Dienstag, 9. Oktober 2007

Terror-Satire bei Welt und Zeit: Datenschützer wollen Tote auf den Straßen und lieben Islamisten

Heute findet man zwei hervorragend satirische Artikel in den Medien. Und dann auch noch zum Thema "Terrorismus". Alle Achtung! Das muss man erstmal bringen:

Einmal ein Artikel bei Zeit.de, in dem der Autor beklagt, dass in Großbritannien so wenig gegen den Terror getan würde. Es gibt in Großbritannien ja auch keine Anti-Terrorgesetze und keine erweiterten Befugnisse für die Sicherheitsbehörden. Ursprung allen Übels scheint dem Zeit-Autor die BBC zu sein. Und die laschen Linken, die nicht erkennen würden, dass Islamisten gefährlich sind. Ja, das kommt immer gut: Derjenige, der den erweiterten Befugnissen der Sicherheitsbehörden kritisch gegenüber steht, der muss ja im Umkehrschluss die Terrorgefahr überhaupt gar nicht wahrnehmen und der muss deswegen ja dann logischerweise auch die Radikalität von gewaltbereiten Islamisten überhaupt gar nicht wahrnehmen. Dass man beides sehr wohl wahrnehmen kann und dennoch zu dem Schluss kommen kann, dass die gerade in Großbritannien verwirklichten Erweiterungen der Befugnisse der Sicherheitsbehörden mehr schaden als nutzen, das ist eben für manche unbegreiflich. Leider auch für den Autor dieses Zeit-Artikels.

Ach, ich vergaß, der Artikel ist ja eine Satire.

Leider wird in dem Artikel außerdem ein Widerspruch nicht aufgeklärt. Und zwar, dass die Medien angeblich schuld seien an einem zu laxen Vorgehen gegen den Terrorismus, weil Bilder von im Ausland im Kampf gegen den Terror getöteten, westlichen Soldaten sooooooo schnell die Moral und den Kampfeswillen der britischen Bevölkerung sinken lassen würden. Dass die Medien aber bei Terroranschlägen immer sofort schreien würden, es müsse was getan werden - worauf die Politiker ja dann in ihren Sicherheitswahn verfallen, den der Zeit-Autor jedoch als immer noch nicht ausreichend beurteilt. Also was denn nun? Schwächen die Medien den Kampf gegen den Terrorismus oder befeuern sie ihn?

Ach, ich vergaß, ist ja eine Satire, der Zeit-Artikel.

Und dann gibt es da heute noch so einen herrlichen Satire-Artikel zum Thema Terrorismus: Ein (ich vermute erfundenes) Interview bei Welt.de mit dem ehemaligen BKA-Chef Hans-Ludwig Zachert, in dem Zachert Deutschland mit Anschlägen droht, wenn nicht endlich Schäubles BKA-Gesetz samt Onlinedurchsuchung verabschiedet wird.

Bei soviel Humor von Zeit und Welt kann ich nicht widerstehen, da muss ich einstimmen:

Ja, es stimmt! Alle Datenschützer und alle Bürger, die einen Machtzuwachs von exekutiven Organen im Staat kritisch sehen, wollen Tote auf den Straßen sehen und lieben insgeheim islamistische Hassprediger! Und es stimmt, dass daran nur die Medien schuld sind! Das kommt davon, wenn abends so ein schlechtes TV-Programm läuft und einen die Langeweile übermannt. Da wäre doch ein Terror-Anschlag nett. Diese Sicherheitspolitiker sind wirklich totale Spaßverderber. Aber es gibt Hoffnung, denn gegen den Terror wirken viele der neuen oder noch geplanten Befugnisse gar nicht effektiv. Aber die Zeit- und Welt-Artikel karikieren diesen Umstand hervorragend, wenn der Zeit-Autor beispielsweise als vermeintliches Argument für mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden schreibt:

Der Staat muss reagieren, um Gefahren abzuwehren. Welche Richtung er auch einschlägt, Kosten werden immer entstehen. Eine faire Kosten-Nutzen-Analyse müsste das deutlich machen – das scheint die Medien-Zunft häufig zu übersehen. (Quelle: Zeit.de)


Genau! Faire Kosten-Nutzen-Analysen werden ja nur durch die Medien verhindert. Die Politik macht ja ständig faire Kosten-Nutzen-Analysen. Deswegen wird ab morgen auch der PKW-Verkehr in Deutschland verboten werden. 4000 bis 6000 Tote im Jahr sind als Kosten zu hoch für die Freiheit, auf vier Rädern durch die Gegend zu rollen. Eine faire Kosten-Nutzen-Analyse bei der Terror-Abwehr würde also zu mehr Gefahrenabwehrmaßnahmen des Staates führen? Har, har, har. Der war gut! Der umgekehrte Schluss wäre wohl richtiger.

