Samstag, 16. Dezember 2006

Handys in Wanzen verwandeln mittels FOTA

Die deutschen (Un-)Sicherheitspolitiker verfahren gerne nach der Devise: Alles, was technisch möglich ist, muss auch zu Überwachungszwecken genutzt werden können.

Insofern könnte bald neben der Forderung, die Festplatten der Bürger per Spionageprogrammen übers Internet durchforsten zu dürfen (Schieflage: Schäuble & Co. sind eine Gefahr für die Gesellschaft), auch die Forderung im Raum stehen, die Handys der Bürger mittels automatischem und heimlichem Firmware-Update notfalls in mobile Wanzen verwandeln zu dürfen. Wenn dies nicht eh schon geschieht und auf Grundlage irgend eines verkruselten Gesetzestextes möglich ist.

Technisch möglich ist so etwas über eine Feature von modernen Handys, das sich "FOTA" nennt. Die Abkürzung steht für "Firmware Over The Air", also das automatische Überspielen von einer neuen Handy-Firmware über das Funknetz des Mobilfunkanbieters auf die Handys der Endkunden. In den USA wird dies bereits vom FBI verwendet, um Gespräche mittels der Handys der Verdächtigen mitschneiden zu können, wie zum Beispiel Rabenhorst ausführlich darstellt: FBI-Wanderwanzen für Handys.

Und jetzt berichtet sogar Spiegel.de über diese neuen Möglichkeiten, wenn auch mit anderem inhaltlichen Schwerpunkt: "Handy-Fernsteuerung gegen Mobil-Schnüffler":

Über eine oft übersehene Funktion, die auch automatische Updates erlaubt, das sogenannte OTA (over-the-air programming), lassen sich beliebige Features von Telefonen an- und abschalten - und das sozusagen per Fernbedienung über das Mobilnetz. Über OTA lässt sich die Firmware eines Handys verändern, die sämtliche Handy-Funktionen steuert [...]. (Quelle)


Der Spiegel-Artikel stellt ironischerweise FOTA vor allem als Mittel dar, um Leuten, die ihr Handy als Spionagewerkzeug missbrauchen, einen Riegel vorzuschieben. Die andere Seite der Medaille, dass Handys selbst zu Spionen werden können mittels FOTA, fehlt im Spiegel-Artikel.

Wesentlich mehr Informationen über FOTA gibt es in der Wikipedia.

Ich bin nicht prinzipiell dagegen, den Sicherheitsbehörden neue Technologien zur Seite zu stellen. Das Problem ist nur: Ob die Nutzung zum Missbrauch und damit zu einer ungerechtfertigten Überwachung der Bevölkerung führt, hängt bei den neuen Technologien von komplizierten, entscheidenden Detaifragen ab. Die neuen Technologien sind einerseits so mächtig, andererseits aber so unsichtbar in ihrem Einsatz und damit äußerst anfällig für den Missrauch - nicht nur durch Kriminelle und Terroristen, sondern eben gerade auch durch Sicherheitsbehörden! Und die derzeitige Rechtssprechung (Stichwort "Vorratsdatenspeicherung" oder "Anti-Terror-Datei") in Deutschland berücksichtigt diese letztgenannte Gefahr bekanntlich bislang viel zu wenig.

Mal beobachten, wie lange es dauert, bis Rufe laut werden, die oben vorgestellten technischen Möglichkeiten auch deutschen Sicherheitsbehörden als Überwachungsinstrument zur Verfügung zu stellen. Und mal sehen, ob es dann eine breite gesellschaftliche Diskussion über Überwachung gibt und welchen Stellenwert richterliche Kontrolle und Datenschutz dabei einnehmen werden.

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