Sonntag, 24. Juni 2007

Vorratsdatenspeicherung für Dummies

Vorratsdatenspeicherung.... Schon das Wort. Das versteht doch keiner.

Anders als bei alltäglichen Gesprächen im Freundeskreis, anders als bei Büchern, Fernsehsendungen oder Theaterbesuchen ist das Nichtverstehen in der Politik jedoch der Garant für den Erfolg! Wenn etwas nicht verstanden wird, besonders irgendwelche neuen Gesetze, dann ist der Erfolg, sprich die Verabschiedung des Gesetzes sicher. Keiner blickt durch, das Volk liebt weiterhin seine Regierung, alles ist gut.

Frau Zypries jedoch, derzeit (immer noch) Bundesjustizministerin, gibt die Spielverderberin. Wie ich erst jetzt las, versucht diese Frau immer wieder unnötiger Weise dem Volk klar zu machen, was das eigentlich ist, diese ominöse Vorratsdatenspeicherung. Siehe dazu den folgenden Satz in diesem Artikel bei Heise.de:

Generell ist der Ministerin nach künftig von den Anbietern sechs Monate zu speichern, "wer mit wem wann und beim Mobilfunk von wo aus telefoniert hat". Es gehe quasi um die Aufbewahrung des Briefumschlags zur Feststellung, wer Absender und Empfänger einer Telekommunikation sei. (Quelle. Direktlink zum Textauszug.)


Dieses Verhalten, das Spielen des "Erklärbären" also, ist für einen Politiker nicht ratsam. Stattdessen sollte man es machen wie Herr Dr. Schäuble, derzeit (schon wieder) Bundesinnenminister. Der erklärt seine diversen Forderungen und Gesetzesinitiativen nicht. Stattdessen sagt er schlicht bei wirklich jeder Gelegenheit, dass sowas wie beispielsweise die Online-Durchsuchung einfach total notwendig sei, lebensnotwendig gar. Also so wie Sauerstoff und Brötchen halt. Der deutsche Bürger betet seine Politiker an. Wenn Herr Schäuble sagt, dass das notwendig ist, dann ist das notwendig. Das Vertrauen in Politiker und Staat zeichnet den deutschen Bürger vor allen anderen Staatsangehörigen sonstwo auf der Welt aus. Durch diese besondere Qualität des deutschen Bürgers hätte es Deutschland ja fast einmal zur Weltmacht geschafft. In Deutschland geht es ordentlich zu. Auch Fehler machen deutsche Behörden nicht. Man kann ihnen einfach umfassend vertrauen. Datendiebstähle und Hacker-Einbrüche in die Datenbanken, so wie dies in den USA laufend geschieht - jüngst gerade wieder beim Departement of Homeland Security (da, wo beispielsweise auch die europäischen Flugpassagierdaten landen), das ist in Deutschland verboten und passiert deshalb nicht.

Statt also auf den braven Untertanengehorsam des Deutschen zu vertrauen und auf seine Denkfaulheit ("Politik? Eh, interessiert mich nicht..."), weckt Frau Zypries unnötiger Weise schlafende Hunde und vergreift sich mit schlecht ausgearbeiteten, missverständlichen Vergleichen bei dem Versuch, Gesetzesinitiativen zu erklären. Das kann nur schief gehen.

Da sagt die Frau also tatsächlich, dass bei der Vorratsdatenspeicherung der Telekommunikationsdaten in der Hauptsache nur das erhoben und gespeichert wird, was beispielsweise bei Briefen auf dem Briefumschlag stehen würde, also wer wem einen Brief schickt.

Tja. Und da fängt dann der normale Bürger an nachzudenken bei solchen unvollständigen Erklärungsversuchen und solchen Vergleichen. Liebe Frau Zypries, halten Sie lieber Ihren Mund. Alles, was Sie sagen, kann nämlich gegen Sie verwendet werden. Und wenn beim Bürger erstmal das Denken einsetzt... oh, oh.

