Dienstag, 16. Oktober 2007

Bild versus Deutsche Post: Wer ist der Böse?

Faszinierend. Auf der einen Seite eine "Zeitung", die meiner Meinung nach nichts anderes kann, als den Leser anzulügen, wo es nur geht (mit Ausnahme des Wetterberichts vielleicht). Auf der anderen Seite ein großes, finanzstarkes Unternehmen, das dieser "Zeitung" nun ganz öffentlich damit droht, keine Anzeigen mehr in dieser "Zeitung" schalten zu lassen, wenn diese "Zeitung" im redaktionellen Teil nicht positiver über das Unternehmen berichtet.

Wer ist der Böse? Die lügende Zeitung oder das erpresserisch handelnde Unternehmen?

Die "Zeitung" verstößt gegen anerkannte Regeln. Das Unternehmen jedoch mit seinem Anzeigenboykott nicht. Eine Zeitung hat die Pflicht möglichst wahrheitsgemäß zu berichten. Ein Unternehmen jedoch hat die freie Wahl, mit wem es Geschäfte machen möchte und mit wem nicht.

Dennoch ist das Mittel eines Anzeigenboykotts in diesem Umfang hochproblematisch. Zeigt es doch, dass Medien beeinflussbar sind, in dem wie sie berichten, indem man sie mit der Schaltung oder Nicht-Schaltung von Anzeigen unter Druck setzt. Wenn das Beispiel des Unternehmens Schule macht und der Boykott nun auch noch allgemein als angemessene Reaktion auf die Verfehlungen der "Zeitung" angesehen wird, dann befürchte ich, dass Redaktionen auch in richtigen Zeitungen in Zukunft noch abhängiger werden von den Wünschen der Anzeigenkunden als sie es bisher schon sind.

Man kann kaum verhindern, dass Unternehmen mit Anzeigenboykotts reagieren. Man sollte sich jedoch davor hüten, das als angemessene Reaktion eines Unternehmens zu bejubeln. Selbst wenn es um die ekelhafte Bild-"Zeitung" geht wie im vorliegenden Fall. Selbst wenn diese "Zeitung" meiner Meinung nach nichts anderes kann als rumzulügen, zu hetzen, Menschen fertig zu machen.

Die einzige angemessene Umgangsweise gegenüber der Bild-"Zeitung" wäre ein Kaufboykott durch die Bild-Leser (hoffnungslos, ich weiß) und natürlich die journalistisch geführte Kritik und Entlarvung und Brandmarkung der Bild-Scheiße als das was es ist: Scheiße.

Hilfreich zur Steigerung der Qualität der Medien wäre zudem, wenn solche zweifelhaften Nachrichtenagenturen wie die DPA es freiwillig unterlassen würden, Meldungen dieser Scheiß-"Zeitung" als Agenturmeldungen nachzuplappern.

Die Bild-"Zeitung" hintergeht also ihre Pflicht zur möglichst objektiven Information gegenüber den Lesern (siehe dazu beispielsweise Bildblog.de: Wie Bild gegen den Mindestlohn kämpft), nur um eigene wirtschaftliche Investitionen und Interessen zu schützen. Und dass ein großes Unternehmen massiven wirtschaftlichen Druck auf Medien ausübt (siehe dazu beispielsweise Netzeitung.de: Springer pöbelt wegen Anzeigenstopp gegen Post), erscheint plötzlich als akzeptable Vorgehensweise dagegen.

Fazit: Nie zuvor wurde so deutlich vor Augen geführt, dass es in Deutschland an einer wirkungsvollen Medienkritik mangelt. Die Medien in Deutschland sind korrupt und unwillig zur Selbstkritik. Wenn auch nicht feststeht, wer in der Auseinandersetzung zwischen Bild-"Zeitung" und Deutsche Post der Bösere ist - das Opfer steht auf jeden Fall fest: Der gemeine Medienrezipient, früher auch mal "Kunde" genannt. Aber "Kunde" ist der Leser/Zuschauer/Zuhörer inzwischen längst nicht mehr. Kunde der Medienunternehmen sind die anderen Wirtschaftsunternehmen. Insofern kann man auch sagen: Es gibt kaum noch Journalismus in Deutschland, sondern fast nur noch PR-Geschreibsel.

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