Freitag, 6. Juli 2007

Polizei in Angst verbreitet Angst

Polizisten im Einsatz gegen HooligansDie Sendung Kulturzeit von 3Sat berichtet über eine wissenschaftliche Studie über die deutsche Polizei, die Sprengkraft hat: Über die Traumatisierung von Polizisten im Einsatz.

74 Prozent [der Polizisten] werden irgendwann mit einer traumatisierenden Situation konfrontiert. Für fast 30 Prozent von ihnen endet das in einer chronischen Angststörung, einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Das hat die erste, statistisch relevante Studie der Kriminologin Ursula Gasch ergeben. [...] Der Verlauf, der ihm [dem traumatisierten Polizisten] bevorsteht, im Hinblick auf die Verarbeitung einer Posttraumatischen Belastungsstörung, ist der gleiche, wie der Verlauf bei einer vergewaltigten Frau, dem Opfer eines Raubüberfalls, oder dem Soldaten, dessen Kamerad neben ihm selbst zerfetzt wurde. Dann trifft es mich genauso wie den Kameraden in psychischer Hinsicht. Auch das kann mich zerfetzten. (Quelle)


30 Prozent ist eine unglaublich hohe Zahl. Es ist schlicht eine Katastrophe. Angststörungen oder Posttraumatische Belastungsstörungen sind schwere Krankheitsbilder, die das Leben der Betroffenen völlig zerstören können.

Vor Traumatisierung rettet weder die Uniform noch das Wissen auf der richtigen Seite zu stehen. Oft verwechseln Polizisten Traumatisierungen mit Stress und tun das ganze laut den Erkenntnissen von Ursula Gasch als Problem von "Weicheiern" ab. Darüber gesprochen wird innerhalb der Polizei anscheinend nicht. Es soll sogar der Karriere schaden, wenn man solche Probleme offen anspricht. Die Folge: Neben der Beschädigung des eigenen Lebens können gerade auch traumatisierte Polizisten schnell vom Opfer zum Täter werden, weil die Traumatisierungen auch eine sehr erhöhte Aggressionsbereitschaft mit sich bringen können. So können diese Traumatisierungen zur Ursache von Gesetzesverstößen von Polizisten im Einsatz werden.

Die Polizei braucht also vermutlich umfangreiche Hilfe in Form einer besseren Betreuung und Ausbildung und in Form einer besseren Polizeiführung. Aber diese "weichen" Faktoren werden weiterhin vermutlich bei den Verantwortlichen unterschätzt in ihrer Bedeutung.

Copyright-Hinweis: Die Rechte an obigem Foto besitzt "lichtundschatten". Das Foto unterliegt einer Creative-Commons-Lizenz.

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3 Kommentar(e):

Anonym hat gesagt…

"Vor Traumatisierung rettet weder die Uniform noch das Wissen auf der richtigen Seite zu stehen."

Was auch immer richtig meint... Ich würde es Glaube und nicht Wissen nennen. Letztendlich sorgt Polizei auch selbst für Verbrechen, indem sie als Gewaltmonopol eine Ordnung aufrecht erhält, die Leute zu eben diesen Verbrechen nötigt... Nun kann man von der Ordnung halten, was man will, aber dass ändert an der Tatsache nichts.

Richtig und Rechtens sind zudem zwei paar unterschiedliche Schuhe. Polizei exekutiert/wahrt Recht, was nicth heißt das es richtig ist. Dass du das aber gleichsetzt, ist sehr bürgerlich ;-)

Solon hat gesagt…

Ja, ich wollte das thematische "Schlachtfeld", ob die Polizei mit ihrem Tun immer auf der "richtigen" Seite steht, außen vor lassen, weil es darum ja bei dieser Meldung erstmal gar nicht geht. Das Problem mit der Traumatisierung von Polizisten und mit den Folgen daraus für die Gesellschaft bestünde ja auch, wenn die Polizei tatsächlich immer auf der richtigen Seite stehen würde.

Anonym hat gesagt…

Das ist schon richtig. Was meinst Du, woher die "Weicheier"-Vorstellung kommt? Ist das noch protestantische Arbeitsmoral (Buße, Leid, Sühne, Handeln/Schaffen statt 'Zeitvergäudung', Muße als Gott wenig gefällig...). Ich will nämlich mal behaupten, dass die "Weicheier"-Gegnerschaft eben nicht nur bei der Polizei sondern wesenlicht verbreiteter vorkommt. Sicherlich sind die Situationen, in denen Polizei sich traumatisiert andere als die Erfahrungen die Kassiererinnen machen müssen (Beschimpfungen, Anmachen, gezielter Dauerdruck, ständige Existenzangst, Kontrollkäufe, ...). Die Konkurrieren der Belegschaften ist nun auch nichts für Weicher... Enie Konkurrenzgesellschaft ist allgemein nichts für Weicheier? Ansonsten:: Polizei rechnet schon auch mit weichen Faktoren: Psychophysikalische, traumatische Wirkungen sind durchaus kalkulierte Effekte nicht-lethaler Waffen, die z.B. gegen Demonstranten gerichtet sind.