Mittwoch, 3. Oktober 2007

Demokratie für Dummies

Revolutionäre stellen meist folgende einfache, aber zutreffende Formel auf: Politischer Einfluss = Waffen + Geld.

Um also politisch etwas zu verändern, benötige man entweder Waffen oder Geld oder am besten beides. Und natürlich den Willen, diese Machtmittel politisch einsetzen zu wollen. Friedliche Revolutionen konnten und können wohl nur dann gelingen, wenn die Gegenseite ihre eigentlich vorhandenen Machtmittel in Form von Waffen und Geld freiwillig nicht (mehr) einsetzen will, um ihren politischen Einfluss zu sichern.

Das System der Demokratie ist jedoch der Versuch, auch denjenigen, die keine Waffen besitzen und denjenigen, die kein oder nur wenig Geld haben, dauerhaften und zuverlässigen politischen Einfluss zu sichern, der nicht nur einfach abhängt vom Wohlwollen der Waffen- oder Geldbesitzer.

Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Gruppen, die Waffen besitzen und Gruppen, die viel Geld besitzen, normalerweise demokratische Strukturen unterminieren wollen. Denn zunächst einmal verlieren sie in einer Demokratie massiv an Einfluss. Will eine Demokratie also bestehen, muss sie die bewaffneten Gruppen und die reichen Gruppen wirksam kontrollieren.

Die Kontrolle bewaffneter Kräfte sieht normalerweise so aus, dass der Staat einerseits das Gewaltmonopol an sich zieht, also neben Militär und Polizei keine nicht-staatlichen, bewaffneten Kräfte geduldet werden. Aber mehr noch: Übernimmt der Staat das Gewaltmonopol, so muss auch andererseits diese Gewalt kontrolliert werden. Dies geschieht durch die Installation eines Rechtsstaates. Rechtsstaat heißt vor allem, dass der Einsatz staatlich-bewaffneter Gewalt bewusst behindert und eingeschränkt wird durch klar definierte und durch auf demokratisch legitimierte Weise zustande gekommene Gesetze.

Auch der Einfluss reicher Gruppen (seien es einzelne Familien, Cliquen, Mafias oder ganz normale, große Firmen) wird durch den Rechtsstaat insofern eingeschränkt, dass der Spruch gilt, dass vor dem Recht alle gleich sind. Dies betrifft aber vor allem nur die Beziehung der Bürger (ob reich oder arm) untereinander, aber nicht unbedingt hinsichtlich des Einflusses reicher Menschen auf die politischen Entscheidungsträger. Dass reiche Gruppen die Politik auch in einer Demokratie nicht unterminieren, das kann in erster Linie nur durch freie und geheime Wahlen und durch eine wirksame Meinungsfreiheit und Pressefreiheit abgesichert werden. Hinzu kommen können Bestrebungen der Politik, die Lebensstandards im Land durch verschiedene Methoden (Steuern, Sozialstaat, Bildungspolitik) anzugleichen, um sonstige Abhängigkeiten des normalen Bürgers (und damit des eigentlichen Machtträgers in der Demokratie) von einzelnen, reichen Menschen oder Gruppierungen zu schwächen.

Bleibt die Frage, warum jemand überhaupt politischen Einfluss ausüben will. Natürlich nur, um die eigenen Interessen im Staat besser durchzusetzen. Und das erste Interesse wäre dabei, zunächst einmal den eigenen politischen Einfluss noch weiter auszubauen, um später noch besser eigene Interessen durchzusetzen. Bekommen also bewaffnete oder reiche Gruppen im Staat auch nur etwas zuviel Einfluss, dann kann man davon ausgehen, dass sie diesen Machtvorteil sofort dazu nutzen, das System zu ihren Gunsten zu ändern - vor allem aber zunächst so verändern, dass ihr Machtvorteil erst einmal ausgebaut wird.

Wenn also Presse- und Meinungsfreiheit nur etwas eingeschränkt werden, wenn die Kontrolle über die Gewalt im Staat auch nur etwas nachlässt und/oder wenn reiche Gruppierungen immer mehr Einfluss auf die Politik gewinnen, dann gerät das demokratische Kontrollsystem schnell in eine immer steilere Schieflage und alles fängt an zu rutschen, immer schneller an zu rutschen.

Es ist also keine Panikmache, wenn Pläne von SPD und Union für mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden oder für das Militär auf massive Kritik stoßen, selbst wenn das Mehr an Befugnissen ja nur der "Sicherheit" dienen soll.

Es ist also kein Kommunismus, wenn der Einfluss reicher Gruppierungen auf die Politik durch offenes oder verdecktes Lobbying (und hier vor allem Lobbying für das Zurückdrängen des Sozialstaates, der den Einfluss reicher Gruppen behindert und nivelliert), durch Einkaufen in staatliche Systeme, sei es durch Korruption oder durch Übernahme von bislang staatlich kontrollierten Tätigkeiten, auf massive Kritik stößt.

Lasst euch also nicht täuschen.

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