Mittwoch, 21. März 2007

Unbelehrbare Kultusminister

Unbelehrbare Kultusminister müssten eigentlich ein Paradoxon sein. Nicht jedoch in Deutschland.

Die erneute Kritik der deutschen Kultusminister am Bericht des UN-Menschenrechtsbeauftragten Muñoz über das deutsche Schulsystem beweist, dass die Bildungspolitik den Bundesländern entrissen werden muss. Seit 30 Jahren versprechen die Bundesländer, die Durchlässigkeit des Schulsystems zu erhöhen und die Chancengleichheit zu fördern. Nichts ist passiert. Selbst jetzt nicht, wo harte, wissenschaftliche Daten vorliegen und Kritik von allen Seiten auf die Kultusminister einprasselt. Zum Beispiel heute wieder: Studie des Münchner Ifo-Instituts stützt die Kritik des UN-Menschenrechtsinspektor (Netzeitung.de).

Stattdessen stecken die Kultusminister weiterhin den Kopf in den Sand und verteidigen das dreigliedrige Schulsystem, so als ob es etwas Heiliges, Unantastbares wäre: Kultusminister und Elternverein halten UN-Bildungsinspektor Muñoz für inkompetent (Netzeitung.de).

Was ist mit diesen Kultusministern los?

Bildung ist tatsächlich ein Menschenrecht. Chancengleichheit ist Menschenrecht. Aber statt das ernsthaft anzuerkennen, polemisieren die deutschen Kultusminister, dass das Bildungssystem ja wohl kein Fall für Amnesty International wäre und weisen so den kritischen Bericht des UN-Beauftragten zurück, ohne sich sachlich und ernsthaft mit ihm auseinanderzusetzen:

Starke Töne schlug der saarländische Kultusminister Jürgen Schreier an. Zwar verkenne nach der Pisa-Studie niemand die großen Herausforderungen an die deutschen Schulen, sagte er dem "Tagesspiegel". Empörend sei jedoch der von Muñoz vermittelte Eindruck, Deutschland verletze Menschenrechte. "Das deutsche Bildungssystem ist kein Fall für Amnesty International!" (Quelle. Direktlink zum Textauszug.)


Die Verantwortungslosigkeit der Kultusminister stinkt zum Himmel. Die föderal organisierte Bildungspolitik ist eine organisierte Verantwortungslosigkeit - und diese wird auch in Zukunft leider sicherstellen, dass sich auf diesem Gebiet nichts in Deutschland verbessern wird. Deshalb muss eine Diskussion darüber starten, ob man das Bildungwesen nicht den Händen der Bundesländer entreißen sollte. Würde für Bildung die Zentralregierung alleine zuständig sein, wäre es - so meine Hoffnung - weniger leicht möglich für die verantwortlichen Politiker, dem Thema immer wieder mit dummdreisten Behauptungen aus dem Weg zu gehen. Die Arbeit von Politikern auf Bundesebene erhält halt allgemein größere Aufmerksamkeit als die von Landespolitikern. Auch das Festmachen der Verantwortung an einer Person, sprich an einem Kultusminister, statt an 16 (plus einen Pseudo-Bildungsminister auf Bundesebene) würde einen größeren Handlungsdruck für die Politiker auf diesem Gebiet erzeugen. Zugleich könnte der Bund wesentlich besser sicherstellen, dass alle Bildungseinrichtungen die gleiche finanzielle Ausstattung bekommen.

Es reicht also nicht, dass ein Sachgebiet den Ländern theoretisch Anreize bieten würde, einen Wettlauf "nach oben" zu starten. Man könnte ja denken, dass jedes Bundesland auf lange Sicht profitieren würde von eigenen Investitionen in den Bildungsbereich.

Aber vermutlich besteht dieser Anreiz so gar nicht. Weil die Bundesbürger natürlich nach ihrer Ausbildung oftmals nicht im Bundesland bleiben, sondern dahin wechseln, wo es Arbeitsplätze gibt. So ist bei den Bundesländern sogar dasjenige das Dumme, das viel ins Bildungswesen investiert und die Breite der Bevölkerung fördert. Bayern zum Beispiel macht es sich besonders einfach und sortiert einfach früh aus, statt der Masse an Schülern zu helfen (TAZ.de: Bayerns ungerechter Erfolg). Wenige, aussichtsreiche Schüler zu fördern, ist insgesamt natürlich billiger als die breite Masse ausreichend zu fördern. Die Folge: Müsste Bayern sich alleine mit seinen Abiturienten versorgen, käme es bald zu einem Abwandern der Industrie in andere Bundesländer, weil Bayern viel zu wenig Abiturienten und damit Studienanwärter bereit stellt im Verhältnis zu allen Schulabgängern Bayerns. Aber da gibt es ja gottseidank die Abiturienten aus den anderen Bundesländern, die diese bayerische Lücke auffüllen.

Das föderale Bildungssystem fördert also das Schmarotzertum unter den Bundesländern statt den gegenseitigen Wettbewerb und gehört deshalb abgeschafft.

Technorati-Tags: , , , ,

0 Kommentar(e):