Donnerstag, 25. Januar 2007

Einfache Unternehmensberater-Konzepte in Sozialarbeit können tödlich sein

Normalerweise vermeide ich Weblog-Einträge, die nur eine Leseempfehlung für einen Online-Artikel zum Inhalt haben. Dazu ist mein Del.icio.us-Archiv da. Wer auf der Suche nach interessanten Artikeln ist, wird da fündig.

Weblog-Einträge hier sollen immer eigenen, zusätzlichen Senf von mir enthalten.

Aber das Eingangsstatement des Zeugen Teerstegen (heute Oberregierungsrat, damals Mitarbeiter im Sozialressort der Stadt Bremen) vor dem Bremer Untersuchungsausschuss zum Tod von Kevin ist so aussagekräftig, so bemerkenswert und so erhellend, dass ich es nicht einfach nur in meinem Del.icio.us-Archiv verlinken wollte: Sozialarbeit à la Roland Berger (NachDenkSeiten.de)

Teerstegen dekonstruiert dort die ganze furchtbare Denkweise von Unternehmensberatern, wenn diese auf soziale Einrichtungen übertragen wird. Ziel bei dieser Denkweise ist immer das Geldsparen durch effizientere Strukturen. Damit das in Bremen bei der Neustrukturierung der sozialen Aufgaben der Stadt nicht allzu offensichtlich wurde, hat man noch umstrittene, einseitige psychologische Theorien dem Mix als Rechtfertigung hinzugefügt. Insgesamt entstand so eine Organisationsstruktur, die einer schablonenhaften Theorie entsprach, aber eben nicht den Anforderungen der Realität. Die Folge: Überarbeitete Mitarbeiter, Sozialarbeit unter dem Diktum des Sparens und schließlich der Tod von Kevin.

Man kann nur hoffen, dass die Erfahrungen in Bremen zum Anlass werden, ähnlich falsche Neuausrichtungen sozialer Behördenarbeit in Deutschland zu revidieren. Dazu bräuchte es aber ein gänzlich anderes Denken in Deutschland. Weg von einem Denken, dass der Staat sich heraushalten solle, dass nur billige Sozialarbeit gute Sozialarbeit sei und dass die Konzepte von Unternehmensberatern für die verschiedensten Aufgabenfelder bedingungslos und immer fruchtbar und sinnvoll seien.

Da aber einfache Antworten sexy sind und die komplexe Realität meist verwirrend und verstörend ist und da die deutschen Medien vor allem einfache Antworten und einfache Realitäten lieben (sie erleichtern die unbeliebte und zu teure Recherche), werden die Wahrheiten von Teerstegen kaum Gehör finden.

Technorati-Tags: , ,

0 Kommentar(e):