Montag, 7. Mai 2007

FR kooperiert mit INSM - Tschüss und danke für den Fisch...

Gäbe es keine Schieflagen, würde dieses kleine Weblog elendig verhungern.

Ein großes Danke deshalb an die Frankfurter Rundschau (FR), die nun auch als eine der letzten Zeitungen in Deutschland ihren Widerstand gegen eine sicherlich extrem lohnende Zusammenarbeit mit dem PR-Projekt deutscher Metallarbeitgeber namens "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" (INSM) aufgegeben hat.

Die NachDenkSeiten veröffentlichen nämlich eine Einladung, auf der die Frankfurter Rundschau als Medienpartner der INSM aufgeführt wird: FR kooperiert mit INSM.

Warum das so schlimm ist?

Die INSM wird von einer PR-Agentur gelenkt, die den Medien umsonst Material anbietet, um die Interessen weniger, aber reicher Arbeitgeber aus der Metallbranche in Deutschland medial so darzustellen, als ob deren Interessen auch gut für die deutsche Gesellschaft allgemein wären. Das gelieferte Material ist so gestaltet, dass es in den redaktionellen Teil der Medien eingebettet werden kann. Beliebt sind dabei manipulativ gestaltete Statistiken und Rankings, sowie Interviews mit von der INSM bezahlten Professoren, die als "unabhängig" präsentiert werden, als auch die Darstellung von "Studienergebnissen" von ebenfalls von den Sponsoren der INSM bezahlten sogenannten "Wirtschaftsinstituten".

Die Politik mindestens der letzten zehn Jahre in Deutschland ist nur erklärbar dank des immensen Einflusses der INSM und anderer neoliberaler, extrem gut organisierter Kreise auf die Medien und somit auf die Politik. Alle reichweitenstarken Medien in Deutschland, einschließlich der öffentlich-rechtlichen bringen mal mehr, mal weniger, meistens ohne jegliche kritische Anmerkungen oder ohne auf die Interessen der INSM hinzuweisen, solch kostenlos geliefertes "Nachrichtenmaterial" der INSM in ihren redaktionellen Artikeln oder Berichten.

Nun also geht auch die Frankfurter Rundschau eine Zusammenarbeit ein mit der INSM. Das bekloppte FR-Interview mit diesem Typen namens John Naisbitt, der sich Futurologe nennt, und das mir vorhin schon aufgefallen war, war also anscheinend kein Unfall auf Seiten der FR.

Die Materialien und inhaltlichen Diskussions-Vorlagen der INSM sind absolut einseitig. Wenn die FR jetzt also als Medienpartner dieses Vereins auftritt und außerdem keinerlei Vertreter von politischen Gegenpositionen zu solch einer Podiumsdiskussion eingeladen werden (Müntefering? Nein, kein wirklich unabhängiger Vertreter einer Gegenposition zur INSM. Und der DGB-Mann kann auch nicht als wirklich unabhängig betrachtet werden, muss er doch an anderer Stelle mit den durch die INSM vertretenen Arbeitgebern zurecht kommen und kann deshalb den Bogen nicht überspannen.), dann geschieht dies nicht aus Versehen. Die FR brachte in der Vergangenheit selbst schon einige kritische Artikel zur INSM und die absolut inakzeptable Art wie die Medien mit den Propaganda-Materialien der INSM umgehen. Die INSM ist nicht an einer offenen, gesellschaftlichen Diskussion interessiert. Das Mittel der INSM ist vielmehr die verdeckte Manipulation. Erfolgreich ist die INSM, weil viele deutsche Medien sich aus Unwissenheit oder aus Käuflichkeit einlassen auf dieses undurchsichtige Spiel. Wenn die FR sich also einlässt auf eine Medienpartnerschaft mit der INSM für eine Podiumsdiskussion, der INSM also wortwörtlich ein Podium bietet, auf dem alleine vom DGB-Vertreter eine gewissen Opposition zu den Positionen der INSM zu erwarten ist, dann weiß die FR genau, was sie tut. Die Schlussfolgerung ist klar: Sie hat sich kaufen lassen.

