Montag, 29. Oktober 2007

Terror in Deutschland

Was dabei herauskommt, wenn die Medien munter und kritiklos weiterschwafeln, was ihnen von der Politik und den Behörden aufgetischt wird... was dabei herauskommt, wenn die Medien also beispielsweise munter weiterschwafeln, dass die im Sauerland gefassten mutmaßlichen Terroristen "kurz vor" einem Anschlag gestanden hätten... was dabei herauskommt, wenn unser Bundesinnenminister von terroristischen Atombombenanschlägen fantasiert... was dabei herauskommt, wenn bei absolut jeder Gelegenheit jeder Innenminister in diesem Land und jeder Vertreter jeder Sicherheitsbehörde immer noch mehr polizeiliche, ja geheimdienstliche Befugnisse haben will... was dabei herauskommt, wenn irgendwelche Provinzpolitiker nun aber auch mal die Online-Durchsuchung haben wollen, ob als Mittel gegen Besitzer von Kinderpornobilder oder gegen Fußball-Hooligans... was dabei herauskommt, wenn Provinzpolitiker die Sicherheitsbehörden als politische Hilfstruppen einspannen wollen... was dabei herauskommt, wenn Soziologen und ihr Umfeld wegen der Verwendung von einzelnen Begriffen in ihren Arbeiten monatelang intensiv als vermeintliche Terroristen überwacht werden und anschließend sogar in eine Art Isolationshaft gesteckt werden und erst nach langwierigen Anrufungen von Gerichten wieder freigelassen werden.... oder was dabei herauskommt, wenn die Polizei einfach einmal umfangreiche Durchsuchungsaktionen im Umfeld von G8-Gegnern durchführt, ohne konkreten Anfangsverdacht und ohne konkrete Ergebnisse...

Was dabei herauskommt? Terror. Zumindest von Seiten der Polizei und der Politiker. Glücklicherweise noch nicht von Seiten der deutschen Gerichte in Form menschenrechtsverletzender Urteile.

Dieses Terror-Geschwafel, diese Panikmache, dieses Beschwören einer umfangreichen Überwachung und polizeilichen Prävention als Mittel der Wahl gegen eine nebulöse Terrorgefahr, das alles hat Folgen. Es verändert unsere Gesellschaft. Dazu braucht es noch nicht einmal neue Gesetze. Das funktioniert auch so.

So führt es zu geistiger Verwirrung auf den ärmlichen Polizeistuben in der deutschen Provinz. Anders kann man das nicht benennen, wenn Polizeibeamten in der Lüneburger Heide eigenmächtig, ohne dass es irgendeinen Anfangsverdacht gab, ohne dass irgendwo irgendwie irgendeine Ermittlung vorauslief von irgendeiner Stelle, einfach Urlauber ohne richterlichen Beschluss in ihrem Ferienhaus überfallen. Von deutschen Polizisten, nicht von Terroristen! Überfallen, weil die Urlauber "fremdländisch" aussahen, ohne Auto angereist waren und ein Ferienhaus (!) gemietet hatten:

Um kurz vor 22:00 am Donnerstag klopften Kriminalpolizisten an die Haustür und hätten diese fast eingetreten, wäre ich nicht schnell genug aus dem Badezimmer zur Tür geeilt. Sie wiesen sich erst aus, als sie im Haus waren. Ein Durchsuchungsbefehl wurde an keiner Stelle vorgelegt, mein Einwand, dass meine Ehefrau sich noch bekleiden wollte wurde ebenso wie mein ausgestreckter Arm beiseite geschoben. Drei Polizisten rannten die Treppe im Ferienhaus zu den Schlafzimmern hoch, während der Einsatzleiter sich mit uns aufs Sofa setzte und zu erklären versuchte, warum sie so hereingeplatzt kamen:

Offensichtlich wurde zuvor die Polizei in Walsrode über die schwerwiegende Tatsache informiert, dass ein "orientalisch aussehendes" Pärchen "nachts" und "ohne Auto" nach Hamwiede kam und sich dort bereits seit Samstag aufhielt. Diese drei "Indizien" waren Grund genug für die Polizeiinspektion Soltau-Fallingbostel, acht Kriminalpolizisten zu mobilisieren und sie taktisch ausgerüstet (inklusive schußsicheren Westen) zu unserem Hauptquartier zu schicken. Vier davon haben das Haus umzingelt, während die anderen vier das Haus durchsucht haben. (Quelle: Too Much Cookies Network)


Der aufgeweckte, offenherzige deutsche Bürger wird jetzt natürlich einwenden, dass man sich doch gefälligst als Urlauber in der Lüneburger Heide vor Ankunft telefonisch bei den örtlichen Polizeibehörden anzumelden habe. Denn wer macht schon Urlaub in der Lüneburger Heide?! Spätestens seit dem Sommer sollte jedem klar sein, dass in der deutschen Provinz nur Bomben gebastelt werden. Überall. Wer da hin will, macht sich ganz klar verdächtig. Auch die Anreise per Taxi und nicht in eigenem Auto ist unstatthaft. Fremdländisch aussehen geht bekanntlich schon gar nicht. Hier helfen bekannte Schönheitschirurgen gerne aus. Das Tragen von Kopftüchern ist geradezu fahrlässig. Und wer, bitte schön, mietet heutzutage noch Ferienhäuser? Heute reist man mit dem eigenen Wohnmobil oder übernachtet in ordentlichen Hotels und nicht in irgendwelchen miefigen Unterkünften mit Styroporwänden.

Merke: Jeder kann bei der von unseren Politikern bewusst geschürten Terror-Paranoia Opfer von haltlosen Verdächtigungen werden. Den Sicherheitsbehörden wird nicht auf die Finger geklopft, im Gegenteil, sie werden bestärkt, noch "wachsamer" zu sein.

Ich rate also zur größten Vorsicht vor Polizeibeamten! Es könnten verdeckte Staatsterroristen sein, die aus nichtigem Anlass, ja bei eigentlich überhaupt gar keinem Anlass, auf die Idee kommen könnten, mal eben eure Wohnung zu stürmen. Es gibt keinen geschützten Bereich der privaten Lebensführung mehr in Deutschland. Zumindest in der Praxis. Die eigene Wohnung kann in Deutschland nahezu jederzeit von der Polizei unter den fadenscheinigsten Begründungen aufgebrochen und durchsucht werden. Im Gesetz steht zwar etwas anderes, aber was bedeutet schon das Gesetz?

Es wäre schon seltsam, wenn in deutschen Weblogs die früher üblichen Solidaritätsbekundungen bei irgendwelchen Abmahnungen (wenn also ein Blogger mal wieder von einem Abmahnanwalt wegen irgendeiner Nichtigkeit kostenpflichtig abgemahnt wurde) nun immer häufiger ersetzt werden sollten durch eine andere Art der Solidaritätsbekundung - nämlich bei und wegen erlittener Polizeiobservierungen oder Hausdurchsuchungen.

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