Samstag, 16. Dezember 2006

Immer mehr Überwachung trotz immer weiter sinkender Bedrohung

Die Kriminalitätsrate sinkt kontinuierlich in Deutschland. Seit Jahren. Wissenschaftlich bewiesen. Zum Beispiel im "Zweiten Sicherheitsbericht der Bundesrepublik Deutschland" (PDF-Dateien: Kurzfassung, Langfassung), den Daten-Speicherung.de dankenswerterweise zusammenfasst und bewertet: Kriminalität? Die Bürger haben andere Sorgen.

Um 30 Prozent hat die Kriminalität in Brandenburg in den letzten Jahren abgenommen. Die Folge: Brandenburg bekommt das schärfste Polizeigesetz, das man sich vorstellen kann. "Scharf" im Sinne von: Mehr Macht für die Polizei. Heise.de berichtet: Brandenburg erhält deutlich verschärftes Polizeigesetz.

Während der Fußball-WM gab es keine Terror-Anschläge. Die Folge: Schäuble forderte schon im Sommer, direkt nach der friedlichen, freundlichen Fußball-WM (also lange vor den gescheiterten Kofferbomben-Attentaten) schärfere Gesetze mit folgender, äußerst intelligenter Begründung, wie DW-World im Artikel Deutsche Regierung plant strengere Sicherheitsgesetze berichtete:

Auch wenn wir in den letzten Wochen glücklich darüber sind, dass in Sachen Sicherheit alles gut gelungen ist, darf das ja nicht heißen, dass wir uns nicht mehr um Sicherheit kümmern. Sondern, dass wir den Schluss ziehen, auch in Zukunft das Menschen mögliche zu tun, damit wir alle friedlich, sicher und fröhlich zusammenleben können. (Quelle)


Die angeblichen Terror-Anschlagspläne auf ein Flugzeug in Frankfurt waren bekanntlich und vermutlich keine richtigen (Süddeutsche.de: Terror-Gefahr offenbar aufgebauscht). Und selbst wenn es doch ernstgemeinte Terror-Pläne gewesen wären, so sagten Experten, dass der Ansatzpunkt, um in Zukunft so etwas zu verhindern, bei den Flughäfen liegt, zum Beispiel bei einer besseren Ausbildung des dortigen Personals, und nicht in weiteren Überwachungsbefugnissen (Welt.de: Gravierende Sicherheitslücken auf dem Frankfurter Flughafen).

Die Folge: Die Bundesanwaltschaft fordert vor allem wieder und erneut nur eines, nämlich noch mehr präventive Überwachungsmaßnahmen. Liest man den liebedienerischen, unkritischen Artikel bei Spiegel.de über den netten Besuch der Presse bei der im Artikel mit einer "Charity-Lady" verglichenen Monika Harms (Spiegel.de: Wir sind knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt) wird einem klar, dass es den Sicherheitsbehörden und (Un-)Sicherheitspolitikern eigentlich nur um eine Sache geht: Sie fürchten sich einfach mächtig davor, im Fall der Fälle, also wenn etwas passieren sollte, von den bösen, bösen, wilden, unzähmbaren, reißerischen, wutschnaubenden, zerfleischenden Medien kritisiert zu werden:

"Was hätte die Presse wohl gesagt", fragt Harms energisch, "wenn wir einfach zugesehen hätten und dann etwas passiert wäre?". (Quelle)


Arme Politiker! Arme Behörden! Sie müssten in dem Fall Kritik ertragen! Vielleicht sogar unberechtigte! Daran würden sie zerbrechen. Ganz bestimmt. Also müssen noch schärfere Gesetze her, dass auch wirklich niemals irgendjemand den selbstlosen und unbezahlten Behördenvertretern auch nur die kleinste Nachlässigkeit im Ansatz vorwerfen kann. Dass es keine einhundertprozentige Sicherheit gibt und dass selbst die deutschen Sicherheitsbehörden nicht das Paradies auf Erden schaffen können, diese Argumente fallen Frau "Charity-Lady" Harms nicht ein.

So werden auch in Zukunft - ganz egal, ob die Terror-Gefahr zu- oder abnimmt - eine Clique aus Politikern und Behördenvertretern unabhänderlich weiter noch schärfere Gesetze fordern. Nur um ja nicht von irgendwo den kleinsten Vorwurf zu hören, sie hätten nicht verdammt nochmal alles überhaupt Denkbare unternommen.

Leider gibt es keine Behörden, die man im Fall der Fälle kritisieren könnte, wenn den Bürgern ihre Freiheit bei diesen immer schärferen Gesetzen abhanden kommt.

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