Montag, 20. August 2007

Irgendwo "eingebette" Reporter in Mügeln anwesend?

Es ist eben nicht in Afghanistan passiert, sondern hier, mitten in Deutschland.

Dennoch fließen die Informationen über den Vorfall so spärlich, als wenn Mügeln im Hindukusch-Gebirge liegen würde. Hey, Presseleute! Aufwachen!!

Noch offene Fragen:

  • Mügeln ist ein kleiner Ort. Es dürfte als Reporter keine Schwierigkeit sein, zusätzlich zu den spärlichen Auskünften der Polizei bei den Einwohnern weitere Details über die Vorgänge zu erfahren - beispielsweise, ob die Gewalttäter ortsfremd waren oder nicht oder ob das Krawallmachen geplant war oder nicht und erst recht, ob denn nun rechtsradikale Rufe fielen oder nicht.
  • Weiterhin wäre interessant, ob die Opfer tatsächlich indische Staatsbürger waren, oder indischstämmige deutsche Staatsbürger. In der Vergangenheit wurde häufig bei Übergriffen Rechtsradikaler in Ostdeutschland fälschlich berichtet, dass die Opfer Ausländer waren. Deshalb wäre es wichtig, kurz zu bestätigen, dass es tatsächlich indische Staatsbürger waren.
  • Auch weitere Details über den Auslöser der Verfolgungsjagd könnte die Presse von sich aus recherchieren. Den Angaben der Polizei in Sachsen ist leider eh nicht unbedingt immer zu trauen.
  • Wie kommt es beispielsweise, dass die Polizei anscheinend erst zig Stunden nach dem Vorfall die Presse informierte?
  • Wie muss man die seltsame Äußerung eines Polizeisprechers verstehen, die in den Medien derzeit immer ganz zum Schluss der DPA-Meldung kolportiert wird, dass nämlich "außerdem plötzlich mal was los war". Soll das irgendwie eine Erklärung dafür sein, dass sich so viele Leute an der Verfolgungsjagd beteiligten? Wenn ja, dann verstehe ich diese Erklärung nicht.
  • Wie lange dauerte es, bis die Polizei vor Ort war?
  • Woher kommen die 70 Polizisten? Ist das die normale Stärke von Polizeiwachen in der doch eher dünn besiedelten Gegend oder kamen die aus Leipzig? Wenn die Polizisten von außerhalb kamen, wie konnten sie doch anscheinend relativ rasch vor Ort sein? Gab es also im Vorfeld Informationen darüber, dass etwas passieren könnte? Wenn ja, wie sahen diese Informationen aus? Würden solche Vorabinformationen nicht darauf hindeuten, dass Rechtsradikale eben doch ein altbekanntes Problem in Mügeln und Umgebung sind und somit das heile Bild, das unter anderem der Bürgermeister in den Medien von Mügeln zeichnen will, nicht ganz stimmen kann?
  • Wenn die Polizisten tatsächlich schon vor Ort waren, wie konnte dann ein Streit bei dem sicherlich überschaubaren Stadtfest derart eskalieren, bevor die Polizei einschritt? Ich befürchte, dass dies die Schlüsselfrage ist und dass die spärlichen Informationen der Polizei teilweise ein erneutes polizeiliches Versagen beim Umgang mit Rechtsradikalen vertuschen sollen.
  • Und schließlich: Welche Konsequenzen sind aus diesem Vorfall zu ziehen? Es ist doch eine völlig neue Dimension, dass mitten in der Stadt bei vermutlich hoher Passantenzahl (es lief ja das Stadtfest, es war Samstagabend...) eine derart große Gruppe wie ein Lynchmob wehrlose Menschen angreift. Hat es so etwas in dieser Art schon einmal gegeben in Deutschland?
Also, Reporter, los! Irgendwo werdet ihr doch sicherlich noch einen Platz in der nächsten Transall-Maschine nach Mügeln bekommen!

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2 Kommentar(e):

Don Pepone hat gesagt…

Erinnern sie sich mal an die Ereignisse in Rostok, dann wissen sie ob es das schon mal gab. Außerdem sollten sie bedenken, werter Herr Solon, das die Menschen in Mügeln in einem Dorf leben, in dem jeder jeden kennt. Gerade weil dies ein so kleines Dorf ist, und mögliche Zeugen wahrscheinlich auch den weiteren Rest ihres Lebens Seite an Seite mit den Tätern und ihren Familien leben müssen, werden sie dort nichts finden als eisiges Schweigen. Wollen sie das Menschen verübeln, deren Kinder in der Dorfgemeinschaft aufwachsen müssen? Kennen sie das Dorfleben? Für diese Menschen geht das Leben in Mügeln auch weiter, wenn der Rest von Deutschland dieses Kaff längst vergessen hat. Und Journalisten werden in Gegenden, in denen rechtsradikales Gedankengut auf derart fruchtbaren Boden fällt, auch sehr gern gesehen und dementsprechend offen und vertrauenvoll empfangen. Da müssen sie erst mal jemanden finden, der seine Zukunft in der Dorfgemeinschaft aufs Spiel setzt, um sich vor fragwürdigen Medienvertretern zu profilieren.

Solon hat gesagt…

Stimmt, Rostock...

Ansonsten könnten Sie mit Ihren Vermutungen natürlich auch Recht haben, werter Don Pepone.

Aber zumindest versuchen sollten es Reporter. Sie müssen ja nicht mit Ü-Wagen vorfahren. Inkognito und einzeln und unauffällig kann man ja Leute auch fragen und ihnen Anonymität zusichern. Es geht ja auch nicht darum, als Reporter die Aufgabe der Polizei zu übernehmen und einzelne Täter zu identifizieren, sondern darum, von der Polizei unabhängige Informationen zu bekommen und Informationen, die die Hintergründe der Tat etwas mehr beleuchten.

Es kann natürlich sein, dass die Täter alle aus Mügeln kamen. Vielleicht jedoch waren es doch zum großen Teil Leute von außerhalb? Wer weiß?

Ansonsten wäre es auch berichtenswert, wenn ein Reporter tatsächlich auf eine Mauer des Schweigens stoßen würde in Mügeln. Das wäre an sich schon sehr vielsagend, zum Beispiel dahingehend, dass die Rechtsradikalen anscheinend wirklich völlig frei walten können dort.