Donnerstag, 8. Februar 2007

Schily als Märtyrer im Kampf gegen den Terror

Ex-Bundesinnenminister Otto Schily bleibt bei der Darstellung, dass die rot-grüne Bundesregierung nicht bewusst versucht habe, die Rückkehr von Kurnaz aus Guantanamo nach Deutschland zu verhindern, liest man in Auszügen eines Interviews bei Zeit.de: Fall Kurnaz: "Kein Märtyrer".

Das könnte also noch spannend werden im BND-Untersuchungsausschuss. Schily lehnt sich mit diesen Aussagen ja sehr weit aus dem Fenster. Akten, die der Presse zugespielt wurden, scheinen ja das genaue Gegenteil zu belegen. Weitere Infos dazu zum Beispiel in einem früheren Weblog-Eintrag von mir und in meinem Del.icio.us-Archiv unter dem Stichwort "Affäre_Kurnaz". Aber in einem Interview kann man natürlich theoretisch auch erzählen, dass der Himmel grün-rot-kariert statt blau ist. Das kümmert später niemanden mehr.

Schily ist zudem weiterhin der Meinung, dass Kurnaz nicht Opfer sei, sondern Täter:

Auch nach der Rückkehr von Kurnaz durch die Intervention von Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt Schily eine Entschuldigung bei Kurnaz ab: "Das sähe ja so aus, als hätten wir eine Art Mitverantwortung für Guantánamo. Vielleicht sollte eher Herr Kurnaz seinerseits bedauern, dass er unter sehr merkwürdigen Voraussetzungen nach Pakistan gereist ist." (Quelle. Direktlink zum Textauszug.)


Also los, Kurnaz, entschuldige dich gefälligst endlich bei Schily! Es ist doch klar, dass man in Guantanamo landet, wenn man mit Kampfanzug, Fernglas und Schnürstiefel nach Pakistan reist. Und wenn man noch dazu Türke ist, also ein Wesen ohne Anspruch auf Menschenrechte, braucht sich eine Bundesregierung schon gar nicht um einen zu kümmern. Es sollte doch wirklich jedem klar sein, dass jeder, der auf der Suche nach Irgendwas nach Pakistan reist, jede Bundesregierung in höchste Not und Bedrängnis bringt. Welch unverantwortliches Tun also. Aber Pakistanreisende kümmert sowas ja gar nicht. Unverschämtes Pack.

Interessant auch die Äußerung Schilys, dass 2001 sich ja überall alle Leute übertroffen hätten mit dem Ruf nach härterem Vorgehen der Sicherheitsbehörden. Tja, so kann es gehen. Da unterwirft man sich als Politiker populistischen Trends, pfeift auf Grundgesetz und Menschenrechte und am nächsten Tag hat einen keiner mehr lieb. Könnte - theoretisch - eine Warnung für Schäuble, Schünemann, Bosbach, Beckstein, Wiefelspütz und Co. sein. Aber Populismus verblendet und verblödet. Einmal angesteckt von dieser Krankheit und die höheren Hirnregionen erleiden irreversiblen Schaden und auf einmal erkennt der Patient nicht mehr das größere Ganze und kann mit abstrakten Konzepten wie ethischen Prinzipien, Datenschutz oder dem höheren Sinn eines Rechtsstaates nichts mehr anfangen. Auf der Verhaltensebene ist kennzeichnend für diesen Zustand eine extreme Sturheit und Uneinsichtigkeit und eine allgemein nachlassende Flexibilität des Denkens. Ein sehr bedauernswerter Zustand.

Ja, liebe Politiker, hütet euch vor dem Populismus! Er tötet eigenständiges Denken und seine Versprechungen des schnellen Ruhms und des allgemeinen Geliebtseins durch das Volk sind nichts als Lug und Trug.

So, und nun bitte ich alle, Schily Beileidskarten zu schicken. Der Mann benötigt unsere Unterstützung. Schily ist ein Märtyrer im Kampf gegen den Terrorismus, der in heimtückischer Weise vom Virus des Populismus befallen wurde.

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