Um es deutlich zu sagen: Die INSM macht nur ihren Job. Meine Wut richtet sich gegen die Medien, die die Positionen der INSM ohne kritische Distanz einfach weitergeben. Sie sind es, die versagen, ihren Job nicht tun, ihre Kunden im Regen stehen lassen, ja sie gar betrügen. Hinzu kommt, dass Medien halt eine enorme gesellschaftspolitische Aufgabe haben und das ungefilterte Weitergeben der INSM-Propaganda diese Aufgabe sabotiert. Die Medien versagen somit nicht nur gegenüber ihren Kunden, sondern auch gegenüber der Gesellschaft.

Ihr seid nun also auch Lieferant von Schieflagen, liebe Frankfurter Rundschau. Nochmals mein Danke. Es ist also kein Hungertot für mein kleines Weblog zu befürchten.

Aber neugierig wäre ich ja schon... Wie teuer ist so ein Fick mit der Chefredaktion der Frankfurter Rundschau? Ich befürchte, dass er sehr billig war. Nun gut, das beschleunigt nur den Zerfall der ehemals etablierten Medien. Denn dank Internet werden die Leser aufwachen. Irgendwann. Unweigerlich. Wenn sie merken, dass die Rede von der Notwendigkeit des Abbaus des Sozialstaates als Rettungsweg ein Irrweg war. Wenn sie merken, dass das Geschreibsel in den etablierten Medien immer gleichgeschalteter, immer weniger argumentativ, immer seichter und inhaltsärmer wird - vor allem im Vergleich zu dem, was sie im Internet bei unabhängigeren Anbietern finden. Das kann noch zwanzig Jahre dauern, keine Frage. Aber die FR wird es dann nicht mehr geben. Denn welcher Leser legt sich schon gerne mit einer Prostituierten ins Bett? Für eine Nacht vielleicht. Aber nicht auf Dauer. Und eine Zeitung kann vor allem im Zeitalter des Internets nur überleben, wenn sie mit ihren Lesern eine dauerhafte Beziehung eingeht. Weil das Internet so viele Alternativen anbietet (wenn jetzt noch nicht, so doch auch in Deutschland in naher Zukunft immer mehr) und ein Klick kein Aufwand ist, werden Inhalt, Qualität und Vertrauenswürdigkeit für ein Medienangebot immer wichtiger werden. Die FR hat diese langfristige Beziehung zu ihren Stammlesern soeben gelöst und sich lieber ins Bett der INSM gelegt. Es wird vielleicht lange dauern, bis die Stammleser das gemerkt haben werden. Aber irgendwann wird dann selbst der treueste Leser von Ekel übermannt werden und Abschied nehmen. Sicherlich wird die FR neue Leser bekommen, die den Geruch der INSM mögen. Doch weil es bereits viele andere Medien gibt, die dieses Parfüm tragen, vermute ich, dass diese INSM-Fans die alte Leserschar nicht werden ersetzen können.

Es ist eine Sache, allgemein als Medium einer politischen Richtung nahe zu stehen, sei es links oder rechts. Aber es ist noch einmal eine ganz andere Sache, sich als Medium in den Dienst einer kleinen Gruppen von wenigen reichen Leuten zu stellen, so wie sie die INSM vertritt. Politische Richtungen, seien sie rechts oder links im politischen Spektrum angesiedelt, sind im Vergleich zu den engen Interessen der Metallarbeitgeber, ein breites Feld. Selbst eine Zeitung, die sich mehr oder weniger klar entweder rechts oder links auf dem politischen Spektrum verorten lässt, hat deshalb ein breiteres und kontroverseres Angebot als eine Zeitung, die sich von der INSM kaufen lässt.

Viel Spaß also noch mit dem blutleeren Geblubber der INSM, liebe Redaktion der FR!

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