Freitag, 4. Januar 2008

BGH: Razzien gegen G8-Gegner waren rechtswidrig - Und die Folgen?

Die bundesweiten Großrazzien gegen linke Globalisierungskritiker im Vorfeld des letzten G8-Gipfels in Heiligendamm waren laut jetzt verkündetem Urteil des Bundesgerichtshofs rechtswidrig, wie beispielsweise Tagesschau.de berichtet:

Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen Globalisierungsgegner vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm waren rechtswidrig. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschied, die obersten Ankläger der deutschen Justiz seien in dem Fall gar nicht zuständig gewesen. Es bestünden "nachhaltige Zweifel", dass die Beschuldigten eine terroristische Vereinigung gebildet hätten. (Quelle: Tagesschau.de)


Oooch, manno! Schon wieder keine Terroristen! Von was soll die Bundesanwaltschaft denn leben, wenn nirgends Terroristen zu finden sind? Die Hoffnung, in den linken Kreisen Terroristen zu finden, dürfte damit erst einmal zerbröselt sein. Auch die Konstruktion von Innenstaatssekretär August Hanning, dass Molotowcocktail-Werfer Terroristen seien, weil sie damit ja auch eventuell Personen verletzen könnten (vorgetragen in einem dieser bemerkenswert unkritischen Interviews vom ARD-Journalisten-Darsteller Werner Sonne im ARD-Morgenmagazin), scheint kein Rettungsanker mehr zu sein für die Bundesanwaltschaft auf ihrer verzweifelten Suche nach ein paar Links-Terroristen in Deutschland.

Wird die Bundesanwaltschaft jetzt also mal langsam ihren eigentlichen Verpflichtungen nachkommen oder ihre Arbeitsverweigerung weiter aufrecht erhalten und Gespenstern nachjagen?

Wird es nach dieser erneuten Schlappe vor Gericht Konsequenzen geben für Generalbundesanwältin Monika Harms? Vermutlich nicht.

Wird die Bundesanwaltschaft ihr Vorgehen gegen linke Gruppierungen ändern? Vermutlich nicht. Warum sollte sie auch? Sie hat ja keine Konsequenzen zu befürchten.

Im Artikel bei Tagesschau.de heißt es weiter:

Bundesanwaltschaft und Polizei standen wegen der Maßnahmen vor und während des G8-Gipfels bereits seit längerem in der Kritik. (Quelle: Tagesschau.de)


Kritik gab es. Allerdings kaum in den etablierten deutschen Medien wie ARD, ZDF oder den großen Tageszeitungen, den selbsternannten "Wächtern der Demokratie" (von einigen Artikeln von Heribert Prantl und von der kurzen Aufregung über die "Geruchsprobenentnahme" einmal abgesehen). Aber wer berichtete in letzter Zeit noch beispielsweise von den tausenden Verfahren gegen die G8-Protestierer, bei denen sich Polizei und Staatsanwaltschaften absurdeste, vermeintliche Vergehen der G8-Protestierer aus den Fingern sogen, um nachträglich die vielen Verhaftungen rechtfertigen zu können? Die etablierten, "großen" Medien berichteten darüber kaum. Wer zeigt seinen Zuschauern oder Lesern, dass hier eine konzertierte Aktion des Staates gegen politische Kritiker stattfand, bei der versucht wurde die Kritiker zu kriminalisieren? Stattdessen herrschte meiner Beobachtung nach in den Medien eine insgeheime Zustimmung zum Vorgehen der Polizei und der Staatsanwaltschaften gegen diese nicht-bürgerlichen politischen Gruppierungen vor. Und genau diese antizipierte Zustimmung der Massenmedien dürfte mit ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass Regierungspolitiker, Polizei und Staatsanwaltschaften so rabiat vorgingen gegen die Gipfel-Protestierer.

Forderungen wie die von Innenminister Schünemann nach einer Datei für linke Gewalttäter oder wie die pauschalen Beschuldigungen von Innenminister Schönbohm gegen die G8-Protest-Organisatoren oder wie die Rechtfertigungsversuche von Innenminister Caffier stießen in den etablierten Medien jedenfalls kaum auf eine nennenswerte kritische Betrachtung. Stattdessen wurde vielfach die Sicht der Regierungspolitiker und der Polizei in den etablierten Medien kritiklos eins zu eins übernommen.

Meine inständige Hoffnung ist, dass ARD, ZDF und die großen Tageszeitungen aus diesem Urteil des Bundesgerichtshofs lernen und nicht mehr vergessen, dass das, was Generalbundesanwältin Monika Harms macht und dass das, was das Bundeskriminalamt und die Länderpolizeien machen, nicht automatisch richtig ist.

Deutschland braucht mehr Aufklärung und Kritik gegenüber staatlichem Handeln in den etablierten Medien, auch wenn dies manchem Leser und Zuschauer nach der jahrzehntelangen Kritik-Abstinenz in den Medien befremdlich vorkommen mag und so das Bild vom guten, deutschen Staat beim Kunden erschüttert werden könnte.

