Donnerstag, 14. Dezember 2006

Deutschland: Noch neun Monate anonym surfen

Im September 2007 ist es dann vorbei. Ab dann beginnt wahrscheinlich die umfangreiche Speicherung aller Telekommunikationsverbindungsdaten aller Bürger Deutschlands.

Einen gut verständlichen, kurzen Text dazu findet man zum Beispiel bei Teltarif.de: Anonymisierungs-Dienste vor dem Aus.

Was in dem Artikel fehlt:

  • Auch die Aufenthaltsorte von Handys werden gespeichert.
  • Auch Inhalte der Kommunikation werden teilweise gespeichert (zum Beispiel bei E-mails).
  • Verbindungsdaten enthalten ein enormes Potenzial, um viel über die Nutzer in Erfahrung zu bringen. Die Anonymisierung dieser Daten ist für jeden Internetnutzer sinnvoll und kein Versteckspiel, um sich vor Strafverfolgung zu schützen, denn auch viele Internetdienstleister (zum Beispiel Google) sammelt Verbindungsdaten, über die der Nutzer ohne Anonymisierungsmöglichkeiten keine Kontrolle mehr hätte.
  • Außerdem übersieht der Teltarif-Artikel, dass auch das Anonymisierungs-Netzwerk TOR durch die europäischen Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung Schaden erleiden wird, weil in Europa vermutlich kaum noch jemand TOR-Server wird betreiben können, wenn auch sie staatlicherseits gezwungen werden, alle ein- und ausgehenden Verbindungen zu speichern.
Die Vorratsdatenspeicherung ist ein Angriff auf den Verbraucherschutz, ein unkontrollierter Machtzuwachs für Sicherheits- und Geheimdienste, ein gefährliches Einfallstor für Wirtschaftsspionage und wegen der leichteren Überwachungsmöglichkeiten zum Beispiel der Presse durch die Sicherheitsbehörden eine Gefahr für die Presse- und Meinungsfreiheit. Informanten der Presse könnten so mittels der automatisch aufgezeichneten umfangreichen Verbindungsdaten ohne großes Aufsehen durch die Sicherheitsbehörden ausfindig gemacht werden. Die Missbrauchsmöglichkeiten der riesigen Datenberge durch Sicherheitsbehörden oder durch die Wirtschaft oder durch Kriminelle Data Broker sind enorm. Schließlich können im digitalen Zeitalter derartige Daten ohne Spuren zu hinterlassen per Knopfdruck millionenfach heimlich kopiert werden. Sicherheitssysteme sind fehleranfällig. Menschen sind korrumpierbar. Behörden machen Fehler. Die im Gesetz vorgesehene Überwachung der Datennutzung ist mangelhaft.

Alternative? Ganz einfach: Statt die Daten aller Bürger zu speichern, sollte Sicherheitsbehörden nur erlaubt sein, die Daten von verdächtigen Bürgern zu speichern.

Warum dieser alternative Weg von der Politik nicht beschritten wird? DAS IST DIE GROßE FRAGE.

Die Vorbereitung für eine Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung läuft bereits: Massenverfassungsbeschwerde gegen Vorratsdatenspeicherung

Aber was ist das für ein Staat, in dem die Bürger sich permanent per Verfassungsgericht gegen Grundrechtsverletzungen ihrer Politiker zur Wehr setzen müssen?

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