Mittwoch, 15. August 2007

Manchmal ist die Einsamkeit der beste Gefährte

Der Mensch ist für mich gleichzeitig das interessanteste und das am meisten nervende Etwas, das es gibt auf der Welt. Mal eher das erste, mal eher das zweite, mal beides gleichzeitig. Insofern finde ich es (neben dem täglichen Schutz der eigenen Privatsphäre) für die seelische Gesundheit wichtig, dass es da draußen Plätze gibt, die der Mensch noch nicht besiedelt hat und hoffentlich nie besiedeln wird. Seien es bewusst ausgesparte Naturschutzgebiete oder für den Menschen unattraktive Wüsteneien wie große Teile der Sand- und Steinwüsten oder auch der Antarktis oder gar die Weiten der Ozeane. Ich glaube, der Mensch braucht fürs seelische Gleichgewicht den realen oder auch nur imaginären, vorm inneren Auge erzeugten Blick auf unbewohnte, menschenfreie Gegenden, das Bewusstsein, dass es da etwas gibt, was größer ist als er und nicht von ihm beherrscht wird. Wie eben zum Beispiel eine unberührte, oder zumindest menschenleere Natur. Einfach, um beruhigt festzustellen, dass die manchmal nervenden Mitmenschen oder die hektische, nervende Umwelt nicht alles ist, was es gibt. Eine religiöse oder pseudoreligiöse Überhöhung der "unberührten Natur" (wie beispielsweise in der Romantik) ist dabei gar nicht nötig, um sich in seinen Fantasien an einer unbeherrschten Wildnis zu "ergötzen". Ich fände es beispielsweise enorm irritierend, wenn es schon heute Städte auf dem Mond gäbe, deren Lichter man vielleicht sogar per Fernglas oder mit dem bloßen Auge am Nachthimmel sehen könnte. Dann würde auch der letzte Punkt mehr oder weniger unberührter "Natur", den man beispielsweise abends in einer Großstadt von überall her sehen kann, seine "Unschuld" verloren haben. Stattdessen blinzelten auch von dort auf dieser Scheibe am Himmel die gleichen Stadtlichter zurück, die einen auch rechts und links umgeben.

So finde ich das Gedankenexperiment in dem Buch "Die Welt ohne uns", über das Spiegel.de berichtet, faszinierend: Was geschähe mit der Erde, wenn die Menschheit von heute auf morgen einfach verschwunden wäre?

Gut, das Gedankenexperiment ist ein alter Hut und schon in diversen Science Fiction Filmen und Büchern durchgekaut worden. Aber Alan Weisman, Autor des oben erwähnten Buches, geht der Sache anscheinend wissenschaftlich fundierter auf den Grund.

Die modernen Städte würden schnell verfallen. Das Ruhrgebiet und angrenzende Gebiete beispielsweise würde sich innerhalb weniger Tage zu circa einem Drittel in eine Seeenlandschaft verwandeln, wenn mangels Treibstoff die Pumpen ausfallen, die derzeit die durch den Bergbau weiträumig abgesunkenen Gebiete vom Grundwasser frei halten. New York und anderen Großstädten erginge es ähnlich - nicht wegen Bergbauspätfolgen, sondern wegen des durch U-Bahn- und sonstige Tunnel maroden Untergrundes. Die Niederlande, einige Nordseeinseln und später auch viele Städte an Flussmündungen verschwänden relativ rasch. Viele Haustiere des Menschen würden bald aussterben wie beispielsweise Pferde und manche Rinderarten, weil sie der wilden Konkurrenz auf lange Sicht unterlegen wären oder mit den harscheren Lebensbedingungen auf Dauer nicht klar kämen. Das Pferd starb deshalb bereits einmal aus. In Amerika nämlich, als das Klima sich dort etwas änderte und das Gras nicht mehr so wuchs, wie es das empfindliche Tier brauchte. Am längsten sichtbar auf der Erdoberfläche und im Meer wäre wohl das ganze Plastikzeugs. Aber die unvergänglichsten Artefakte des Menschen dürften die Raumsonden Pioneer 10, Pioneer 11, Voyager 1 und Voyager 2 sein, die alle auf dem Weg raus aus unserem Sonnensystem und rein in die galaktische Unendlichkeit sind. Genau wie die Radiowellen, die Radio und Fernsehen in den letzten Jahrzehnten in den Äther und damit auch in den Weltraum abgestrahlt haben und die sich immer weiter mit Lichtgeschwindigkeit von der Erde entfernen.

Mit am schnellsten verschwunden aus dem Universum wäre nach dem lautlosen Abgang der Menschheit jedoch sicherlich das Internet und mit ihm auch dieses kleine Weblog. Schnüff.

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