Freitag, 19. Oktober 2007

Studenten als risikolose, renditestarke Anlage für Bildungsfonds

Die Wissenschaftssendung "Nano" von 3Sat brachte gestern einen interessanten Beitrag über die Leute, die kräftig an den neu eingeführten Studiengebühren in vielen Bundesländern verdienen. Link zum Video in der 3Sat-Mediathek (anders als früher, scheint jetzt die direkte Verlinkung von Video-Beiträgen zu funktionieren!). Artikel zum Video: Studenten als Kapitalanlage.

Darin:

Dr. Frank Steinmetz hat einen Fonds gegründet, in den Kapitalanleger einzahlen und der Studenten fördert: die deutsche Bildung als Anlagegesellschaft. Die Studenten zahlen von ihrem späteren Einkommen eine definierte Zeit lang definierte Prozentsätze zurück. Die Anleger gehen von einer guten Rendite aus, weil sich ihre Investionen auf unterschiedliche Fächer verteilen. Da die Gehälter der dann einstigen Studenten mit der Inflation steigen, sind auch die Investoren vor Inflation geschützt.

Die Deutsche Bildung will aber nur jenen Geld leihen, von denen sie glaubt, dass sie auch studieren sollten. [...] Entscheidend ist auch die Aussicht auf einen überdurchschnittlichen Verdienst nach der Hochschulausbildung. (Quelle: 3Sat.de, Nano)


Solch ein Fonds ergibt natürlich nur einen Sinn, wenn Studenten auch Kredite aufnehmen müssen, um studieren zu können. Dank der neuen Studiengebühren und des weiterhin mauen Bafögs entstand hier also ein extrem lukrativer Anlagemarkt mit gleichzeitig kaum vorhandenem Risiko für die Anleger. Den Studenten wird aufgedonnert, bestimmte Prozentsätze ihres späteren Einkommens anschließend zurückzuzahlen. Dies kann in der Summe weit mehr sein als bei üblichen Bankkrediten. Weil der Student sich jedoch in einer unsicheren Lage befindet (er kann ja am Anfang seines Studiums nicht sagen, was er später verdienen wird - der Fonds jedoch kann diese Unsicherheit über viele Studenten hinweg ausgleichen), kann der Fonds genau aus dieser Unsicherheit Kapital schlagen und derartige Prozentwerte bei der Rückzahlung des Kredites einfordern.

Die Bundesländer haben wegen der Studiengebühren den Universitäten teilweise die Zuwendungen weiter gekürzt. Die Unis haben also nicht mehr oder nicht wesentlich mehr Geld zur Verfügung als vor Einführung der Studiengebühren. Immer noch gibt es eklatant zu wenige Studienplätze. Es werden sogar weiter Professorenstellen nicht wieder neu besetzt, weil schlicht das Geld fehlt. Dass die Studierendenquote in Deutschland zur Zeit sinkt, ist also kein gottgegebenes Ereignis, sondern hat handfeste Gründe. Der volkswirtschaftliche Schaden für die deutsche Wirtschaft, die vor allem wegen ihrer Innovationskraft an der Weltspitze liegt, dürfte bereits mittelfristig gesehen enorm sein.

Aber Bertelsmann und Co. und einige wenige Fonds machen gute Geschäfte mit dem System der Studiengebühren. Und das ist ja das Wichtigste. Oder?

Übrigens: Typisch für die öffentlich-rechtlichen Sender: Nach dem Zeigen des kritischen Berichtes musste der Moderator im Studio in seiner Abmoderation des Beitrages (warum müssen Beiträge überhaupt abmoderiert werden?!), schnell alles wieder "gerade" rücken und das Studiengebührmodell als das Non-Plus-Ultra und der Weisheit letzter Schluss loben. Warum macht man dann überhaupt einen kritischen Beitrag, wenn die Abmoderation am Ende behauptet, dass doch alles prima ist? Ist das ein billiger, "von oben" angeordneter Versuch, die Kritik am System nicht ganz so deutlich rüberkommen zu lassen? Oder sind das eingefleischte Reflexe der Studio-Mitarbeiter, denen Kritik am System nicht ganz geheuer ist?

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