Mittwoch, 2. Mai 2007

Medien in USA und Deutschland: Dort schmeckt es nicht, hier gibt's gar nichts zu essen

(Via Stefan-Niggemeier.de) In einem Gespräch (Video, Transkript) zwischen zwei US-Medienmenschen (Bill Moyers und Jon Stewart) wird der Zustand der US-amerikanischen Medien beklagt.

Verglichen mit der deutschen Medienlandschaft ist das Klagen von Stewart und Moyers über die US-Medien ein Klagen auf hohem Niveau. Gut, es gibt natürlich auch in Deutschland manche, einmalige Reportagen - meist spät nachts - oder einige, wenige kritische Politik-Magazine - ebenfalls am späteren Abend und für 30 Minuten in der Woche - oder einige Interviewperlen oder Hintergrundsendungen vor allem im öffentlich-rechtlichen Radio. Aber verdammt... man muss danach suchen wie ein schwitzendes Trüffelschwein. Wenn man nicht verdammt aufpasst, bekommt man als normaler Medienkonsument nichts mit von diesen Ausnahmen in der deutschen Medienlandschaft.

Moyers und Stewart beklagen, dass der US-Justizminister Gonzales in einer öffentlichen Anhörung vor dem Kongress sich mehr oder weniger aus einem Schlamassel, in dem Gonzales zur Zeit steckt, herauswinden konnte, indem er einfach sagte, er könne sich an nichts erinnern.

Aber in den USA wird solch eine öffentliche Anhörung zumindest live im Fernsehen übertragen! In Deutschland passiert es nur absolut selten, dass beispielsweise die Sitzung eines Untersuchungssausschusses in einem reichweitenstarken TV-Sender (also jenseits vom TV-Kanal des Bundestags) live übertragen wird! Aber selbst über die weitere Arbeit von Untersuchungssausschüssen berichten die Medien in Deutschland anschließend nur noch sporadisch. Bruchstücke kritischer Analysen bleiben in Deutschland meist den Kommentatoren in kleinen Zeitungs-Kolumnen vorbehalten.

Moyers und Stewart beklagen, dass der Regierung nahestehende Politiker einer konkreten Diskussion von Problemen immer aus dem Weg gehen würden.

Aber in Deutschland ist es mittlerweile schon eine Seltenheit, wenn ein Politiker sich überhaupt den Medien zu einem ausführlichen Interview stellt! Dass die Politiker dann in diesen Interviews ähnlich wie die US-Politiker einer konkreten Diskussion aus dem Weg gehen, wird in Deutschland dann schon gar nicht groß in den Medien thematisiert. Man will es sich mit dem interviewten Politiker nicht verderben, sonst bekommt man bald überhaupt gar keine Interviews mehr...

Moyers und Stewart beklagen, dass es vor allem nur die Weblogs wären, die die alten Medien ins Schwitzen bringen würden.

Aber in Deutschland gibt es noch nicht einmal derartige Weblogs, die das könnten! Oder die Medien ignorieren sie einfach.

Moyers und Stewart beklagen, dass die meisten der zahlreichen sonntäglichen Politik-Diskussionssendungen (Sunday Morning Shows) nicht kritisch genug seien.

Aber in Deutschland gibt es nicht einmal ähnliche Politik-Sendungen! Und es komme mir bitte keiner mit einem Hinweis auf die Veranstaltung namens "ARD-Presseclub", einer Sendung, wo Journalisten, die gerne Experten wären, sich über ein Thema auslassen. Einer Sendung, wo Journalisten in Vertretung von Politikern politische Konzepte präsentieren und verteidigen. Einer Sendung, wo Journalisten, die eigentlich erst einmal anfangen sollten die Gegenwart und Vergangenheit zu analysieren und sie ihren Zuschauern zu erklären, stattdessen lieber minutenlang über mögliche Zukünfte philosophieren und sich in unsinniger Prognostizitis verlieren, weil das nicht so anstrengend ist wie die Gegenwart verständlich und ausgiebig zu verstehen und zu vermitteln.

Und einen Jon Stewart oder Bill Moyers gibt es natürlich erst recht nicht in Deutschland.

Wenn Moyers und Stewart also beklagen, dass die Qualität der derzeitigen Medien-Suppe nicht sehr gut sei, fragt der deutsche Medienkonsument nur: Suppe? Was ist das denn?

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