Polizei in Deutschland: Raum für Verbesserungen
Die Vorwürfe gegen die Polizei und ihr Vorgehen rund um die Demonstrationen zum G8-Gipfel in Heiligendamm werden immer zahlreicher. Um den Überblick nicht zu verlieren, hier - als Nachtrag zu meinem älteren Weblog-Eintrag "Treibt die Polizei ein falsches Spiel?" - eine kleine, übersichtliche Liste:
- Die Polizei gibt gegenüber der Presse weit überhöhte Zahlen von Gewalttätern bei der Auftakt-Demonstration in Rostock am 2. Juni an.
- Die Polizei verbreitet die Falschinformation, dass einzelne als Clowns verkleidete Demonstranten in Wasserspritzpistolen ätzende Chemikalien versprühen würden.
- Beim Beginn der Sitzblockaden rund um Heiligendamm spricht die Polizei öfter von gewalttätigen Ausschreitungen. Unabhängige Beobachter vor Ort können davon jedoch nirgends etwas sehen.
- Experten wundern sich über die extrem unprofessionelle Strategie der Polizei, gegen Störer der Rostocker Demo vorzugehen. Die Polizei habe quasi das Gegenteil von dem gemacht, was im Lehrbuch steht.
- Zivilbeamte stehen im Verdacht, getarnt im Schwarzen Block tätig gewesen zu sein als Agent Provocateur.
- Festgenommenen Demonstranten wird in großem Ausmaß der Zugang zu anwaltlichem Beistand untersagt.
- Viele Demonstranten werden unter den fadenscheinigsten Gründen zunächst einfach erst einmal festgenommen. Beispielsweise wegen Tragen eines T-Shirs mit der Aufschrift "Free all prisoners". 95 Prozent der Ingewahrsamnahmen hätten sich im Nachhinein als rechtswidrig herausgestellt, so der Republikanische Anwaltsverein (RAV).
- Die Polizei setzt sich eigenmächtig über Auflagen eines Richters hinweg, in einer Gefangenensammelstelle Örtlichkeiten für Anwälte bereit zu stellen.
- Die in Gewahrsam Genommenen wurden zum größten Teil nicht wie vorgeschrieben innerhalb von ein, zwei Stunden einem Richter vorgeführt.
- In engen Käfigen, die zudem unter ständiger Beobachtung stehen, werden festgenommene Demonstranten nicht nur wenige Stunden bis zur Vorführung vor einem Richter aufbewahrt, sondern teilweise bis zu 24 Stunden - ohne Zugang zu einem Anwalt, ohne ausreichende Schlafgelegenheiten und ohne ausreichend Essen.
- Bei den Festnahmen kam es häufig auf Seiten der Polizei zu übertriebenem Einsatz von Gewalt.
Berliner Zeitung: Anwälte: Polizei entmachtete bei G8-Gipfel Justiz
TAZ: Anwälte sehen Willkür der Polizei bei G 8
Süddeutsche.de: Kommentar: Der artgerechte Staat
Zum seltsamen (Nicht-)Vorgehen der Polizei in Sachsen-Anhalt gegen Rechtsextreme:
- Mitteldeutsche Zeitung: Polizei in Erklärungsnot
- Zeit.de: Auf dem rechten Auge blind
- Spiegel.de: Polizeidirektor schützte Rechtsextreme
- Ein privater Erfahrungsbericht über erlebtes Nicht-Handeln der Polizei nach einer Schlägerei.
- Und zum erschreckend fahrlässigen Umgang der Polizei mit angesammelten Datenbeständen: Datenverwahrlosung bei deutscher Polizei.
Aber leider gelten unabhängige Experten unseren heutigen Politikern nicht mehr viel. Lieber wirft man mit populistischen Äußerungen (Forderung nach GSG9-Einsätzen gegen Demonstranten, Einsatz von Gummigeschossen, Forderung nach mehr Zivilcourage der Bürger als Ersatz für mangelhafte Polizeiarbeit und so weiter) um sich.
Nachtrag: Mark Seibert hat in seinem Weblog ein paar weitere Fälle von Nicht-Handeln der Polizei in Sachsen-Anhalt bei Vorfällen mit Rechtsradikalen aufgelistet.
Technorati-Tags: Polizei, Halberstadt, G8-Gipfel, Heiligendamm
1 Kommentar(e):
Mag sein das man sich irrt, doch man hat den Eindruck, daß all diese Vorfälle sich in letzter Zeit verstärkt häufen...
Kommentar veröffentlichen