint bislang unter den deutschen Medien ausführlicher online über die weiteren Details des Hersh-Artikels zu berichten: Washingtons neue Strategie gegen den Iran.

Glücklicherweise ist der Artikel von Hersh selbst online beim New Yorker zu lesen: The Redirection - A Strategic Shift.

Als weitere Lektüre empfiehlt sich ein ausführliches Interview, das Hersh heute der CNN-Sendung "Late Edition" gab. Neuerdings stellt "Late Edition" lobenswerterweise die Transkripte seiner Sendungen ins Internet! Also brauche ich den Inhalt der oft hervorragenden Sendung hier nicht mehr unbedingt in Kurzform nachzuerzählen, wie ich es bislang schon zwei Mal getan habe:

Warum ist der Artikel von Hersh brisant?
  • Nicht die Pläne der US-Regierung, das Militär in die Lage zu versetzen, zu jedem möglichen zukünftigen Zeitpunkt innerhalb von 24 Stunden tausende von Bodenzielen im Iran angreifen zu können, sind die eigentliche Sensation des Hersh-Berichtes. Pläne machen Militärs immer. Und so wird dieser Punkt des Hersh-Artikels auch schnell von der US-Regierung abgewehrt werden als eine selbstverständliche Vorgehensweise, damit die USA für alle Fälle gerüstet sind.
  • Auch die Erwähnung, dass die USA eventuell auch den Einsatz taktischer Atomwaffen andenken, wurde bereits früher schon diskutiert. Siehe dazu zum Beispiel den Artikel 'Bunker Buster' Casualty Risk Cited von der Washington Post aus dem Jahr 2005. Oder jüngst den Aufruf von Daniel Ellsberg, Träger des alternativen Nobelpreises, an US-Beamte und US-Militärs, bei FR-Online.de: Höchste Zeit, Verrat zu begehen.
  • Die eigentliche Brisanz des Hersh-Artikels liegt in dem Vorwurf, dass die US-Regierung am US-Kongress vorbei heimlich auf militärischer Ebene Gelder zum Beispiel im Irak abzweigt, um damit aufständische sunnitische Gruppen im Nahen Osten zu unterstützten. Diese sunnitischen Gruppen sollen den Einfluss des schiitischen Irans in der Region zurückdrängen helfen. Koordiniert werden diese finanziellen Zuwendungen dabei durch Saudi-Arabien. Saudi-Arabien verspricht, es habe diese sunnitischen Gruppierungen unter Kontrolle. Aber ist dem so? Wer garantiert, dass diese Gruppen, die schließlich El Kaida nicht gerade fern stehen, nicht doch mit amerikanischem Geld US-Ziele angreifen? Welche Glaubwürdigkeit besitzen sunnitische Gruppierungen in der Region noch, wenn sie im Verdacht stehen, ausgerechnet von den USA unterstützt zu werden? Außerdem werden vor allem sunnitische Gruppierungen für die Eskalation im Irak verantwortlich gemacht von Experten, nicht die vom Iran unterstützten Schiiten.
  • Neben dieser Unsicherheit, ob diese Taktik geheimer Operationen der Militärs und der finanziellen Unterfütterung sunnitischer Gruppierungen überhaupt zum Erfolg führen kann, erinnert das Vorgehen der US-Regierung stark an die Iran-Contra-Affäre: Gelder werden am US-Kongress vorbei für Dinge und Militäraktionen verwendet, die so niemals einem politischen Diskurs über Sinn und Risiken und Chancen ausgesetzt sind. Die militärischen Geheimdienste regieren so unabhängig und bestimmen die Außenpolitik der USA entscheidend mit, ohne dass der eigentliche Souverän in Form des US-Bürgers davon etwas mitbekommt. Mitbekommen hätte... Denn glücklicherweise sind diese Dinge ja nun durch Seymour Hersh ans Tageslicht gebracht worden. Der demokratisch kontrollierte Kongress wird sich das jetzt vermutlich ganz genau ansehen.
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