Auch der vermeintliche Zachert macht im vermutlich erfundenen Interview bei Welt.de durch satirische Negation und Übertreibung wunderbar auf den Umstand aufmerksam, dass all die schönen neuen Befugnisse wie Onlinedurchsuchung und so weiter uns letztendlich doch nicht den Thrill möglicher Terroranschläge werden nehmen können. So sagt "Zachert" über solche wunderbaren Errungenschaften wie die Rasterfahndung und die DNA-Datenbanken (Hervorhebungen von mir):

Unsere Kriminaltechnik hatte Weltniveau erreicht. Dieser hohe Wissensstand konnte nicht mehr zurückgedreht werden, aber man hat unvernünftigerweise oft versucht, uns anderswo zu bremsen: aus föderalen Gründen auf dem Gebiet der Prävention, aus politischen Gründen bei der Einführung neuer Methoden. Wir haben zum Beispiel früh die Möglichkeiten des DNA-Beweises erkannt. Doch Teile der Politik haben uns lange unterstellt, wir wollten damit den Menschen durchleuchten und Geisteskrankheiten erkennen. Instrumente, deren Nutzen mittlerweile völlig unstrittig ist, wurden mit absurden Totschlagargumenten abgebügelt. Und so geht es bis heute, wie die Debatte über die Online-Durchsuchung zeigt. (Quelle: Welt.de)


Es ist völlig unstrittig, dass Zachert keinerlei "Totschlagargumente" in obigem Zitat verwendet hat. Ich vermute, dass sich hinter dem von Welt.de als "Zachert" vorgestellten Interviewpartner eigentlich der bekannte Kabarettist Mathias Richling verbirgt. So einen wunderbaren Quatsch kann doch sonst nur Richling bringen, oder?

Okay. Genug der Satire. Zum Schluss deshalb noch ein kleiner Hinweis auf einen von vielen angeblich laut "Zachert" gar nicht existierenden Experten, die die von "Zachert" gemeinte und gelobte Rasterfahndung doch tatsächlich in ihrem Nutzen strittig sehen: Max-Planck-Institut: "Wildes Rastern bringt nichts".

Dass auch eine umfassende DNA-Datenbank strittig bewertet wird, zeigt - neben vielen anderen sinnvollen Erläuterungen - ein aktueller und ausführlicher Artikel über die vielen neuen Befugnisse der Sicherheitsbehörden bei Economist.com: Civil liberties: surveillance and privacy:

Alongside fingerprints, DNA has also become an increasingly popular tool to help detect terrorists and solve crime. Here again Britain (minus Scotland) is a world leader, with the DNA samples of 4.1m individuals, representing 7% of the population, on its national database, set up in 1995. (Most other EU countries have no more than 100,000 profiles on their DNA databases.) The British database includes samples from one in three black males and nearly 900,000 juveniles between ten and 17—all tagged for life as possible criminals, since inclusion in the database indicates that someone has had a run-in with the law. This is because in Britain, DNA is taken from anyone arrested for a “recordable” offence—usually one carrying a custodial sentence, but including such peccadillos as begging or being drunk and disorderly. It is then stored for life, even if that person is never charged or is later acquitted. No other democracy does this. [...] In popular culture, the use of DNA has become rather glamorous. Tabloids and television dramas tell stories of DNA being used by police to find kidnappers or exonerate convicts on death row. According to a poll carried out for a BBC “Panorama” programme this week, two-thirds of Britons would favour a new law requiring that everyone's DNA be stored. But DNA is less reliable as a crime-detection tool than most people think. Although it almost never provides a false “negative” reading, it can produce false “positives”. Professor Allan Jamieson, director of the Forensic Institute in Glasgow, believes too much faith is placed in it. As he points out, a person can transfer DNA to a place, or weapon, that he (or she) has never seen or touched. (Quelle: Economist.com)


War wohl nichts mit "unstrittig".

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