Aber dafür gibt es ja mich und mein Weblog. Ich rette Sie, Frau Zypries. Ich bessere Ihren Patzer aus. Ich führe die Bürger wieder auf den rechten Gedanken-Pfad zurück.

Also, lieber Leser, gib fein acht: Das mit dem Briefumschlag stimmt so nicht ganz. Viel treffender wäre es, sich das mit der Vorratsdatenspeicherung so vorzustellen: Jedes Mal, wenn Sie, lieber Leser, einen Brief schreiben, würden Sie quasi nach Inkrafttreten der Vorratsdatenspeicherung außerdem immer eine kurze Notiz an Polizei, BKA und die Geheimdienste versenden müssen, wo Sie mitteilen, an wen sie gerade zu welcher Uhrzeit und an welchem Tag einen Brief geschrieben haben und wie lang der Brief ungefähr war (Angabe der Seitenanzahl genügt).

Da wird die Sache doch schon klarer.

Halt, eigentlich nicht. Denn wer schreibt heute noch Briefe? Es geht ja auch gar nicht um Briefe bei der Vorratsdatenspeicherung, sondern um Webseiten-Besuche, E-mails, Telefongespräche, Handy-Telefonate!

Deshalb: Nachdem Sie also demnächst Ihr Gespräch am Handy gemacht haben, bitte sofort danach immer bei der Polizei, beim BKA und bei den unterschiedlichen, zahlreichen Geheimdiensten (Landesverfassungsschutz, Bundesverfassungsschutz, BND und so weiter) anrufen und ihnen mitteilen, wen Sie gerade wie lange und von wo aus angerufen haben. Die speichern Ihre Daten dann (eigentlich werden sie bei den Providern gespeichert, können dort jedoch ohne Umstände jederzeit von Polizei, BKA etc. abgerufen werden) und überprüfen Sie und Ihre Daten gegebenenfalls, wenn diese Daten irgendwie Anlass zu irgendwelchen Verdachtsmomenten geben.

Und nein, komplizierte, langsame und nervende Anonymisierungsdienste brauchen Sie nach Einführung der Vorratsdatenspeicherung auch nicht mehr zu verwenden, denn Anonymisierungsdienste werden mit Einführung der Vorratsdatenspeicherung schlicht verboten.

Ist doch alles ganz einfach, diese Vorratsdatenspeicherung, oder? Von wegen Briefumschläge und so ein Kram...

Und das nächste Mal erkläre ich dann "Verdachtsmomente für Dummies - wann werde ich verdächtig und wie kann ich das vermeiden?"

Denn die erste Pflicht jedes Bürgers ist es, darauf zu achten, den wackeren Behörden unseres Landes keine unnötige Arbeit zu verursachen und ungerechtfertigt irgendwelchen Verdacht zu erzeugen. Ich werde dementsprechend das nächste Mal erläutern, wen Sie besser nicht anrufen, welche Webseiten Sie besser nicht besuchen, auf welcher E-mail-Liste Sie sich besser nicht eintragen sollten und wo Sie sich beim Telefonat mit dem Handy lieber nicht befinden sollten (Pakistan, Afghanistan, Tschetschenien, in der Nähe gewisser Hamburger Moscheen, am Flughafen "J. F. Kennedy" in New York...).

Also seien Sie gewiss: Vorratsdatenspeicherung ist gar nicht schlimm. Es reicht, sein Verhalten anzupassen und schon passiert einem auch nichts.

Ich suche übrigens auch noch einen Verleger für weitere, von mir geplante Texte. Geplant sind: "Videoüberwachung für Dummies - Was muss ich machen, um nicht von gierigen Augen des Überwachungspersonals unnötigerweise verfolgt zu werden?" (Langsam und ruhig gehen, auffällige Kleidung vermeiden, sich verhalten wie jeder andere...). Und: "Fingerabdruck im Personalausweis für Dummies - Wie vermeide ich das Besuchen heute noch unbekannter, zukünftiger Tatorte?" (Um nicht unnötiger Weise in Verdacht zu geraten mit meinen dort versehentlich hinterlassenen Fingerabdrücken...).

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