Wurde über die Razzien im Vorfeld des G8-Gipfels noch zwar kritiklos, aber meist neutral berichtet, sah das dann später bei der Berichterstattung über die Proteste gegen den G8-Gipfel schon ganz anders aus. Es ist zu vermuten, dass der Versuch der Länderregierungen und der Bundesregierung, G8-Gegner durch die Großrazzien im Vorfeld zu kriminalisieren, bei den unkritischen Medien auf fruchtbaren Boden fiel. Bei vielen Journalisten kam die Botschaft an: G8-Gegner sind kriminell. Und so wurde dann häufig einseitig berichtet. Beispielsweise über angeblich erste Funde, die die Inszenierung der Großrazzien zu rechtfertigen schienen (Netzeitung.de: Brisante Funde belasten G8-Gegner - die "brisanten Funde" bestanden aus Material, das eventuell auch zum Bau von Brandsätzen verwendet werden könnte, sowie gefälschten Personaldokumenten). Und so wurde einseitig und ungenau berichtet über die Vorgänge auf der ersten Großdemonstration in Rostock im Vorfeld des G8-Gipfels und über die Proteste während des G8-Gipfels selbst.

Hier zur Erinnerung einige Artikel, auf die sich Tagesschau.de vielleicht oben bezieht. Artikel also, die sich kritisch mit dem Vorgehen der Polizei und mit der einseitigen Berichterstattung der Medien über die G8-Proteste auseinandersetzten:Hier in "Schieflage" gab es auch einige Artikel, die sich kritisch mit dem Vorgehen der Bundesanwaltschaft, der Polizei, der Politiker und der Medien rund um die Proteste zum G8-Gipfel in Heiligendamm auseinandersetzten: Liebe deutsche Medien, ihr habt was gut zu machen!

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3 Kommentar(e):

Solon hat gesagt…

An dieser Stelle stand ein Kommentar von "Pater Rolf Hermann Lingen", den ich gelöscht habe, weil er einen Link auf eine Domain enthielt, auf der auch meiner Ansicht nach antisemitische Webseiten verlinkt sind.

Ich kann Kommentare hier beim Bloganbieter "Blogspot" nicht editieren, sondern wenn dann nur gänzlich löschen.

Da ich an dem Kommentar-Text von "Pater Rolf Hermann Lingen" ansonsten nichts auszusetzen habe, füge ich seinen Kommentar unten noch einmal als reinen Text ein.

Ich möchte "Pater Rolf Hermann Lingen" jedoch bitten, bei seinen nächsten Kommentaren hier keine Links mehr auf diese Domain zu setzen, oder alterantiv auf der betreffenden, von ihm verlinkten Domain die Links zu den antisemitischen Webseiten zu entfernen. Ansonsten würde ich seine Kommentare hier in Zukunft sofort und gänzlich und ohne jeglichen Hinweis löschen und seinen Kommentartext auch nicht mehr als Kopie in einem neuen Kommentar einfügen.

Pater Rolf Hermann Lingen Hat gesagt…

Kritik ist "Beleidigung" und somit gem. §185 StGB strafbar. Deshalb also besser keine Kritik äußern!
Okay, gem. §185 StGB ist gar nichts strafbar, weil die absolut zwingend notwendige gesetzliche Bestimmtheit fehlt (nulla poena sine lege).
Macht aber nichts: Bestraft wird man trotzdem. Es gilt: Ruhe ist erste Bürgerpflicht.
Fairerweise darf nicht unterschlagen werden, dass die Obrigkeit bei "Beleidigung" auch ganz gerne mal beide Augen zudrückt: Wenn ein Richter alle Prozesszuschauer als Vollidioten beschimpft, oder wenn Polizisten G8-Kritiker als "*rschlöcher" beschimpfen, passiert rein gar nichts.

Anonym hat gesagt…

Auf meiner Homepage sind praktisch gar keine Links zu irgendwelchen Seiten; der iirc einzige Link, den es auf den knapp 800 Seiten gibt, führt zu einer Seite gegen den Nationalsozialismus.
Die Entscheidungen, keine Links zu legen, wurde wegen der schon früh bekannten wechselnden Inhalte bei URLs gefasst.
Später wurde dann eine meiner "katholisch"-URLs von der brd konfisziert (ich kritisiere die Sekte von "Vatikanum 2"). Auf meiner HP gibt es im wesentlichen päpstliche Enzykliken, Katechismen, Gebete etc.; nach der Konfiszierung wurden dann Lesben- und Fäkalpornos dort angeboten.
Gelegentlich liest man im Netz, ich sei "Porno-Anbieter"; dies geht eben auf die Initiative der brd zurück.
Meine Seite gibt es seit über zehn Jahren; allein im Jahr 2007 wurden über 160.000 Besuche gezählt; viele davon von "offiziellen" Stellen wie "Bundestag" etc. Noch *nie* wurde ich wegen "Antisemitismus", "Holocaustleugnung" o.ä. verfolgt. Mein Text über "Mein Kampf" ist wesentlich aus einer "Zusammenarbeit" mit der brd entstanden.

Solon hat gesagt…

Danke für Ihre Rückmeldung!

Wir könnten uns jetzt natürlich darüber streiten, ob die auf Ihrer Homepage verlinkte Website K*euz.net tatsächlich nach welchen noch zu bestimmenden Kriterien antisemitische Artikel enthält oder nicht. Aber ich möchte schlicht und einfach diese Website K*euz.net nicht, auch nicht über einen Zwischenlink auf ihre Domain, hier in meinen Kommentare verlinkt sehen.

Ansonsten sind Sie natürlich weiterhin eingeladen, hier zu kommentieren.