Freiwilliges Trinkgeld für Medienangebote
And now for something completely different...
Man möge mir das für dieses Weblog hier unübliche Thema verzeihen. Aber es überfiel mich gerade eine Idee, die ich nun nicht wieder aus dem Kopf bekomme. Eine ernst gemeinte Idee übrigens - aber ein einleitendes Monty-Python-Zitat macht sich immer gut. Das Thema hat allerdings auf einer tieferen Bedeutungsebene doch auch wieder mit Monty Python zu tun. Die passenden Stichworte hierzu würden lauten: "Low Budget"; alternative Medien; einfallsreiche Methoden eines Terry Gilliam, der widerstrebend den Forderungen eines Geldgebers Folge leistete, ihn im Abspann besonders zu würdigen und diesem Geldgeber anschließend doch trickreich eins auswischte - als kleines, amüsantes Beispiel für den Kampf von Medienproduzenten um Unabhängigkeit...
Also... Thema:
Warum nutzen im Medienbereich eigentlich nur diese bekloppten Call-In-Sender, zweifelhafte Klingelton-Anbieter und dämliche Unterhaltungsshows mit begleitendem SMS-Gewinnspiel das Prinzip, einfach per Handy-SMS Dienstleistungen von interessierten Kunden bezahlen zu lassen?
Gut, es gibt Pilotprojekte, bei denen man beispielsweise Fahrkarten des öffentlichen Nahverkehrs oder Ähnliches per SMS bezahlen kann.
Aber warum wagt es beispielsweise eine Zeitung nicht einfach, unter die kostenlos zugänglichen Online-Artikel eine SMS-Nummer zu pappen, an die ein Leser eine "Premium"-SMS schicken kann, wenn ihm der Artikel gefallen hat und er freiwillig, einfach so, der Zeitung oder dem Autor als Dank ein paar Cent zukommen lassen will? Ohne begleitendes Gewinnspiel - das ist wichtig. Dazu unten mehr.
Gibt es datenschutzrechtliche Einwände? Wenn ja, wären technische Lösungen denkbar, die vermeiden, dass das Nutzerverhalten von Lesern auf diese Art gespeichert wird? Ist die Installation eines SMS-Bezahldienstes mit hohen Kosten auf Anbieterseite verbunden? Ist der Weg, etwas per SMS zu bezahlen, bereits so in Verruf gekommen, dass eine seriöse Zeitung solch eine Finanzierungsmethode aus Imagegründen meidet? Oder glaubt man, dass eh kein Leser freiwillig für ein Produkt bezahlt, obwohl er es kostenlos konsumieren kann?
Dem möchte ich widersprechen: Nicht "kein" Leser würde für etwas bezahlen, das er auch kostenlos konsumieren kann, sondern vermutlich wenige Leser. Aber Kleinvieh macht ja auch Mist.
Warum durchaus Leser freiwillig für etwas bezahlen würden, das sie eigentlich auch kostenlos konsumieren könnten:
- Der Bezahlvorgang per SMS wäre enorm unkompliziert. Dass etwas unkompliziert zu erledigen ist, ist bei einer freiwilligen Leistung enorm wichtig. Jeder Klick mehr, jede Armbewegung mehr könnte hier den Handlungsvorsatz sogleich wieder lähmen oder wieder ganz verschwinden lassen.
- Der Leser könnte so bewusst Artikel oder sonstige Medienangebote belohnen, die er gut fand und genossen hat und so direkten Einfluss nehmen auf die Qualität einer Zeitung.
- Der Leser bindet sich durch eine SMS nicht weiter an eine Zeitung, muss also kein Abo ertragen, muss keine Kündigungsfristen einhalten, kann Artikel, die ihn ärgern einfach durch Nichtbeachtung strafen.
- Das freiwillige Spenden kann ein emotionales Bedürfnis des Lesers sein. Wie häufig gab es Aufrufe von Lesern im Heise-Forum, als Dank für den Einsatz von Heise für Verbraucherrechte oder die Meinungsfreiheit den Heise-Verlag zu unterstützen? Sind Links in Social-Bookmark-Sammlungen nicht auch so etwas wie der Versuch, Autoren von guten Artikeln etwas zurückzugeben?
Okay, und nun bitte ich um Kommentare, die meinen Vorschlag in der Luft zerreißen. :-)
1 Kommentar(e):
Ahem - räusper - ein Kommentar also:
Da die SMS als Kommunikationskanal schon lange im Mainstraem angekommen ist, würde das Ganze bestimmt funktionieren. Wir geben ja nicht nur hunderte von Millionen für Klingeltöne aus, sondern sollen auch Weltmeister im Spenden sein. Das gewohnheitsmäßige Verhalten und die Bereitschaft sind also da. Was fehlt ist tatsächlich die Möglichkeit.
In Finnland soll das alles ja schon viel weiter sein (im langen dunklen Winter hat man auch mehr Zeit, das Handyhandbuch zu studieren). Also - Verlage, Sender, Hilfswerke, Behörden,... Da sind noch eine Menge Pfade unbetreten. Aber vielleicht mangelts auch deshlab am Interesse der potentiellen Betreiber, weil man auf diesem Weg nicht so viel personalisierte Daten bekommt...
Wortbestätigung des Tages: elukc
(elektronisch, leicht und komfortabel - charity)
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