Donnerstag, 26. April 2007

3:0 für Schäuble: Online-Abfrage von Passfotos kommt

Die DPA berichtet gewohnt lässig, falsch verkürzend und einseitig: Koalition erleichtert Polizei Passfoto-Zugriff.

Es kommt also alles so, wie ich es befürchtet habe: Durch Schäubles Überschwemmung der öffentlichen Diskussion mit einer Vielzahl an Vorschlägen zum Ausweiten der Überwachung der Bevölkerung kann die Union nun zumindest einige seiner Vorschläge durchboxen. Die SPD steht hilflos daneben und ist quasi entmachtet. Und doof ist sie auch. Denn worin liegt der Sinn am Mitregieren, wenn man genau dies gar nicht tun kann? Ich vermute, dass die SPD sich selbst über ist und schlicht und einfach raus will aus der Politik und als Taubenzüchterverein oder Briefmarkensammelverein weiterleben will. Ist ja auch viel ruhiger und stressfreier.

Oder man hat von Anfang an den Widerstand gegen Schäubles Vorschläge eh nur vorgespielt und strebt auf lange Sicht nach der politischen auch die formelle Vereinigung von Union und SPD an. Dann müsste man sich auch nicht mehr mit den dreisten SPD-Parteimitgliedern an der Basis rumschlagen. Oder die Parteispitze samt der Posteninhaber in der jetzigen großen Koalition planen, bald zur Union zu wechseln. Verübeln könnte ich es ihnen nicht. Jeder Mensch ist halt faul und geht den Weg des geringsten Widerstandes.

Zurück zu den Überwachungsmaßnahmen: Wie bei allen vorgeschlagenen Überwachungsmaßnahmen und erweiterten Befugnissen für die Sicherheitsbehörden spielen die Details eine enorme Rolle. Leider sind es genau die Details, die auf der medialen Bühne der Politik bekanntlich niemanden interessieren. Und deshalb ist es auch so leicht für die beteiligten Politiker, die Bedenken gegen die Maßnahmen herunterzuspielen.

Die schnelle und einfache Online-Abfrage von beliebigen Passfotos durch einfache Streifenpolizisten soll also erstmal nur "im Eilfall" möglich sein. Was immer das konkret heißen mag. Für mich klingt das nach "bei Gefahr im Verzuge". Dass der Begriff "Gefahr im Verzuge" hingegen alles bedeuten kann, macht die Praxis bei Hausdurchsuchungen deutlich. Das ist ein Gummi-Begriff, mit dem die Polizei jederzeit herumhantieren kann und jetzt schon quasi bei jedem Bürger sofort ohne richterliche Genehmigung eine Hausdurchsuchung durchführen kann, wenn sie möchte. Die so genannten Einschränkungen für die Passfoto-Online-Abfrage sind also vermutlich gar keine. Und ich bin mir sicher, dass das die Politiker wissen. Denn sie wissen auch, dass die Mehrheit der Bevölkerung die Diskussion und die Aufregung über diese Pläne eh nicht versteht oder gar nichts davon mitbekommt.

Auf jeden Fall soll die Online-Abfrage von Passfotos am Wochenende möglich sein, wenn die Meldeämter geschlossen sind, heißt es. Wochenende? Na, das macht ja nichts. Da ist ja eh kein Bürger unterwegs. Höchstens so dämliche Demonstranten, die, aus welchen Gründen auch immer, ihre Demos häufig aufs Wochenende legen. Und da kommt solch eine Online-Abfrage von Passfotos eigentlich genau recht. So kann die Polizei die Videoaufnahmen von Demonstrationen, die sie ohnehin bereits heute anfertigt, mit einer Gesichtserkennungssoftware koppeln. Diese gleicht dann die Aufnahmen mit Passfotos ab, die online in Sekundenschnelle abgefragt werden. So kann die Polizei blitzschnell alle Teilnehmer einer Demonstration erfassen und vorsorglich mal in irgendeine Datei speichern. Man weiß ja nie... Also das ist jetzt nur so ein Vorschlag von mir. Nach Schäublescher Logik jedoch ein sehr stringenter Vorschlag, weil effizient. Und ein anderes Kriterium als Effizienz gilt für diesen Innenminister bekanntlich nicht.

Wie es weiter geht? Die Einigung über den Online-Zugriff auf die Passfotos wird von der SPD-Unions-Einheitspartei anscheinend laut der DPA-Meldung als Erfolg für den SPD-Flügel der neuen Einheitspartei gewertet. Demnach muss dieser SPD-Flügel bei einem der nächsten umzusetzenden Überwachungspläne nun vermutlich als Ausgleich dann "zurückstecken". Das heißt: Bald wird es 4:0 für Schäuble stehen.

Und eilig hat die SPD-Union es auch. Die Einheitspartei will die Überwachungsgesetze noch vor der Sommerpause unter Dach und Fach haben. Nachvollziehbar. Denn die täglichen Terror-Anschläge in Deutschland stören doch sehr. Da muss schnell Abhilfe her.

Es ist eine dunkle Art der Demokratie, die wir in Deutschland haben.

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